Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenanpassung aufgrund betrieblicher Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Überprüft ein Arbeitgeber die laufenden Ruhegeldzahlungen in regelmäßigen Abständen, um sie an die Lohn- und Preisentwicklung anzupassen, obwohl seine Versorgungszusagen das nicht vorsehen, so kann dadurch eine betriebliche Übung entstehen (Bestätigung des Urteils vom 3. Dezember 1985 - 3 AZR 577/83 = AP Nr 18 zu § 16 BetrAVG - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
2. Wie weit die daraus folgenden Pflichten reichen, hängt von der Art der Anpassungspraxis ab:
a) Ist es nur üblich, nach billigem Ermessen zu prüfen, ob eine Anpassung der Betriebsrenten möglich ist, so geht die Anpassungspflicht nicht weiter als § 16 BetrAVG. Das ist der Regelfall.
b) Denkbar ist aber auch, daß die Übung ausnahmsweise dahin geht, die Betriebsrenten unter feststehenden Voraussetzungen an bestimmte Bezugsgrößen anzupassen; in diesem Falle entsprechen die entstandenen Pflichten denjenigen einer Spannenklausel.
3. Im Insolvenzfall muß der PSV die Anpassungspflicht nur dann übernehmen, wenn diese auf einer Spannenklausel oder einer entsprechenden betrieblichen Übung beruht (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 7, 16
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 17.04.1985; Aktenzeichen 2 Sa 1139/84) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 11.07.1984; Aktenzeichen 7 Ca 10437/83) |
Tatbestand
Der Kläger war als Oberingenieur bei der B AG D (B) beschäftigt. Er war leitender Angestellter. Am 31. März 1977 trat er im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand.
Die B hatte dem Kläger ein betriebliches Ruhegeld in Höhe von 60 % der letzten Bezüge zugesagt. Mit Rücksicht auf das vorzeitige Ausscheiden des Klägers wurden zunächst einverständlich vom monatlichen Ruhegeld Abschläge vorgenommen. Ab 1. April 1979 erhielt der Kläger den zugesagten Betrag von 1.847,50 DM monatlich in voller Höhe. Am 1. Juni 1979 wurde über das Vermögen der B das Konkursverfahren eröffnet. Daraufhin übernahm der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung die Zahlung der Betriebsrente. Einen Teuerungsausgleich lehnte er ab.
Die Versorgung der leitenden Angestellten der B war unterschiedlich geregelt. Insgesamt neun Mitarbeitern war die Anpassung der laufenden Rente an den Kaufkraftverlust schriftlich zugesagt worden. Bei den übrigen leitenden Angestellten nahm die B seit etwa 1960 zu unterschiedlichen Terminen Anpassungen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten vor. Am 3. Mai 1971 faßte der Vorstand der B folgenden Beschluß:
"Es wurde beschlossen, die Anpassung der Pensionen
für ausgeschiedene leitende Angestellte der Gesell-
schaft jeweils zum 1.4. eines jeden Jahres unter
der Voraussetzung vorzunehmen, daß der Lebenshal-
tungskostenindex des statistischen Bundesamtes für
das Bundesgebiet seit der letzten Pensionserhöhung
um mehr als 10 Punkte gestiegen ist. Danach müssen
ab 1.4.1971 die Ruhegeldbezüge der im Jahre 1968
pensionierten Mitarbeiter bzw. deren Hinterbliebenen
um 10 % erhöht werden."
Entsprechend wurde in den Jahren 1971 bis 1974 verfahren. Die Anpassungen wurden jeweils von der Personalverwaltung vorbereitet und von einem Vorstandsmitglied geprüft und genehmigt. Die schriftlichen Mitteilungen an die Rentner enthielten die Erklärung, die Erhöhung werde freiwillig und ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs für die künftigen Jahre gezahlt. Nach Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes lauteten die Mitteilungen wie folgt:
"In Anlehnung an die neueste Gesetzgebung zur
betrieblichen Altersversorgung und an die Grund-
sätze, die hierzu schon seit langem in unserem
Hause entwickelt wurden, haben wir uns bei die-
ser Entscheidung bemüht, in gleicher Weise die
Belange unserer Pensionäre wie die wirtschaft-
liche Lage des Unternehmens zu wahren.
Ihre Pensionsbezüge erhöhen sich somit ab
1. September 1975 auf
DM : ...............
Diese Erhöhung erfolgt freiwillig und ohne
Anerkennung eines Rechtsanspruchs für künftige
Jahre."
Der Kläger verlangt, seine Rente an die seit April 1981 eingetretene Geldentwertung anzupassen. Er hat vorgetragen, anläßlich seiner vorzeitigen Pensionierung habe ihm das Vorstandsmitglied Prof. Dr. O erklärt, die Betriebsrenten würden auch künftig an die Verteuerung angeglichen. Jedenfalls habe bei der B eine entsprechende langjährige betriebliche Übung bestanden, die schließlich ihren Niederschlag in dem Beschluß des Vorstands vom 3. Mai 1971 gefunden habe. Der Beschluß habe, obwohl nicht öffentlich bekanntgegeben, nicht nur interne Bedeutung gehabt, sondern sich als Anweisung an die Verwaltung auf alle künftigen Versorgungsfälle bezogen. Schließlich rechtfertige sich sein Anspruch aus einer eigenen Anpassungspflicht des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung. Seit seiner Pensionierung hätten sich die Lebenshaltungskosten um 32,53 % erhöht. Eine Entwertung seiner Betriebsrente in diesem Umfang müsse der Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgleichen. Auf jeden Fall müsse der Beklagte die Rente erhöhen, sobald die Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes seit dem 1. April 1979 40 % erreiche. Der Höhe nach richte sich die Anpassung nach der betrieblichen Übung der B, so daß sich die im Klageantrag bezifferten Rückstände ergäben.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm
a) für die Zeit ab 1.4.1981 bis einschließlich
März 1983 monatlich DM 203,40, insgesamt
DM 4.881,60 nebst 4 % Zinsen seit den jewei-
ligen Fälligkeitsdaten am Ende eines Monats
zu zahlen,
b) für die Zeit ab 1.4.1983 bis 31.12.1983 einen
monatlichen Mehrbetrag von DM 183,14 sowie
DM 203,40, insgesamt DM 3.478,86 nebst 4 %
Zinsen seit den jeweiligen Fälligkeitsdaten am
Ende eines Monats zu zahlen,
c) für die Zeit ab 1.1.1984 monatlich eine Rente
von abgerundet DM 2.234,-- nebst 4 % Zinsen
auf die Rückstände seit dem jeweiligen Fäl-
ligkeitsdatum zu zahlen,
d) auch in Zukunft die monatliche Rente um den
Prozentsatz zu erhöhen, der sich aus einer Über-
schreitung des Lebenshaltungskostenindexes seit
der letzten Festsetzung der Rente um 10 oder mehr
Punkte ergibt, und zwar mit Wirkung zum 1.4., der
darauf folgt, gemessen am Stand des vorhergehenden
Monats März, nebst 4 % Zinsen auf etwaige Rück-
stände und so fort,
e) hilfsweise
----------
die Rente nach Treu und Glauben um den Betrag zu
erhöhen, der sich aus einer Erhöhung des Lebens-
haltungsindexes seit 1.4.1979 um 40 % oder mehr
ergibt,
unterhilfsweise
---------------
die monatliche Rente um den Betrag zu erhöhen,
der sich aus einem noch höheren, vom Gericht
festzusetzenden Prozentsatz der Steigerung des
Lebenshaltungskostenindexes ergibt,
f) so zu verfahren auch bei berechtigten Angehörigen
des Klägers im Falle seines Ablebens.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, dem Kläger sei weder einzelvertraglich noch aufgrund einer betrieblichen Übung eine Anpassung seiner Rente zugebilligt worden. Aus dem tatsächlichen Verhalten der B und dem zitierten Vorstandsbeschluß könne der Kläger nichts herleiten. Die B habe deutlich den Eindruck vermieden, sich mit ihren Anpassungen für die Zukunft binden zu wollen. Sie habe lediglich im Vorgriff auf die spätere gesetzliche Regelung (§ 16 BetrAVG) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten eine Entwertung der Betriebsrente verhindern wollen. Deswegen habe die B seit Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes ausdrücklich auf dieses Bezug genommen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben. Die Hauptanträge des Klägers sind unbegründet, die Hilfsanträge sind unzulässig.
A. Der Beklagte ist nicht zur Anpassung verpflichtet.
I. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer Versorgungszusage wegen Konkurses des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, gegen den Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistungen, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte. Das Berufungsgericht hat angenommen, die B sei nicht verpflichtet gewesen, die Betriebsrente des Klägers entsprechend der Inflationsrate zu erhöhen; deshalb sei auch der PSV nicht zur Anpassung verpflichtet. Dem ist zu folgen.
1. Eine ausdrückliche Zusage, die laufende Betriebsrente in bestimmter Weise an den Kaufkraftverlust anzupassen, hat die B nicht erteilt. Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß der Zeuge Prof. Dr. O eine Anpassung weder selbst zugesagt hat noch bestätigen konnte, daß der Kläger eine solche Zusage erhalten hätte. Diese Feststellung ist für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO); revisionsrechtlich erhebliche Einwendungen hat der Kläger dagegen nicht erhoben.
2. Das Begehren des Klägers kann auch nicht auf eine betriebliche Übung gestützt werden.
a) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer betrieblichen Übung verneint. Zwar habe die B seit 1960 die laufenden Renten in Abständen von zwei bis drei Jahren angepaßt; eine solche Verhaltensweise könne den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit oder einer Regel hervorrufen. Jedoch scheitere die Annahme einer betrieblichen Übung daran, daß die B erkennbar einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen habe. Sie habe bei den einzelnen Erhöhungen ausnahmslos auf die Freiwilligkeit der Leistung hingewiesen und erklärt, eine Bindung für die Zukunft nicht eingehen zu wollen. Unter diesen Umständen hätten die betroffenen Arbeitnehmer und Rentner nicht darauf vertrauen dürfen, auch in Zukunft regelmäßig einen Ausgleich des Kaufkraftverlusts zu erhalten. Daran habe auch der Vorstandsbeschluß vom 3. Mai 1971 nichts geändert.
Ob dieser Begründung uneingeschränkt zuzustimmen ist, soweit eine betriebliche Übung völlig ausgeschlossen wird, kann zweifelhaft erscheinen, jedoch im Ergebnis offenbleiben. Eine Anpassungspflicht der B könnte jedenfalls nicht über das hinausgehen, was allen versorgungspflichtigen Arbeitgebern seit dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes durch § 16 BetrAVG auferlegt ist.
b) Bei der Prüfung, ob aufgrund einer betrieblichen Übung Rechtsansprüche erwachsen (zu den Voraussetzungen zuletzt BAG Urteil vom 10. April 1985 - 7 AZR 36/83 - AP Nr. 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu 5 der Gründe mit Nachweisen, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen), stellen sich zwei Fragen: Zunächst ist zu klären, ob ein Verhalten des Arbeitgebers in der Vergangenheit durch seine Regelhaftigkeit geeignet war, einen Vertrauenstatbestand oder den Eindruck einer vertraglichen Bindung zu erwecken. Wenn dies der Fall ist, stellt sich die weitere Frage, wie weit die Übung inhaltlich reicht, welches Verhalten also die Begünstigten auch in Zukunft vom Arbeitgeber erwarten dürfen.
Geht es um die betriebliche Übung, laufende Renten anzupassen, so muß unterschieden werden zwischen der Übung einer bloßen Anpassungsprüfung im Rahmen der Billigkeit und der sehr viel weitergehenden Übung ganz bestimmter Rentenerhöhungen. Ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, nach billigem Ermessen zu prüfen, ob die Betriebsrenten an die Kaufkraftentwertung angepaßt werden können, so entspricht diese Bindung im Ergebnis der Regelung des § 16 BetrAVG; es besteht dann keine Anpassungsautomatik, sondern ein Entscheidungsspielraum, der eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erfordert. Ist der Arbeitgeber hingegen verpflichtet, unter näher geregelten Voraussetzungen die Rente an ganz bestimmte Bezugsgrößen anzupassen, so entspricht die Bindung einer Spannenklausel, die für Abwägungen keinen Raum läßt, sondern das Ergebnis unmittelbar vorschreibt.
c) Der Vortrag des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit rechtfertigt nicht die Annahme einer Anpassungsautomatik, sondern nur eine Pflicht zur Anpassungsprüfung. Die B hat durch ihre Vorbehalte, sie leiste freiwillig und gehe keine Bindung für die Zukunft ein, den Eindruck vermieden, sie wolle wie bei einer Spannenklausel Anpassungen in ganz bestimmtem Umfange fest zusichern. Die begünstigten Arbeitnehmer und Rentner konnten nicht darauf vertrauen, die B werde die Renten ungeachtet der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens in Abständen entsprechend der Inflationsrate anheben. Sie durften aber wohl erwarten, die B werde wie bisher prüfen, ob sie die Renten anpassen könne. Die Arbeitnehmer und Rentner durften weiterhin damit rechnen, die B werde ihre Entscheidung nicht willkürlich treffen, sondern entsprechend der bisherigen Praxis nach billigem Ermessen handeln und, wenn und soweit es die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zuließ, Anpassungen auch tatsächlich vornehmen.
Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, daß der Vorstandsbeschluß vom 3. Mai 1971 weiter geht: Er sah eine Anpassungsprüfung zum 1. April eines jeden Jahres und eine bestimmte Anhebung der Renten bei einer Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes um zehn Punkte vor. Dieser Beschluß hatte jedoch, was auch der Kläger sieht, nur die Bedeutung einer Verwaltungsrichtlinie für die zuständige Abteilung. Wäre der Beschluß uneingeschränkt und vorbehaltlos in die Praxis der B umgesetzt worden, so hätte eine Übung mit einer entsprechenden Pflicht zum Ausgleich des Kaufkraftverlustes entstehen können. Aber diese Bindungswirkung hat die B durch ihre Vorbehalte verhindert; ein Vertrauen auf eine automatische Rentenanpassung konnte nicht entstehen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 3. Dezember 1985 - 3 AZR 577/83 - (zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) entschieden und näher begründet hat, bildet eine Pflicht zur Anpassung in regelmäßigen Abständen und mit vollem Ausgleich des Geldwertverlustes die Ausnahme und muß deshalb einen deutlichen Ausdruck finden. Im Zweifel geht die aus einer regelmäßigen Anpassung folgende Bindung nicht weiter als die Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG, ist also von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängig.
II. Der Beklagte ist auch nicht aufgrund eigener Rechtspflicht gehalten, die Rente des Klägers nach § 16 BetrAVG an die Kaufkraftentwicklung anzupassen.
1. Zu der Frage, ob eine ursprüngliche Anpassungspflicht des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung bestehen kann, hat der Senat wiederholt Stellung genommen (Urteil vom 22. März 1983, BAGE 42, 117, 120 = AP Nr. 14 zu § 16 BetrAVG mit krit. Anm. von Bogs = EzA Nr. 14 zu § 16 BetrAVG mit krit. Anm. von Schulin; Urteil vom 3. Dezember 1985, aaO, zu III der Gründe). Aus § 16 BetrAVG läßt sich eine Anpassungspflicht des PSV nicht herleiten. Diese Vorschrift regelt die Frage, in welcher Weise die Teuerungslast zwischen Betriebsrentner und Unternehmen angemessen zu verteilen ist. Dafür ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens von Bedeutung; der Rentner soll am Ertrag des Unternehmens teilhaben, das seine Betriebsrente aufbringt. Läßt die wirtschaftliche Lage eine Anpassung nicht zu, muß der Rentner dies hinnehmen (BAGE 48, 272, 276, 278 ff. = AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II der Gründe). Müßte der Träger der Insolvenzsicherung die Renten anpassen, nachdem das Unternehmen insolvent geworden und einer der Sicherungsfälle des § 7 Abs. 1 BetrAVG eingetreten ist, so hätten die Versorgungsberechtigten eines zahlungsfähigen Unternehmens größere Opfer zu bringen als die eines notleidenden oder bereits untergegangenen Unternehmens (BAGE 42, 117, 118 f. = AP Nr. 14 zu § 16 BetrAVG, zu 1 a der Gründe = EzA Nr. 14 zu § 16 BetrAVG). Der Senat hält daran fest, daß dies nicht der Sinn des gesetzlichen Insolvenzschutzes ist.
2. Der Senat hat im Urteil vom 22. März 1983 (aaO) weiter entschieden, daß bei umfassenden Wirtschaftseinbrüchen mit ungewöhnlichen Inflationsraten eine Anpassungspflicht des PSV nach § 242 BGB in Betracht komme (zu 1 c der Gründe). Die Geschichte zeige, daß große Not entstehen könne, an der auch der Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nicht vorbeigehen dürfe. Diese Frage bedarf hier keiner Vertiefung. Die Härten, die den Versorgungsberechtigten aus der Kaufkraftentwicklung seit Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes erwachsen, hat der Gesetzgeber vorausgesehen. Er hat in § 16 BetrAVG eine abschließende Regelung getroffen, die solche Kaufkraftverluste den Versorgungsempfängern zumutet, wenn das angesichts der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers billig erscheint.
Im Streitfall war die B spätestens seit 1979 außerstande, die Betriebsrenten anzupassen. Am 1. Juni 1979 wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger, der am 1. April 1977 in den Ruhestand trat und dessen Betriebsrente zum 1. April 1979 auf den vollen Betrag angehoben wurde, verlangt die Anpassung erst ab 1. April 1981. Zu diesem Zeitpunkt kam eine Anhebung durch den insolventen Arbeitgeber nicht mehr in Betracht.
B. Die Hilfsanträge des Klägers sind unzulässig.
Der Kläger will diese Anträge als Feststellungsklage verstanden wissen. Er formuliert sie aber als Anträge auf künftige Leistung. In beiden Formen genügen sie nicht den gesetzlichen Anforderungen:
Als Klage auf zukünftige Leistung scheitert das Begehren an § 257 ZPO, da die Leistung nicht an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist. Als Feststellungsklage erfüllt das Begehren nicht die Voraussetzungen des § 256 ZPO. Danach muß ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses bestehen (Thomas/Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 256 Anm. 3 a mit weiteren Nachweisen). Das gegenwärtige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist aber nicht streitig und nicht Gegenstand des Antrags: Die grundsätzliche Eintrittspflicht des Beklagten ist unbestritten, die Anpassungspflicht in Vergangenheit und Zukunft ist Gegenstand der Zahlungsanträge. Der Kläger will vielmehr eine Entscheidung darüber herbeiführen, unter welchen Bedingungen der Beklagte künftig zu irgendeinem ungewissen Zeitpunkt anpassungspflichtig werden könnte. Das ist eine Frage, die sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts noch gar nicht stellt und daher auch nicht zu entscheiden ist. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben zu Recht angenommen, daß die Hilfsanträge des Klägers auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens hinzielen, nicht aber auf die Beurteilung von Rechtsfolgen aufgrund eines schon jetzt entscheidungsfähigen Sachverhalts.
Dr. Dieterich Schaub Griebeling
Dr. Bächle Paul-Reichart
Fundstellen
Haufe-Index 438518 |
BAGE 54, 168-175 (LT1-3) |
BAGE, 168 |
BB 1987, 1673 |
DB 1987, 2046-2046 (LT1-3) |
JR 1987, 484 |
KTS 1987, 717-720 (LT1-3) |
NZA 1987, 666-667 (LT1-3) |
RdA 1987, 313 |
ZIP 1987, 1142 |
ZIP 1987, 1142-1144 (LT1-3) |
AP § 16 BetrAVG (LT1-3), Nr 20 |
AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 192 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 460 Nr 192 (LT1-3) |
EzA § 16 BetrAVG, Nr 19 (LT1-3) |