Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Abfindungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat
Orientierungssatz
Der am Schwarzen Brett ausgehängte Text einer Betriebsvereinbarung über die Möglichkeit, Aufhebungsverträge unter Zahlung einer Abfindung abzuschließen, enthält kein bindendes Angebot zum Abschluß einer solchen Aufhebungsvertrages. Darin liegt lediglich eine Aufforderung an die Arbeitnehmer, ein Angebot auf Abschluß eines solchen Aufhebungsvertrages an den Arbeitgeber zu richten.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; BetrVG § 77
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 05.03.1986; Aktenzeichen 2 Sa 81/85) |
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 16.07.1985; Aktenzeichen 1 Ca 176/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin aufgrund einer als Betriebsvereinbarung (im folgenden BV) bezeichneten Abmachung zwischen ihrer Arbeitgeberin und deren Betriebsrat eine Abfindungsforderung zusteht.
Die Klägerin war seit mehr als 11 Jahren bei der Beklagten als gewerbliche Arbeitnehmerin beschäftigt. Die Beklagte sah sich im Herbst 1984 gezwungen, in bestimmten Bereichen ihr Personal zu verringern. Am 15. November 1984 schloß sie mit ihrem Betriebsrat eine BV, in der unter anderem folgendes geregelt ist:
"1. Geschäftsleitung und Betriebsrat sind übereingekommen,
Mitarbeitern die Aufhebung von Arbeitsverhältnissen auf
freiwilliger Grundlage gegen eine Abfindung anzubieten.
Das Angebot richtet sich an die technischen und kaufmännischen
Angestellten, sowie an die gewerblichen Mitarbeiter.
Das Angebot ist bis zum 30. Juni 1985 befristet.
-------------
2. Zum Ausgleich etwa entstehender wirtschaftlicher Nachteile
und Härten durch das Ausscheiden aus dem Unternehmen
erhalten die durch Aufhebungsvertrag ausscheidenden
Mitarbeiter
35-40 % eines Monatseinkommens (brutto für netto)
je nach Betriebszugehörigkeit
pro angefangenem Beschäftigungsjahr.
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3. Dem durch Aufhebungsvertrag ausscheidenden Mitarbeiter
werden ferner folgende Zusagen erteilt:
a) Vermögenswirksame Leistungen werden letztmalig für den
Monat gewährt, in dem der Mitarbeiter ausscheidet.
b) Urlaubsansprüche werden nach dem Urlaubsabkommen behandelt.
Das gilt auch für die zusätzliche Urlaubsvergütung.
Die unter 3 b) in Aussicht gestellten Beträge sind nach den
Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze beitragsrechtlich
so zu behandeln, als bestünde das Arbeitsverhältnis
weiter.
4. In folgenden Fällen kann von dem vorstehend geregelten
Abfindungsangebot kein Gebrauch gemacht werden:
a) Von Mitarbeitern, die aus persönlichen Gründen sowieso
ausscheiden (z. B. Weiterbildung oder Frühinvalidität).
b) Bei befristeten Arbeitsverhältnissen.
c) Von Mitarbeitern, bei denen die Voraussetzungen für eine
verhaltensbedingte Kündigung vorliegen."
Zuvor war von der Gewerkschaft ein Entwurf einer entsprechenden BV vorgelegt worden, der unter Ziffer 1) wie folgt lautet:
"1. Geschäftsleitung und Betriebsrat sind übereingekommen,
Mitarbeitern die Aufhebung von Arbeitsverhältnissen
auf freiwilliger Grundlage gegen eine Abfindung anzubieten.
Das Angebot richtet sich an die technischen und
kaufmännischen Angestellten, sowie an die gewerblichen
Mitarbeiter.
Zum Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages ist in jedem
Einzelfall die Zustimmung durch das Unternehmen erforderlich.
Kann der Wunsch eines Mitarbeiters zur Aufhebung
des Arbeitsverhältnisses nicht erfüllt werden,
so ist der Betriebsrat einzuschalten. Betriebsrat und
Personalleitung werden dann gemeinsam nach Möglichkeiten
suchen, um - evtl. auch durch eine Versetzung - das
Ausscheiden des Mitarbeiters zu ermöglichen.
Das Angebot ist bis zum 30. Juni 1985 befristet."
-------------
Der Text der von den Vertragsparteien unterzeichneten BV vom 15. November 1984 wurde noch im Jahre 1984 am Schwarzen Brett der Firma ausgehängt. Über ihren Inhalt wurde die Belegschaft in einer Betriebsversammlung am 4. Dezember 1984 informiert, an der die Klägerin nicht teilnahm.
Im März 1985 schrieb die Klägerin der Beklagten, sie nehme das durch die BV unterbreitete Angebot auf Abschluß eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 22. März 1985, die Geschäftsleitung sei übereingekommen, daß der Arbeitsplatz der Klägerin nicht gefährdet sei, deshalb sei es nicht möglich, ihrem Auflösungsantrag zuzustimmen.
Die Klägerin teilte der Geschäftsleitung am 26. März 1985 daraufhin mit, sie habe das Beschäftigungsverhältnis nicht gekündigt und werde auch nicht kündigen. Zugleich erklärte sie nochmals, sie nehme das Angebot auf Abschluß eines Aufhebungsvertrages unter Zahlung einer Abfindung aus der BV an und werde aufgrund eines Aufhebungsvertrages am 30. April 1985 ausscheiden.
Die Beklagte antwortete am 29. März 1985, sie könne eine Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht zustimmen, weil eine solche dem zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vereinbarten Sinn der Abmachung überhaupt nicht entspreche.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung der in Nr. 2 der BV festgelegten Abfindung, die sich in ihrem Fall unstreitig auf 11.265,24 DM belaufen würde.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der ausgehängte Text der BV habe ein bis zum 30. Juni 1985 befristetes bindendes Angebot der Beklagten auf Abschluß eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung enthalten. Dieses Angebot habe sie mit Wirkung vom 30. April 1985 angenommen. Es könne für sie nicht maßgeblich sein, welchen abweichenden Erklärungsinhalt die Beklagte dem Wortlaut der BV insgeheim unterlegt habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.265,24 DM nebst 4 % Zinsen seit 1. Mai 1985 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat vorgetragen, die BV enthalte nicht bereits ein Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages. Ihr sei lediglich die Aufforderung an die Arbeitnehmer zu entnehmen, an sie, die Beklagte, ein entsprechendes Angebot zu richten, über dessen Annahme oder Ablehnung sie dann erst hätte entscheiden müssen. Daß die BV in diesem Sinne zu verstehen sei, hätten sowohl der Vertreter der Geschäftsleitung als auch der Betriebsratsvorsitzende als auch der Vertreter der IG Metall in der Betriebsversammlung vom 4. Dezember 1984 erläutert. In dem Entwurf einer BV, den die Gewerkschaft vorgelegt habe, sei das Erfordernis ihrer Angebotsannahme ausdrücklich in Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 geregelt gewesen. Der ganze Absatz 2 von Nr. 1 sei von ihr nicht akzeptiert worden, weil er noch ein von ihr nicht gewünschtes Mitspracherecht des Betriebsrates enthalten habe. Sie habe immer auf einer freien Entscheidung bestanden, die Nichtübernahme von Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs bedeute daher nicht, daß sie auf das Erfordernis ihrer Zustimmung habe verzichten wollen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Beweiserhebung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat unter weitgehender Übernahme der Begründung des Arbeitsgerichts ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Aufhebungsvertrag zustandegekommen. Die Beklagte habe im Rahmen der BV ihren Arbeitnehmern ein bindendes Angebot zur Vertragsaufhebung unterbreitet. Ein bindendes Angebot müsse nicht dem jeweiligen einzelnen Vertragspartner gegenüber abgegeben werden, dies könne auch gegenüber einer Vielzahl von Personen erfolgen. Gerade im Arbeitsleben stehe dem Arbeitgeber durch die Belegschaft eine große Anzahl von Einzelpersonen gegenüber, so daß einer Erklärung des Arbeitgebers eine besondere Bedeutung zukomme, weil gerade dann keine ausdrückliche und individuelle Annahmeerklärung erfolge, wenn der Arbeitgeber sich zu finanziellen Leistungen verpflichte.
Es könne letztlich dahinstehen, wie die Vereinbarung vom 15. November 1984 "kollektivistisch" zu beurteilen sei, jedenfalls habe die Beklagte als allein in Frage kommender Vertragspartner ausscheidungswilligen Arbeitnehmern angeboten, ihnen im Falle ihres Ausscheidens eine Abfindung zu zahlen. Es sei ein Sozialplan ohne Kündigungen gewollt gewesen. Die Beteiligung des Betriebsrates bei der Erarbeitung des Inhalts der Aufhebungsverträge habe den Sinn gehabt, das Vertrauen in die Seriosität des Vertragsangebotes zu erhöhen. Es habe allein dem Arbeitnehmer überlassen bleiben sollen, ob er freiwillig ausscheiden wolle oder nicht. Wenn der Arbeitnehmer zunächst hätte sein Ausscheiden anbieten und die Beklagte darüber entscheiden müssen, ob sie das Angebot annehme, hätte der Arbeitnehmer befürchten müssen, zu einem späteren Zeitpunkt vorrangig eine Kündigung zu erhalten, da die Beklagte hätte darauf verweisen können, daß der betreffende Arbeitnehmer sowieso ausscheidungswillig gewesen sei.
Die Einfügung der Worte "auf freiwilliger Grundlage" in Ziffer 1 BV ändere an der bindenden Wirkung des Angebotes nichts. Nach dem bekanntgegebenen Wortlaut der BV habe sich jedenfalls für die Klägerin ergeben, daß die Beklagte ihr ein bindendes Angebot habe unterbreiten wollen, das Arbeitsverhältnis jederzeit durch Aufhebungsvertrag zu beenden. Es sei zwar für die Klägerin erkennbar gewesen, daß die Beklagte mit der BV nicht beabsichtigt habe, ungünstigstenfalls sogar alle ihre Arbeitnehmer zu verlieren. Dies führe jedoch nicht zu einer anderen Auslegung, da ebenfalls für die Klägerin erkennbar, die Gefahr, daß alle Arbeitnehmer der Beklagten von dem Aufhebungsangebot Gebrauch machten, angesichts der Arbeitsmarktlage nicht bestanden habe. Auf einen möglichen inneren Willen der Beklagten, im Einzelfall dem Aufhebungsverlangen eines Arbeitnehmers nicht zu entsprechen, komme es nicht an. Nach dem objektiven Erklärungswert ihres Verhaltens habe die Klägerin ungeachtet der Worte "auf freiwilliger Grundlage" annehmen können, die Beklagte habe sich bereits gebunden.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die von ihm als maßgebend erachtete annahmefähige Erklärung der Beklagten ohne hinreichende Beachtung ihres Wortlauts und dazu in sich widersprüchlich ausgelegt.
1. Es kann hierbei dahingestellt bleiben, wie die zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat getroffene Vereinbarung letztlich rechtlich zu qualifizieren ist, ob es sich um eine Individualerklärung der Beklagten im Rahmen einer Kollektivvereinbarung, um eine Betriebsvereinbarung oder eine Regelungsabrede handelte, denn auch bei Anwendung der jeweils in Frage kommenden unterschiedlichen Auslegungskriterien ergibt sich jedenfalls nicht, daß die Beklagte der Klägerin ein annahmefähiges bindendes Angebot unterbreitet hat.
a) Die Auslegung von Willenserklärungen ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbar. Von der rein tatsächlichen Feststellung des Inhalts einer Willenserklärung, die eine Tatsachenfeststellung und nicht nach § 73 ArbGG nachprüfbar ist, ist die Auslegung der abgegebenen Erklärung in bezug auf ihren maßgebenden Inhalt zu trennen. Es kann insoweit geprüft werden, ob ein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze vorliegt oder ob durch eine Nichtberücksichtigung wesentlicher Umstände Auslegungsregeln ( § 133, 157 BGB) verletzt sind. Es ist hierbei weiter beachtlich, ob ein festliegender Erklärungsinhalt aus vorhandenem Urkundenmaterial selbst oder aus unstreitigen Umständen auszulegen ist. In diesen Fällen kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen. Dies gilt auch dann, wenn das Tatsachengericht eine Beweisaufnahme zum Zwecke der Aufhellung des Erklärungsinhalts durchgeführt, den sich daraus ergebenden Beweisstoff jedoch wie im vorliegenden Fall beiseite gelassen und zutreffend als unerheblich nicht zur Stützung seiner Auslegung herangezogen hat (BAG Urteil vom 12. Juli 1957 - 1 AZR 418/55 - AP Nr. 6 zu § 550 ZPO).
b) Demgegenüber sind Betriebsvereinbarungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie Tarifverträge und diese wie Gesetze auszulegen (BAGE 42, 86 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAG Urteile vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht und vom 8. August 1985 - 2 AZR 464/84 - AP Nr. 10 zu § 1KSchG 1969 Soziale Auswahl). Es ist maßgeblich auf den in der BV durch deren Wortlaut selbst zum Ausdruck gelangten Willen der die Vereinbarung abschließenden Parteien abzustellen. Außerdem ist, wie bei Tarifverträgen, der von den Vertragsschließenden beabsichtigte Sinn und Zweck der Normen mitzuberücksichtigen, allerdings nur soweit und sofern sie in der tariflichen Norm ihren Niederschlag gefunden haben, denn die zur Tarifvertragsauslegung entwickelten Grundsätze gelten für die Betriebsvereinbarung entsprechend (BAG Urteile vom 19. April 1963 - 1 AZR 160/62 - AP Nr. 3 zu § 52 BetrVG und vom 30. August 1963 - 1 ABR 12/62 - AP Nr. 4 zu § 57 BetrVG). Raum für die Feststellung eines vom Wortlaut abweichenden Parteiwillens - etwa mit Hilfe von Zeugenaussagen - besteht deshalb nicht (BAG Urteile vom 20. Dezember 1961 - 4 AZR 213/60 - BAGE 12, 143 = AP Nr. 7 zu § 59 BetrVG; vom 19. April 1963; aa0; vom 21. März 1968 - 5 AZR 299/67 - AP Nr. 33 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und vom 11. Juni 1975 - 5 AZR 217/74 - BAGE 27, 187 = AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung).
2. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung ist bei Anwendung aller einschlägiger Auslegungsregeln rechtsfehlerhaft.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, das von ihm angenommene Angebot zur Vertragsaufhebung sei nur von der Beklagten und nicht von der Beklagten und ihrem Betriebsrat gemeinsam abgegeben worden. Soweit die Revision meint, auch der Betriebsrat könne mit seinem Arbeitgeber gemeinsam rechtlich einen Abfindungsvertrag mit einem Arbeitnehmer schließen, bedarf dies keiner abschließenden Erörterung, denn es ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, der Betriebsrat habe sich hier verpflichten wollen, zusammen mit dem Arbeitgeber Versetzungen und Kündigungen auszusprechen und Abfindungen zu zahlen.
b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe im Rahmen der BV in Verbindung mit der Aushängung am Schwarzen Brett eine bindende Individualerklärung zur Vertragsaufhebung abgegeben, die die Klägerin wirksam angenommen habe, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) In Nr. 1 Satz 1 und 2 BV heißt es zwar unter anderem man sei übereingekommen, die Aufhebung von Arbeitsverhältnissen anzubieten, "das Angebot" richte sich an technische, kaufmännische und gewerbliche Mitarbeiter. Es ist aber von entscheidender Bedeutung, daß die Aufhebung von Arbeitsverhältnissen "auf freiwilliger Grundlage" - gegen eine Abfindung - erfolgen sollte. Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht von dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks auszugehen. Es ist zunächst auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen, nach der Ermittlung des Wortsinnes sind außerhalb des Erklärungsakts liegende Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen (BAG Urteil vom 27. August 1970 - 2 AZR 519/69 - BAGE 22, 424 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB), wie insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck (BGHZ 2, 379, 385; 20, 109, 110) und die bestehende Interessenlage (BGHZ 21, 319, 328; NJW 1981, 1549), wobei bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen allerdings nur die Umstände zu berücksichtigen sind, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren (BAG Urteil vom 2. März 1973 - 3 AZR 325/72 - AP Nr. 36 zu § 133 BGB).
bb) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Bedeutung der Worte "auf freiwilliger Grundlage" sind schon deswegen nicht für den Senat bindend, weil das Berufungsgericht sie nicht zunächst für sich nach dem Wortlaut und Sinn ausgelegt, sondern die Passage nur im Hinblick auf die anderen Regelungen betrachtet hat. Vom Wortlaut her gesehen und im Hinblick auf eine sinnvolle Auslegung kann nicht angenommen werden, die Beklagte habe allgemein auf eine beiderseitige Vertragsfreiheit verweisen wollen, da in dem angesprochenen Rahmen, auch für die Klägerin ersichtlich, kein Kontrahierungszwang besteht. Es geht auch nicht an, die "freiwillige Grundlage" dem Handeln der Arbeitnehmer zuordnen zu wollen. Eine nicht freiwillige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses wäre aus der Sicht der Arbeitnehmer nur eine Kündigung. Die Freiwilligkeit kann daher nur im Hinblick auf das Handeln der Beklagten sinnvoll gedeutet werden. Das bedeutet aber, daß es ihr überlassen bleiben sollte, eine Aufhebungsvereinbarung zu schließen oder nicht.
Gerade der Gegensatz "Aufhebung von Arbeitsverhältnissen auf freiwilliger Grundlage" und "gegen eine Abfindung" zeigt, daß die Auflösung des Arbeitsvertrages freiwillig, die Zahlung einer Abfindung dann aber zwingend sein sollte. Daß das Wort Angebot in Nr. 1 BV dreimal verwandt wird, darf nicht überbewertet werden, da im allgemeinen Sprachgebrauch auch von Angeboten gesprochen wird, wenn es sich nur um die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten handelt.
cc) Diese Auslegung wird auch dem übrigen Text und der Interessenlage gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand festgestellt, die Beklagte habe sich gezwungen gesehen "in bestimmten Bereichen ihr Personal zu verringern". Es ging also nicht um die Entlassung der gesamten Belegschaft. Daher wäre es widersinnig anzunehmen, was auch das Berufungsgericht gesehen hat, die Beklagte hätte angesichts offenbar wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihre besten Leute gegen Entgelt gehen lassen wollen.
Auch die übrigen Vertragsbestimmungen lassen sich mit dieser Auslegung in Übereinstimmung bringen. In Nr. 2 und Nr. 3 BV heißt es, daß die "durch Aufhebungsvertrag ausscheidenden Mitarbeiter" bestimmte Zusagen erhalten. Es wird hier auf die Notwendigkeit eines Aufhebungsvertrages abgestellt und nicht auf die bloße Annahme eines bereits vorhandenen Angebots.
In Nr. 4 BV wird - durch Weglassen - unterschieden zwischen dem Aufhebungsvertrag und dem "Abfindungsangebot". Die Beklagte bringt damit zum Ausdruck, daß der dort genannte Personenkreis - sofern eine Auflösung des Vertragsverhältnisses aus irgendwelchen Gründen zustande kommt - keine Abfindung erhalten könne. Die Revision legt dies zutreffend dahin aus, die Beklagte habe verhindern wollen, daß die dort genannten Personen überhaupt mit Aufhebungsverlangen nur gegen Abfindungszahlung vorstellig werden.
c) Die Auslegung der Worte "auf freiwilliger Grundlage" durch das Landesarbeitsgericht ist auch in sich widersprüchlich. Es hat nämlich einerseits ausgeführt, es sei auch aus der Sicht der Klägerin erkennbar gewesen, daß die Beklagte nicht etwa - im ungünstigsten Falle - ihre gesamte Belegschaft habe gehen lassen wollen. Es ist dann nicht einsichtig, sondern in sich widersprüchlich, wenn das Berufungsgericht annimmt, die Klägerin habe allerdings annehmen können, die Beklagte habe sich jedenfalls ihr gegenüber fest binden wollen.
3. Ein anderes rechtliches Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn der Sinn der von der Beklagten abgegebenen Erklärungen nach den Grundsätzen, die für die Auslegung einer BV gelten, insbesondere unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, ermittelt wird. Es kann hierbei dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin im Prozeß zur Entstehungsgeschichte auf nachträglicher Kenntnis der Klägerin beruht oder ob ihr bereits bei Abgabe ihrer "Annahmeerklärung" die Entstehungsgeschichte bekannt war. Selbst wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, sie habe die Erklärung der Beklagten in damaliger Kenntnis der Entstehungsgeschichte der BV empfangen, kann nicht davon ausgegangen werden, die Klägerin habe aus ihrer Sicht annehmen können, die Beklagte habe sich bereits abschließend binden wollen. Es ist zwar zutreffend, daß in dem von der Gewerkschaft vorgelegten Entwurf einer BV in Ziff. 1 ein zweiter Absatz enthalten war, in dessen Satz 1 es hieß, zum Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages sei in jedem Einzelfall die Zustimmung durch das Unternehmen erforderlich. Die Tatsache, daß dieser Satz in der maßgebenden Fassung der BV nicht mehr enthalten war, konnte jedoch allein auch einen mit der Entstehungsgeschichte vertrauten Erklärungsempfänger nicht zu der Annahme verleiten, durch das Weglassen dieses Satzes sei den Worten "auf freiwilliger Grundlage" ein anderer Sinn beizumessen. Die Klägerin übersieht hierbei nämlich, daß der Absatz 2 der Ziff. 1 BV-Entwurf noch zwei weitere Sätze enthielt, die eine Mitwirkung des Betriebsrats im Rahmen des gewollten Ausscheidens eines Arbeitnehmers festlegten. Durch die Streichung des ganzen Absatzes 2 wurde eine Mitwirkung des Betriebsrates ausgeschlossen. Der danach als Absatz 2 noch allein verbleibende Satz 1 war dann überflüssig, weil sich die Freiwilligkeit des Handelns der Beklagten hinreichend klar aus Absatz 1 Satz 1 BV ergab. Seine Streichung konnte daher in der endgültigen Fassung erfolgen, ohne daß damit eine Sinnänderung gegenüber dem Entwurf eingetreten wäre.
III. Damit ist zwischen den Beteiligten kein Aufhebungsvertrag zustande gekommen, so daß der Klägerin keine Abfindungsforderung zusteht, und ihre Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen war.
Hillebrecht Dr. Weller Ascheid
Rupprecht Dr. Kirchner
Fundstellen