Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage. Rechtsschutzinteresse
Orientierungssatz
Bezieht sich eine Feststellungsklage im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren auf einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Vorgang, dessen Beurteilung keine Rechtswirkungen mehr für eine Partei entfaltet, fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.10.1983; Aktenzeichen 5 Sa 74/83) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 06.05.1983; Aktenzeichen 7 Ca 599/82) |
Tatbestand
Die Gewerkschaft ÖTV führt seit 1979 für die bei der Beklagten im Bereich S beschäftigten Bediensteten, soweit sie Gewerkschaftsmitglieder sind, mehrtägige Seminare durch.
In den Jahren 1979 bis 1981 hatte das Regierungspräsidium in S den Teilnehmern dieser Seminare bezahlte Arbeitsbefreiung gewährt.
Die Kläger sind beim Regierungspräsidium S beschäftigt und hatten sich im Jahre 1982 für das vom 13. September bis 15. September 1982 ausgeschriebene Seminar angemeldet. Auf ihren Antrag gewährte das Regierungspräsidium den Klägern jedoch nur Sonderurlaub für einen bezahlten freien Arbeitstag mit dem Hinweis, die beiden weiteren Seminartage könnten nicht ohne Anrechnung auf den bezahlten Erholungsurlaub als bezahlte Arbeitsbefreiung bewilligt werden.
Hiermit waren die Kläger nicht einverstanden.
Mit ihren am 9. November 1982 erhobenen Klagen haben sie beantragt festzustellen, daß ihnen zur Teilnahme am Seminar der ÖTV-Kreisverwaltung S in der Zeit vom 13. September bis 15. September 1982 in T über den bereits gewährten einen Tag bezahlter Arbeitsbefreiung hinaus zwei weitere Tage bezahlter Arbeitsbefreiung ohne Anrechnung auf den Erholungsurlaub zugestanden haben. Das beklagte Land hat beantragt, die Klagen abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist allerdings nur im Ergebnis zu folgen. Für die Klage fehlt es an dem hierfür erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
Auch wenn davon auszugehen ist, daß die Feststellungsklage im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren trotz Möglichkeit einer Leistungsklage zulässig ist, wenn sie sich gegen eine Behörde richtet, weil angenommen werden muß, daß diese sich an ein stattgebendes Feststellungsurteil hält, so daß eine Leistungsklage entbehrlich ist (vgl. etwa BAG Urteil vom 4. Mai 1980 - 3 AZR 1205/79 - AP Nr. 54 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte), kann die Klage keinen Erfolg haben. Sie ist auf einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang bezogen, der jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts abgeschlossen ist, ohne daß daraus Rechtswirkungen für die Kläger herleitbar wären. Die Kläger haben beantragt festzustellen, daß ihnen zwei weitere Tage bezahlter Arbeitsbefreiung zugestanden haben. Würde der Senat über diesen Klagantrag in der Sache entscheiden, liefe das auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens hinaus. Dies hätte keine Auswirkung auf die Parteien, weil die Veranstaltung, für die die Kläger Sonderurlaub begehrt haben, längst durchgeführt ist. Der von den Klägern gleichwohl gestellte Antrag hat damit zum Ziel, die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung gerichtlich bestätigen zu lassen. Hierzu sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht befugt. Mit ihrem Antrag haben die Kläger die rechtlichen Möglichkeiten verkannt, die sich für sie prozessual nach der Erklärung des Beklagten ergeben hatten, er könne die Teilnahme an zwei weiteren Seminartagen nicht ohne Anrechnung auf den bezahlten Erholungsurlaub als bezahlte Arbeitsbefreiung bewilligen. Unter der Voraussetzung, daß der Beklagte tatsächlich den von den Klägern beantragten Sonderurlaub auf ihren Erholungsurlaub angerechnet hat - Feststellungen hierzu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen -, hätte es für die Kläger nahegelegen, u. a. von dem Beklagten ggf. mit einer Leistungsklage die Erteilung dieser Urlaubstage zu verlangen. Dies haben die Kläger nicht getan. Eine Auslegung des von den Klägern gestellten Antrags als Feststellungsklage in diesem Sinne ist schon deshalb nicht möglich, weil das Begehren auf Erteilung von Erholungsurlaub einen anderen Streitgegenstand betrifft. Aber auch wenn von der Zulässigkeit einer solchen Auslegung auszugehen wäre, könnten die Kläger eine für sie günstige Sachentscheidung nach Ablauf des Urlaubsjahres 1982 bzw. des Übertragungszeitraums nicht mehr erreichen, weil der Urlaubsanspruch jedenfalls dann erloschen war, so daß auch insoweit das für die Klage notwendige Rechtsschutzinteresse zu verneinen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97, § 100 Abs. 1 ZP0.
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Dr. Gaber Brückmann
Fundstellen