Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst
Orientierungssatz
Die tarifliche Vorschrift der Nr 8 SR 2c BAT enthält die Verpflichtung des Arztes, Bereitschaftsdienst zu leisten, und regelt die Grenzen, innerhalb derer Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf; sie enthält aber keine Verpflichtung zur Anordnung von Bereitschaftsdienst. Der Arbeitgeber kann vielmehr grundsätzlich aufgrund seines Weisungsrechts, das Zeit, Ort und Art der Leistung umfaßt, bestimmen, welche Art von Leistungen der Arbeitnehmer zu erbringen hat, also auch, ob er Bereitschaftsdienst zu leisten hat oder nicht. Dieses Weisungsrecht, daß seine Grenzen in den Vorschriften der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragrechts findet, darf gemäß § 315 Abs 1 BGB nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden.
Normenkette
BAT Anlage SR; BAT § 17
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 17.05.1983; Aktenzeichen 11 Sa 1726/82) |
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 30.09.1982; Aktenzeichen 5 Ca 1205/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach Nr. 8 SR 2 c zum BAT einen Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst der Stufe D hat.
Der Kläger ist seit dem 1. April 1981 bei der Beklagten in der Chirurgischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten B als Arzt beschäftigt.
Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 19. Februar 1981 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung und der diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen. Die Parteien schlossen darüber hinaus am 19. Februar 1981 eine schriftliche Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, nach der der Bereitschaftsdienst in der Chirurgischen Abteilung gemäß Nr. 8 Abs. 2 a in Verb. mit Abs. 5 SR 2 c BAT der Stufe D zugeordnet wurde.
Der ärztliche Dienst in der Chirurgischen Klinik ist außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit wie folgt geregelt:
Montag bis Freitag = 16.15 Uhr bis 7.45 Uhr
(des folgenden Tages)
Samstag, Sonntag, Feiertage = 7.45 Uhr bis 7.45 Uhr
(des folgenden Tages)
insgesamt 3 Dienste parallel:
a) Bereitschaftsdienst eines Assistenzarztes
(in der Klinik zu leisten)
Bewertung Stufe D
b) Rufbereitschaft eines Assistenzarztes
(in der Wohnung zu leisten)
c) Rufbereitschaft eines Oberarztes, sogenannter
Hintergrunddienst (in der Wohnung
zu leisten).
Der Kläger leistete zunächst Bereitschaftsdienst. Seit dem 1. November 1981 ist er Oberarzt. Seitdem ordnete die Beklagte für ihn Rufbereitschaft des sogenannten Hintergrunddienstes an.
Die "Leistungsnachweise" des Klägers "für die Zahlung von Überstundenvergütung, Bereitschaftsdienstvergütung und Zeitzuschlägen" wiesen in den Monaten September 1981 bis Februar 1982 "Überstunden in der Rufbereitschaft" aus, und zwar
September 1981 = 31 Stunden
Oktober 1981 = 75 Stunden
November 1981 = 62,5 Stunden
Dezember 1981 = 62 Stunden
Januar 1982 = 84,5 Stunden und
Februar 1982 = 54 Stunden.
Angaben über die behandelten Patienten, Art und Inhalt der ärztlichen Arbeitsleistungen sowie der zeitlichen Lage und jeweiligen Dauer enthielten sie nicht. Einen erheblichen Teil dieser Überstunden leistete der Kläger im unmittelbaren Anschluß an seine regelmäßige Arbeitszeit, da er in der Regel nach deren Ende um 16.15 Uhr an Tagen mit Rufbereitschaft bis 18.00 oder 19.00 Uhr in der Klinik verblieb und dort arbeitete. Mit Schreiben vom 5. November 1981 und 6. Januar 1982 beantragte der Kläger bei der Beklagten ohne Erfolg unter Hinweis auf die nachgewiesene Arbeitsleistung, die Dienste als Bereitschaftsdienst zu bewerten und zu vergüten.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, Bereitschaftsdienst anzuordnen und diesen entsprechend der Nebenabrede nach Stufe D zu vergüten. Nach den Leistungsnachweisen falle erfahrungsgemäß innerhalb der Dienste nicht lediglich in Ausnahmefällen, sondern regelmäßig Arbeit an. Im Jahre 1981 habe seine durchschnittliche Arbeitsbelastung während der Rufbereitschaft insgesamt 25 bis 30 % betragen, auch ab Januar 1982 habe sie durchschnittlich über 25 % gelegen. In allen Fällen, in denen er Überarbeit geleistet habe, sei er gerufen worden.
Die Zulässigkeit der Anordnung von Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft hänge nach Nr. 8 SR 2 c BAT allein davon ab, wieviel Arbeit erwartungsgemäß innerhalb eines Dienstes anfalle. Damit sei die Anordnung von Rufbereitschaft unzulässig gewesen und der Dienst so zu vergüten, als sei die tarifrechtlich zulässige Anordnung von Bereitschaftsdienst erfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber
ihm anstelle der Rufbereitschaft gemäß
SR 2 c BAT Nr. 8 zu § 17 Abs. 6 Bereitschaftsdienst
der Stufe D gemäß SR 2 c
BAT Nr. 8 zu § 17 Abs. 1 und 2 anzuordnen;
2. festzustellen, daß die von dem Kläger seit
dem 1. September 1981 geleisteten Nacht-,
Wochenend- und Feiertagsdienste als Bereitschaftsdienste
der Stufe "D" der Nr. 8
der Sonderregelung 2 c zum BAT zu bewerten
und zu vergüten sind.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen, wesentliches Merkmal des Bereitschaftsdienstes sei, daß der Arbeitgeber den Ort bestimme, an dem der Arzt sich aufzuhalten habe. Da es dem Kläger während des Dienstes überlassen worden sei, wo er sich aufhalte, fehle es an den tariflichen Voraussetzungen, die angeordnete Rufbereitschaft in Bereitschaftsdienst umzudeuten. Rufbereitschaft sei von ihr auch zu Recht angeordnet worden, zumal ihr insoweit ein gewisser Ermessensspielraum zuzubilligen sei. Es komme nicht allein darauf an, in welchem Umfang während der Rufbereitschaft gearbeitet worden sei, sondern vielmehr auch darauf, in welchem Ausmaß der Arzt während des Dienstes zur Arbeitsleistung abgerufen worden sei. Die in den Leistungsnachweisen eingetragenen "Überstunden in der Rufbereitschaft" seien zu einem ganz erheblichen Teil nicht "auf Abruf" geleistet worden. Es handele sich vielmehr um Überstunden, die zwar in die dienstplanmäßige Zeit der Rufbereitschaft gefallen, aber in unmittelbarem Anschluß an die normale Arbeitszeit geleistet worden seien. Ebenso verhalte es sich bei den Samstags- und Sonntagsdiensten. Der Kläger habe auch weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, daß er Überstunden aufgrund solcher Tätigkeiten geleistet habe, die im Rahmen des Bereitschaftsdienstes angefallen und bei denen sein Erscheinen aufgrund seines Hintergrunddienstes erforderlich gewesen sei. Die seinerzeit getroffene Nebenabrede über die Bewertung des Bereitschaftsdienstes gelte darüber hinaus nur für die Bereitschaftsdienste der Assistenzärzte, da es für Oberärzte keinen Bereitschaftsdienst gegeben habe. Hinsichtlich der Oberärzte komme allenfalls die Zuweisung der Stufe C des Bereitschaftsdienstes in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Klageantrages Ziff. 1 entsprochen, sie im übrigen aber abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluß vom 24. Januar 1984 - 3 AZN 387/83 - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag Ziff. 1 weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ableistung seiner Dienstbereitschaft in Form des Bereitschaftsdienstes. Die Anordnung von Rufbereitschaft durch die Beklagte sei von ihrem Weisungsrecht gedeckt. Weder der Arbeitsvertrag noch Nr. 8 SR 2 c BAT garantiere dem Kläger die Ableistung der Dienstbereitschaft in der Form des Bereitschaftsdienstes. Nach der Tarifvorschrift bestehe lediglich eine Verpflichtung des Arztes, gegebenenfalls Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft zu leisten. Die Beklagte habe sich bei der Anordnung der Rufbereitschaft für den Kläger in den Grenzen der Ausübung billigen Ermessens gehalten. Da ein wesentlicher Teil der Arbeit während des Dienstes bis 19.00 Uhr im Anschluß an die regelmäßige Arbeitszeit erbracht worden sei, könne der Kläger diese Zeiten nicht voll als Bereitschaftsdienstleistung berechnen. Im voraus festgelegte Arbeitszeiten seien bei der Prüfung, inwieweit Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft zulässig sei, außer acht zu lassen. Insoweit habe der Kläger zwar Überstunden erbracht, sei aber nicht innerhalb seiner Dienstbereitschaft auf Abruf tätig geworden. Zum Wesen des Bereitschaftsdienstes gehöre es nämlich, daß der Arbeitseinsatz während der Dauer der Bereitschaft ungewiß, nicht vorhersehbar oder planbar sei. Bereitschaftsdienst liege deshalb nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich bereithalte, um erforderlichenfalls, d. h. bei unvorhergesehenen, besonderen Fällen, seine volle Arbeitstätigkeit aufzunehmen.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten jedenfalls im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst anstelle von Rufbereitschaft läßt sich nicht aus der Nebenabrede zwischen den Parteien vom 19. Februar 1981 herleiten. Diese von der Beklagten bisher nicht gekündigte Nebenabrede wirkt zwar konstitutiv und anspruchsbegründend (BAG Urteil vom 9. August 1978 - 4 AZR 77/77 - AP Nr. 5 zu § 17 BAT); sie enthält aber entsprechend Nr. 8 Abs. 5 SR 2 c BAT lediglich die Zuordnung des zuvor angeordneten Bereitschaftsdienstes zu der Stufe D. Aus ihr kann kein Anspruch auf Anordnung von Bereitschaftsdienst entnommen werden. Sie setzt vielmehr dessen Anordnung voraus, da in ihr "der Bereitschaftsdienst ... zugeordnet" wird. Die Leistung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes selbst ist eine der Hauptverpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag, wie sich aus Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 der SR 2 c BAT ergibt (BAGE 34, 281, 286 = AP Nr. 6 zu § 17 BAT).
2. Die tarifliche Vorschrift der Nr. 8 SR 2 c BAT enthält die Verpflichtung des Arztes, Bereitschaftsdienst zu leisten, und regelt die Grenzen, innerhalb derer Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf; sie enthält aber keine Verpflichtung zur Anordnung von Bereitschaftsdienst. Die Beklagte kann vielmehr grundsätzlich aufgrund ihres Weisungsrechts, das Zeit, Ort und Art der Leistung umfaßt, bestimmen, welche Art von Leistungen der Kläger zu erbringen hat, also auch, ob er Bereitschaftsdienst zu leisten hat oder nicht. Dieses Weisungsrecht, das seine Grenzen in den Vorschriften der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragsrechts findet, darf gemäß § 315 Abs. 1 BGB nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden (vgl. BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht = EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 2; BAGE 47, 363, 375 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht = NZA 1986, 21, jeweils m. w. N.). Was billigem Ermessen im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB entspricht, ist dabei unter Abwägung der Interessenlage beider Vertragspartner festzustellen (BAG Urteil vom 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 - AP Nr. 3 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht = NZA 1985, 810; BAG Urteil vom 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT = EzA § 315 BGB Nr.32).
3. Im Streitfall durfte die Beklagte allerdings keine Rufbereitschaft anordnen. Der Arbeitgeber darf gemäß Nr. 8 Abs. 6 Satz 2 SR 2 c BAT Rufbereitschaft nur dann anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
a) Die Tarifvertragsparteien haben nicht ausgeführt, was unter Ausnahmefällen zu verstehen ist. Nach dem herkömmlichen Sprachgebrauch ist unter Ausnahme eine Abweichung von der geltenden Regel zu verstehen (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1976, Stichwort: Ausnahme). Das bedeutet, Rufbereitschaft darf nur dann angeordnet werden, wenn Arbeit zwar gelegentlich anfallen kann, die Zeiten ohne Arbeitsanfall aber die Regel sind. Ist nach den bisherigen Erfahrungen voraussichtlich mit dem Anfall von Arbeit zu rechnen, liegt kein Ausnahmefall mehr vor (vgl. Crisolli/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Teil II, Stand Januar 1986, Anl. 2 c Anm. 31). Allerdings kann dabei nicht allein auf einen bestimmten Prozentsatz von Arbeitsanfall abgestellt werden; auch die Häufigkeit der einzelnen Arbeitseinsätze ist von Bedeutung. Insofern läßt sich, wie auch ein Vergleich mit den tariflichen Regelungen zum Bereitschaftsdienst deutlich macht, keine starre oder absolute Grenze ziehen. Der tariflich geregelte Bereitschaftsdienst kennt nämlich keine Grenzen der Arbeitsleistung nach unten. Bereitschaftsdienst kann auch bei einer Arbeitsleistung von 0 bis 10 v. H. innerhalb des Bereitschaftsdienstes angeordnet werden. Es hat aber gemäß Nr. 8 Abs. 2 a SR 2 c BAT eine Zuordnung zur Stufe B (mehr als 10 bis 25 v. H. Arbeitsleistung innerhalb des Dienstes) zu erfolgen, wenn der Arzt in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr erfahrungsgemäß durchschnittlich mehr als dreimal dienstlich in Anspruch genommen wird. Das läßt erkennen, daß die Tarifvertragsparteien bei der Abgrenzung von Rufbereitschaft zum Bereitschaftsdienst einerseits nicht auf einen bestimmten Prozentsatz von Arbeitsleistung abstellen wollten, andererseits bei der Bewertung von Leistungen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit nicht nur der prozentualen zeitlichen Belastung, sondern auch der Häufigkeit der Einsätze besondere Bedeutung beigemessen haben.
b) Das Landesarbeitsgericht hat es zu Recht dahingestellt sein lassen, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zu den Arbeiten während der Dienste jeweils gerufen wurde, oder ob es zum Teil Tätigkeiten waren, die er zwar außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erledigte, in Wirklichkeit aber Routinetätigkeiten waren, die an sich innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zu erledigen gewesen wären. Nach der Definition der Tarifvertragsparteien (Nr. 8 Abs. 6 Satz 1 SR 2 c BAT) liegt Rufbereitschaft dann vor, wenn sich der Arzt auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Deshalb ist dem Landesarbeitsgericht darin zuzustimmen, daß Arbeiten, die im voraus festgelegt sind, keine Rufbereitschaftsarbeiten sind. Gleichwohl sind auch diese Tätigkeiten bei der Prüfung der Frage, ob lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt, zu berücksichtigen. Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff "Arbeit" ohne jegliche Einschränkung gewählt. Die Nichtberücksichtigung dieser Zeiten widerspräche zudem dem allgemeinen Ziel von Abs. 6 Satz 2 der Nr. 8 SR 2 c BAT, nämlich die Rufbereitschaft auf Zeiten zu beschränken, in denen in der Regel nicht mit Arbeit zu rechnen ist. Wenn in Zeiten der Rufbereitschaft erfahrungsgemäß regelmäßig Arbeit geleistet wird, die an sich keine Rufbereitschaftsarbeit ist, wird vielmehr deutlich, daß es sich um Zeiten handelt, die für Rufbereitschaft nicht geeignet sind und deren Charakter nicht entsprechen. Deshalb sind auch derartige Arbeiten bei der Prüfung, ob Rufbereitschaft angeordnet werden darf, zu berücksichtigen, da andernfalls die Rufbereitschaft ihren Charakter verlieren würde, ihre Anordnung aber dennoch zulässig wäre, weil nur ausnahmsweise eigentliche "Rufbereitschaftstätigkeiten" anfielen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn im Einzelfall bewußt Tätigkeiten aus der regelmäßigen Arbeitszeit in die Zeiten der Rufbereitschaft verlagert werden, obwohl sie innerhalb jener Zeit erledigt werden könnten.
c) Aus dem Vortrag der Parteien sind auch keine Anhaltspunkte erkennbar, aufgrund derer angenommen werden könnte, der in den Monaten September 1981 bis Februar 1982 errechnete durchschnittliche Arbeitsleistungsanteil sei lediglich vorübergehender Natur und es könnten sich irgendwelche Änderungen in der Folgezeit ergeben. Insofern ist von diesem Durchschnittswert als Erfahrungswert auch für die Zukunft auszugehen, wenn keine organisatorischen oder personellen Änderungen eintreten.
4. Die tarifwidrige Anordnung von Rufbereitschaft hat - ungeachtet dessen, daß die Beklagte die Anordnung in der jetzigen Form nicht aufrechterhalten darf - jedoch weder eine Umdeutung in Bereitschaftsdienst noch die Verpflichtung der Beklagten zu Folge, nunmehr nach billigem Ermessen Bereitschaftsdienst der Stufe D anzuordnen.
a) Entgegen der Auffassung der Revision wandelt sich eine unzulässiger Weise angeordnete Rufbereitschaft nicht automatisch in Bereitschaftsdienst um. Auch ist der Ermessensspielraum der Beklagten insoweit nicht eingeengt, weil sie bereits die Leistung von Bereitschaftsdienst tatsächlich gefordert und entgegengenommen hätte. Der Rufbereitschaft ist ebenso wie dem Bereitschaftsdienst kein bestimmter Anteil an Arbeitsleistung begriffsimmanent (vgl. zum Bereitschaftsdienst BAG Urteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 552/82 - AP Nr. 12 zu § 17 BAT = RdA 1985, 380). Wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist vielmehr allein, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann oder nicht. Während Bereitschaftsdienst seinem Wesen nach eine mit der Verpflichtung verbundene Aufenthaltsbeschränkung ist, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden, kann der Arbeitnehmer bei Rufbereitschaft seinen Aufenthaltsort grundsätzlich selbst wählen (BAG Urteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 552/82 -, aaO; Röhsler, Die Arbeitszeit, 1973, S. 34; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, 3. Aufl., Bd. IV, SR 2 a BAT Nr. 6 Rz 7; Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand Juli 1986, Anlage 2 c, Erl. a zu Nr. 8). Zwar wird die Rufbereitschaft auch als "schwächere" oder "besonders leichte Form des Bereitschaftsdienstes" bezeichnet (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Dezember 1986, SR 2 a Erl. 11; Röhsler, aaO), dies aber nicht wegen eines verschieden hohen Arbeitsanfalls, sondern wegen der Möglichkeit, wenn auch in Grenzen, den Aufenthaltsort frei zu wählen. Diese Unterscheidung haben auch die Tarifvertragsparteien in ihrer Definition in Nr. 8 Abs. 1 und 6 SR 2 c BAT getroffen. Dem Arbeitsanfall kommt bei der Begriffsabgrenzung keine Bedeutung zu. Beachtet werden muß die zu erwartende oder erfahrungsgemäß anfallende Arbeitsleistung allein bei der Frage, ob Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf. Deshalb ist trotz der Unzulässigkeit der Anordnung von Rufbereitschaft eine Umdeutung in Bereitschaftsdienst ausgeschlossen (BAG Urteil vom 27. Februar 1985, aaO).
b) Die Anordnung von Bereitschaftsdienst anstelle von Rufbereitschaft würde darüber hinaus der Vorschrift des Abs. 7 der Nr. 8 SR 2 c BAT widersprechen, wonach Bereitschaftsdienst der Stufe C oder D in aller Regel nur sechsmal im Monat angeordnet werden darf. Aus den Leistungsnachweisen des Klägers ergibt sich aber regelmäßig eine höhere Anzahl von Bereitschaftsdiensten im Monat. Abgesehen davon würde aber auch eine Anordnung von Bereitschaftsdiensten in der tarifvertraglich zulässigen Anzahl der gegebenen Sachlage nicht gerecht werden. Der überwiegende Teil der Arbeitsleistungen des Klägers innerhalb der Rufbereitschaftszeiten fällt nämlich nach dem Vortrag beider Parteien in einem festen Block im unmittelbaren Anschluß an die regelmäßige Arbeitszeit an. Ebenso sind an den Wochenenden feste Blöcke erkennbar. Es überwiegt also in diesen Zeiten erfahrungsgemäß die Zeit mit Arbeitsleistung, was wiederum einer Anordnung von Bereitschaftsdienst entgegensteht. Insofern käme bei der vorliegenden Gestaltung eher in Betracht, diese Zeiten als Vollarbeitszeit vorzusehen und gegebenenfalls eine Lösung durch Ausweitung des Arbeitszeitrahmens über zeitversetzte oder geteilte Dienste zu finden (BAG Urteil vom 19. Juni 1985, aaO). Auch das Schrifttum spricht sich zur Verminderung der Arbeitsleistung während des Bereitschaftsdienstes für Schichtdienste, zeitversetzte Dienste und geteilte Dienste aus, um die Inanspruchnahme durch Bereitschaftsdienste zu verringern (vgl. u. a. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, SR 2 a BAT Nr. 6 Rz 18). Borrmann (RdA 1981, 271, 277) vertritt sogar die Auffassung, der Krankenhausträger müsse für Zeiten im Anschluß an die regelmäßige Arbeitszeit, in denen erfahrungsgemäß mehr als 50 % Arbeitsleistung anfällt, entsprechende Arbeitszeit festsetzen bzw. Überstunden anordnen; es liege dann kein nach dem BAT zulässiger Bereitschaftsdienst vor. Auch die Tarifvertragsparteien haben offensichtlich bei der Neuregelung des 50. Änderungstarifvertrages an derartige Maßnahmen gedacht, wie sich aus dem bei Uttlinger/Breier/Kiefer (aaO, Erl. f zu Nr. 8) wiedergegebenen Einführungsrundschreiben der TdL/VKA - unter III - ergibt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Röhsler Dörner Schneider
Hohnheit Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 440618 |
EzBAT, Bereitschaftsdienst Nr 1 (ST1-2) |