Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge des öffentlichen Dienstes
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn in einem Arbeitsvertrag auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT verwiesen wird, im übrigen aber die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche Deutschlands gelten sollen, ist damit nicht die Anwendung auch der Arbeitszeitregelungen des BAT vereinbart worden.
2. Eine Gleichstellungsabrede liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist und deshalb durch Inbezugnahmeklausel eine Gleichstellung der tarifgebundenen mit den nichttarifgebundenen Arbeitnehmern nicht hergestellt werden kann. Objektive Voraussetzung für die der Auslegungsregel zu Grunde liegende Interessenlage und für die Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede ist die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Die Verweisungsklausel soll lediglich die Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen, nicht die des Arbeitgebers.
Normenkette
BAT § 34; Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland; Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 03.11.2004; Aktenzeichen 15 Sa 1246/04) |
ArbG Berlin (Urteil vom 21.04.2004; Aktenzeichen 79 Ca 704/04) |
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 3. November 2004 – 15 Sa 1246/04 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Dauer der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Wochenarbeitszeit und die sich daraus ergebende Vergütung der Klägerin.
Die Beklagte ist eine kirchliche Einrichtung, die in Berlin vor allem im Bereich der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe tätig ist und etwa 1.450 Arbeitnehmer beschäftigt. Sie ist Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg e. V. (DWBB; jetzt Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e. V., DWBO). In den von ihr abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit ihren Mitarbeitern wurde seit den sechziger Jahren ua. auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verwiesen. Im Jahre 1975 beschloss die Beklagte die einheitliche Einführung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW-EKD). Aus Gründen des Bestandsschutzes wurde festgelegt, dass für die Eingruppierung und Vergütung weiterhin die jeweiligen Regelungen des BAT/BMT Anwendung finden sollten. In der praktischen Umsetzung wurden dabei auch Vergütungsregelungen angewandt, die ausschließlich im öffentlichen Dienst des Landes Berlin galten, so ein örtlicher Sonderzuschlag für die Angestellten bis 1985 und durchgehend die Bezirkslohntarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer. Seit Juli 1999 werden in den Formulararbeitsverträgen bei der Beklagten die AVR-DW-EKD auch hinsichtlich der Eingruppierung und der Vergütung in Bezug genommen.
Die Klägerin ist seit dem 22. April 1991 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Der an diesem Tag abgeschlossene schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien lautet auszugsweise wie folgt:
“Eingruppierung und Vergütung erfolgen für Angestellte nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag – BAT/Bund/Länder …
in der Gruppe |
Kr. IV |
Fallgr. 1 |
Grundgehalt/Lohn |
DM |
2.372,04 |
Ortszuschlag |
DM |
929,20 |
Angestelltenzulage |
DM |
150,-- |
…
Die Arbeitszeit beträgt 38,50 Stunden/Woche gemäß AVR
Grundlagen dieses Arbeitsvertrages sind im übrigen die Arbeitsvertragsrichtlinien des DIAKONISCHEN WERKES der Evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils gültigen Fassung. …”
Bis zum 31. Dezember 2002 erhielt die Klägerin Vergütung nach Maßgabe der Vergütungstarifverträge, zuletzt des Vergütungstarifvertrags Nr. 34 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (im Folgenden: TdL) vom 30. Juni 2000 (im Folgenden: VTV 34).
Am 31. Januar 2003 wurde zwischen der Gewerkschaft ver.di und der dbb-tarifunion einerseits und dem Bund und der TdL andererseits der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 (im Folgenden: VTV 35) abgeschlossen. In diesem wurde ua. die Vergütungshöhe auch für die VergGr. Kr. Va in drei Stufen neu festgesetzt. Dabei ergaben sich Erhöhungen ab 1. Januar 2003 bzw. 1. April 2003 in Höhe von 2,4 Prozent, ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 in Höhe von je einem weiteren Prozent. Entsprechende Steigerungen wurden für den Ortszuschlag nach § 29 BAT und die Zulage nach § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte Bund/Länder vereinbart.
Ab Januar 2003 führte das Land Berlin mit den Gewerkschaften Verhandlungen über eine modifizierte Anwendung des BAT, die am 31. Juli 2003 zum Abschluss eines Tarifvertrags zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (im Folgenden: AnwendungsTV Berlin) führten. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
Ҥ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmer mit Ausnahme der von SR 2l I BAT/BAT-O erfassten Lehrkräfte … des Landes Berlin.
…
§ 3
Maßgaben zur Arbeitszeit
A. Angestellte (außer Lehrkräfte i. S. der SR 2l I BAT/BAT-O)
(1) Die besondere regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 BAT/BAT-O … beträgt ausschließlich der Pausen
für Angestellte der Vergütungsgruppen |
X bis VI b, VI a, Kr. I bis Kr. V und Kr. V a |
92 v. H., |
…
der nach den vorstehend genannten manteltarifvertraglichen Vorschriften maßgebenden Arbeitszeit.
Die vorstehenden Regelungen gelten für nichtvollbeschäftigte Angestellte entsprechend (§ 34 BAT/BAT-O), soweit nicht § 5 eine abweichende Regelung enthält.
(2) Die zu erbringende regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 37 Stunden … wöchentlich.
…
Für die Berechnung des Durchschnitts gilt § 15 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und die Protokollnotiz zu Abs. 1 BAT/BAT-O.
Die zu erbringende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Angestellten, deren individuelle besondere Arbeitszeit weniger als die Arbeitszeit eines Angestellten mit der regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des Absatzes 1 beträgt, errechnet sich aus dem Verhältnis, in dem die zu erbringende Arbeitszeit des entsprechenden Vollbeschäftigten zur besonderen Arbeitszeit des entsprechenden Vollbeschäftigten steht, soweit nicht § 5 eine abweichende Regelung enthält.
(3) Das Zeitguthaben, das der Angestellte durch die gemäß Absatz 2 regelmäßig zu erbringende über die nach Absatz 1 geltende Arbeitszeit hinaus erarbeitet, wird auf einem Arbeitszeitkonto angesammelt. § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT/BAT-O gilt insoweit nicht. …
§ 4
Maßgaben zur Höhe der Bezüge
A. Angestellte
Die Höhe der Grundvergütung, des Ortszuschlages, der allgemeinen Zulage nach § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte vom 17. Mai 1982 … beträgt für
Angestellte der Vergütungsgruppen |
X bis VI b, VI a, Kr. I bis Kr. V und Kr. V a |
92 v. H., |
…
der tarifvertraglich – … – vorgesehenen Beträge. Die Anlagen zum Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT … gelten unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Vom-Hundert-Sätze; …
§ 8
Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
Betriebsbedingte Kündigungen mit dem Ziel der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind vom 1. August 2003 bis zum 31. Dezember 2009 ausgeschlossen. … ”
Hinsichtlich der vom BAT abweichenden Regelungen wurde die Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) – mit einer hier nicht relevanten Ausnahme – ausgeschlossen.
Die Beklagte bot im Folgenden all ihren Arbeitnehmern eine Arbeitsvertragsänderung an, wonach die AVR des Diakonischen Werkes in jeder Hinsicht in Bezug genommen werden. Die Klägerin und etwa 160 weitere Arbeitnehmer der Beklagten nahmen dieses Angebot nicht an.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich entsprechend der Zeit- und Vergütungsregelungen des AnwendungsTV Berlin ihre Arbeitszeit und ihre Vergütung um 8 % reduziere. Die Klägerin widersprach dieser Auffassung mit Schreiben vom 2. Januar 2004. Ab dem 1. Januar 2004 zahlte die Beklagte der Klägerin eine entsprechend reduzierte Vergütung (Grundgehalt, Ortszuschlag, Zulage).
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kürzung der Vergütung. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für die Monate Januar bis März 2004 die Vergütung für 38,5 Wochenstunden in Höhe des VTV 35 zu. Die im AnwendungsTV Berlin vorgesehenen Arbeitszeit- und Vergütungskürzungen seien ihr gegenüber nicht gerechtfertigt, weil sich ihre Arbeitszeit nach den AVR richte und der AnwendungsTV Berlin für ihr Arbeitsverhältnis nicht gelte.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. Januar 2004 38,5 Stunden gemäß AVR des Diakonischen Werkes beträgt,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate Januar bis März 2004 637,06 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 21. April 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die arbeitsvertragliche Inbezugnahmeklausel die Gleichstellung der Klägerin mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Lande Berlin beinhalte. Die im AnwendungsTV Berlin vorgesehenen Kürzungen von Arbeitszeit und Vergütung gälten deshalb auch für das Arbeitsverhältnis der Klägerin.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der vom Senat mit Beschluss vom 14. September 2005 zugelassenen Revision ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin beträgt 38,5 Stunden. Das ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag iVm. den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD in der Fassung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg (AVR-DWBB). Der AnwendungsTV Berlin findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.
A. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass sich die Arbeitszeit und die Vergütung der Klägerin nicht nach dem AnwendungsTV Berlin richten. Die Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf die Arbeitszeitregelung der AVR sei so eindeutig, dass eine abweichende Auslegung nicht möglich sei. Die Klägerin sei dementsprechend nach dem BAT so zu vergüten wie eine vollbeschäftigte Angestellte.
B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und weitgehend in der Begründung. Die Arbeitszeit der Klägerin beträgt 38,5 Wochenstunden. Die Arbeitszeitreduzierung nach dem AnwendungsTV Berlin gilt nicht für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Der Klägerin steht deshalb die sich aus dem BAT Bund/Länder iVm. dem VTV 35 ergebende Vergütung für 38,5 Wochenstunden zu. Die Differenz hinsichtlich der Höhe des entsprechenden Gehalts ist rechnerisch unstreitig.
I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann eine Feststellungsklage auch einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (BAG 23. Juni 1992 – 1 AZR 57/92 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 1). Das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin liegt vor. Die maßgebliche Wochenarbeitszeit ist zwischen den Parteien streitig und kann durch die begehrte Feststellung geklärt werden (vgl. dazu BAG 10. Februar 2005 – 6 AZR 182/04 – EzBAT BAT SR 2r Nr. 3 Nr. 4).
II. Die Klage ist begründet.
1. Die von der Klägerin zu leistende Wochenarbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Das ergibt eine Auslegung des Arbeitsvertrags.
a) Bei der Arbeitszeitklausel im Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um eine typische Vertragsklausel, die in zahlreichen Verträgen der Beklagten mit ihren Arbeitnehmern vereinbart worden ist. Das Verständnis und die Auslegung typischer Vertragsklauseln unterliegen der uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr. zB Senat 1. August 2001 – 4 AZR 129/00 – BAGE 98, 293, 299).
b) Eine Reduzierung der im Arbeitsvertrag der Klägerin ausdrücklich unter Bezug auf die AVR-DW-EKD genannten Wochenarbeitszeit von derzeit 38,5 Stunden scheidet aus, weil die Auslegung des Arbeitsvertrags ergibt, dass die Verweisung auf den BAT Bund/Länder nur die Eingruppierung und die Vergütung, nicht aber die Arbeitszeit erfasst. Im Übrigen beabsichtigten die Parteien keine Gleichstellung mit den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst des Landes Berlin.
aa) Die von der Klägerin arbeitsvertraglich zu leistende Wochenarbeitszeit richtet sich nicht nach dem BAT Bund/Länder, sondern nach den AVR-DW-EKD. Das ergibt sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend annimmt, bereits aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrags. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass die Arbeitszeit “38,50 Stunden/ Woche gemäß AVR” beträgt. Dies entsprach auch der seit 1. April 1990 geltenden Regelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in § 9 Abs. 1 AVR-DW-EKD. Die Vorinstanzen sind mit Recht davon ausgegangen, dass diese arbeitsvertragliche Regelung eindeutig ist und die jeweilige Geltung der maßgeblichen Arbeitszeitregelungen der AVR-DW-EKD bewirkt. Die Auffassung der Revision, der Verweis auf die AVR sei “als nicht geschrieben anzusehen”, kann sich nicht auf anerkannte Auslegungsgrundsätze berufen.
bb) Angesichts dieser Vereinbarung kann der Arbeitsvertrag nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass der BAT Bund/Länder nicht nur für die Eingruppierung und Vergütung, sondern auch für die Arbeitszeit der Klägerin gelten sollte.
(1) Die ausdrückliche Bezugnahme der Parteien auf den BAT Bund/Länder erfolgte ausschließlich hinsichtlich der Regelungen zur Eingruppierung und Vergütung, mithin auf die Abschnitte VI (§§ 22 – 25) und VII (§§ 26 – 36) des im streitigen Zeitraum noch geltenden BAT Bund/Länder in der Fassung vom 31. Januar 2003. Die Arbeitszeit ist im BAT Bund/Länder dagegen im Abschnitt IV (§§ 15 – 18) geregelt, der von den Arbeitsvertragsparteien gerade nicht in Bezug genommen worden ist. Der Arbeitsvertrag enthält dagegen zusätzlich einen allgemeinen Verweis auf die “im übrigen” geltenden AVR-DW-EKD.
(2) Die Anwendung der Arbeitszeitregeln des BAT Bund/Länder ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus einem untrennbaren synallagmatischen Verhältnis der Arbeitszeit zur Vergütung. Zwar stehen Arbeitszeit und Vergütung in einem synallagmatischen Zusammenhang. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass ihre Regelungen in demselben Normsystem enthalten sein müssen.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bestimmt zum einen diejenige Zeit, für die die tarifvertraglich festgelegte Vergütung gewährt wird. Sie bestimmt zum anderen diejenige Arbeitszeit, die von dem Arbeitnehmer tatsächlich zu leisten ist, sofern keine abweichende Regelung getroffen wird. Auf Grund des Synallagmas zwischen Arbeitszeit und Vergütung muss die Bezugsgröße für diejenige Vergütung, die sich aus dem BAT Bund/Länder ergibt, auch die im BAT Bund/Länder festgesetzte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sein. Das zwingt aber nicht dazu, dass auch die tatsächlich zu leistende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sich nach dem BAT Bund/Länder richten muss. Die tatsächlich vom Arbeitnehmer zu leistende Arbeitszeit kann ohne weiteres einem anderen Regelwerk entnommen werden als die dafür zu zahlende Vergütung. Steht nach dem Arbeitsvertrag und den AVR-DW-EKD fest, welche wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu leisten hat, so hat er einen Anspruch auf diejenige Vergütung, die ein Angestellter im öffentlichen Dienst in derjenigen Vergütungsgruppe, die für die Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgeblich ist, für die von diesem zu leistende Arbeitszeit verlangen kann.
cc) Der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT Bund/Länder kann entgegen der Auffassung der Revision auch keine Gleichstellungsabrede mit den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes des Landes Berlin entnommen werden.
(1) Eine Gleichstellungsabrede im Sinne der bisherigen Senatsrechtsprechung liegt bereits deshalb nicht vor, weil der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist und deshalb durch Inbezugnahmeklausel eine Gleichstellung der tarifgebundenen mit den nichttarifgebundenen Arbeitnehmern nicht hergestellt werden kann. Objektive Voraussetzung für die der Auslegungsregel zu Grunde liegende Interessenlage und für die Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede ist die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers (26. September 2001 – 4 AZR 544/00 – BAGE 99, 120, 126 ff.; 19. März 2003 – 4 AZR 331/02 – BAGE 105, 284, 287 ff.; 25. September 2002 – 4 AZR 294/01 – BAGE 103, 9, 14, jeweils mwN). Die Verweisungsklausel soll lediglich die Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen, nicht die des Arbeitgebers (vgl. Senat 1. Dezember 2004 – 4 AZR 50/04 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 34 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 29, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
(2) Auch die Beklagte selbst hat in ihrem Schreiben vom 9. Dezember 2003 nicht die exakte Umsetzung der Arbeitszeitregelungen des AnwendungsTV Berlin verlangt. Dieser unterscheidet zwischen der “besonderen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit”, die – wie die gezahlte Vergütung – auf (hier) 92 % der Arbeitszeit des § 15 Abs. 1 BAT Bund/Länder herabgesetzt wurde, und der von dem Arbeitnehmer “zu erbringenden regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit” von 37 Stunden, wobei die Differenz zwischen der zu vergütenden und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit dem Arbeitnehmer auf einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wird. Die Beklagte dagegen hat diese Unterscheidung nicht vorgenommen, sondern lediglich die Ableistung von nur noch 35,42 Wochenstunden gegen eine entsprechend abgesenkte Vergütung verlangt und damit selbst deutlich gemacht, dass sie von einer für die Angestellten des Landes Berlin zu leistenden Wochenarbeitszeit abweicht.
(3) Durch die Annahme einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden gemäß Arbeitsvertrag oder AVR-DW-EKD wird das in § 44 LHO Berlin und den dazu ergangenen Nebenbestimmungen normierte “Besserstellungsverbot” nicht nur nicht verletzt, sondern im Gegenteil gesichert. Ein vergleichbarer Angestellter des öffentlichen Dienstes im Land Berlin, der 38,5 Wochenstunden arbeitet, kann genau die Vergütung verlangen, die die Klägerin beansprucht. Daran hat sich durch den AnwendungsTV Berlin nichts geändert, da dieser lediglich die “besondere regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit” der ihm unterfallenden Arbeitsverhältnisse neu regelt. Für 92 % der nach den “manteltarifvertraglichen Vorschriften maßgebenden Arbeitszeit” wird nur 92 % der Vergütung gezahlt. Das Verhältnis von Arbeitszeit und Vergütung bleibt durch den AnwendungsTV Berlin demnach unangetastet, was auch in § 4 A Abs. 1 letzter Halbsatz AnwendungsTV Berlin zum Ausdruck kommt. In der Vorschrift ist die Absenkung der Vergütung für Angestellte in Abhängigkeit von der Arbeitszeit im Einzelnen beziffert, jedoch ausdrücklich festgehalten, dass die Absenkung für Stundenlöhne nicht gilt. Eine Besserstellung der Klägerin und anderer Arbeitnehmer der Beklagten wird durch die Beschäftigung für 38,5 Wochenstunden deshalb nicht bewirkt. Im Gegenteil würde durch die partielle, dh. auf die Arbeitszeitregelung bezogene Geltung des AnwendungsTV Berlin eine Schlechterstellung der Arbeitnehmer der Beklagten eintreten, da diesen die Kompensationsleistungen aus dem AnwendungsTV Berlin, zB das Verbot betriebsbedingter Kündigungen für sechseinhalb Jahre, nicht zukommen würde.
Das “Besserstellungsverbot” ist aber auch deshalb nicht von der Nichtgeltung des AnwendungsTV Berlin berührt, weil die nach §§ 23, 44 LHO Berlin durchgeführte Erforderlichkeitsprüfung die Notwendigkeit einer Wochenstundenzahl von 38,5 ergeben hat, da andernfalls die Zuwendung nicht hätte gewährt werden dürfen. Solange diese als erforderlich angesehene Arbeitszeit nicht abgesenkt worden ist, kann das “Besserstellungsverbot” durch die bloße Fortsetzung der bisherigen Arbeitszeitpraxis nicht verletzt werden.
(4) Es erscheint ferner zweifelhaft, ob die von der Beklagten gewählte Verweisungstechnik überhaupt geeignet ist, einen Sanierungstarifvertrag wie den AnwendungsTV Berlin in die bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse einzubeziehen. Dagegen spricht schon, dass es sich bei Sanierungstarifverträgen um Sonderregelungen handelt, die auf eine atypische, insbesondere wirtschaftlich schwierige Situation im unmittelbaren Geltungsbereich des Tarifvertrags reagieren. So verhält es sich auch beim AnwendungsTV Berlin, der der besonderen Situation im öffentlichen Dienst des Landes Berlin Rechnung tragen soll. Ob eine Verweisung in den Arbeitsverträgen eines nicht dem öffentlichen Dienst angehörenden Dritten, bei dem die diesen Tarifabschluss veranlassende Situation nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise vorliegt, auf allgemein geltende Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auch solche Sonderregelungen einbeziehen will, ist fraglich. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die arbeitsvertragliche Verweisung nur einzelne Regelungsbereiche des BAT, die dann im AnwendungsTV Berlin speziell für das Land Berlin geregelt werden, in Bezug nimmt, während für andere Bereiche, etwa das Kündigungsrecht, die AVR-DW-EKD maßgeblich sein und bleiben sollen. Die Einbeziehung des AnwendungsTV Berlin würde damit dazu führen, dass die Arbeitnehmer der Beklagten zwar die Nachteile des AnwendungsTV Berlin hätten, den Ausgleich, der besonders im Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für mehr als sechs Jahre liegt, aber nicht in Anspruch nehmen könnten, weil die Verweisungsklausel in keinem Fall in diesen Regelungsbereich reicht, die AVR-DW-EKD also maßgeblich bleiben. Die komplexe Regelung des AnwendungsTV Berlin würde damit entgegen dem Willen der Parteien dieses Tarifvertrags getrennt. Da – wie dargelegt – der arbeitsvertraglichen Verweisung, was den Umfang der Arbeitszeit angeht, jedoch keine Inbezugnahme des AnwendungsTV entnommen werden kann, kann diese Frage unentschieden bleiben.
2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Vergütung für eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden, unabhängig davon, ob sie in der streitigen Zeit von Januar bis März 2004 tatsächlich 38,5 Wochenstunden gearbeitet hat. Selbst wenn sie nur die von der Beklagten geforderten 35,42 Wochenstunden gearbeitet hat, steht ihr die Vergütungsdifferenz gem. § 615 Satz 1 BGB zu, da sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befand.
3. Die danach maßgeblichen Vergütungsansprüche für den streitigen Zeitraum hat die Klägerin für die von ihr zu leistende bzw. geleistete Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden konkret beziffert; sie sind in Höhe der Klagesumme rechnerisch unstreitig.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Wolter, Creutzfeldt, Kiefer, Bredendiek
Fundstellen