Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. soziale Auswahl. Kündigungsverbot aufgrund Rationalisierungs-Betriebsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu – 2 AZR 269/95 – Urteil vom 5. Oktober 1995
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 16. Mai 1995 – 6 Sa 18/93 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger (geboren 1943) ist seit 1972 bei der Beklagten, einem großen Druck- und Verlagshaus, als Montierer/Fotosetzer – Fachkraft-Satz – tätig. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 5.170,– DM. Die Beklagte gliedert sich in verschiedene Unternehmensbereiche, u.a. den Unternehmensbereich Zeitschriften (UBZ), Hamburg B., und den Unternehmensbereich Druck (UBD), Hamburg M.. Der UBD besteht aus einem Betrieb in Itzehoe mit ca. 2.000 Arbeitnehmern und einem Betrieb in Hamburg mit einem Betriebsteil Bildherstellung (ca. 105 Arbeitnehmer) und einem Betriebsteil Satzherstellung, in dem zuletzt 47 Arbeitnehmer, darunter der Kläger, tätig waren.
In der Satzherstellung wurden Satzarbeiten wie Anzeigen- und Textseitenumbruch durch Fachkräfte der Druckindustrie erledigt. Dabei handelte es sich sowohl um Satzaufträge des UBZ für die von der Beklagten verlegten Zeitschriften („…” u.a.) als auch um Aufträge anderer Unternehmen wie der B. GmbH („…”) und der Firma E. („…”). Nach Darstellung der Beklagten war es schon seit geraumer Zeit technisch möglich, den Anzeigen- und Textseitenumbruch nicht in einer eigenen Satzabteilung im UBD, sondern in den Redaktionen mit den dort vorhandenen EDV-Systemen durchzuführen. Eine solche Verlagerung der Arbeiten in die Redaktionen unterlag aber rechtlichen Schwierigkeiten. Zunächst galt der RTS-Tarifvertrag (Tarifvertrag über die Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme vom 20. März 1978), der derartige Arbeiten den Fachkräften der Druckindustrie vorbehielt. Später hatte sich die Beklagte durch entsprechende Betriebsvereinbarungen gebunden. Nach Einführung eines neuen rechnergesteuerten Redaktions- und Produktionssystems entschloß sich die Beklagte schließlich, im Verlauf des Jahres 1992 die Satzproduktion ihrer Verlagsobjekte von ihrer Setzerei in die Redaktionen zu überführen. Zum 31. Dezember 1992 entzog der UBZ dem UBD die Aufträge für die Satzherstellung der verlagseigenen Produkte. Zum gleichen Zeitpunkt kündigten auch die Fremdverlage die der Satzherstellung erteilten Aufträge, weil auch sie die Satzherstellung in ihre Redaktionen verlagern wollten. Nach Darstellung der Beklagten entfallen 20 % des verlorenen Auftragsvolumens des Betriebsteils Satztechnik auf „…” (Verlag E.), 50 % auf den Verlust der Z.-Aufträge (B. GmbH) und 30 % auf die verlagseigenen Zeitschriften (UBZ); der Kläger beziffert den Verlust der Z.-Aufträge nur mit ca. 25 %. Die Beklagte entschloß sich daher, den Betriebsteil Satzherstellung im UBD Hamburg stillzulegen. Im Januar 1992 nahm sie mit dem Betriebsrat des UBD Verhandlungen über einen Interessenausgleich auf. Am 4. Juni 1992 stellte die angerufene Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen fest und verabschiedete am 23. Juni 1992 einen Sozialplan. Dieser Sozialplan ist durch rechtskräftigen Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Januar 1994 – 5 TaBV 1/93 – für unwirksam erklärt worden, weil er gegen eine bei der Beklagten geltende Betriebsvereinbarung über Rationalisierungsschutz, die Entlassungen aus Rationalisierungsgründen grundsätzlich verbiete, verstoße.
Der Ganzseitenumbruch sollte nach Schließung des Betriebsteils Satzherstellung in den Redaktionen rechnergesteuert durch Schlußredakteure erfolgen. Die Beklagte richtete deshalb in den einzelnen Redaktionen des UBZ neun zusätzliche Arbeitsplätze für technische Schlußredakteure ein. Die Beklagte beschäftigte schon vorher Schlußredakteure. Nach einer Absprache mit dem Betriebsrat des UBZ (Schreiben vom 12. Juni 1992 des UBZ an den dortigen Betriebsrat) sollten die für die Übernahme der Satzarbeiten in die Redaktionen des UBZ erforderlichen Arbeitsplätze nur in der Satztechnik im UBD Hamburg ausgeschrieben werden, was auch geschehen ist.
Von den 47 in der Satzherstellung im UBD Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern bewarben sich 22 auf die ausgeschriebenen Positionen eines technischen Schlußredakteurs. Am 12. Juni 1992 beendete die Beklagte das Bewerbungsverfahren für diese Stellen. Sie wählte nach ihrer Darstellung unter den Bewerbern – auch der Kläger hatte sich beworben – die neun Arbeitnehmer aus, die sich am ehesten für die Stellenbesetzung eigneten, ohne dabei eine soziale Auswahl vorzunehmen; auch der Arbeitnehmer V. (z.Zt. der Kündigung des Klägers 44 Jahre alt, 12 Jahre Betriebszugehörigkeit) wurde ausgewählt. Die aus dem UBD in den UBZ als Schlußredakteure übernommenen Arbeitnehmer wurden nach der bei der Beklagten üblichen Handhabung mit Zustimmung des Betriebsrates des UBZ in die Gehaltsgruppe I des Gehaltstarifvertrages für Redakteure und Redakteurinnen an Zeitschriften vom 22. Mai 1992 in die Stufe ab 10. Berufsjahr eingruppiert. Das entsprechende tarifliche Monatsgehalt betrug zum Zeitpunkt der Übernahme 5.868,00 DM. In der nächsten und höchsten tariflich vorgesehenen Stufe ab dem 15. Berufsjahr beträgt die monatliche Vergütung 6.175,00 DM. Außerdem erhalten die Schlußredakteure u.a. eine zusätzliche tarifliche Altersversorgung, für die der vom Arbeitgeber aufgebrachte Beitragsanteil etwa 150,00 DM im Monat beträgt.
Von den Arbeitnehmern, die nicht als technische Schlußredakteure übernommen wurden, schlossen einige Aufhebungsverträge, gingen in Rente bzw. wurden wegen ihrer Mitgliedschaft im Betriebsrat in andere Abteilungen übernommen. Für die restlichen Arbeitnehmer, darunter den Kläger, leitete die Beklagte am 16. Juni 1992 das Anhörungsverfahren zur Kündigung ein. Der Betriebsrat widersprach den beabsichtigten Kündigungen mit Schreiben vom 22. Juni 1992. Am 22./23. Juni 1992 beendeten die neun als Schlußredakteure ausgewählten Arbeitnehmer durch auf den 11. Juni 1992 rückdatierte Eigenkündigungen ihre Arbeitsverhältnisse – an diesem Tage waren mündliche Vertragsabsprachen vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats getroffen worden – und schlossen neue Arbeitsverträge ab, nachdem der Betriebsrat des UBZ bereits am 15. Juni 1992 ihrer Einstellung zugestimmt hatte. Mit Schreiben vom 23. Juni 1992 wurde den restlichen Arbeitnehmern, darunter dem Kläger, unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt.
Bei Beginn der Interessenausgleichsverhandlungen war seitens der Geschäftsleitung darauf hingewiesen worden, daß im anderen Betriebsteil des UBD Hamburg, nämlich im Bereich Bildherstellung, durch vorruhestandsähnliche Regelungen Arbeitsplätze freigemacht werden könnten. Es handelte sich um Tätigkeiten in den Bereichen Foto/Scanner, Scanner-Vorbereitung und Dispositionsplanungen. Es wurden nach Angaben des Klägers 9, nach Angaben der Beklagten 5 derartige vorruhestandsähnliche Regelungen getroffen.
Bei der Beklagten besteht im Betrieb M. eine Betriebsvereinbarung vom 8. Juli 1988 zur Regelung sozialer und betrieblicher Probleme bei der Durchführung von Rationalisierungsvorhaben (im folgenden: Ratio-BV). Zum Abschluß dieser Betriebsvereinbarung war es gekommen, nachdem schon 1983 der UBD mit dem Betriebsrat UBD Itzehoe und dem Betriebsrat UBD Hamburg über den Abschluß von Rationalisierungsschutz-Betriebsvereinbarungen verhandelt hatte. Die Verhandlungen mit dem Hamburger Betriebsrat scheiterten, während für den UBD Itzehoe am 2. Januar 1984 eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde. Im Jahre 1987 verhandelte die Beklagte mit dem Betriebsrat UBD Hamburg über die Einführung des rechnergesteuerten Redaktions- und Produktionssystems SII, wobei am 12. Februar 1988 das Tätigwerden einer Einigungsstelle vereinbart wurde. In diesem Zusammenhang schrieb am 12. Februar 1988 der Vertreter des Betriebsrats UBD Hamburg u.a. an die Beklagte, bis zum 30. April 1988 könne noch eine Einigung außerhalb der Einigungsstelle versucht werden; Betriebsrat und Geschäftsleitung seien sich darüber einig, daß diese Verhandlungen außerhalb der Einigungsstelle generell über einen Rationalisierungsschutz im Zusammenhang mit der Einführung neuer Technologien „im UBD Hamburg” geführt würden. Die technologische Entwicklung der immateriellen Satz- und Bildherstellung veranlaßte dann das bei der Beklagten für den Druckbereich zuständige Vorstandsmitglied Dr. F., die mit dieser Technologieumstellung verbundenen Probleme und Problemlösungsmöglichkeiten mit Schreiben vom 29. Februar 1988 gegenüber dem Betriebsrat UBD Hamburg darzustellen. In diesem Schreiben ist davon die Rede, Satz-, Bild- und Formherstellung der Druckerei stünden an der Schwelle der wohl umfassendsten Technologieumstellung der letzten Jahrzehnte; das Stichwort heiße: Immaterielle Satz- und Bildbearbeitung. Die Verfügbarkeit dieser Technologie für Druckereien und ihre Auftraggeber werde zu umfassenden strukturellen Veränderungen in der Branche und im Vorstufenbereich der Druckerei führen. In Erkenntnis dieser Sachlage habe sich das Management der Druckerei trotz der damit verbundenen Probleme entschlossen, diese Technologie der immateriellen Sach- und Bildverarbeitung nicht etwa zögerlich, sondern schnellstmöglich „in unsere Druckerei” zu integrieren, weil nur so die Ertragskraft des Unternehmens und somit auch ein größtmögliches Maß an Beschäftigung für die Mitarbeiter langfristig sichergestellt werden könne. Nachfolgend werden in dem Schreiben von Dr. Frangen mehrere Alternativen der Einführung der immateriellen Satz- und Bildverarbeitung mit und ohne Festlegung einer Beschäftigungsgarantie erläutert. Die vierte Alternative geht von der Einführung der immateriellen Satz- und Bildverarbeitung im gesamten Hamburger Bereich aus; danach sollen alle Bereiche an einem Fertigungsort zusammengefaßt werden, wobei die Fertigungsaufgabe dieses neuen Bereichs die Herstellung von Satz, Bild sowie deren Integration (Montage) im Rahmen des Vollausbaus der neuen Technologie sein werde. Dafür erhielten die Hamburger Mitarbeiter eine langfristige Beschäftigungsgarantie im Rahmen des Abschlusses einer Rationalisierungsschutzvereinbarung analog der ersten Itzehoer Rationalisierungsschutzvereinbarung.
Die Beklagte und der Betriebsrat UBD einigten sich auf diese Variante. In der abgeschlossenen Ratio-BV vom 8. Juli 1988 heißt es u.a.:
§ 1 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich
1.1 Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter/innen von G. UBD Hamburg, deren Arbeitsplätze – direkt oder indirekt – durch Rationalisierungsmaßnahmen entfallen oder sich in ihren Arbeitsinhalten und/oder -umständen verändern.
1.2 Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne dieser Betriebsvereinbarung sind Änderungen von Arbeits- oder Produktionsverfahren sowie deren Arbeitstechniken, die durch Investitionen oder arbeitsablauf-organisatorische Maßnahmen verursacht werden und zu weniger Personalbedarf, veränderten Arbeitsanforderungen oder/und Einkommensverlusten führen
…
§ 2 Beschäftigungsgarantie
2.1 G. sichert zu, daß es keine Entlassungen aus Rationalisierungsgründen geben wird, solange die Umsatzrendite 5 % beträgt.
Die Umsatzrendite wird aus dem Verhältnis des Leistungsergebnisses zu dem in dem Jahresabschluß von G./UBD ausgewiesenen Umsatzerlösen ohne Mehrwertsteuer analog dem Statut der Gewinnbeteiligung und Vermögensbildung im Hause G. errechnet (§ 2 Ziff. 1 Abs. 2 des Statutes).
…
§ 3 Weiterbeschäftigung
3.1 Steht der bisherige Arbeitsplatz nicht mehr zur Verfügung, bietet G. die Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz an, der geeignet und zumutbar ist.
…
3.3 Ein anderer Arbeitsplatz bei G. ist dem betroffenen Mitarbeiter zumutbar, wenn – der neue Arbeitsplatz in Hamburg liegt …
§ 6 Härteabgeltung
6.1 Alle aufgeführten Abfindungsregelungen gelten von dem Zeitpunkt an, an dem das Unternehmen die geplante Rationalisierungsmaßnahme dem Betriebsrat verkündet …
…
Die geplanten Rationalisierungsmaßnahmen wurden anschließend durchgeführt. Im Betrieb M., wo bis 1988 die Bildherstellung mit Hilfe von Filmen erfolgte, wurde sowohl im Farb- als auch im Schwarz-Weiß-Bereich die elektronische Bildverarbeitung eingeführt. Die Satzherstellung, die damals in der W. Straße untergebracht war und schon seit etwa 1980 die immaterielle Satzherstellung mit Hilfe des Sperry-Univac-Systems besaß, erhielt anstelle des zunächst geplanten neuen Systems SII das System DEC-VAX. Die Satzherstellung wurde sodann in den Betrieb M. verlagert, wo seit etwa Ende 1990 die elektronische Integration von Satz- und Bildherstellung stattfand.
Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig und behauptet, die neun in die Schlußredaktionen des UBZ versetzten Mitarbeiter übten, nur mit Hilfe anderer Techniken, nach wie vor die gleichen Tätigkeiten wie vor ihrer Versetzung aus. Auch wenn sie sich jetzt „technische Schlußredakteure” nennen dürften, hätten sie keinerlei Verantwortung und Freiheiten bei der Änderung von Texten oder dem Seitenaufbau und dürften auch nicht an den Texten herummanipulieren. Eine Terminüberwachung sei auch früher in der Satztechnik erfolgt. Es werde bestritten, das grafische Fähigkeiten erforderlich seien. Die Schlußredakteure seien lediglich für die Technik, nicht jedoch für den Inhalt der Texte verantwortlich. Ihre jetzige Tätigkeit in den Schlußredaktionen sei gegenüber ihrer bisherigen Tätigkeit nicht als höherwertig anzusehen. Lediglich die andere Gehaltsstruktur habe zu Einkommensverbesserungen geführt, die im übrigen bei Berücksichtigung aller Zuschläge nur geringfügig seien. Bei der Besetzung dieser Stellen hätte die Beklagte eine Sozialauswahl vornehmen müssen, die angesichts der unstreitigen Sozialdaten dazu geführt hätte, daß an seiner Stelle der Arbeitnehmer V. hätte entlassen werden müssen. Er sei auch ohne weiteres geeignet gewesen, die Position eines Schlußredakteurs einzunehmen. Daß die Beklagte selbst von seiner Eignung ausgegangen sei, ergebe sich daraus, daß die neun Arbeitsplätze unter allen Arbeitnehmern der Satzherstellung ausgeschrieben worden seien.
Außerdem habe er im Betrieb M. weiterbeschäftigt werden können, denn die Beklagte habe in der Bildherstellung durch Vorruhestandsregelungen Arbeitsplätze freigemacht. Eine eventuell erforderliche Umschulungsdauer, die die Beklagte auf 1 Jahr veranschlage, widerspreche der bisherigen betrieblichen Praxis. Im Bereich der Bildherstellung seien bereits 18 gelernte Schriftsetzer tätig, ohne daß sie wesentliche Qualifizierungsmaßnahmen hätten durchlaufen müssen. Auch die soziale Auswahl sei insoweit fehlerhaft, denn er sei vergleichbar mit den Mitarbeitern aus dem Bereich Bildherstellung. Im Unterschied zu den Arbeitsplätzen, die sich auf Retusche und holographische Arbeiten bezögen, seien die Arbeitsplätze Textbildintegration sowie Seiten- und Negativmontage für Setzer geeignet. Der Beruf des Setzers decke auch von der Ausbildung her wesentliche Anteile des Berufes des Druckvorlagenherstellers ab. Soweit im Bereich der Bildherstellung spezielle Kenntnisse erforderlich seien, bestehe bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung vom 28. Oktober 1989 über entsprechende Ausbildungsmaßnahmen. Der Kläger hat sich insofern hinsichtlich der sozial stärkeren Arbeitnehmer im Bereich Bildherstellung auf eine Aufstellung vom 1. Oktober 1992 bezogen.
Der Kläger hat ferner geltend gemacht, die Ratio-BV vom 8. Juli 1988 mache seine Kündigung unwirksam. Durch den Einsatz einer neuen Technik im Verlag sei es möglich, die Tätigkeiten der Setzer statt im UBD in den Schlußredaktionen der jeweiligen Zeitschrift verrichten zu lassen. Es gehe dabei um die Änderung von Arbeits- und Produktionsverfahren, die durch arbeitsablauf-organisatorische Maßnahmen verursacht würden, also eine Rationalisierung. Dabei könne der Betrieb M. mit der Stillegung der Satzherstellung nicht isoliert betrachtet und die Verlagerung der satztechnischen Arbeiten in die Redaktionen als getrennt zu beurteilender Vorgang angesehen werden. Die Entscheidung zur Verlagerung der Satzarbeiten vom Betriebsteil Satztechnik in den UBZ sei von der Beklagten als einheitlich handelnder juristischer Person getroffen worden.
Der Kläger hat schließlich vorgetragen, auch die Betriebsratsanhörung sei fehlerhaft. Die Beklagte habe das Scheitern der Verhandlungen über den Interessenausgleich zum Anlaß genommen, nunmehr möglichst unter Ausschaltung des Betriebsrats des UBD Hamburg Fakten zu schaffen, die die zuvor während der Verhandlungen über den Interessenausgleich angebotenen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die betroffenen Arbeitnehmer hätten beseitigen sollen. Gegenüber dem Betriebsrat seien wesentliche Fakten verschwiegen worden, u.a. die Tatsache, daß zum Zeitpunkt der Anhörung die Besetzung der Schlußredakteursposten durch sozial stärkere Arbeitnehmer noch nicht abgeschlossen gewesen sei; diese Arbeitnehmer seien bei der Anhörung und in der Liste mit den Sozialdaten nicht erwähnt worden.
Der Kläger hat – soweit für die Revisionsentscheidung noch von Interesse – beantragt
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 23. Juni 1992 nicht zum 31. Dezember 1992 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, bei den neu eingerichteten Arbeitsplätzen für technische Schlußredakteure habe es sich um Beförderungsstellen gehandelt. Die Schlußredakteure benötigten nicht nur satztechnische, sondern auch grafische Fähigkeiten. Neben der Textbearbeitung und dem geometrischen Aufbau der Ganzseite obliege ihnen auch die Koordination und Ablieferung der Text- und Bildvorlagen, also redaktionsinterne Management- und Abwicklungsfunktionen. Sie hätten auch gewisse Freiheiten bei der Änderung von Texten, beim Seitenaufbau etc. In der bisherigen Satzherstellung sei es demgegenüber lediglich um handwerkliche Tätigkeiten gegangen. Schon das erheblich höhere Tarifgehalt für Redakteure zeige, daß es sich um echte Beförderungsstellen handele. Zu einer Beförderung des Klägers sei sie nicht verpflichtet gewesen. Deshalb sei auch eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten nicht in Betracht gekommen.
Die durch vorruhestandsähnliche Regelungen in der Bildherstellung freigemachten Arbeitsplätze seien nicht wieder besetzt worden, da in den Bereichen Foto/Scanner, Scanner-Vorbereitung und Dispositionsplanung weitere Beschäftigungen entfallen seien. Im übrigen hätten die in der Bildherstellung beschäftigten Mitarbeiter nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden müssen, denn die Tätigkeiten in der Bildherstellung seien mit der Arbeit der Setzer nicht vergleichbar; dies zeige schon ein Vergleich der Ausbildungsberufe; außerdem arbeiteten in der Bildherstellung typischerweise Druckvorlagenhersteller, dagegen in der Satztechnik Schriftsetzer. Die Berufe des Druckvorlagenherstellers und des Schriftsetzers hätten auch ein völlig verschiedenes Berufsbild, wie sich aus der Verordnung über die Berufsbildung zum Druckvorlagenhersteller und der Verordnung über die Berufsausbildung zum Schriftsetzer ergebe. Eine Umschulung des Klägers zu einem Text-Bild-Integration-Operator würde nahezu 12 Monate dauern, was unzumutbar sei. Außerdem hätte die Umschulung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ab 1. Januar 1993 durchgeführt werden können, weil der Kläger und seine Kollegen bis zum 31. Dezember 1992 voll ausgelastet gewesen seien.
Die Ratio-BV sei nicht anwendbar: Wie sich schon aus der Parteibezeichnung und der Zuständigkeit des Hamburger Betriebsrates des UBD ergebe, könne es nur um Rationalisierungsmaßnahmen im UBD gehen. Eine innerbetriebliche Rationalisierungsmaßnahme – bezogen auf den UBD – liege indessen nicht vor, sondern eine Teil-Betriebsstillegung. Bei „betriebsübergreifenden” Rationalisierungsentscheidungen könnte allenfalls eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht kommen, keinesfalls stehe aber dem UBD-Betriebsrat eine Regelungskompetenz insoweit zu. Außerdem liege gar keine Rationalisierungsmaßnahme vor, weil ein Arbeitsplatzverlust nicht auf arbeitsablauf-organisatorische Maßnahmen zurückzuführen sei, sondern darauf, daß die Aufträge für die Satzherstellung – auch seitens der Kunden der Beklagten – entfallen seien.
Die Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden. Der Sachverhalt hinsichtlich der Besetzung der Schlußredakteursposten sei dem Betriebsrat bei der Anhörung mündlich dargelegt worden. Die Sozialdaten der für die Besetzung der Stellen ausgewählten Arbeitnehmer hätten dem Betriebsrat vorgelegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht nach seinem Klageantrag erkannt. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), weil noch nicht feststeht, ob es sich bei den neun Redakteurstellen im UBZ nicht doch um vergleichbare Positionen handelte, so daß die Beklagte den Kläger, der nach seiner Darstellung dem Anforderungsprofil dieser Position genügte, zu Unrecht bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 ZPO nicht berücksichtigt hätte.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen § 2 Ratio-BV vom 8. Juli 1988 unwirksam. Bei der von der Beklagten beschlossenen Umstrukturierung handele es sich um eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des § 1.2. Auch wenn man mit der Beklagten zwei selbständige Maßnahmen annehme, nämlich die Schließung der Satzherstellung einerseits und die Übertragung der satztechnischen Aufgaben auf die Schlußredakteure im UBZ andererseits, griffen die Regelungen der Ratio-BV ein. Dies wird vom Landesarbeitsgericht nach näherer Maßgabe seiner Entscheidungsgründe, auf die verwiesen wird, begründet. Sei die Kündigung schon aus diesem Grunde unwirksam, komme es nicht darauf an, ob sie sozial ungerechtfertigt sei, ob die soziale Auswahl unzureichend und ob der Betriebsrat möglicherweise fehlerhaft angehört worden sei.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Revision rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe die Rationalisierungs- Betriebsvereinbarung nicht richtig ausgelegt.
1) Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die in § 2 der Ratio-BV vom 8. Juli 1988 geregelte Beschäftigungsgarantie unwirksam, weil diese Betriebsvereinbarung nach ihrem sachlichen Geltungsbereich insgesamt nicht für die die vorliegende Kündigung verursachende Maßnahme gilt. Auch wenn § 2.1 Satz 1 im Sinne eines Kündigungsverbots (vgl. dazu KR-Becker, 3. Aufl., § 1 Rz 333) zu interpretieren ist, greift dieses vorliegend nicht ein.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Betriebsvereinbarungen ausgegangen. Danach sind Betriebsvereinbarungen wie Tarifverträge und diese wiederum wie Gesetze auszulegen. Es ist maßgeblich auf den im Wortlaut der Betriebsvereinbarung zum Ausdruck gelangten Willen der Betriebspartner abzustellen und der von diesen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, soweit diese in den Regelungen der Betriebsvereinbarung noch ihren Niederschlag gefunden haben (BAG Urteile vom 11. Juni 1975 – 5 AZR 217/74 – BAGE 27, 187 = AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung; vom 8. November 1988 – 1 AZR 721/87 – BAGE 60, 84 = AP Nr. 48 zu § 112 BetrVG 1972). Hierzu ist auf den sich aus der Betriebsvereinbarung ergebenden Gesamt Zusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen berücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht nur aus der einzelnen Norm der Betriebsvereinbarung auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck der Norm zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben hingegen bei entsprechender Anwendung des Wortlauts der Betriebsvereinbarung und des Gesamtzusammenhangs, soweit er in der Betriebsvereinbarung seinen Niederschlag gefunden hat, als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Betriebspartner auf weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte der jeweiligen Betriebsvereinbarungen zurückgegriffen werden (so für Tarifverträge: BAG Urteil vom 25. November 1987 – 4 AZR 403/87 – AP Nr. 18 zu § 1 TVG Auslösung und Senatsurteil vom 28. Februar 1990 – 2 AZR 425/89 – BAGE 64, 209, 215 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit, zu II 1 a der Gründe). Danach obliegt die Auslegung einer Betriebsvereinbarung auch dem Revisionsgericht, wobei eine vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung – anders als bei der Auslegung von Willenserklärungen – für das Revisionsgericht nicht bindend ist.
b) Dem Wortlaut der Ratio-BV ist zu entnehmen, daß nach § 1.1 und 1.2 mit der Regelung des persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs Rationalisierungsmaßnahmen angesprochen werden, die für die Mitarbeiter von „G. UBD Hamburg” anfallen. Schon diese Wendung in der Ausgangsvorschrift 1.1 der Betriebsvereinbarung spricht deutlich an, daß es um Rationalisierungsmaßnahmen im Betrieb M. geht. Dies spricht bereits dagegen, eine Teilbetriebsstillegung wie die der Satzherstellung des UBD unter den Geltungsbereich der Ratio-BV zu subsumieren, wenn Folgerungen – der Kläger spricht von Verlagerung – in einem anderen Betrieb, hier dem UBZ, auftreten. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei den zu regelnden Maßnahmen um solche handeln muß, die sich in dem Betrieb auswirken müssen, dessen Betriebsrat die Betriebsvereinbarungen abgeschlossen hat, weil ein Betriebsrat kraft seiner funktionalen Zuständigkeit nicht Regelungen treffen kann, die mit der betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltung des Betriebes nichts mehr zu tun haben, sondern gegebenenfalls in den Zuständigkeitsbereich eines Gesamtbetriebsrats als des für betriebsübergreifende Maßnahmen zuständigen Organs fallen. Im UBD wirken sich Rationalisierungsmaßnahmen aber insbesondere dann aus, wenn sie für diesen Bereich auch getroffen werden.
Für diesen beschränkten Geltungsbereich auf der Basis der funktionalen Zuständigkeit spricht auch die unstreitige Tatsache, daß im Betrieb UBD Itzehoe eine ähnliche Rationalisierungsschutz-Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden ist, während es im UBZ trotz einschlägiger Verhandlungen dazu nicht gekommen ist. Das verkennt auch der Kläger nicht, wenn er einräumt, daß mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, daß es sich im Regelfall nach dem Willen der Betriebsparteien um Maßnahmen innerhalb des eigenen betrieblichen Bereichs handeln soll. Entgegen seiner Auffassung ist der Wortlaut auch insoweit eindeutig, als in § 2 Nr. 2.1 geregelt ist, G. sichere zu, daß es keine Entlassungen aus Rationalisierungsgründen geben werde. In der deutlich herausgestellten Bezeichnung „G.” ist wiederum eine Bestätigung der Regelung in 1.1 zu sehen, daß nicht das Unternehmen als solches, sondern der Unternehmensbereich Druck angesprochen ist. Soweit in § 1.1 Ratio-BV davon die Rede ist, daß durch Rationalisierungsmaßnahmen „direkt oder indirekt” Arbeitsplätze im Betrieb M. betroffen sein müssen, besagt dies nichts darüber, wo die Rationalisierungsmaßnahmen stattfinden müssen. Einerseits kann es bei einer unternehmensbezogenen Rationalisierungsmaßnahme indirekte Auswirkungen auf den Betrieb UBD Hamburg geben. Aber auch bei Rationalisierungsmaßnahmen im Betrieb M. selbst kann es indirekte Betroffenheit geben, wenn im Produktionsbereich rationalisiert wird, dadurch Arbeitsplätze entfallen und infolgedessen, z.B. im Versorgungsbereich des Betriebes, Arbeitsplätze überflüssig werden.
Daß die Beschäftigungsgarantie nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer eine Versetzung im Raum Hamburg ablehnt (§ 3.3 und § 5.2 Ratio-BV), läßt ebenfalls keinen Rückschluß auf den Ort der Rationalisierungsmaßnahme zu, sondern gewährt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, Arbeitnehmer auch in andere Betriebe in Hamburg zu versetzen, um der Beschäftigungsgarantie zu genügen. Diese Erweiterung auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens ist bereits in § 1 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 1 b KSchG festgeschrieben und läßt keine bestimmte Auslegung zu.
c) Soweit der Kläger und ihm folgend das Berufungsgericht darauf abstellt, es ergebe sich aus dem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung, daß die Grenzen des Betriebes überschritten werden sollten, wird diese Schlußfolgerung – insbesondere durch die Entstehungsgeschichte – nicht belegt.
Allerdings ist einzuräumen, daß der in § 1.2 Ratio-BV verwendete Begriff „Rationalisierungsmaßnahme” keine eindeutigen Rückschlüsse zuläßt. Dieser wird in 1.2 der Ratio-BV dahin definiert. Rationalisierungsmaßnahmen seien Änderungen von Arbeits- oder Produktionsverfahren sowie deren Arbeitstechniken, die durch Investitionen oder arbeitsablauf-organisatorische Maßnahmen verursacht würden und zu weniger Personalbedarf, veränderten Arbeitsanforderungen oder/und Einkommens Verlusten führten. Diese Definition entspricht damit dem auch in § 106 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG verwandten Begriff der Rationalisierungsvorhaben, der ebenfalls dahin interpretiert wird, die Rationalisierung habe die zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsvorgänge zum Ziel, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu steigern, u.a. durch Rationalisierungsinvestitionen zur Einführung arbeitssparender oder qualitätsverbessernder Technologien oder durch betriebsorganisatorische Maßnahmen (vgl. etwa Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 106 Rz 17; KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 331; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 4. Aufl., § 106 Rz 68). Diese Maßnahmen können im technischen, betriebsorganisatorischen oder wirtschaftlichen Bereich liegen. Rationalisierungsmaßnahmen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Senatsurteile vom 30. April 1987 – 2 AZR 184/86 – BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung und vom 15. Juni 1989 – 2 AZR 600/88 – AP Nr. 45, a.a.O., zu II 1 a der Gründe, siehe ferner BAG Urteil vom 9. März 1994 – 4 AZR 270/93 – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Graphisches Gewerbe) zu den innerbetrieblichen Umständen, aus denen sich die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung ergeben können. Eine Kündigung wegen Auftragsmangels, nämlich zufolge der Aufkündigung der Satzaufträge, beruht demgegenüber auf außerbetrieblichen Umständen. Wenn die Partner der Ratio-BV in § 2.1 Kündigungen aus Rationalisierungsgründen unterbinden wollen, so spricht viel dafür, daß nur eine Kündigung wegen einer Unternehmerentscheidung aus innerbetrieblichen Gründen verhindert werden soll. Vorliegend geht es aber nicht um eine zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsvorgänge im Bereich der Satztechnik, sondern um die nach Aufkündigung der bisherigen Satzarbeiten verbliebene Übernahme restlicher derartiger Arbeiten, für die sich die Aufrechterhaltung einer eigenen Abteilung Satztechnik nicht mehr lohnte, in die Redaktionstätigkeit. Immerhin ließe sich aber auch argumentieren, die derartig bedingte Verlagerung von Satzarbeiten in die Redaktionen sei eine arbeitsablauf-organisatorische Maßnahme.
d) Wenn insoweit noch Zweifel über den Geltungsbereich der Ratio-BV bestehen, so werden sie jedenfalls durch einen Blick auf die Entstehungsgeschichte beseitigt.
aa) Die 1988 angedachten Probleme bei der Einführung der immateriellen Satz- und Bildverarbeitung – seinerzeit das System SII – haben in der Folgezeit gezeigt, daß ein Schutz etwa vor der Zusammenfassung von Satz- und Bildverarbeitung auf dem Hintergrund der Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung sinnvoll war. Das wird durch das Vorbringen des Klägers, der ausdrücklich auf die Begründung der Kläger in den Parallelprozessen verweisen ließ, bestätigt, daß nämlich eine anstehende Rationalisierungsmaßnahme Anlaß der Ratio-BV war, und zwar die Ersetzung der herkömmlichen Bildherstellung mit Hilfe von Filmen durch die elektronische Bildverarbeitung. Auch nach dem Vorbringen des Klägers war Zweck der Betriebsvereinbarung, die Arbeitnehmer des Unternehmensbereichs Druck im M. vor Auswirkungen zu schützen, die durch die Digitalisierung der klassischen Herstellungstechniken herbeigeführt würden.
bb) Insofern bestätigt schließlich auch die geschichtliche Entwicklung, namentlich das Schreiben des Vorstandsmitglieds Dr. F. vom 29. Februar 1988, daß es in diesem Sinne darum ging, Satz- und Bildherstellung in Zukunft einer zweckmäßigen Gestaltung zugänglich zu machen und entsprechende Technologien „in unsere Druckerei zu integrieren”. Zufolge dieser Überlegungen ist dann die von Dr. F. vorgeschlagene 4. Alternative in Übereinstimmung mit dem UBD-Betriebsrat vereinbart worden, nämlich die Einführung einer neuen Technologie als Rationalisierungsmaßnahme in der Satz- und Bildherstellung. Es steht auch fest, daß die entsprechenden Maßnahmen bis 1990/1991 umgesetzt worden sind, wobei keine der Parteien davon ausgegangen ist, daß die Stillegung der Satzherstellung in dieses Konzept paßte. Die Beklagte hat schließlich zutreffend belegt, daß auch der Vertreter des Betriebsrats in seinem Schreiben vom 12. Februar 1988 das Vorhaben dieses Rationalisierungsschutzabkommens nicht anders gesehen hat, nämlich als Rationalisierungsschutz „im Zusammenhang mit der Einführung neuer Technologien im UBD Hamburg”.
e) Schließlich überzeugt der Hinweis des Klägers auf § 6.1 Ratio-BV nicht, wenn dort geregelt ist, eine Abfindungsregelung nach dem Abkommen gelte von dem Zeitpunkt an, an dem „das Unternehmen” die geplante Rationalisierungsmaßnahme dem Betriebsrat verkündet habe.
Gerade wenn davon auszugehen ist, daß die in der arbeitsrechtlichen Terminologie bewanderten Betriebspartner die Begriffe Unternehmen, Betrieb, Unternehmensbereich etc. auseinanderzuhalten in der Lage sind, so ist es nicht zu beanstanden, wenn sie in § 6.1 Ratio-BV nicht von UBD oder Betrieb sprechen, sondern den Begriff „Unternehmen” verwendet haben. Denn das Unternehmen ist die juristische Person, die die ggf. geplante Rationalisierungsmaßnahme dem Betriebsrat zu verkünden hatte. Jedenfalls läßt sich dem nicht entnehmen, die Betriebsvereinbarungsparteien hätten damit zum Ausdruck bringen wollen, die Ratio-BV erfasse Rationalisierungsmaßnahmen im gesamten Unternehmen und nicht nur im Bereich UBD-Hamburg.
Nach alledem verstößt die Kündigung nicht gegen ein Kündigungsverbot.
2. Da das Landesarbeitsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung ebensowenig Feststellungen getroffen hat wie zur Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung, kann der Senat in der Sache selbst nicht entscheiden. Hinzuweisen ist allerdings auf die Entscheidungsgründe in einer Parallelsache (vgl. BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 269/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Unterschriften
Etzel, Bitter, Fischermeier, Bensinger, Nielebock
Fundstellen