Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuss zum Anpassungsgeld bei der RAG AG. Berücksichtigung der Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses
Orientierungssatz
1. „Entgelt” iSd. § 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vom 25. Juni 2003 ist die als Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährte Bezahlung. Sie muss in einem zumindest teilweisen synallagmatischen Verhältnis zu einer Arbeitsleistung stehen, also eine Gegenleistung hierfür darstellen.
2. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld ist wie das Anpassungsgeld eine Überbrückungsleistung im Hinblick auf eine erwartete Arbeitslosigkeit. Beide dienen der sozialverträglichen Absicherung des betriebsbedingten Arbeitsplatzverlustes.
3. Aus diesem Sinn und Zweck folgt, dass das synallagmatische Verhältnis zwischen Arbeitsleistung und „Entgelt” iSd. § 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vom 25. Juni 2003 aus dem Arbeitsvertrag selbst resultieren muss. Ein daneben durch die Aufnahme in die Grubenwehr begründetes weiteres Vertragsverhältnis, gleich welcher Art, ist unzureichend.
Normenkette
BBergG § 61 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, S. 2 Nrn. 1a, 2, § 131; BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1; BGB § 611a; SGB IV § 14; ZPO § 97 Abs. 1; Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vom 25. Juni 2003 § 2 Nr. 7 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juni 2015 – 9 Sa 1146/14 – aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 8. Oktober 2014 – 4 Ca 2878/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus. Sie ist aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet, eine Grubenwehr vorzuhalten. Deren Ausgestaltung richtet sich nach dem von ihrer Hauptstelle für das Grubenrettungswesen aufgestellten Plan für das Grubenrettungswesen. Dieser enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
„3 |
Grubenwehrmitgliedschaft |
3.1 |
Aufnahme in die Grubenwehr |
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Der Beitritt zur Grubenwehr ist freiwillig. Bewerbungen um Aufnahme werden an den Oberführer gerichtet. In der Grubenwehr werden als Wehrmänner nur Personen aufgenommen, die |
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- mindestens 18 und höchstens 40 Jahre alt sind,
- unmittelbar vor der Aufnahme mindestens ein Jahr unter Tage gearbeitet haben,
- nach ärztlicher Bescheinigung für den Dienst in der Grubenwehr geeignet sind (Abschnitt 3.3),
- gem. Abschnitt 4.1 des Plans ausgebildet wurden.
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Nach Abschluß der Grundausbildung sind die Anwärter mit der Eintragung in die Mitgliederkartei in die Grubenwehr aufgenommen. Als Eintrittsdatum gilt dann der Tag der ersten Einstundenübung. Bei der Aufnahme wird ihnen der Plan für das Grubenrettungswesen ausgehändigt, dessen Empfang sie durch Unterschrift bestätigen. Aus den ‚Pflichten der Grubenwehrmitglieder’ (Kap. 5) ergibt sich die für Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung. |
3.2 |
Ausscheiden aus der Grubenwehr |
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Die Mitgliedschaft endet |
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– durch Austritt, … |
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– durch Ausschluß, |
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– durch Tod. |
4.4 |
Nachschulung |
4.4.1 |
Nachschulung der Oberführer, Truppführer und Wehrmänner |
4.4.1.1 |
Allgemeines |
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Die praktische Nachschulung der Grubenwehrführer und Wehrmänner erfolgt in Übungsschichten und/oder in Übungen außerhalb der Schichtzeit. Die Übungen werden möglichst gleichmäßig über das Jahr verteilt. |
4.4.1.2 |
Übungen |
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… |
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– Sonstige Übungen |
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… |
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Übungen über die volle Gebrauchszeit des Atemschutzgerätes (sog. 4-Stunden-Übungen) werden grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit verfahren. |
… |
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5 |
Pflichten der Grubenwehrmitglieder |
5.1 |
Grubenwehrmitglieder |
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Jedes Grubenwehrmitglied hat sich auf Eignung für den Dienst in der Grubenwehr (Punkt 3.3) untersuchen zu lassen. |
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Die Grubenwehrmitglieder sind verpflichtet, vor Übungen und Einsätzen dem Truppführer bzw. dem Oberführer zu melden, wenn sie sich körperlich nicht voll leistungsfähig fühlen. Das Grubenwehrmitglied hat den Oberführer über Krankheiten und Unfälle zu unterrichten, die eine wesentliche Beeinträchtigung für den Dienst in der Grubenwehr verursachen können. Das Grubenwehrmitglied hat dafür Sorge zu tragen, daß es den Anforderungen der Übungen und Einsätze durch ausreichende Kondition gewachsen ist. In den vom Oberführer bestimmten Abständen – jedoch mindestens zweimal im Jahr – hat sich das Grubenwehrmitglied unter Aufsicht einer Konditionsprüfung zu unterziehen … |
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Die Mitglieder der Grubenwehr leisten bei der Ausbildung und im Einsatz den Anweisungen des Oberführers oder des von ihm beauftragten Grubenwehrführers Folge. |
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Sie nehmen an den Übungen, Ausbildungen und Unterweisungen (Kapitel 4) planmäßig teil. |
… |
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5.4 |
Oberführer |
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Der Oberführer ist für die Einhaltung und Durchführung der Regelungen verantwortlich, die im jeweils gültigen Plan für das Grubenrettungswesen festgelegt sind. Der Oberführer ist bei der Ausbildung, der Nachschulung und bei Einsätzen Vorgesetzter aller Grubenwehrmitglieder. |
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… |
… |
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7.2 |
Einsatzleitung |
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Bei Betriebsereignissen, die den Einsatz der Grubenwehr zur Rettung oder Bergung von Personen erforderlich machen, leitet der Bergwerksdirektor oder sein Beauftragter das Rettungswerk. Beim Einsatz der Grubenwehr zur Erhaltung von Sachwerten nach Explosionen und bei Grubenbränden wird sinngemäß verfahren.” |
Der 1958 geborene Kläger war bei der Beklagten als Aufsichtshauer beschäftigt und Grubenwehrmitglied in der Funktion eines Grubenwehrmanns. Als solcher nahm er an den Übungen der Grubenwehr teil, die auch außerhalb seiner Arbeitszeit stattfanden. Hierfür erhielt er von der Beklagten Leistungen nach der Vorstandsrichtlinie „DSK VR 02/07 ‚Bezahlung der Gruben- und Gasschutzwehren’” nebst Anlagen 1 und 2 (VR 02/07). Diese lautet auszugsweise wie folgt:
„2 |
Einsätze der Gruben- / Gasschutzwehr Grundvergütung |
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Für einen Einsatz der Gruben- oder Gasschutzwehr erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen. |
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Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit |
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Für Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden neben der Grundvergütung die tariflichen Zuschläge bezahlt. … Bei dieser Regelung handelt es sich nicht um eine Mehrarbeitsvergütung im Sinne des Arbeitsvertrages. |
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… |
3 |
Übungen innerhalb der Schicht |
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Übungen innerhalb der Schichtzeit sind grundsätzlich vorzuziehen, da hier in der Regel keine physische Vorbelastung die Atemschutzübungen erschwert und ein ausreichender Zeitrahmen für die theoretische Ausbildung zur Verfügung steht. |
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… Für eine Übung / Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. die Bezüge einschließlich der sonst gezahlten Zulagen. … |
4 |
Übungen außerhalb der Schicht |
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Die Pauschalen und Stundensätze für Übungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Aufwand inklusive einer Zulage für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen einer praktischen Übung …. … |
5 |
Unterweisungen / Teilnahme |
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Für eine Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen. |
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Die Stundensätze für Unterweisungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Aufwand. Abgerechnet werden die tatsächlichen Unterweisungszeiten.” |
Für Übungen außerhalb der jeweiligen Schicht war in den Entgeltabrechnungen unter der sozialversicherungspflichtigen Lohn- und Gehaltsart „0E02 Übung Grub-/Gas. auss. einm” sowie „0402 Übungsg. Grub-/Gas. auss.” eine sog. Grubenwehrzulage ausgewiesen. Sie belief sich beim Kläger im maßgeblichen Zeitraum 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 auf insgesamt 887,56 Euro brutto.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete mit Ablauf des 30. Juni 2008. Im unmittelbaren Anschluss bezog er bis zum 30. Juni 2013 ein Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinien zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Steinkohlenbergbaus”. Von der Beklagten erhielt er nach dem „Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG” vom 25. Juni 2003 (GSP 2003) einen monatlichen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Der GSP 2003 bestimmt ua.:
„§ 2 |
Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistung ausscheiden |
Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen APG-Richtlinien haben, … erhalten folgende Leistungen:
…
7. Zuschuss zum Anpassungsgeld
(1) |
DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziff. 4.1.2 der APG-Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht. |
… |
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(3) |
Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. |
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Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt.” |
Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Es handele sich um Entgelt iSd. GSP 2003. Ihm stünden deshalb für den Zeitraum von Januar 2010 bis Juni 2013 monatlich jeweils weitere 44,38 Euro brutto zu.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.863,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage in vollem Umfang entsprochen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht kein weiterer Zuschuss zum Anpassungsgeld zu. Die Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld nicht zu berücksichtigen. Sie ist kein Bestandteil des Entgelts für geleistete Arbeit iSd. § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP 2003 aus seinem Arbeitsverhältnis. Die Mitgliedschaft des Klägers in der Grubenwehr hat seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag als Aufsichtshauer nicht erweitert. Es fehlt an einer hierauf bezogenen Vereinbarung zwischen den Parteien.
I. Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1 GSP 2003 ist das für die Ermittlung des Garantieeinkommens iSd. § 2 Nr. 7 Abs. 1 GSP 2003 maßgebende „Entgelt” die Gegenleistung für die arbeitsvertraglich geleistete Arbeit. Das ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.
1. Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen eigener Art aufgrund ihrer unmittelbaren und zwingenden Geltung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen (BAG 17. November 2015 – 1 AZR 881/13 – Rn. 13 mwN). Wie der Senat bereits entschieden hat, ist Entgelt iSd. § 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 GSP 2003 die als Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährte Bezahlung. Kennzeichnend für deren Entgeltcharakter ist, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu einer Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt (BAG 15. Oktober 2013 – 1 AZR 544/12 – Rn. 14 ff.).
2. Aus Sinn und Zweck der nach dem GSP 2003 zu gewährenden Leistungen folgt weiterhin, dass das synallagmatische Verhältnis aus dem Arbeitsvertrag selbst resultieren muss. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld ist wie das Anpassungsgeld eine Überbrückungsleistung im Hinblick auf eine erwartete Arbeitslosigkeit (vgl. BAG 16. März 2010 – 3 AZR 594/09 – Rn. 67 mwN, BAGE 133, 289). Beide Leistungen knüpfen an den Verlust des Arbeitsplatzes und damit das Risiko der Arbeitslosigkeit an. Zuwendungszweck des Anpassungsgeldes ist es, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus sozialverträglich zu flankieren (Nr. 1.1 der Richtlinien zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Steinkohlenbergbaus vom 12. Dezember 2008 BAnz Nr. 196 vom 24. Dezember 2008 S. 4697). Zuwendungsvoraussetzung ist nach Nr. 3 der Richtlinien ua., dass der Arbeitnehmer aus nicht in seiner Person liegenden Gründen entlassen worden ist und die zur Entlassung führende Maßnahme eine Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahme gemäß Nr. 2.2.2 oder 2.2.3 der Richtlinie ist. Das Anpassungsgeld und auch der daran anknüpfende Zuschuss nach dem GSP 2003 dienen der sozialverträglichen Absicherung des betriebsbedingten Arbeitsplatzverlustes (BAG 15. Oktober 2013 – 1 AZR 544/12 – Rn. 19).
3. Danach ist es für den Anspruch des Klägers auf einen erhöhten Zuschuss zum Anpassungsgeld unerheblich, ob die Parteien neben dem Arbeitsverhältnis als Aufsichtshauer durch die Aufnahme des Klägers in die Grubenwehr ein weiteres Vertragsverhältnis, gleich welcher Art, begründet haben. Ein solches zu den bestehenden arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen hinzutretendes weiteres Vertragsverhältnis und daraus resultierende Zahlungen sind nicht vom Schutzzweck des staatlichen Anpassungsgeldes erfasst und damit auch nicht nach dem GSP 2003 bezuschussungsfähig.
II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist mit der Begründung einer Mitgliedschaft in der Grubenwehr die Tätigkeit als Grubenwehrmann nicht zur bisherigen vertraglichen Verpflichtung des Klägers hinzugetreten und Teil seiner arbeitsvertraglich versprochenen Dienste geworden (§ 611a BGB). Eine solche Vertragsänderung ergibt sich weder aus dem von der Beklagten erstellten Plan für das Grubenrettungswesen bzw. der Vorstandsrichtlinie VR 02/07 noch aus deren bergrechtlichen Verpflichtungen. Auch haben die Parteien keine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags vereinbart.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann das Pflichtengefüge einer vom Arbeitnehmer übernommenen zusätzlichen Aufgabe wegen ihrer untrennbaren Verknüpfung mit dem Arbeitsverhältnis eine Erweiterung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten begründen. Das ist anerkannt für die Bestellung eines Sozialen Ansprechpartners der Innenverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (BAG 30. September 2015 – 10 AZR 251/14 – Rn. 13 ff., BAGE 153, 32), eines Datenschutzbeauftragten (BAG 29. September 2010 – 10 AZR 588/09 – Rn. 12, BAGE 135, 327), einer Fachkraft für Arbeitssicherheit (BAG 15. Dezember 2009 – 9 AZR 769/08 – Rn. 51, BAGE 133, 1) sowie eines Betriebsbeauftragten für Abfall (BAG 26. März 2009 – 2 AZR 633/07 – Rn. 20, BAGE 130, 166).
2. Ein Pflichtengefüge mit einer engen Bindung an das Arbeitsverhältnis folgt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus dem Plan für das Grubenrettungswesen.
a) Die Mitgliedschaft in der Grubenwehr richtet sich nach dem Plan für das Grubenrettungswesen, den die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen der Beklagten erstellt hat. Nach Nr. 3.1 ist der „Beitritt” zur Grubenwehr freiwillig. Bewerbungen um „Aufnahme” sind an den Oberführer zu richten. Diese erfolgt erst nach Abschluss einer Grundausbildung mit „Eintragung in die Mitgliederkartei”. Sie endet nach Nr. 3.2 des Plans für das Grubenrettungswesen durch „Austritt” und andere Ereignisse. Kündigungen und hierfür einzuhaltende Fristen werden nicht erwähnt. Damit regelt der Plan für das Grubenrettungswesen nicht, welches Rechtsverhältnis mit einer Mitgliedschaft begründet wird. Anderes folgt auch nicht aus den in Nr. 3.1 des Plans für das Grubenrettungswesen bestimmten Aufnahmevoraussetzungen. Danach dürfen nur solche Personen aufgenommen werden, die unmittelbar zuvor mindestens ein Jahr unter Tage gearbeitet haben. Hierbei handelt es sich aber um eine tätigkeitsbezogene Qualifikation, für deren Erreichen es unerheblich ist, in welchem Rechtsverhältnis und bei welchem Vertragspartner sie erworben wurde.
b) Die im 5. Kapitel des Plans für das Grubenrettungswesen geregelten „Pflichten der Grubenwehrmitglieder” lassen nicht auf ein Arbeitsverhältnis schließen. Eine „verbindliche Dienstanweisung” nach Nr. 3.1 Satz 6 des Plans für das Grubenrettungswesen bezieht sich ausschließlich auf den Dienst in der Grubenwehr. Ihre Einhaltung und Durchführung liegt in der Verantwortung des Oberführers (Nr. 5.4 des Plans für das Grubenrettungswesen). Dieser ist weder Vertreter noch Erfüllungsgehilfe der Beklagten und unterliegt auch nicht deren Weisungen. Vielmehr organisiert sich die Grubenwehr nach dem Plan für das Grubenrettungswesen selbst. Dem steht nicht entgegen, dass nach dessen Nr. 7.2 die Einsatzleitung dem Bergwerksdirektor oder dessen Beauftragtem obliegt und diese Personen den Oberführer über die jeweilige Lage unterrichten sowie ihm die für den Grubenwehreinsatz erforderlichen Aufträge geben. Dies betrifft lediglich Einsätze der Grubenwehr in Notfällen zur Rettung oder Bergung von Personen bzw. zur Erhaltung von Sachwerten nach Explosionen und bei Grubenbränden. Weiter setzt bereits die Aufnahme in die Grubenwehr nach Nr. 3.1 des Plans für das Grubenrettungswesen nicht voraus, dass der Bewerber in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Auch die Beendigung der Mitgliedschaft nach Nr. 3.2 des Plans weist keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis auf und ist nicht an dessen Bestand geknüpft. Nichts anderes folgt aus den Regelungen zur praktischen Nachschulung der Mitglieder der Grubenwehr für Übungen außerhalb der Schichtzeit (Nr. 4.4.1.1 des Plans für das Grubenrettungswesen). Hierfür sieht der Plan für das Grubenrettungswesen keine Vergütung vor. Er bestimmt auch nicht, dass mit der Ableistung einer solchen Übung die vertragliche Regelarbeitszeit erfüllt wird. Eine Vergütung beruht allein auf der Vorstandsrichtlinie (VR 02/07) „Bezahlung der Gruben- und Gasschutzwehren”. Nach deren Nr. 4 und Nr. 5 werden für Übungen und Unterweisungen außerhalb der Schicht lediglich Pauschalen gewährt. Deren Höhe bestimmt sich nicht nach der vertraglichen Entgeltabrede, sondern allein nach näher geregelten grubenwehrbezogenen Funktionen. Soweit nach Nr. 4.4.1.2 des Plans für das Grubenrettungswesen Übungen über die volle Gebrauchszeit des Atemschutzgerätes grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit stattfinden und nach Nr. 3 VR 02/07 Übungen innerhalb der Schichtzeit grundsätzlich vorzuziehen sind, folgt hieraus keine Einbindung in das bereits vereinbarte arbeitsvertragliche Pflichtengefüge. Diese Grundregeln dienen dem Schutz der Mitglieder der Grubenwehr vor körperlicher Überbeanspruchung und nicht der zeitlichen Koordination unterschiedlicher arbeitsvertraglicher Pflichten.
c) Die Beklagte ist auch nicht aufgrund bergrechtlicher Vorschriften gehalten, die ihr obliegenden Aufgaben des Grubenrettungsdienstes mit eigenen Arbeitnehmern zu erledigen. Zwar obliegt ihr nach § 61 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BBergG die Sicherheit und Ordnung im Betrieb. Sie ist dabei insbesondere verpflichtet, erforderliche Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um Beschäftigte und Dritte vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter zu schützen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a BBergG), sowie die zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit oder zur Rettung von Verunglückten geeigneten Maßnahmen zu treffen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBergG). Hieraus folgt die Verpflichtung, eine Grubenwehr vorzuhalten. Das BBergG gibt dem Unternehmer aber nicht vor, dass er diesen Pflichten mit Hilfe seiner Arbeitnehmer im Rahmen der bestehenden Arbeitsverhältnisse nachzukommen hat.
d) Noch weniger lässt die von der Beklagten zu verantwortende Organisation des Grubenrettungswesens ein solches Pflichtengefüge erkennen. Nach § 131 BBergG müssen Unternehmen, die Untertagebau betreiben, auf dem Gebiet des Grubenrettungs- und Gasschutzwesens Hauptstellen für das Grubenrettungswesen bilden und unterhalten oder solchen angeschlossen sein. Vorgaben, in welcher Form und in welchen Rechtsverhältnissen diese Pflicht zu erfüllen ist, enthält die Vorschrift nicht. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat die Beklagte die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen gebildet und ihrer Abteilung Technik und Logistikdienste zugeordnet. Innerhalb dieser organisatorischen Eingliederung erstellt die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen den Plan für das Grubenrettungswesen. Diesen muss sich die Beklagte zwar zurechnen lassen; auf das Rechtsverhältnis der Beklagten zu Personen, die sie mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Grubenrettungswehr auf Grundlage des Plans für das Grubenrettungswesen betraut, hat das jedoch keinen Einfluss.
3. Mit der Aufnahme des Klägers in die Grubenwehr haben die Parteien dessen arbeitsvertragliche Pflichten auch nicht konkludent erweitert. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
a) Die zur Begründung einer Mitgliedschaft in der Grubenwehr erforderlichen Willenserklärungen sowie deren Inhalte hat das Landesarbeitsgericht den Vorgaben des BBergG, den Regelungen des Plans für das Grubenrettungswesen sowie der VR 02/07 entnommen. Damit handelt es sich um typische Willenserklärungen, die einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. BAG 26. Mai 1998 – 1 AZR 704/97 – zu III 1 der Gründe, BAGE 89, 31). Einer solchen Überprüfung hält die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht schon deswegen nicht stand, weil sich weder der Plan für das Grubenrettungswesen oder die Vorstandsrichtlinie noch die herangezogenen bergrechtlichen Vorschriften zu einer arbeitsrechtlichen Einordnung der Tätigkeit eines Grubenwehrmitglieds verhalten (oben II 2 b und c). Demzufolge kann der Aufnahme des Klägers in die Grubenwehr nicht der vom Landesarbeitsgericht angenommene Erklärungsgehalt zukommen. Auch der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die gezahlten Grubenwehrzulagen kann kein auf die Abänderung einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung gerichteter konkludenter Wille entnommen werden. Dieser der Aufnahme in die Grubenwehr nachgehende Vorgang lässt nicht auf eine Änderung der bisherigen vertraglichen Beziehungen der Parteien schließen. Er beruht allein auf einer sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der Grubenwehrzulage iSd. § 14 SGB IV. Zur Gestaltung einer arbeitsvertraglichen Beziehung verhält er sich nicht.
b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien auch keine ausdrückliche Änderungsvereinbarung getroffen. Anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 15. Oktober 2013 (– 1 AZR 544/12 – Rn. 15) entschiedenen Fall fehlt es an einem Bestellungsschreiben oder einer sonstigen Erklärung der Beklagten, aus denen hervorgeht, dass dem Kläger die Aufgaben eines Grubenwehrmanns ausdrücklich als Teil der arbeitsvertraglichen Verpflichtung übertragen werden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schmidt, RiBAG Dr. Treber ist wegen Urlaubs an der Beifügung der Unterschrift verhindert., Schmidt, Heinkel, HromadkaD. Wege
Fundstellen
BB 2017, 2484 |
FA 2017, 394 |
AP 2017 |
EzA-SD 2017, 16 |
ArbR 2017, 574 |