Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der erdienten Dynamik – triftiger Grund

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweise des Senats:

Vgl. Urteil des Senats vom 7. Juli 1992 – 3 AZR 522/91

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Besitzstand, § 1 Ablösung; BGB §§ 133, 157, 242

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 10.09.1991; Aktenzeichen 6 Sa 487/91)

ArbG Bielefeld (Urteil vom 07.02.1991; Aktenzeichen 1 Ca 1111/90)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. September 1991 – 6 Sa 487/91 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine höhere Betriebsrente.

Der Kläger, geboren am 31. Januar 1939, war vom 21. Februar 1958 bis zum 31. Oktober 1989 bei der Beklagten beschäftigt. Er bezieht seit dem 1. Mai 1989 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist zu 60 % schwerbehindert. Die Beklagte zahlt ihm seit dem 1. Mai 1989 eine monatliche Betriebsrente von 80,60 DM.

Die Beklagte hat ihr betriebliches Versorgungswerk in Betriebsvereinbarungen geregelt. Seit dem 1. Mai 1972 galt für das Werk B eine Pensionsordnung in der Fassung vom 1. Januar 1972 (PO 72). Darin waren Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrenten vorgesehen sowie ein Treuegeld. Die Renten waren dienstzeit- und endgehaltsabhängig bemessen. Gemäß § 6 PO 72 sollte die Rente für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr ein Drittel Prozent des rentenfähigen Einkommens betragen. Das rentenfähige Einkommen war zu ermitteln nach dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt der letzten beiden Jahre, bezogen auf die tarifliche Arbeitszeit. § 12 PO 72 sah eine Gesamtversorgungsobergrenze von 65 % des rentenfähigen Einkommens und bei mehr als 30 Dienstjahren von bis zu 70 % des ruhegeldfähigen Einkommens vor. Als Mindestrente waren 2,– DM für jedes Dienstjahr, jedoch insgesamt nicht weniger als 20,– DM monatlich vorgesehen.

Die PO 72 wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1976 durch eine neue Betriebsvereinbarung abgelöst (PO 76). Über die Neuregelung war etwa zwei Jahre lang verhandelt worden. Ein Beratungsinstitut für betriebliche Altersversorgung wurde eingeschaltet. Betriebsrat und Geschäftsleitung wurden von fachkundigen Personen beraten. Anlaß für die Ablösung der PO 72 waren ursprünglich nicht beabsichtigte Verzerrungen des Leistungsgefüges. Etwa 2/3 der Versorgungsberechtigten erhielten nur noch die Mindestrente von 2,– DM pro Dienstjahr. Hiervon betroffen waren vor allem Arbeitnehmer aus den unteren Einkommensbereichen und mit langer Betriebszugehörigkeit. Arbeitnehmer mit hohen Einkünften und relativ kurzer Beschäftigungsdauer erreichten die höchsten Betriebsrenten. Nicht zuletzt auf Initiative des Betriebsrats sollte diese als ungerecht empfundene Regelung geändert werden. Außerdem wurde angestrebt, die betriebliche Altersversorgung im Konzern der Beklagten zu vereinheitlichen, in dem bisher 22 verschiedene Versorgungsordnungen gegolten hatten. Schließlich war es Ziel der Beklagten, die bisher von der ungewissen Entwicklung der Lohn- und Versorgungsbezüge abhängige Versorgungslast durch ein besser kalkulierbares Festrentensystem zu ersetzen. Unbestritten wurde der Gesamtaufwand für die betriebliche Altersversorgung durch die neue Regelung nicht gesenkt, sondern erhöht.

Nach § 6 PO 76 wird die Rente nunmehr nach der Formel J × G × Pk berechnet. Dabei bedeuten:

J = Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre G = Grundbetrag von 2,20 DM je Dienstjahr Pk = persönliche Bemessungskennzahl

Die persönliche Bemessungskennzahl gibt das Verhältnis des Bruttomonatseinkommens der letzten zwei Kalenderjahre vor Eintritt des Rentenfalls zum Monatseinkommen der allgemeinen Bemessungsgrundlage des letzten Kalenderjahres vor Rentenbeginn wieder. Geändert wurde auch die Gesamtversorgungsobergrenze. Gemäß § 12 Abs. 4 PO 76 soll die Gesamtversorgung 95 % der durchschnittlichen Nettobezüge der letzten zwei Jahre nicht übersteigen. Davon unabhängig wird eine Mindestrente von 2,50 DM pro Dienstjahr garantiert.

Durch eine Betriebsvereinbarung vom 15. September 1977 sahen die Betriebsparteien folgende Übergangsregelung vor:

„Während des Übergangszeitraumes vom 01.10.1976 bis zum 30.09.1981 wird nach Einführung der neuen Pensionsordnung vom 01.10.1976 für die Belegschaftsmitglieder, für die bisher die Bestimmungen der Pensionsordnung 21 bzw. B (1/3 % Regelung) galten, eine Vergleichsrechnung zwischen der sich aus der betreffenden obengenannten alten Pensionsordnung und der Pensionsordnung vom 01.10.1976 ergebenden Betriebsrente durchgeführt und diejenige Pensionsordnung angewandt, aus der sich jeweils der höhere Betrag ergibt.”

Durch eine weitere Betriebsvereinbarung vom 15. März 1982 wurde festgelegt:

„Der in der Betriebsvereinbarung Nr. 7/77 vereinbarte Übergangszeitraum vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1981 wird letztmalig bis zum 30. September 1986 verlängert…”

Die Beklagte berechnete die Betriebsrente des Klägers ab 1. Februar 1989 mit 80,60 DM. Dabei wandte sie die (neue) PO 76 an. Eine Neuberechnung vom 14. März 1990 ergab, daß die PO 76 für den Kläger günstiger ist als eine Berechnung nach der PO 72 bis zum Stichtag 30. September 1976 und anschließender Anwendung (1. Oktober 1976 bis 31. Oktober 1989) der PO 76. Wird dem Kläger der nach der PO 72 bis zum 30. September 1976 erreichte Teilbetrag erhalten (37,33 DM) und für weitere 13 Dienstjahre ein jährlicher Festbetrag von 2,60 DM angesetzt (33,80 DM), so ergibt sich eine Betriebsrente von 71,13 DM.

Der Kläger ist mit dieser Berechnung nicht einverstanden. Er hat eigene Berechnungen vorgelegt. Er hat geltend gemacht, aufgrund der Übergangsregelungen müsse seine Dienstzeit bis zum 31. Oktober 1989 nach der PO 72 berechnet werden. Maßgeblich sei das am 30. September 1986 (Ende der Übergangsfrist) erreichte ruhegeldfähige Gehalt. Die Übergangsregelungen müßten aus Gründen der Gleichbehandlung auch für ihn gelten, weil er anderenfalls gegenüber Mitarbeitern, die bis zum 30. September 1986 ausgeschieden seien, schlechter gestellt werde. Er dürfe nicht dafür benachteiligt werden, daß er später ausgeschieden sei und längere Betriebstreue erbracht habe. Zudem schützten die Übergangsregelungen nicht nur die rentennahen Jahrgänge, sondern alle Versorgungsanwärter, soweit sie unter der Geltung der PO 72 Anwartschaften erdient hätten.

Für die Zeit vom 1. Mai 1989 bis zum 30. Juni 1990 (14 Monate) verlangt der Kläger eine monatliche Differenz von 262,52 DM, für die Zeit ab 1. Juli 1990 monatlich zusätzlich 262,52 DM.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

  1. 3.675,28 DM nebst 4 % Nettobetragszinsen seit Klageerhebung,
  2. monatlich im voraus, beginnend mit dem 01. Juli 1990, weitere 262,52 DM Betriebsrente

zu zahlen.

Die Beklage hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger falle nicht unter die Übergangsregelungen. Diese hätten dem Schutz rentennaher Jahrgänge gedient; der am 1. Oktober 1976 erst 37 Jahre alte Kläger sei kein rentennaher Jahrgang gewesen. Dabei habe man die Übergangsfrist mit insgesamt zehn Jahren sehr großzügig bemessen. Die Festsetzung eines Stichtags als Endtermin sei erforderlich gewesen. Im übrigen sei die PO 76 als ablösende Betriebsvereinbarung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sei hinreichend Rechnung getragen. Die Neuregelung sei insgesamt nicht unbillig. Die Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 17. April 1985 über die Dreiteilung der Besitzstände und der Eingriffsgründe (BAGE 49, 57 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen) könne auf die hier vorgenommene Änderung im Jahre 1976 nicht rückwirkend angewendet werden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat die Betriebsrente des Klägers fehlerfrei berechnet. Die Berechnung nach der PO 76 ist für ihn günstiger.

I. Der Kläger kann die von ihm für richtig gehaltene Berechnung nicht auf die Übergangsregelungen in den Betriebsvereinbarungen vom 15. September 1977 und 15. März 1982 stützen. Insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen.

1. Die Übergangsregelungen beziehen sich nur auf solche Arbeitnehmer, die in der Zeit bis zum 30. September 1986 ausgeschieden sind. Das hat der Senat zu der hier umstrittenen Versorgungsregelung bereits entschieden (Urteil vom 18. April 1989 – 3 AZR 442/87 – n. v.). In diesem Verfahren wurde um die Frage gestritten, ob die Übergangsregelung nur solche Arbeitnehmer erfasse, die im Übergangszeitraum als Betriebsrentner ausgeschieden waren oder ob auch diejenigen Arbeitnehmer begünstigt werden sollten, bei denen im Übergangszeitraum nach dem Ausscheiden mit einer unverfallbaren Anwartschaft ein Versorgungsfall eingetreten war. Der Senat hat angenommen, die Übergangsregelungen seien auf alle bis zum 30. September 1986 ausgeschiedenen Arbeitnehmer anzuwenden. Eine weitere Einschränkung des begünstigten Personenkreises sei nicht gerechtfertigt, zumindest komme eine solche Einschränkung nicht hinreichend klar zum Ausdruck. Der Zweck der Übergangsregelung stehe einer Anwendung auf alle bis zum 30. September 1986 ausscheidenden Arbeitnehmer nicht entgegen. Die Übergangsregelungen seien vielmehr anzuwenden auf alle bis zum 30. September 1986 ausgeschiedenen Arbeitnehmer.

Der Kläger ist erst nach Ablauf der Übergangsregelungen ausgeschieden. Sie gelten daher für ihn nicht.

2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Kläger nicht aus Gründen der Gleichbehandlung verlangen kann, so behandelt zu werden, als sei er bis zum 30. September 1986 ausgeschieden.

a) Jede Übergangsregelung muß zeitlich befristet sein. Ihr Zweck geht gerade dahin, den von ihr erfaßten Personenkreis für eine begrenzte Zeit von den nachteiligen Wirkungen einer Neuregelung auszunehmen oder wenigstens die nachteiligen Folgen zu mildern. Die nachteiligen Folgen sollen erstmals diejenigen Arbeitnehmer treffen, für die das maßgebliche Ereignis – Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder Eintritt des Versorgungsfalls – erst nach Fristablauf eintritt.

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß ein Stichtag oder der Ablauf einer Übergangsfrist nicht durch sachfremde Erwägungen bestimmt sein darf. Insbesondere muß eine Übergangsfrist so bemessen sein, daß sie den mit ihr verfolgten Zweck auch erreichen kann (zum Stichtag vgl. Urteil des Senats vom 11. September 1980 – 3 AZR 606/79 – AP Nr. 187 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Aber irgendwann muß eine neue Regelung – soll sie denn überhaupt möglich bleiben – in Kraft treten. Wirkt sich die neue Regelung im Einzelfall nachteilig aus, so wird derjenige, der – wie der Kläger – die Übergangsfrist nur knapp verfehlt hat, die ihn treffenden Nachteile als ungerecht empfinden. Er kann diese Nachteile jedoch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung mit dem Hinweis auf die Besserstellung der von der Übergangsregelung erfaßten Kollegen abwehren.

Im Streitfall ist die Dauer der Übergangsfrist nicht zu beanstanden. Eine Frist von insgesamt zehn Jahren ist eher als ungewöhnlich lang anzusehen. Nicht der Kläger wird gleichbehandlungswidrig davon betroffen, daß sich bei ihm die Neuregelung der PO 76 nachteilig auswirkt; die Übergangsregelung trägt vielmehr dem Bestandsschutz der binnen zehn Jahren nach Beginn der Neuregelung ausgeschiedenen Arbeitnehmer in besonders großzügiger Weise Rechnung.

II. Die PO 76 hat die PO 72 wirksam abgelöst. Darin ist dem Berufungsgericht im Ergebnis zu folgen. Die Begründung liegt aber weitgehend neben der Sache.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die PO 76 habe zwar am Ablösungsstichtag die nach der PO 72 erdienten Teilbeträge erhalten. Dies sei durch die Neuberechnung der Renten klargestellt worden. Die PO 76 habe aber insofern in Besitzstände der Arbeitnehmer eingegriffen, als die Endgehaltsabhängigkeit der Versorgungsbezüge beseitigt und durch Festbeträge ersetzt worden sei. Dieser Eingriff in zeitanteilig bereits erdiente dienstzeitunabhängige Zuwächse, die sog. erdiente Dynamik, setze nach der Rechtsprechung des Senats bei der Ablösung einer Betriebsvereinbarung durch eine neue Betriebsvereinbarung triftige Gründe voraus (Urteil des Senats vom 17. März 1987, BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Entgegen der Auffassung des Senats könnten diese Maßstäbe jedoch nicht rückwirkend angewendet werden (vgl. dazu Urteil des Senats vom 17. April 1985, BAGE 49, 57, 69 f. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B III 2 der Gründe). Die Betriebspartner hätten im Jahre 1976 nicht voraussehen können, daß für Eingriffe in anteilig erdiente Steigerungen der Versorgung triftige Gründe erforderlich seien. Den Beteiligten sei Vertrauensschutz zuzubilligen; sie hätten sich entsprechend der früheren Rechtsprechung darauf verlassen dürfen, daß Eingriffe einer an sachlichen Kriterien ausgerichteten Billigkeitskontrolle standhalten müßten. Das sei der Fall.

2. Auf die Erwägungen des Berufungsgerichts kommt es nicht an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lagen triftige Gründe für die Ablösung der PO 72 und die Eingriffe in die erdiente Dynamik durch die PO 76 vor.

a) Richtig ist, daß die PO 76 die zeitanteilig erdiente Dynamik beseitigt. Die Endgehaltsabhängigkeit der Versorgungsbezüge wurde durch einen Festbetrag von 2,20 DM pro Dienstjahr ersetzt. Dieser Festbetrag kann nur geringfügig durch die Höhe des im Einzelfall vom Arbeitnehmer verdienten Entgelts beeinflußt werden, nämlich nur noch über die persönliche Bemessungskennzahl. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis des durchschnittlichen Bruttoeinkommens der letzten zwei Kalenderjahre vor dem Versorgungsfall und dem Monatseinkommen der allgemeinen Bemessungsgrundlage in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ein solcher Eingriff setzt nach der Rechtsprechung des Senats triftige Gründe voraus (Urteil vom 17. März 1987, BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung).

Welche Gründe als „triftige” anzuerkennen sind, hatte der Senat überwiegend anhand von Fällen zu entscheiden, in denen sich Arbeitgeber darauf beriefen, die wirtschaftliche Ertragskraft des Unternehmens reiche nicht aus, eine Versorgungslast im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten. Der Senat hat im Sinne einer nicht schematisch anwendbaren Richtlinie die Formel verwendet, daß die Gefahr bestehen müsse, das Unternehmen werde durch die Versorgungslast langfristig ausgezehrt (vgl. außer dem Urteil vom 17. April 1985, BAGE 49, 57, 65 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B II 3 a der Gründe, auch Urteil vom 5. Juni 1984, BAGE 46, 80 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen). Dagegen hatte sich der Senat sowohl im Urteil vom 17. April 1985 (aaO) als auch im Urteil vom 11. September 1990 (BAGE 66, 39 = AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Besitzstand) mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Bedingungen Gründe nichtwirtschaftlicher Art als triftige Gründe die Änderung einer Versorgungsordnung rechtfertigen können. Der Senat hat entschieden, daß dringende betriebliche Bedürfnisse nichtwirtschaftlicher Art triftige Gründe sein können, wenn ohne Schmälerung des Gesamtaufwands für die Versorgung Leistungskürzungen durch Verbesserung des Versorgungsschutzes aufgewogen werden (Urteil vom 11. September 1990, aaO, zu II 3 a der Gründe). Auch diese Aussage ist fallbezogen; sie darf ebensowenig schematisch angewendet werden wie das Merkmal der Substanzgefährdung bei wirtschaftlicher Schlechtlage des Versorgungsschuldners.

b) Das Berufungsgericht, dem das Urteil des Senats vom 11. September 1990 bekannt war, ist nicht auf die Frage eingegangen, ob triftige Gründe nichtwirtschaftlicher Art vorlagen, die es den Betriebsparteien erlaubten, den dienstzeitunabhängigen Berechnungsfaktor des Durchschnittsgehalts der letzten beiden Jahre durch einen modifizierten Festbetrag zu ersetzen. Jedoch ergibt sich im Streitfall aus dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten, den auch das Berufungsgericht als zutreffend festgestellt hat, daß triftige Gründe nichtwirtschaftlicher Art vorlagen und die Betriebsparteien daher in die sog. erdiente Dynamik der nach der PO 72 zugesagten Betriebsrenten eingreifen durften:

Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Annahme eines triftigen Grundes zur Änderung der bisher geltenden Versorgungsordnung. Es lagen dringende betriebliche Bedürfnisse vor. Das als ungerecht empfundene Leistungsgefüge der alten Regelung sollte durch eine als gerechter empfundene Struktur ersetzt werden. Der Entgeltgedanke der betrieblichen Altersversorgung sollte verstärkt und längere Betriebstreue besser als zuvor entlohnt werden. Ein gewichtiger Grund ist auch das Bestreben nach Vereinheitlichung der zahlreichen bisher geltenden Versorgungsordnungen; sie erleichtert die Mobilität der Arbeitnehmer im Konzern der Beklagten und verhindert unterschiedliche Begünstigungen der Arbeitnehmer bei der Versorgung in den einzelnen Unternehmen und Betrieben. Schließlich hat der Betriebsrat der Änderung der Versorgungsordnung zugestimmt. Dies ist ein Anzeichen dafür, daß ein Bedürfnis für die Neuregelung bestand sowie auch dafür, daß die Neuregelung ausgewogen ist (vgl. Urteil vom 11. September 1990 – 3 AZR 380/89 – aaO).

III. Die Beklagte hat hiernach die Betriebsrente des Klägers in der Neuberechnung vom 19. März 1990 zutreffend ermittelt. Rechenfehler hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die Beklagte durfte den vorgesehenen Festbetrag von 2,60 DM pro Dienstjahr einsetzen und die Rentenformel der PO 76 anwenden.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Dr. Schwarze, Grimm

 

Fundstellen

Dokument-Index HI916068

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