Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung für das Spielen eines ungewöhnlichen Instruments
Leitsatz (amtlich)
- Wird bei einem Musiker der Münchner Philharmoniker die Verpflichtung zum Spielen eines ungewöhnlichen Instruments bei der Eingruppierung nicht berücksichtigt, so steht ihm ein Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK zu (im Anschluß an BAG Urteil vom 23. Juni 1993 – 10 AZR 107/92 – AP Nr. 17 zu § 611 BGB Musiker).
- Eine ausschließlich für die Aufführung eines Werkes mit 4 D-Saiten besaitete und im Vierteltonabstand gestimmte Bratsche ist ein ungewöhnliches Instrument i.S. der Protokollnotiz zu § 6 Abs. 2 TVK.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Musiker; Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) § 6 Abs. 2 Buchst. d; Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) § 27; Tarifvertrag für die Musiker der Münchner Philharmoniker (TV MüPhil) § 2 Abs. 1, § 3
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 04.08.1993; Aktenzeichen 9 (8) Sa 1019/87) |
ArbG München (Urteil vom 28.07.1987; Aktenzeichen 30 Ca 8162/87) |
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 4. August 1993 – 9 (8) Sa 1019/87 – aufgehoben.
- Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für das Spielen eines ungewöhnlichen Instruments eine besondere Vergütung zusteht.
Der Kläger ist bei den M… Philharmonikern als Musiker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit und arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern (TVK) sowie der Tarifvertrag für die Musiker der M… Philharmoniker (TV MüPhil) Anwendung. Entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung spielt der Kläger im Orchester die Bratsche.
Der Kläger ist in Gehaltsgruppe 1a der Anlage 1 (Gehaltstabelle) des TV MüPhil eingruppiert. Hinsichtlich der Vergütung der Musiker ist in § 3 TV MüPhil bestimmt:
Grundgehalt und Eingruppierung
- Das Monatsgrundgehalt des Musikers ergibt sich aus der Gehaltstabelle (Anlage 1), die Bestandteil dieses Tarifvertrages ist.
- Die Eingruppierung in die Gruppen der Gehaltstabelle (Anlage 1) richtet sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit.
In Gehaltsgruppe Ia sind Musiker eingruppiert, die nicht in den Gehaltsgruppen Ib bis IV genannt sind. In den Gehaltsgruppen Ib bis IV richtet sich die Eingruppierung nach den jeweils aufgeführten Positionen, bei denen zum Teil auch Nebeninstrumentsverpflichtungen (z.B. 1. Schlagzeuger mit Nebeninstrument Pauke; Gehaltsgruppe Ib) berücksichtigt sind.
Der Kläger wurde am 25., 26., 27. und 28. April 1987 bei der Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” von Luigi Nono als Bratschist eingesetzt. Entsprechend der Vorgabe des Komponisten wurde das Instrument dahingehend verändert, daß es statt der Besaitung mit vier unterschiedlichen, im Quintabstand gestimmten Saiten mit vier gleichen Saiten bespannt und die Saiten im Vierteltonabstand gestimmt wurden. Die in dieser Weise veränderte Bratsche kann ausschließlich bei der Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” eingesetzt werden.
Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stehe deshalb für die vier Einsätze eine besondere Vergütung nach § 27 TVK in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Buchst. d TVK für das Spielen eines ungewöhnlichen Instrumentes zu.
Hinsichtlich der Anwendung der Bestimmungen des TVK enthält § 2 TV MüPhil folgende Regelung:
Sonstige Tarifvorschriften
- Soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist, finden der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils gültigen Fassung und die ihn ergänzenden Tarifregelungen unmittelbar Anwendung.
Die tarifliche Bestimmung des § 27 TVK hat, soweit vorliegend von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
Besondere Vergütungen
Für Leistungen nach § 6 Abs. 2 Buchst. b bis d ist dem Musiker eine angemessene besondere Vergütung zu zahlen. Für das Spielen eines ungewöhnlichen Instrumentes gilt dies nicht, wenn der Musiker hierfür nach § 26 eine Tätigkeitszulage erhält. …
Nach § 26 Nr. 1 TVK kann dem Musiker mit seiner Zustimmung das Spielen eines Nebeninstrumentes übertragen werden. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Nach § 26 Nr. 2 TVK erhält der Musiker für das Spielen eines Nebeninstruments eine Tätigkeitszulage.
§ 6 TVK lautet u.a.:
Arbeitspflicht
Die Protokollnotiz zu Abs. 2 lautet:
Der Kläger meint, die mit vier gleichen Saiten (D-Saiten) ausgestattete und im Vierteltonabstand gestimmte Bratsche sei im Vergleich zu einer normalen Bratsche, die mit jeweils einer A-, D-, G- und C-Saite bespannt und im Quintabstand gestimmt sei, als ungewöhnliches Instrument im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 TVK anzusehen. Der Aufbau und der Klang des Instruments seien grundlegend verändert. Auch erfordere das Spielen des in dieser Weise veränderten Instruments eine völlig ungewohnte Spielweise und eine besonders zeitaufwendige häusliche Vorbereitung. Es sei deshalb dem Spielen der in der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 TVK ausdrücklich, aber nicht abschließend genannten Instrumenten gleichzustellen.
Als besondere Vergütung hat der Kläger pro Einsatz einen Betrag von 231,-- DM geltend gemacht. Dieser Betrag entspreche der in M… üblichen Vergütung für eine Aushilfe, die die Beklagte hätte engagieren müssen, wenn er sich wegen des übermäßigen Zeitaufwandes für die Vorbereitung geweigert hätte, die Bratsche bei der Aufführung des Werkes zu spielen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 924,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 28. April 1987 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, dem Kläger stehe ein Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK nicht zu.
Die Vergütung der Musiker der Münchner Philharmoniker richte sich allein nach den tariflichen Bestimmungen des TV MüPhil. Daraus folge, daß weder Tätigkeitszulagen nach § 26 TVK noch die besondere Vergütung nach § 27 TVK zu zahlen sei.
Das Spielen von Nebeninstrumenten sei im übrigen bei der Eingruppierung in die Gehaltsgruppen der Anlage 1a zum TV MüPhil bereits berücksichtigt, so daß auch deshalb nach § 27 Abs. 1 Satz 2 TVK eine besondere Vergütung nicht in Betracht komme.
Außerdem handele es sich bei der für die Aufführung des Werkes von Luigi Nono veränderten Bratsche nicht um ein ungewöhnliches Instrument i.S. der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 TVK. Wie aus der Aufzählung der ungewöhnlichen Instrumente folge, hätten die Tarifvertragsparteien nur die Instrumente erfassen wollen, die ausnahmsweise bei der Tätigkeit eines Orchesters zum Einsatz kämen und die ihnen zum Zeitpunkt des Tarifabschlusses bekannt gewesen seien. Dazu gehöre eine anders bespannte und gestimmte Bratsche nicht.
Der Kläger sei arbeitsvertraglich zum Spielen der Bratsche als Hauptinstrument verpflichtet. Im Rahmen dieser Verpflichtung liege auch das Spielen einer in anderer Weise bespannten und gestimmten Bratsche. Eine ungewohnte Spielweise und ein erhöhter Zeitaufwand für die Vorbereitung seien für die Beurteilung, ob ein ungewöhnliches Instrument im Tarifsinne vorliege, nicht maßgebend.
Dem Kläger stehe im übrigen als angemessene besondere Vergütung nicht die volle Vergütung zu, die eine Aushilfe für einen Einsatz verlangen könne. Er könne unter dem Gesichtspunkt einer Erschwernis zusätzlich allenfalls einen Bruchteil seiner Vergütung verlangen, die ihm für die Aufführung des Werkes gezahlt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr nach Einholung von Sachverständigengutachten stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht. Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine angemessene besondere Vergütung für das Spielen der veränderten Bratsche zu. Die Höhe der Vergütung ist vom Landesarbeitsgericht jedoch noch festzustellen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe für seine vier Einsätze bei der Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” eine besondere Vergütung nach § 27 TVK für das Spielen eines ungewöhnlichen Instrumentes zu. Der Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK sei durch die tariflichen Bestimmungen des TV MüPhil nicht ausgeschlossen. Aus § 3 TV MüPhil in Verbindung mit der Gehaltstabelle ergebe sich nur das Grundgehalt, bei dem im einzelnen aufgeführte Nebeninstrumente berücksichtigt seien. Für das Spielen eines ungewöhnlichen Instruments, das arbeitsvertraglich nicht als Nebeninstrument vereinbart sei, enthalte der TV MüPhil keine Regelung, so daß die tariflichen Bestimmungen des TVK anzuwenden seien.
Danach stehe dem Kläger eine besondere Vergütung zu, da die nur für die Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” besonders besaitete und gestimmte Bratsche als ungewöhnliches Instrument anzusehen sei. Dies ergebe sich aus dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang und werde durch die Sachverständigengutachten bestätigt.
Die Höhe der Klageforderung mit 231,-- DM brutto pro Einsatz sei zwischen den Parteien unstreitig.
II. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist in vollem Umfang zuzustimmen, soweit sie sich auf den Anspruch dem Grunde nach beziehen; hinsichtlich der Höhe des Anspruches bedarf es der Aufhebung und Zurückverweisung, da der Senat darüber nicht abschließend entscheiden kann.
1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß der Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK i.V.m. § 6 Abs. 2 Buchst. d TVK nicht durch die tariflichen Bestimmungen des TV MüPhil ausgeschlossen ist.
Nach § 2 Abs. 1 TV MüPhil finden die tariflichen Bestimmungen des TVK nur Anwendung, wenn im TV MüPhil nichts anderes bestimmt ist. Aus dieser tariflichen Bestimmung in Verbindung mit der Eingruppierungsregelung in § 3 Abs. 2 TV MüPhil hat der Senat im Urteil vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 107/92 – AP Nr. 17 zu § 611 BGB Musiker) gefolgert, daß einem Musiker der M… Philharmoniker, der arbeitsvertraglich zum Spielen eines ungewöhnlichen Instruments verpflichtet ist, und dessen Gehalt nach Gehaltsgruppe IV frei vereinbart ist, darüber hinaus kein Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK zusteht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus dieser Senatsentscheidung jedoch nicht, daß im Hinblick auf die Eingruppierungsregelung im TV MüPhil ein Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 27 TVK für Musiker der M… Philharmoniker stets ausgeschlossen ist.
Nach § 2 Abs. 1 TV MüPhil finden die tariflichen Bestimmungen des TVK nur dann keine Anwendung, wenn im TV MüPhil etwas anderes bestimmt ist. Eine Regelung über die Vergütung für das Spielen eines ungewöhnlichen Instruments, das arbeitsvertraglich nicht vereinbart ist, enthält der TV MüPhil, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, jedoch nicht.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, daß der Kläger arbeitsvertraglich zum Spielen der Bratsche verpflichtet ist. Diese arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit ist nach § 3 Abs. 2 TV MüPhil daher für seine Eingruppierung in Gehaltsgruppe Ia maßgeblich. Daraus folgt, daß mit dieser Eingruppierung weder eine Nebeninstrumentsverpflichtung noch eine Verpflichtung zum Spielen eines ungewöhnlichen Instruments abgegolten ist. Insoweit enthalten die tariflichen Bestimmungen des TV MüPhil, anders als bei Musikern, bei denen eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zum Spielen von Nebeninstrumenten oder von ungewöhnlichen Instrumenten bei der Eingruppierung berücksichtigt ist, keine Regelung. Demgemäß sind nach § 2 Abs. 1 TV MüPhil die tariflichen Bestimmungen des TVK für die Bemessung der Vergütung derartiger Sonderleistungen heranzuziehen.
2. Nach § 6 Abs. 2 Buchst. d TVK ist der Musiker zum Spielen eines ungewöhnlichen Instruments verpflichtet, auch wenn es nicht im Arbeitsvertrag genannt ist. Erhält er dafür keine Tätigkeitszulage nach § 26 TVK, steht ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 1 TVK ein Anspruch auf angemessene besondere Vergütung zu. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
a) Ein Anspruch auf eine Tätigkeitszulage nach § 26 TVK besteht u.a. in den Fällen, in denen dem Musiker das Spielen eines Nebeninstruments arbeitsvertraglich übertragen ist. Dies war beim Kläger nicht der Fall. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über das Spielen eines Nebeninstruments ist zwischen den Parteien nicht getroffen worden.
b) Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht aus, daß es sich bei der ausschließlich für die Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” von Luigi Nono besaiteten und gestimmten Bratsche um ein ungewöhnliches Instrument i.S.v. § 6 Abs. 2 Buchst. d TVK i.V.m. der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 6 Abs. 2 TVK handelt.
Die Aufzählung der ungewöhnlichen Instrumente in der Protokollnotiz Nr. 2 ist nur beispielhaft und nicht abschließend. Mit Recht geht das Landesarbeitsgericht damit davon aus, daß auch andere als in der Protokollnotiz genannte Instrumente als ungewöhnliche Instrumente angesehen werden können.
Nach dem Tarifwortlaut, der neben dem tariflichen Gesamtzusammenhang für die Tarifauslegung maßgebend ist (BAGE 46. 308, 310 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) ist ein ungewöhnliches Instrument ein Instrument, das vom Üblichen, vom Gewohnten abweicht, bzw. selten vorkommt (Brockhaus/Wahrig). Dies trifft für die zur Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” veränderte Bratsche zu. Eine gewöhnliche, übliche Bratsche ist mit vier unterschiedlichen Saiten, nämlich einer A-, D-, G- und C- Saite bespannt und im Quintabstand gestimmt. Demgegenüber wurde die für die Aufführung des Werkes veränderte Bratsche des Klägers mit vier D-Saiten bespannt, die im Vierteltonabstand gestimmt waren. Dies ist nicht nur eine selten vorkommende Veränderung einer Bratsche. Vielmehr kann eine solche Bratsche mit dieser Bespannung und Stimmung ausschließlich für die Aufführung des Werkes “Camminantes … Ayacucho” eingesetzt werden.
Wie die Beklagte selbst hervorhebt, sind mit ungewöhnlichen Instrumenten i.S. der Protokollnotiz nur solche Instrumente gemeint, die nicht zum üblichen Instrumentarium des Orchesters gehören, somit andere Instrumente als diejenigen, die üblicherweise im Orchester bei der üblichen Tätigkeit eines Orchestermusikers verwendet werden. Wenn aber ein Instrument in seinen wesentlichen Teilen, wie der Bespannung und der Stimmung, verändert wird und mit dieser Veränderung ausschließlich zur Aufführung eines Werkes eingesetzt werden kann, wird schon daraus deutlich, daß es sich um ein Instrument handelt, das nicht zur üblichen Ausstattung eines Orchesters gehört und dessen Spielen nicht zur üblichen Tätigkeit eines Orchestermusikers zu rechnen ist.
Mit Recht folgert das Landesarbeitsgericht auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, daß die in Besaitung und Stimmung veränderte Bratsche als ungewöhnliches Instrument anzusehen ist. In der Protokollnotiz Nr. 2 sind nicht nur Instrumente aufgeführt, die mit den üblicherweise im Orchester verwendeten Instrumenten keine äußerlichen Gemeinsamkeiten haben, wie z.B. ein Klavier; eine erhebliche Anzahl der aufgeführten Instrumente unterscheidet sich vielmehr nur nach der Tonlage von den üblichen Instrumenten, wie z.B. die Alt-Flöte und die Alt-Posaune sowie die D-, Es- und Baß-Trompete, Hohe Es- oder F-Trompete.
Auch vom Sinn und Zweck der Gewährung der besonderen Vergütung ist deren Zahlung für das Spielen der veränderten Bratsche gerechtfertigt. Mit der besonderen Vergütung soll eine besondere Leistung des Musikers bzw. eine besondere Erschwernis für den Musiker abgegolten werden. Diese Voraussetzung ist beim Spielen der veränderten Bratsche gegeben. So führt das Landesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Sachverständigengutachten aus, daß vom Musiker eine andere Spielweise durch Veränderung des Armgewichts, des Fingerdruckes und der Winkelstellung gefordert wird und dies eine längere Vorbereitungszeit bedinge.
Der Wortlaut, der tarifliche Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Gewährung einer besonderen Vergütung rechtfertigen deshalb den Schluß, daß es sich bei der veränderten Bratsche um ein ungewöhnliches Instrument handelt.
III. Die angefochtene Entscheidung hält jedoch einer revisionsrechtlichen Überprüfung hinsichtlich der Höhe der besonderen Vergütung nicht stand. Deshalb bedarf es der Aufhebung und Zurückverweisung. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit noch weitere Feststellungen zu treffen.
1. Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, daß die Höhe unstreitig ist und hat deshalb pro Einsatz 231,-- DM, mithin für vier Einsätze 924,-- DM zugesprochen. Dagegen wendet die Beklagte mit ihrer Revisionsbegründung zu Recht ein, daß die Klage hinsichtlich dieses Betrages nicht schlüssig sei.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 TVK ist dem Musiker eine angemessene besondere Vergütung zu zahlen. Diese tarifliche Bestimmung ist dahingehend auszulegen, daß der Arbeitgeber die Höhe der Vergütung nach billigem Ermessen gem. § 315 Abs. 1 BGB zu bestimmen hat (vgl. BAG Urteil vom 22. Oktober 1962 – 5 AZR 208/61 – AP Nr. 2 zu § 611 BGB Musiker). Da die Beklagte eine solche Leistungsbestimmung nicht getroffen hat, konnte sie nach § 316 BGB durch den Kläger erfolgen. Dessen Leistungsbestimmung entspricht jedoch nicht der Billigkeit.
Der Kläger bemißt seine Forderung nach dem Betrag, den die Beklagte für eine Aushilfe hätte zahlen müssen, wenn er sich geweigert hätte, bei den Aufführungen die veränderte Bratsche zu spielen. Damit macht er den Gesamtbetrag, der als Vergütung für seine Mitwirkung in den vier Konzerten zu zahlen wäre, geltend. Dies entspricht nicht der Billigkeit, für seine Mitwirkung überhaupt hat er mit seinem Gehalt bereits eine Vergütung erhalten.
Die Sondervergütung nach § 27 TVK ist ihrem Wesen nach als Leistungs- oder Erschwerniszulage anzusehen, die neben dem normalen Arbeitsentgelt zu gewähren ist. Daraus folgt, daß sie in einem angemessenen Verhältnis zu der normalen Vergütung stehen muß, nicht höher als diese selbst sein kann und deshalb üblicherweise nur einen Bruchteil derselben betragen kann (BAG Urteil vom 22. Oktober 1962 – 5 AZR 208/61 – AP Nr. 2 zu § 611 BGB Musiker).
2. Anhaltspunkte für eine abschließende Entscheidung über die Bemessung der Vergütung nach § 315 Abs. 3 BGB durch den Senat enthält der Sachvortrag der Parteien nicht. Das Landesarbeitsgericht wird daher festzustellen haben, welche Vergütung dem Kläger für seine Einsätze bei der Aufführung des Werkes zustand und welches der üblicherweise für das Spielen eines ungewöhnlichen Instrumentes zu zahlende Bruchteil dieser Vergütung ist. Danach ist die dem Kläger zustehende angemessene besondere Vergütung zu bemessen. Der Zinsanspruch besteht nach der Senatsrechtsprechung nur hinsichtlich des sich aus dem Bruttobetrag ergebenden Nettobetrages.
IV. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden.
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Böck, Hickler, Staedtler
Fundstellen
Haufe-Index 857023 |
NJW 1995, 902 |
NZA 1995, 955 |
AfP 1996, 102 |
ZUM 1995, 625 |