Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis zur Vertretung einer Beamtin im Erziehungsurlaub
Normenkette
BErzGG § 21 Abs. 3; BAT Nr. 1c SR 2y
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Juli 1996 – 7 (9) Sa 1303/95 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin ist Gymnasiallehrerin. Sie war vom 4. August 1994 befristet bis zum 5. Juli 1995 bei dem beklagten Land beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 29. August/11. September 1994 hatten die Parteien die Geltung des BAT vereinbart. Außerdem enthielt er u.a. folgende Regelung:
„Der Arbeitnehmer wird als Lehrkraft ab 04.08.1994 … bis zum Ablauf der durch die mutterschutzrechtlichen Bestimmungen (Beschäftigungsverbot und evtl. Erziehungsurlaub) begründeten Abwesenheit vom Dienst, jedoch nicht länger als bis zum letzten Schultag vor den Ferien (falls die Abwesenheit vom Dienst in den Ferien oder bis 14 Tage danach endet) längstens jedoch bis 05.07.1995 als … Aushilfsangestellte/r zur Vertretung von Frau B. eingestellt.
…”
Die zu vertretende Beamtin B. hatte bereits am 17. Januar 1994 vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin (6. Juni 1994) den vollen Erziehungsurlaub im Anschluß an die Mutterschutzfrist beantragt. Am 29. Juni 1995 unterzeichnete die Klägerin unter Vorbehalt einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 6. Juli 1995 bis zum 12. Juni 1996.
Die Klägerin hat die Befristung des ersten Arbeitsvertrags für unwirksam gehalten. Die Wirksamkeit der Befristung bestimme sich nach § 21 Abs. 3 BErzGG, der eine Zweckbefristung ausschließe. Die Vorschrift sei auch auf die Vertretung einer im Erziehungsurlaub befindlichen Beamtin anzuwenden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Befristung des Arbeitsverhältnisses zumindest wegen der zusätzlich vereinbarten Höchstbefristung für wirksam gehalten, weil die zu vertretende Beamtin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Erziehungsurlaub bereits verlangt hatte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch wirksame Befristung mit Ablauf des 5. Juli 1995 geendet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat für die Befristungskontrolle zu Recht auf den ersten Arbeitsvertrag der Parteien abgestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist zwar bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen. Das gilt jedoch nicht, wenn die nachfolgenden Befristungen nur vorbehaltlich der Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung vereinbart waren (ständige Rechtsprechung seit BAGE 49, 73, 79 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; zuletzt BAG Urteil vom 28. August 1996 – 7 AZR 849/95 – AP Nr. 181 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Eine solche Regelung haben die Parteien für das Anschlußarbeitsverhältnis getroffen.
2. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zu Recht dahinstehen lassen können, ob die vereinbarte Zweckbefristung nach § 21 Abs. 3 BErzGG zulässig ist und diese Vorschrift auch für die Vertretung von Beamtinnen und Beamten während deren Erziehungsurlaubs gilt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht durch Zweckerreichung, sondern aufgrund der ebenfalls vereinbarten Zeitbefristung mit Ablauf des 5. Juli 1995 geendet. Für diese Befristung bedurfte es schon aus Gründen des Tarifrechts eines Sachgrundes, weil die Parteien kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf den BAT die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y vereinbart haben. Ein Sachgrund hat auch vorgelegen.
a) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Einstellung der Klägerin zur Vertretung und damit als Aushilfsangestellte im Sinne der Nr. 1 c SR 2y BAT erfolgt. Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Befristungsgrund anerkannt (zuletzt BAG Urteil vom 22. November 1995 – 7 AZR 252/95 – AP Nr. 178 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe, m.w.N.). Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer solchen Befristungsabrede liegt darin, daß der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnen muß. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.
b) Da die zu vertretende Beamtin B. bereits einen Antrag auf Erziehungsurlaub in unmittelbarem Anschluß an die Zeiten des Mutterschutzes für die Dauer von drei Jahren gestellt hatte, konnte das beklagte Land bei Vertragsschluß mit hinreichender Sicherheit erwarten, daß die zu vertretende Lehrkraft nach Ablauf der Mutterschutzfrist ihren Dienst nicht wieder aufnehmen und dadurch ein Bedürfnis für eine vorübergehende Beschäftigung einer Vertretungskraft besteht. In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin nicht auf die Senatsentscheidung vom 9. November 1994 (– 7 AZR 243/94 – BAGE 78, 239 = AP Nr. 1 zu § 21 BErzGG) berufen. Im Unterschied zu dem dortigen Sachverhalt hat sich das beklagte Land vorliegend auf einen konkret verlangten Erziehungsurlaub berufen und nicht wie im damaligen Fall die Befristung auf eine nach allgemeiner Erfahrung zu erwartende Antragstellung gestützt.
c) Der Sachgrund der Vertretung wird auch nicht durch die vereinbarte Befristungsdauer in Frage gestellt. Zwar hat die zu vertretende Lehrkraft bei Vertragsschluß bereits die Höchstdauer des Erziehungsurlaubs im Anschluß an die Mutterschutzfrist verlangt, während das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst nur auf ein Jahr bis zum 5. Juli 1995 befristet wurde. Das Zurückbleiben der Befristungsdauer hinter der zeitlichen Dauer des Vertretungsbedarfs läßt nicht erkennen, daß die Klägerin tatsächlich nicht zur Vertretung von Frau B. beschäftigt werden sollte. Nach der Senatsrechtsprechung (BAGE 59, 265, 272 = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) bedarf die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Ihr kommt nur Bedeutung bei der Prüfung des Sachgrunds zu, weil die vereinbarte Dauer der Befristung darauf hinweisen kann, daß der Sachgrund für die Befristung nur vorgeschoben ist. Ist ein Mitarbeiter nur zeitweilig an einer Tätigkeit gehindert und ist mit seiner Rückkehr zu rechnen, läßt allein eine fehlende Kongruenz zwischen der Dauer des Vertretungsbedarfs und der Dauer der Befristung nicht den Schluß auf das Fehlen des Sachgrundes zu. Dem Arbeitgeber steht es frei, den Arbeitsausfall überhaupt zu überbrücken. Demzufolge muß ihm auch die Entscheidung verbleiben, die Vertretung nur für eine kürzere Zeit zu regeln (BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 458/82 – AP Nr. 83 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 a der Gründe).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Bepler, Schmidt, Straub, Nottelmann
Fundstellen