Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Arbeiten im Dienste der Bundesmarine

 

Orientierungssatz

Zur Eingruppierung von Arbeitern bei einer Marineschule nach Lohngruppe III Fallgruppe 5 und Lohngruppe 4 des Sonderverzeichnisses für Besatzungen von See- und Binnenfahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2b).

 

Normenkette

MTB § 21; MTB Anlage 2 b; MTB 2 § 21; MTB 2 Anlage 2 b

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 11.05.1988; Aktenzeichen 5 Sa 94/88)

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 19.01.1988; Aktenzeichen 2 Ca 813/87)

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1) ist seit dem 1. September 1970 an der Marineschule in F - beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) und der Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II Anwendung. Im Arbeitsvertrag vom 1. September 1970 wurde der Kläger als Bootsführer in die Lohngruppe III Fallgruppe 2 des Sonderverzeichnisses für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung, die unter die Sonderregelung 2 a zum MTB II (SV 2 a) fallen, eingereiht. Mit Wirkung vom 1. August 1973 wurde er unter Übertragung der Dienstgeschäfte eines Bootsführers in die Lohngruppe III Fallgruppe 10 des Sonderverzeichnisses für Besatzungen von See- und Binnenfahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2 b) (2. Seeschiffspersonal) eingereiht. Die Tätigkeitsdarstellung vom 30. Oktober 1973 weist als überwiegende Tätigkeit des Klägers das "Führen von Kraftbooten" aus. Seine Tätigkeit wurde ab 1. Dezember 1975 der Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2 zugeordnet. Nachdem die Marineschule M der Standortverwaltung F mit Schreiben vom 3. März 1981 mitgeteilt hatte, daß sich der Kläger seit dem 1. August 1973 in seiner überwiegenden Tätigkeit als Bootsführer bewährt hätte, wurde er ab 1. Januar 1981 in die Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II eingereiht. In einer Tätigkeitsdarstellung vom 14. Oktober 1971 ist vermerkt, daß der Kläger als "Facharbeiter mit Matrosenbrief, der überwiegend Tätigkeiten als Bootsführer ausübt", nach fünfjähriger Bewährung in Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2 die Merkmale der Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II erfüllte.

Der Kläger zu 2) ist seit dem 1. Oktober 1973 an der Marineschule beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis findet ebenfalls kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) und der Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II Anwendung. Der Kläger wurde im Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1973 als Decksmann in die Lohngruppe VII Fallgruppe 1 SV 2 b 2 eingereiht. Gleichzeitig wurden ihm die Dienstgeschäfte eines Bootsführers übertragen. Die Tätigkeitsdarstellung vom 23. Januar 1974 weist das "Führen von Kraftbooten" als überwiegende Tätigkeit aus. Mit Wirkung vom 1. Februar 1974 wurde der Kläger in die Lohngruppe III Fallgruppe 10 SV 2 b 2 eingereiht. Seine Tätigkeit wurde ab 1. Dezember 1975 der Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2 zugeordnet. Nachdem die Marineschule mit Schreiben vom 3. März 1981 bestätigt hatte, daß er sich in dieser Zeit in seiner überwiegenden Tätigkeit als Bootsführer bewährt hätte, wurde er ab 1. Januar 1981 in die Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II eingereiht. In einer Tätigkeitsdarstellung vom 14. Oktober 1981 ist vermerkt, daß er mit seinen "überwiegenden Tätigkeiten als Bootsführer mit Befähigungsnachweis zum Führen von Kraftbooten" nach fünfjähriger Bewährung in Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2 die Merkmale der Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II erfülle.

Nach einer Überprüfung der Tätigkeit der Kläger in der Zeit vom 1. Juli 1986 bis 31. Dezember 1986 wurde in einer Tätigkeitsdarstellung vom 27. Februar 1987 festgestellt, daß die Kläger zu 32,3 % ihrer Gesamtarbeitszeit Arbeiten an Bord der im Hafen liegenden Boote, zu 28,7 % ihrer Gesamtarbeitszeit Arbeiten an Land und zu 39 % ihrer Gesamtarbeitszeit Arbeiten an Bord der im Seedienst befindlichen Boote ausführten. Die Beklagte teilte daraufhin den Klägern mit, daß sie irrtümlich zu hoch eingereiht worden seien. Eine Einreihung in die Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2 hätte nicht erfolgen dürfen, da sie aufgrund ihrer Tätigkeit nicht zum Seeschiffspersonal, für das das Sonderverzeichnis 2 b gelte, zu rechnen seien. Deshalb sei auch der Bewährungsaufstieg nach Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II zu Unrecht erfolgt.

Die Beklagte stellte zum 31. Juli 1987 die Zahlung des Lohns nach Lohngruppe II MTB II ein und zahlte an die Kläger nur noch Lohn nach Lohngruppe III MTB II.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß ihnen über den 31. Juli 1987 hinaus aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit als Bootsführer ein tariflicher und arbeitsvertraglicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II zustehe.

Die Kläger haben beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

ist, ihnen ab 1. August 1987 den Lohn der

Lohngruppe II MTB II zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß den Klägern weder ein tariflicher noch ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II zustehe. Die Kläger erfüllten nicht die tariflichen Voraussetzungen der Lohngruppe III Fallgruppe 5.1 SV 2 b 2, da sie nicht überwiegend im Seedienst als Bootsführer tätig seien. Dies sei nur irrtümlich angenommen worden. Deshalb sei auch zu Unrecht der Bewährungsaufstieg nach Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II durchgeführt worden. Die Zahlung des zu Unrecht gewährten Lohns hätte zum 31. Juli 1987 mit Recht eingestellt werden dürfen.

Den Klägern stehe auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II zu. Bei der Vereinbarung einer Tätigkeit als Bootsführer habe es sich nur um eine falsche Bezeichnung der Tätigkeit gehandelt, die versehentlich erfolgt sei. Dies hätte an dem Vertragsinhalt, der sich nicht auf eine überwiegende Tätigkeit als Bootsführer bezogen habe, nichts geändert. Zumindest enthalte das Schreiben vom 24. August 1987 aber eine Anfechtung der irrtümlich erfolgten Erklärung. Da die Tätigkeit der Kläger zutreffend nach Lohngruppe IV Fallgruppe 1 SV 2 a zu bewerten sei, stehe ihnen auch nur ein entsprechender arbeitsvertraglicher Anspruch und damit nach Ablauf der Bewährungszeit Lohn nach Lohngruppe III Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II zu.

Das Arbeitsgericht hat dem Klagebegehren entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht nimmt mit Recht an, daß den Klägern über den 31. Juli 1987 hinaus Lohn nach Lohngruppe II MTB II zusteht.

Auf die Arbeitsverhältnisse findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Nach § 21 Abs. 1 MTB II richtet sich der Lohn nach der Tätigkeit (Lohngruppe), der Dienstzeit und dem Lebensalter. Damit ist auf § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II verwiesen, wonach, soweit sich nicht aus den Tätigkeitsmerkmalen etwas anderes ergibt, auf die überwiegend auszuübende Tätigkeit des Arbeiters abzustellen ist. Demnach ist grundsätzlich diejenige Tätigkeit des Arbeiters tarifrechtlich zu beurteilen, die mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt (vgl. die Urteile des Senats vom 22. Februar 1978 - 4 AZR 553/76 - AP Nr. 3 zu § 21 MTB II, vom 4. Juni 1980 - 4 AZR 497/78 - AP Nr. 4 zu § 21 MTB II, vom 11. Juni 1986 - 4 AZR 176/85 - AP Nr. 7 zu § 21 MTB II und vom 3. Juni 1987 - 4 AZR 5/87 - AP Nr. 8 zu § 21 MTB II).

Die Kläger stützen ihre Klage darauf, daß sie als Bootsführer tätig seien. Demgemäß sind für die tarifliche Bewertung ihrer Tätigkeit folgende Lohngruppen des Sonderverzeichnisses für Besatzungen von See- und Binnenfahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2 b) heranzuziehen:

2. Seeschiffspersonal

Lohngruppe III Fallgruppe 5.1

"Bootsführer, soweit nicht höher eingereiht *"

Lohngruppe II Fallgruppe 4 Allgemeiner Teil

"Arbeiter der Lohngr. III des Allgemeinen Teils

und der Sonderverzeichnisse, die in eine Fall-

gruppe mit dem Hinweiszeichen * eingereiht sind,

nach fünfjähriger Bewährung als solche in dieser

Fallgruppe."

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leisten die Kläger im Anspruchszeitraum seit dem 1. August 1987 nur 39 % ihrer Tätigkeit an Bord der im Seedienst befindlichen Boote, während 28,7 % ihrer Tätigkeit auf Instandhaltungs- und Pflegearbeiten an Land und 32,3 % ihrer Tätigkeit auf derartige Arbeiten an Bord der im Hafen liegenden Boote entfallen. Daraus folgert das Landesarbeitsgericht für die Zeit ab 1. August 1987 zutreffend, daß ihre überwiegende Tätigkeit nicht in die Lohngruppen für das Seeschiffspersonal des Sonderverzeichnisses 2 b einzureihen ist. Dieses Sonderverzeichnis findet nur für Bootsbesatzungen Anwendung, zu denen die Kläger aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit im Hafen und an Land nicht zu rechnen sind. Das Landesarbeitsgericht verneint damit zu Recht einen tariflichen Anspruch der Kläger auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II für den streitbefangenen Zeitraum ab 1. August 1987.

Das Landesarbeitsgericht nimmt allerdings an, daß den Klägern ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II auch über den 31. Juli 1987 hinaus zusteht. Das Landesarbeitsgericht führt dazu aus, daß die Parteien arbeitsvertragliche Vereinbarungen getroffen hätten, wonach die Kläger als Bootsführer beschäftigt und entlohnt werden sollten. Dies ergebe sich aus den Arbeitsverträgen, den Tätigkeitsdarstellungen und dem Schriftwechsel. Aus dem rechtsgeschäftlichen Verhalten der Beklagten hätten die Kläger entnehmen können, daß ihnen ein einzelvertraglicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe III Fallgruppe 10 bzw. 5.1 SV 2 b 2 sowie nach Ablauf der fünfjährigen Bewährungszeit Lohn nach Lohngruppe II Fallgruppe 4 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II zustehen sollte. Die Beklagte sei davon ausgegangen, daß die Tätigkeit der Kläger die einschlägigen tariflichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt hätte. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, habe sie mit Schreiben vom 3. März 1981 ausdrücklich anerkannt, daß sich die Kläger in der überwiegenden Tätigkeit als Bootsführer bewährt hätten. Daran sei sie festzuhalten. Die Beklagte habe sich weder durch einseitigen Widerruf noch durch Anfechtung von ihrer vertraglichen Verpflichtung lösen können. Eine Änderungskündigung sei nicht erfolgt.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß auch im Bereich des öffentlichen Dienstes zwischen tariflichen und einzelvertraglichen Vergütungsansprüchen nach Zustandekommen und rechtlicher Wirkungsweise unterschieden werden muß (vgl. BAGE 38, 291, 296 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn; Urteil vom 22. März 1978 - 4 AZR 612/76 - AP Nr. 100 zu §§ 22, 23 BAT).

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß den Klägern kein tariflicher Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe II MTB II zusteht, weil ihre Tätigkeit ab 1. August 1987 der entsprechenden tariflichen Lohngruppe nicht entspricht, steht damit der Schlußfolgerung, daß der von den Klägern geltend gemachte Lohnanspruch aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien begründet ist, nicht entgegen. Diese Schlußfolgerung des Landesarbeitsgerichts beruht auf der Auslegung individueller Erklärungen bzw. Vertragsvereinbarungen, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie rechtlich möglich ist, gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB, gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder ob wesentliche Umstände nicht berücksichtigt worden sind (BAG Urteile vom 11. November 1987 - 4 AZR 339/87 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen und vom 18. Mai 1988 - 4 AZR 765/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor. Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Parteien vereinbart haben, daß die Kläger als Bootsführer beschäftigt und entlohnt werden sollten und ihnen nach Bewährung in dieser Tätigkeit Lohn nach Lohngruppe II MTB II zustehen sollte. Diese Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, der unstreitigen Tätigkeitsdarstellungen und der an die Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten ist rechtlich möglich und verstößt nicht gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Sie verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Auch hat das Landesarbeitsgericht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt.

Zwar rügt die Beklagte mit der Revision insoweit, daß das Landesarbeitsgericht in seiner Begründung angeführt habe, daß die Beklagte davon ausgegangen sei, daß die Kläger die entsprechenden tariflichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt hätten und dieser Umstand gerade gegen die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruches spreche. Außerdem habe das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft das Schreiben der Marineschule an die Standortverwaltung vom 3. März 1981 zur Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs herangezogen, obwohl diesem wegen seines innerdienstlichen Charakters keine rechtsgeschäftliche Wirkung beizumessen sei. Darauf, ob das Landesarbeitsgericht diese Umstände im einzelnen in seine Bewertung mit einbeziehen durfte, kommt es jedoch nicht an, weil sich die Auslegung des Landesarbeitsgerichts insgesamt aus anderen Gesichtspunkten als zutreffend erweist.

Aus den zwischen den Parteien unstreitigen Tätigkeitsdarstellungen für den Kläger zu 1) vom 30. Oktober 1973 und für den Kläger zu 2) vom 23. Januar 1974 ergibt sich, daß die Kläger überwiegend mit dem Führen eines Kraftbootes beschäftigt wurden. Demgemäß ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß die Beklagte ihnen den dieser Tätigkeit entsprechenden Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe III MTB II arbeitsvertraglich gewähren wollte, rechtsbedenkenfrei. Dies stand zudem im Einklang mit den tariflichen Bestimmungen. Gleiches gilt für die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien nach Ablauf der Bewährungszeit mit Wirkung vom 1. Januar 1981. In den unstreitigen Tätigkeitsdarstellungen vom 14. Oktober 1981 ist festgehalten, daß die Kläger überwiegend als Bootsführer mit dem Führen eines Kraftbootes beschäftigt wurden. Dies rechtfertigte im Hinblick auf die unstreitige Bewährung der Kläger die arbeitsvertragliche Vereinbarung eines Lohns nach Lohngruppe II MTB II, ohne daß es auf die Bedeutung des Schreibens der Marineschule an die Standortverwaltung vom 3. März 1981 ankommt. Übten die Kläger demgemäß während der gesamten Bewährungszeit überwiegend Tätigkeiten eines Bootsführers aus, weil sie überwiegend mit dem Führen von Kraftbooten beschäftigt wurden, so entsprechen die vom Landesarbeitsgericht festgestellten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sogar den tariflichen Bestimmungen. Beim Absinken des zeitlichen Anteils der Bootsführertätigkeit - wie er für die Zeit vom 1. Juli 1986 bis zum 31. Dezember 1986 festgestellt wurde - hätte sich die Beklagte für die Zukunft von dem zuvor begründeten arbeitsvertraglichen Anspruch einseitig nur durch Änderungskündigung lösen können. Mit der Begründung und dem Widerruf einer betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst hat dies entgegen der Auffassung der Beklagten nichts zu tun, da es vorliegend allein um die Rechtswirkungen individueller vertraglicher Vereinbarungen geht.

Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht weiter an, daß die Beklagte sich nicht durch Anfechtung nach § 119 BGB von ihrer vertraglichen Verpflichtung lösen konnte. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob das Schreiben der Beklagten vom 24. August 1987 überhaupt eine solche Erklärung enthält. Aber selbst wenn dies zugunsten der Beklagten angenommen wird und sie sich tatsächlich bei der Abgabe ihrer Erklärungen hinsichtlich der Entlohnung der Kläger in einem Irrtum befunden haben sollte - wogegen im Hinblick auf die Tätigkeitsdarstellungen vieles spricht -, hätte es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum gehandelt, der eine Anfechtung nach § 119 BGB nicht zuläßt (Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 119 Anm. 7). Eine Anfechtung nach § 119 BGB hätte außerdem unverzüglich im Sinne von § 121 BGB erklärt werden müssen, woran es vorliegend ebenfalls fehlt.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag

Polcyn Dr. Kiefer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439304

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge