Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitbeschäftigter Lehrer

 

Normenkette

BeschFG 1985 § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1-2; BGB §§ 134, 305, 611, 612 Abs. 2; BAT (Fassung bis zum 31. Dezember 1987) § 3 Buchst.q; TVG § 1 Auslegung; ZPO § 145 Abs. 1, § 300

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 07.09.1988; Aktenzeichen 5 Sa 526/88)

ArbG Siegburg (Urteil vom 18.02.1988; Aktenzeichen 3 Ca 1693/87)

 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. September 1988 – 5 Sa 526/88 – wird zurückgewiesen.

2. Die Revision des Klägers gegen das vorbezeichnete Urteil wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht über seinen Antrag auf Beschäftigung im Umfang von 12 Unterrichtsstunden wöchentlich entschieden hat.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/6 und das beklagte Land zu 5/6 zu tragen.

4. Der Streitwert wird für den entschiedenen Teil neu festgesetzt auf 30.000,– DM.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger strebt eine Unterrichtsverpflichtung von zwölf statt bisher zehn Wochenstunden an und verlangt Vergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) mit allen Zusatzleistungen.

Er ist Diplom-Mathematiker und unterrichtet seit 1969 an einem Gymnasium des beklagten Landes im Umfang von zuletzt zehn Wochenstunden. Er hat die Lehrbefähigung für die Fächer Mathematik und Physik, jedoch hat er keine Referendarzeit geleistet und das zweite Staatsexamen nicht abgelegt. Der Kläger erhält Vergütung nach den Sätzen des beklagten Landes für die Erteilung nebenberuflichen Unterrichts im höheren Schuldienst. Das auf dieser Grundlage berechnete Arbeitsentgelt ist niedriger als eine zeitanteilige Vergütung nach dem BAT.

Der Kläger will einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrages im Umfang von zwölf Wochenstunden auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages aus § 7 a des Haushaltsgesetzes 1987 i. Verb. mit dem Runderlaß des Kultusministers des beklagten Landes vom 19. Dezember 1986 herleiten. Er hat außerdem geltend gemacht, er könne zeitanteilige Vergütung nach dem BAT seit dem 1. Mai 1985 aufgrund des § 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes beanspruchen, denn danach sei er im Umfang seiner Teilzeitbeschäftigung ebenso zu vergüten wie ein vollzeitbeschäftigter Lehrer. Ferner beansprucht er die Gleichbehandlung mit anderen namentlich genannten Lehrkräften, die das beklagte Land in ein Angestelltenverhältnis auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages übernommen hat, obwohl sie auch keine Referendarzeit abgeleistet und das zweite Staatsexamen nicht abgelegt haben.

Der Kläger hat beantragt,

  1. das beklagte Land zu verurteilen, … einen Arbeitsvertrag nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages mit einer wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung von 12 Stunden ab dem 1. Oktober 1987 abzuschließen,
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihn ab dem 1. Mai 1985 nach dem BAT nebst allen Zusatzleistungen (Sozialleistungen, Urlaubsgeld, Zuwendung = 13. Monatsgehalt, Zusatzversorgung anteilig), berechnet auf der Grundlage von zehn Wochenstunden zu bezahlen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und dazu geltend gemacht, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen, die im Runderlaß des Kultusministers vom 19. Dezember 1986 i. Verb. mit § 7 a des Haushaltsgesetzes 1987 festgelegt worden seien. Diese Regelung erfasse nur den Personenkreis mit voller Lehrbefähigung und finde damit auf den Kläger keine Anwendung. Deswegen könne der Kläger sich auch nicht im Umfang seiner Teilzeitbeschäftigung gemäß § 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes mit vollzeitbeschäftigten Lehrern auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages vergleichen. Ebensowenig könne sich der Kläger auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen, weil die von ihm genannten Kollegen in anderen Fächern unterrichten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung des angefochtenen Urteils festgestellt, daß dem Kläger ab dem 1. Mai 1985 im Umfang einer Arbeitszeit von zehn Unterrichtsstunden anteilig Vergütung gemäß BAT zusteht. Die weitergehende Klage auf Feststellung der Vergütungspflicht nach den Zusatztarifverträgen zum BAT hat das Berufungsgericht abgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Klageziel weiter, das beklagte Land zu verurteilen, ihn im Umfang von zwölf Unterrichtsstunden wöchentlich auf der zuerkannten Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages zu beschäftigen. Darüber hinaus begehrt er mit der Revision die Feststellung, daß er ab 1. Mai 1985 im Umfang einer anteiligen Arbeitszeit von zehn Unterrichtsstunden alle Leistungen nach den Zusatztarifverträgen zum BAT beanspruchen kann. Das beklagte Land will dagegen mit seiner Revision die Abweisung der Klage im vollen Umfang erreichen.

Soweit der Kläger Zusatzleistungen auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages (Altersversorgung, Sonderzuwendung sowie Urlaubsgeld) beansprucht, hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 145 Abs. 1 ZPO aus Gründen der Geschäftsverteilung abgetrennt.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision des Klägers ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1) nicht begründet. Er kann von dem beklagten Land nicht verlangen, daß es ihn statt wie bisher mit zehn, künftig mit zwölf Pflichtstunden wöchentlich beschäftigt. Dafür gibt es keine Anspruchsgrundlage.

1. Der Kläger kann seine Forderung nicht unmittelbar auf das Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 1987 – Haushaltsgesetz 1987 (GV NW 1986, S. 754 ff.) stützen. Zwar bestimmt § 7 a Abs. 3 Buchst. c unter dem zweiten Spiegelstrich, daß bis zu 280 Planstellen, die in den Stellenplänen des Landes als künftig wegfallend bezeichnet sind, zur Beschäftigung mit voller Pflichtstundenzahl für solche Lehrer in Anspruch genommen werden können, die in den Jahren 1980 bis 1984 unbefristet mit verringerter Pflichtstundenzahl eingestellt worden sind. Damit ermächtigt das Haushaltsgesetz die zuständigen Staatsorgane nur, die Mittel zum angegebenen Zweck zu verwenden, begründet aber keinen Anspruch auf entsprechendes Handeln der Verwaltung (Wolff, Verwaltungsrecht III, 4. Aufl., § 162 II c, S. 417). Das läßt auch der Wortlaut des Haushaltsgesetzes erkennen, denn danach sind die Mittel nur für „bis zu” 280 Planstellen bewilligt, ohne daß der Kultusminister verpflichtet wäre, diesen Haushaltsrahmen auszuschöpfen.

2. Der Kläger geht ersichtlich von dieser Rechtslage aus und stützt seine Klage auf Erhöhung der Pflichtstundenzahl auf den Runderlaß des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 1986 (ZC 5.41-0/0 Nr. 1108/86) zur Durchführung des § 7 a Abs. 3 Buchst. c) des Haushaltsgesetzes 1987. Dieser Erlaß findet auf ihn Anwendung, jedoch erfüllt er dessen Voraussetzungen nicht.

a) Die Erlasse eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes finden nicht unmittelbar auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung, allerdings kann ihr Inhalt ausdrücklich oder stillschweigend im Arbeitsverhältnis vereinbart werden (BAG Urteil vom 30. September 1970 – 4 AZR 343/69 – AP Nr. 34 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anwendung dieses Erlasses mit dem Kläger vereinbart ist oder nicht und ob bisher schon ähnliche Erlasse auf das Arbeitsverhältnis mit ihm angewandt worden sind oder nicht. Der vorbezeichnete Erlaß gilt für den Kläger jedenfalls über das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und führt zur Selbstbindung des beklagten Landes: Wenn die Behörde eine Verwaltungsvorschrift befolgt, was von vornherein anzunehmen ist, wäre eine Abweichung von ihr eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht rechtswidrig ist (BVerwGE 34, 278, 280, 281, 282; Wolff, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl., § 24 II d 2, S. 119). Im übrigen müßte bei Erlassen, die generelle Regelungen für die Arbeitsverhältnisse enthalten, davon ausgegangen werden, daß sie – wie vertragliche Einheitsregelungen oder Gesamtzusagen im Bereich der privaten Arbeitgeber – zu Ansprüchen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz führen können.

b) Danach ist das beklagte Land zwar zur Anwendung des vorbezeichneten Erlasses vom 19. Dezember 1986 verpflichtet, der Kläger erfüllt jedoch dessen Voraussetzungen für eine Anhebung der Stundenzahl nicht. Der Erlaß erfaßt nach Ziff. 2.1 nur solche Lehrer, die in den Jahren 1981 bis 1984 entweder mit einer verringerten Pflichtstundenzahl in ein Probe-Beamtenverhältnis übernommen worden sind oder die in diesem Zeitraum eingestellt worden sind, bei denen aber die Übernahme in ein Probe-Beamtenverhältnis wegen fehlender beamtenrechtlicher oder persönlicher Voraussetzungen nicht möglich war. Der Kläger ist aber bereits seit dem Jahre 1969 für das beklagte Land tätig und erfüllt schon deswegen die vorgenannten Voraussetzungen nicht. Es kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben, ob von dem Runderlaß nur die Lehrkräfte erfaßt werden sollten, die über eine abgeschlossene Lehramtsausbildung verfügen, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Landesarbeitsgerichts zutreffend ist, daß der vorgenannte Erlaß keine Anwendung auf solche Lehrer findet, die – wie der Kläger – mit weniger als der Hälfte der Pflichtstundenzahl beschäftigt werden.

3. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen (BAGE 28, 14, 18 = AP Nr. 40 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 17. Mai 1978 – 5 AZR 132/77 – AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 1 der Gründe; BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Dieser Grundsatz gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln, und er ist nur dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt, wenn also die unterschiedliche Behandlung verschiedener Gruppen als willkürlich bezeichnet werden muß (BAG Urteil vom 14. Februar 1984 – 1 AZR 574/82 – AP Nr. 21 zu § 112 BetrVG 1972, zu 3 e der Gründe).

Das ist entgegen der Auffassung des Klägers hier nicht der Fall. Soweit der Kläger für die Anhebung der Pflichtstundenzahl sich darauf beruft, das beklagte Land habe andere Kollegen ohne Referendarzeit und ohne zweites Staatsexamen in ein Beschäftigungsverhältnis auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages übernommen, ergibt sich allein aus der Anwendung des vom Kläger beanspruchten Bundes-Angestelltentarifvertrages noch nichts über die Pflichtstundenzahl der von ihm benannten Kollegen. Das Berufungsgericht hat den Kläger bereits darauf hingewiesen, daß er „konkrete Daten zum Beschäftigungsumfang der anderen Kollegen” nicht dargelegt habe. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob der Kläger zeitanteilig Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages beanspruchen kann. Insoweit braucht er sich nicht auf die angebliche Ungleichbehandlung mit anderen Kollegen zu berufen, denn dieser Anspruch steht ihm wegen Verstoßes gegen das Differenzierungsgebot des § 2 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 zu. Dafür wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen (II der Entscheidungsgründe).

II. Die Revision des beklagten Landes ist ebenfalls zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat das beklagte Land zu Recht für verpflichtet gehalten, zeitanteilig im Umfang der Jahreswochenstundenbeschäftigung Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages zu gewähren. Die Vorinstanz hat dem Kläger auf der Basis von 42 Jahreswochenstunden einen Anteil von 42/52 der BAT-Vergütung zugesprochen und die Vergütungsgruppe selbst offengelassen. Der Feststellungsantrag des Klägers richtet sich auch nicht darauf, daß ihm eine bestimmte Vergütungsgruppe zusteht. Die Parteien streiten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur grundsätzlich darüber, ob die Vergütung des Klägers auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrages zu bemessen ist. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

1. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigen Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die Bestimmung will Teilzeitarbeit arbeitsrechtlich grundsätzlich ebenso absichern wie Vollzeitarbeit (BT-Drucks. 10/2102 S. 16). Dabei ist eine unterschiedliche Behandlung nicht nur bei einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers möglich. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich vielmehr auch auf vertragliche Regelungen. „Behandlung” bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserhebliches Handeln des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern. Das ist nicht nur in der Gestalt einseitiger Maßnahmen möglich, sondern auch in der Gestalt vertraglicher Vereinbarungen. Die „Behandlung” betrifft den Inhalt des rechtserheblichen Handelns des Arbeitgebers. Einseitige Maßnahmen oder Verträge stellen dagegen nur die äußere Form dar, in der dieses Handeln seinen Niederschlag findet. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 erfaßt danach auch vertragliche Regelungen (im Ergebnis wie hier Wlotzke, NZA 1984, 217, 218; Löwisch, BB 1985, 1200, 1203; anders dagegen von Hoyningen-Huene, NJW 1985, 1801, 1803).

§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gilt nicht nur für Verträge, die nach seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind, sondern auch für solche, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestanden haben. Im letzten Fall allerdings wirkt die Bestimmung nicht zurück, sondern erst vom 1. Mai 1985 ab (vgl. nur GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 122).

Eine unterschiedliche Behandlung der Teilzeitarbeit ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Hierzu werden gerechnet Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, soziale Lage oder unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen (vgl. die Beispielaufzählung im Regierungsentwurf BT-Drucks. 10/2102, S. 24). Der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein jedenfalls ist kein ausreichender sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung (so bereits BAG Urteil vom 6. April 1982, BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe; an diese Entscheidung lehnt sich die gesetzliche Regelung an: Wlotzke, a.a.O., S. 218; Löwisch, a.a.O., S. 1203).

2. Mit dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes (1. Mai 1985) verstößt die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung gegen das Differenzierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher nach § 134 BGB nichtig.

Der Kläger erhielt vom beklagten Land bisher eine monatliche Vergütung, die sich nach einem Einzelstundensatz berechnete. Diese Vergütung lag im Vergleich zu der Vergütung vollzeitbeschäftigter Lehrer erheblich niedriger. Damit ist eine unterschiedliche Behandlung des Klägers gegenüber einem vollzeitbeschäftigten Lehrer im Angestelltenverhältnis gegeben. Sachliche Gründe hierfür bestehen nicht. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen hinsichtlich der fachlichen Qualifikation eines Lehrers in wissenschaftlichen Fächern. Daß seine Arbeitsleistung hinter der zu fordernden Norm zurückbleibe, hat das beklagte Land nicht dargelegt. Das beklagte Land hat im Anstellungsschreiben vom 3. September 1969 auf die Vergütungssätze für die Erteilung nebenberuflichen Unterrichts verwiesen und damit deutlich gemacht, daß nach seiner Meinung der Kläger nur nebenberuflich Unterricht erteile. Doch das kann nicht als sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung anerkannt werden. Das Landesarbeitsgericht ist von dem unwidersprochenen Vor trag des Klägers ausgegangen, daß der Kläger außer dem Unterricht im Dienst des beklagten Landes keine andere Tätigkeit ausgeübt hat. Daraus ergibt sich, daß die vertraglich übernommene Arbeitsleistung für den Kläger die wesentliche berufliche Tätigkeit war. Allerdings mag der Kläger, was seine Einsatzmöglichkeiten angeht, weniger gut verwendbar gewesen sein als vollzeitbeschäftigte Lehrer. Der Grund hierfür lag aber in seiner Teilzeitbeschäftigung und der daraus folgenden geringeren Anwesenheitspflicht. Daß die fachliche Qualifikation seines Unterrichts dadurch gemindert worden sei, hat das beklagte Land nicht dargelegt.

3. An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 von § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann und daß § 3 Buchst. q BAT (in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung) bestimmt, der BAT gelte nicht für Angestellte mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten. Denn diese Tarifregelung stellt keine „abweichende tarifvertragliche Bestimmung” im Sinne des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 BeschFG 1985 dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Bereich der Lehrervergütung überhaupt davon gesprochen werden kann, daß eine tarifliche Regelung über die Vergütung besteht. Denn nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT gelten diese nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind (vgl. zur Abgrenzung BAGE 47, 61, 65 = AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Vergütungssätze des BAT werden jedoch durchweg in allen Ländern einzelvertraglich durch Bezugnahme auf Vergütungsrichtlinien oder Erlasse entsprechend vereinbart. Damit ist die Rechtsgrundlage für die Vergütung bei Lehrern generell der Arbeitsvertrag (vgl. dazu BAG Urteil vom 25. November 1987 – 4 AZR 386/87 – AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, m.w.N.).

a) Das Motiv für die Öffnungsklausel des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 liegt hier wie allgemein (vgl. zur allgemeinen Bedeutung der Öffnungsklausel Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., Einl. Rz 107) darin, daß die Tarifvertragsparteien sachlich gerechtfertigte Ausnahmebestimmungen zu den gesetzlichen Regelungen, insbesondere branchenspezifische Regelungen, besser als der Gesetzgeber treffen können und dabei auch die Schutzinteressen der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen (Regierungsentwurf Drucks. 10/2102, S. 26). Neben der Sachnähe der Tarifvertragspartner spielt stets der Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes eine besondere Rolle. Daher sind tarifvertragliche Abweichungen im allgemeinen nur unter Beachtung des dem Gesetz zugrunde liegenden Schutzgedankens möglich und bedeuten nur Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Einzelausformung (Wiedemann/Stumpf, a.a.O., Rz 115). Der Wille der Tarifvertragsparteien, von den ihrer freien Verfügung zugänglichen Vorschriften des Gesetzes zuungunsten des Arbeitnehmers abzuweichen, muß aus der tariflichen Regelung eindeutig hervorgehen. Denn der weitergehende Vorrang der Tarifautonomie vor den Bestimmungen des Gesetzes ist nur dann für das Arbeitsleben tragbar, wenn er mit gesetzestechnischen klaren Regelungen verbunden ist. Bei verbleibenden Zweifeln muß schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen an der gesetzlichen Regelung festgehalten werden (so Senatsurteil vom 10. August 1967 – 5 AZR 81/67 – AP Nr. 9 zu § 13 BUrlG; vgl. ferner Senatsurteil vom 8. Juni 1977 – 5 AZR 97/76 – AP Nr. 13 zu § 11 BUrlG sowie Senatsurteil vom 21. April 1966 – 5 AZR 510/65 – AP Nr. 3 zu § 7 BUrlG, zu 1 der Gründe).

b) Im öffentlichen Dienst sind die Arbeitsbedingungen der Angestellten mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit tarifvertraglich nicht geregelt, da der BAT diesen Kreis von Arbeitnehmern aus seinem Geltungsbereich ausschließt (§ 3 Buchst. q BAT in der bis zum 31. Dezember 1987 maßgeblichen Fassung). Hierauf hat im Gesetzgebungsverfahren der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hingewiesen (BT-Drucks. 10/2102, S. 35). Er hat dazu vorgeschlagen, dem § 6 Abs. 1 nach Satz 1 einen Satz 2 mit folgendem Inhalt anzufügen:

„Abweichungen zuungunsten des Arbeitnehmers sind auch dann zulässig, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer vom Geltungsbereich eines Tarifvertrages ausgenommen sind.”

Demgegenüber hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung den Standpunkt vertreten, wenn ein Tarifvertrag Arbeitnehmer unterhalb einer bestimmten Arbeitszeit von seinen Regelungen ausnehme, was auch in Form einer Ausnahme vom (persönlichen) Geltungsbereich des Tarifvertrages bestimmt sein könne, liege darin eine abweichende Regelung im Sinne des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985. Bei einer tarifvertraglich bestimmten Abgrenzung könne überdies davon ausgegangen werden, daß sie durch sachliche Gründe i.S. des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gerechtfertigt sei (vgl. BT-Drucks. 10/2102, S. 41).

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung ist in das Gesetz nicht aufgenommen worden. Dadurch ist aber die Auffassung der Bundesregierung nicht zum maßgeblichen Kriterium für die Auslegung von § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 geworden. Denn maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe (oder einzelner ihrer Mitglieder) über die Bedeutung der Bestimmung (so BVerfGE 1, 299, 312).

Nach § 3 Buchst. q BAT (in der Fassung bis zum 31. Dezember 1987) gilt der BAT nicht für Angestellte, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten beträgt. Diese Tarifregelung nimmt bestimmte teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages aus und entzieht ihnen damit den tarifvertraglichen Schutz. Daraus folgt, daß ihre Rechtsverhältnisse nach den Grundsätzen der Privatautonomie (§ 305 BGB) geregelt werden können. Die Herausnahme aus dem Schutz des Tarifvertrages bedeutet aber keine „abweichende tarifvertragliche Bestimmung” zuungunsten des Arbeitnehmers gegenüber dem Verbot der unterschiedlichen Behandlung nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Die Herausnahme aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages schafft für sich allein genommen noch keine abweichende Regelung für den herausgenommenen Personenkreis. Es fehlt an jeder Rechtsnorm, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen i. S. von § 1 Abs. 1 TVG regelt. Das Fehlen einer Regelung ist aber keine Regelung. Wenn jede rechtstechnische Ausformung einer abweichenden Regelung durch Tarifvertrag fehlt, muß für den ausgenommenen Personenkreis, dem jeder tarifvertragliche Schutz entzogen ist, nach wie vor die gesetzliche Regelung gelten.

Diese Überlegung wird durch die in § 6 Abs. 2 Satz 1 BeschFG 1985 enthaltene Regelung unterstützt. Nach der genannten Bestimmung gelten im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Absatz 1 die abweichenden tariflichen Regelungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung der für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen ihnen vereinbart ist. Hieraus folgt, daß der Gesetzgeber von der Vorstellung ausgegangen sein muß, mit der vereinbarten Anwendung von abweichenden tariflichen Bestimmungen werde der Arbeitsvertrag inhaltlich gestaltet. Das ist aber nur denkbar, wenn die tarifliche Regelung Inhaltsnormen aufweist. Eine abweichende Regelung, die nur dahin geht, die Anwendung tariflicher Normen auszuschließen, kann weder eine Regelung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 noch nach § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 darstellen (anders Berger-Delhey, ZTR 1989, 299, 300 ff.).

4. An die Stelle der entfallenen Vergütungsregelung tritt die nach § 612 Abs. 2 BGB zu bestimmende übliche Vergütung (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1960 – 5 AZR 426/58 – AP Nr. 2 zu § 138 BGB, zu III 2 der Gründe). Es entspricht der Übung im öffentlichen Dienst, tarifvertragliche Regelungen ohne Rücksicht auf Verbandszugehörigkeit der Arbeitnehmer anzuwenden (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 146/82 – AP Nr. 2 zu § 21 MTL II, zu II eingangs der Gründe). Daher ist im öffentlichen Dienst als die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB die tarifliche Vergütung anzusehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1960 – 5 AZR 427/59 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche, zu 6 der Gründe, m.w.N.). Dabei darf nicht zwischen Vollzeitbeschäftigten und in geringerem Umfang beschäftigten Arbeitnehmern unterschieden werden. Dem Umstand, daß mit den letzteren üblicherweise erheblich niedrigere Vergütungen vereinbart werden, kann wegen des Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 keine Bedeutung zukommen.

Bei angestellten Lehrern bestimmt sich die übliche Vergütung aufgrund ministerieller Erlasse mittelbar nach der (unmittelbar nicht geltenden) Anlage 1 a zum BAT. Davon geht ersichtlich das beklagte Land aus, denn im Schreiben des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. Juli 1989 wird ausgehend von den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – und – 5 AZR 311/88 – darauf verwiesen, daß teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte, die nicht vom Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages erfaßt werden, zeitanteilig im Umfang ihrer Unterrichtsverpflichtung nach denselben Vergütungssätzen wie vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte zu bezahlen sind. Das gilt entsprechend für den Kläger.

III. Nach der Trennung des Rechtsstreits war durch Endurteil (§ 300 ZPO) zu entscheiden (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 145 Rz 19). Demgemäß hatte auch eine Kostenentscheidung gemäß § 92 ZPO zu ergehen und war weiter der Streitwert für den entschiedenen Teil neu festzusetzen (§ 61 Abs. 1 ArbGG).

 

Unterschriften

Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Liebsch, Werner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1015674

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