Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsübertragung. Urlaubsabgeltung
Orientierungssatz
Nach § 12 Abs 1 Nr 6 Halbsatz 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer und Auszubildende der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmen eV Essen/Hannover vom 28.09.1982 erlischt der Urlaubsanspruch mit Ablauf des 31. März des Folgejahres nicht, wenn er erfolglos geltend gemacht worden ist.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 28.08.1984; Aktenzeichen 11 Sa 57/84) |
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 24.11.1983; Aktenzeichen 2 Ca 837/83) |
Tatbestand
Die Klägerin ist seit 1. April 1978 bei der Beklagten als Putzhilfe beschäftigt. Die tägliche Arbeitszeit beträgt 6,5 Stunden, der Stundenlohn 10,55 DM brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der "Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer und Auszubildende der Mitglieder des Arbeitgeberverbands von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmen e.V. Essen/Hannover" vom 28. September 1982, gültig ab 1. Januar 1982, (MTV) Anwendung. Dieser bestimmt in § 12:
"I. Urlaubsvoraussetzungen
1. Der Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr
Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das
Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
.....
5. Krankheitstage während des Urlaubs werden
auf diesen nicht angerechnet, wenn durch
ärztliche Bescheinigung die Arbeitsunfähigkeit
unverzüglich nachgewiesen wird. Der
Arbeitnehmer hat sich jedoch nach Ablauf
des planmäßigen Urlaubs oder, falls die
Krankheit über das Urlaubsende fortdauert,
nach Beendigung der Krankheit zunächst dem
Arbeitgeber zur Arbeitsleistung zur Verfügung
zu stellen. Für die Neufestsetzung des
durch Krankheit ausgefallenen Urlaubs gilt
Ziffer 3 entsprechend.
6. Drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres
erlischt der Urlaubsanspruch, es sei denn,
daß er erfolglos geltend gemacht worden
ist.
.....
IV. Barabgeltung
Eine Abgeltung des tariflichen Urlaubsanspruchs
in Geld ist grundsätzlich unzulässig.
Sie darf nur erfolgen:
1. bei ordnungsmäßiger Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
sofern der Arbeitnehmer aus
betrieblichen Gründen, auch während der Kündigungsfrist,
von der Arbeit nicht freigestellt
werden konnte,
2. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen
Erreichens der Altersgrenze für die Gewährung
des Altersruhegeldes aus der gesetzlichen
Sozialversicherung, wenn aus betrieblichen
Gründen der Urlaub nicht mehr genommen
werden konnte,
3. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen
Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit
des Arbeitnehmers.
....."
Der Klägerin standen Anfang 1983 noch acht Tage Erholungsurlaub aus dem Jahr 1982 zu. Am 29. Januar 1983 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig. Am 31. Januar 1983 erteilte die Beklagte ihr antragsgemäß diesen Resturlaub für die Zeit vom 14. bis 23. März 1983. Da die Klägerin den Urlaub wegen der Erkrankung nicht antreten konnte, bat sie am 10. März 1983 die Beklagte, den Urlaub in das nächste Urlaubsjahr zu übertragen oder abzugelten. Die Beklagte lehnte dies ab. Nachdem die Klägerin ab 28. März 1983 wieder arbeitsfähig war, erteilte ihr die Beklagte in der Zeit vom 28. bis 31. März 1983 vier Tage Urlaub. Die von der Klägerin am 28. März 1983 wiederholte Bitte, die restlichen vier Urlaubstage in das nächste Urlaubsjahr zu übertragen, lehnte die Beklagte wiederum ab.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr im Kalenderjahr
1983 zusätzlich vier Urlaubstage
zu gewähren;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 274,30
DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht für das Jahr 1982 kein Urlaub mehr zu.
I. Den restlichen Urlaubsanspruch der Klägerin aus 1982 hat die Beklagte in der Zeit vom 28. bis 31. März 1983 in Höhe von vier Tagen erfüllt. In Höhe der weiteren vier Tage ist er mit Ablauf des 31. März 1983 erloschen. Dies folgt aus § 12 I Nr. 6 Halbsatz 1 MTV. Nach dieser Bestimmung erlischt nicht genommener Urlaub drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Urlaubsjahr ist nach § 12 I Nr. 1 Satz 2 MTV das Kalenderjahr. Das Erlöschen tritt somit am 31. März des auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres ein. Da die Klägerin die weiteren vier Tage bis zu diesem Zeitpunkt nicht genommen hatte, ist ihr Urlaubsanspruch insoweit erloschen.
II. Der Urlaub wurde auch nicht dadurch in das Urlaubsjahr 1983 übertragen, daß die Klägerin ihn vor dem 31. März 1983 geltend gemacht hatte.
Nach § 12 I Nr. 6 Halbsatz 2 MTV erlischt der Urlaubsanspruch mit Ablauf des 31. März des Folgejahres nicht, wenn er erfolglos geltend gemacht worden ist.
1. In dem Urlaubsverlangen der Klägerin vom 10. März 1983 lag keine wirksame Geltendmachung. In diesem Zeitpunkt war die Klägerin noch arbeitsunfähig erkrankt. Der Beklagten war es somit nicht möglich, den Urlaubsanspruch der Klägerin zu erfüllen. Dies schloß eine wirksame Geltendmachung des Urlaubsanspruchs durch die Klägerin aus (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 13. November 1986 - 8 AZR 212/84 -, zu I 2 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen und vom 15. Januar 1987 - 8 AZR 174/85 -, zu II 2 der Gründe, nicht veröffentlicht, im Anschluß an das Urteil des Sechsten Senats vom 7. November 1985 - 6 AZR 62/84 - AP Nr. 8 zu § 7 BUrlG Übertragung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
2. Am 28. März 1983, als die Klägerin letztmalig ihren Urlaub verlangte, war sie zwar wieder arbeitsfähig. Sie konnte jedoch mit dieser Erklärung den Urlaubsanspruch nur in Höhe der vier Tage geltend machen, den die Beklagte in der Zeit zwischen dem 28. und dem 31. März 1983 ihr gewährt hat. Hinsichtlich der weiteren vier Tage konnte die Erklärung den Verfall des Urlaubs nicht hindern, weil die Beklagte diesen vor Ablauf des 31. März 1983 nicht mehr erteilen konnte.
3. Unentschieden bleiben kann die Frage, ob der Urlaub bei wirksamer Geltendmachung in das Urlaubsjahr 1983 übertragen worden wäre oder ob es bei der in § 12 I Nr. 6 MTV geregelten Befristung geblieben wäre (vgl. dazu die zu § 12 MTV-Chemie und zu § 15 MTV-Papier ergangenen Urteile des Senats vom 31. Oktober 1986 - 8 AZR 244/84 - und vom 13. November 1986 - 8 AZR 212/84 -, beide zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).
III. Der Hilfsantrag der Klägerin, den das Berufungsgericht, nachdem es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hatte, nicht zu prüfen brauchte, ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Abgeltung der restlichen vier Urlaubstage nicht zu. Weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht bedarf es insoweit nicht.
Nach § 7 Abs. 4 BUrlG kann Urlaub nur dann abgegolten werden, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann. Zwar können die Tarifvertragsparteien auch für fortbestehende Arbeitsverhältnisse Urlaubsabgeltungsregelungen treffen, wenn der Urlaub wegen Krankheit des Arbeitnehmers nicht genommen werden konnte (vgl. BAG Urteil vom 26. Mai 1983 - 6 AZR 273/82 - AP Nr. 12 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Eine solche Bestimmung enthält der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendende Manteltarifvertrag jedoch nicht. § 12 IV MTV, der die "Barabgeltung" regelt, erklärt in Absatz 1 eine Abgeltung des tariflichen Urlaubsanspruchs in Geld grundsätzlich für unzulässig. Die in Absatz 2 im einzelnen geregelten Abgeltungstatbestände knüpfen ausnahmslos an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an und begründen somit zugunsten der Klägerin, deren Arbeitsverhältnis fortbesteht, keinen Anspruch auf Abgeltung des restlichen Urlaubs aus dem Jahr 1982.
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Dr. Gaber Terbrack
Fundstellen