Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamturlaubsanspruch für Beschäftigte eines Kreuzfahrtschiffes
Normenkette
BUrlG § 3; SeemG §§ 1, 140-141
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. Januar 1997 – 8 Sa 100/96 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Zwischen dem der Gewerkschaft ÖTV angehörenden Kläger und der Beklagten besteht ein Heuerverhältnis. Der am 11. Dezember 1984 auf dem Kreuzfahrtschiff „ms E.” angemusterte Kläger ist Besatzungsmitglied und wird dort seit Januar 1995 als Steward eingesetzt. Das Schiff führt die Bundesflagge. Reeder ist die Beklagte.
Für das Heuerverhältnis der Parteien gilt der für dieses Schiff zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr mit Wirkung zum 1. Januar 1995 abgeschlossene Rahmentarifvertrag (RTV 95). Die Tarifvertragsparteien haben darin u.a. die urlaubsrechtlichen Bestimmungen abgeändert, damit die „ms E. weiterhin unter deutscher Flagge und im 1. Schiffsregister betrieben wird”. Nach § 28 Abs. 2 RTV 91 war geregelt:
„§ 28 (2) Urlaubsanspruch
Urlaubsdauer bei Dienstzeit an Bord
Leistet das Besatzungsmitglied Dienst an Bord, befindet es sich auf der An- oder Abreise oder hält es sich auf Weisung des Reeders abrufbereit, so erwirbt es einen Gesamturlaubsanspruch.
Dieser setzt sich zusammen aus dem Jahresurlaub und dem Ausgleich für die Sonnabende, Sonn- und Feiertage während der Zeiten nach Satz 1.
Mit dem Gesamturlaubsanspruch sind alle Ansprüche auf Urlaub und für auf See verbrachte Sonnabende, Sonn- und Feiertage abgegolten.
Der Anspruch beträgt ab 1. Juli 1989 je Monat
im |
1.– |
2. Beschäftigungsjahr |
8,5 Tage |
im |
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3. Beschäftigungsjahr |
10,0 Tage |
im |
4.– |
5. Beschäftigungsjahr |
11,5 Tage |
im |
6.– |
10. Beschäftigungsjahr |
12,5 Tage |
ab |
|
11. Beschäftigungsjahr |
13,5 Tage |
Als Urlaubstage gelten alle Tage von Montag bis Freitag.”
In § 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 RTV 95 sind folgende Änderungen vorgenommen worden:
„Alle Kapitäne und Besatzungsmitglieder erwerben folgenden Anspruch:
im |
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1. Beschäftigungsjahr |
7,5 Kalendertage |
im |
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2. Beschäftigungsjahr |
8,5 Kalendertage |
im |
|
3. Beschäftigungsjahr |
10,0 Kalendertage |
im |
4.– |
5. Beschäftigungsjahr |
12,0 Kalendertage |
im |
6.– |
10. Beschäftigungsjahr |
13,0 Kalendertage |
ab |
|
11. Beschäftigungsjahr |
15,5 Kalendertage |
Als Urlaubstage gelten alle Tage von Montag bis Sonntag.
…
Anteiliger Urlaubsanspruch
Der Urlaubsanspruch wird je Kalendermonat erworben …”
Der Kläger hat die Beklagte am 20. Januar 1995 aufgefordert, erneut in Tarifverhandlungen einzutreten oder zu erklären, daß die Verschlechterungen nicht angewandt würden. Nachdem die Beklagte sich geweigert hat, hat er am 4. August 1995 Klage erhoben. Er hat zuletzt beantragt,
die Beklagte wird verpflichtet, auf vom Kläger seit dem 01.01.1995 erworbene Urlaubsansprüche nur Freizeitgewährung an den Tagen von Montag bis Freitag (soweit auf diese Tage kein Feiertag fällt) zu verrechnen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger weiterhin seinen zuletzt gestellten Sachantrag.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 RTV 95 unmittelbar und zwingend für die beiderseits nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebundenen Parteien des Heuerverhältnisses gilt. Der in § 3 Abs. 1 BurlG geregelte gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen werde offensichtlich nicht unterschritten, weil dem Kläger nach der tariflichen Staffelung mit vier Monaten Gesamturlaub in jedem Kalenderjahr eine ausreichende Freistellung gesichert sei.
2. Dem Landesarbeitsgericht ist zuzustimmen. Die Klage kann keinen Erfolg haben. Denn der Kläger hat kein Recht, von der Beklagten zu verlangen, die beanstandete „Verrechnung” zu unterlassen.
a) Ziel der Klage ist, daß die Beklagte verurteilt werden soll, Feiertage, Samstage oder Sonntage nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen. Zwar kennt das Urlaubsrecht in § 9 und § 10 Abs. 2 BurlG Vorschriften, nach denen der Arbeitgeber in bestimmten Fällen nicht berechtigt ist, Tage auf den Erholungsurlaub anzurechnen. Hier liegt aber weder ein Fall des § 9 noch des § 10 Abs. 2 BurlG vor.
b) Nach § 16 Abs. 1 Satz 5 RTV 95 bewirkt eine vom Arbeitgeber erklärte Freistellung des Klägers von der Arbeit auch an Feiertagen, Samstagen und Sonntagen das Erlöschen des geschuldeten tariflichen Gesamturlaubsanspruchs (§ 362 Abs. 1 BGB). Die von der Revision dagegen erhobenen Bedenken sind nicht gerechtfertigt. Die tarifliche Regelung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Für die Heuerverhältnisse der von der Beklagten auf der „ms E.” beschäftigten Besatzung finden nach § 1, § 141 SeemG die besonderen in § 140 Abs. 1 bis 3 geregelten Ausnahmevorschriften entsprechende Anwendung. Ob dazu gehört, daß auch von den Vorschriften über die Mindestdauer des Urlaubs (§ 53 Abs. 2 SeemG) zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. § 3 Abs. 1 BurlG, geändert durch Art. 2 des Arbeitszeitrechtsgesetzes vom 6. Juni 1994, garantiert einen Mindesturlaub von jährlich 24 Werktagen. Damit hat die Bundesrepublik Deutschland die erforderliche Maßnahme getroffen, um den vierwöchigen Mindestjahresurlaub nach Art. 7 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung umzusetzen. Die in § 3 Abs. 2 BurlG getroffene Definition der Werktage als Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, sichert diesen vierwöchigen Freistellungszeitraum.
Das verkennt der Kläger. Die Definition in § 3 Abs. 2 BUrlG steht nicht einer Urlaubsgewährung an Sonn- und Feiertagen entgegen. Sofern an diesen Tagen Arbeitspflicht besteht, sind diese Tage urlaubsrechtlich wie Werktage zu behandeln (Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, § 3 BUrlG Rz 27). Beträgt die Arbeitsverpflichtung in der Woche sieben Tage, so erhöht sich der Umfang der Arbeitsbefreiung. Dann ist freizustellen an:
(24x7/6) = 28 Kalendertagen.
Unstreitig ist der Kläger für vier Monate, somit an mehr als 28 Kalendertagen von der Arbeit freigestellt worden.
II. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell, Dr. Weiss, Benz
Fundstellen