Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezahlte Freistellung von Delegierten zur EURO-FIET
Leitsatz (redaktionell)
Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit haben nach der Protokollnotiz zu § 16 des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe nur Delegierte der vertragsschließenden Gewerkschaften, die als Beauftragte durch deren Satzung festgelegte Aufgaben wahrnehmen.
Orientierungssatz
Freistellung von Gewerkschaftsdelegierten des ABECOR- Ausschusses der EURO-FIET.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 616
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 17.11.1983; Aktenzeichen 7 Sa 170/83) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 20.05.1983; Aktenzeichen 1 Ca 8/82) |
Tatbestand
Der Kläger, der der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) als Mitglied angehört, steht seit 1963 als Angestellter in den Diensten der Beklagten. Er ist freigestellter Vorsitzender des Betriebsrats der Beklagten sowie Vorsitzender der Fachgruppe Banken beim Bundesvorstand der DAG. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes.
Am 7. Dezember 1981 nahm der Kläger als Vertreter der DAG an einer Sitzung des Fachgruppenausschusses Banken der EURO-FIET mit Beamten der Europäischen Kommission in Brüssel über Fragen der internationalen Technisierung im Bankbereich teil. EURO-FIET ist die Regionalorganisation für Europa des Internationalen Bundes der Privatangestellten (FIET). An der am 9. Dezember 1981 stattfindenden Tagung des ABECOR-Ausschusses der EURO-FIET nahm der Kläger ebenfalls als Vertreter der DAG teil. Bei der ABECOR handelt es sich um einen Zusammenschluß einzelner europäischer Banken, zu denen auch die Beklagte gehört. Für die Mitarbeiter dieser bei ABECOR zusammengeschlossenen Banken hat die EURO-FIET den sogenannten ABECOR-Ausschuß gebildet.
Den Antrag des Klägers, ihm für beide Veranstaltungen am 7. und 9. Dezember 1981 Arbeitsbefreiung gemäß § 16 Nr. 2 des Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe in der ab 1. März 1981 geltenden Fassung (MTV Banken) unter Fortzahlung des Gehalts zu gewähren, lehnte die Beklagte ab. Vielmehr gewährte sie ihm insoweit nur Arbeitsbefreiung unter Anrechnung auf den Erholungsurlaub.
Der Kläger meint, ihm stehe nach § 16 Nr. 2 MTV Banken für die Veranstaltungen am 7. und 9. Dezember 1981 ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit ohne Anrechnung auf den Erholungsurlaub zu, da er an diesen beiden Tagen als Vertreter einer der tarifschließenden Gewerkschaften an Sitzungen in Gewerkschaftsangelegenheiten teilgenommen habe. Sitzungen in Gewerkschaftsangelegenheiten seien nicht nur rein interne Zusammenkünfte von Gewerkschaften, sondern dazu zählten auch Besprechungen entsprechender Gremien mit Behördenvertretern, Parteivertretern und dergleichen. In der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken sei die FIET ausdrücklich als Beispiel für internationale gewerkschaftliche Veranstaltungen aufgeführt, zu denen Gewerkschaftsdelegierte unter Fortzahlung des Gehalts von der Arbeit freizustellen seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne aus der Protokollnotiz nicht herausgelesen werden, daß als internationale gewerkschaftliche Veranstaltungen nur solche anzusehen seien, die den in der Protokollnotiz ebenfalls erwähnten Kongressen auf Bundes- und Landesebene entsprächen. Denn gerade weil es im internationalen Bereich eine Vielzahl von Veranstaltungen mit verschiedenen Bezeichnungen gebe, sei eine entsprechende Formulierung ("internationale gewerkschaftliche Veranstaltungen") in die Protokollnotiz aufgenommen worden.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger
für die Teilnahme an der Sitzung der
EURO-FIET mit der Abteilung Banken der
Europäischen Kommission am 7. Dezember
1981 und an der FIET-ABECOR-Ausschuß-
sitzung am 9. Dezember 1981 Arbeitsbe-
freiung gemäß § 16 Nr. 2 der Tarifver-
träge des Bankgewerbes unter Fortzah-
lung des Gehalts zu gewähren und eine
Anrechnung auf den Jahreserholungsur-
laub zu unterlassen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die in der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken aufgeführten Gremien, für die bezahlte Freistellung von der Arbeit zu gewähren sei, seien vor Abschluß der Protokollnotiz von der DAG mit Schreiben vom 2. November 1978 benannt worden. Denn die Arbeitgeberseite habe Wert auf eine klare Abgrenzung gelegt und deshalb zuvor die Gewerkschaften aufgefordert, die für die Freistellung in Betracht kommenden Gremien genau zu bezeichnen. Bei der Vereinbarung der Protokollnotiz sei man sich einig gewesen, daß nur für die dort genannten Gremien bezahlte Freistellung von der Arbeit zu gewähren sei. In der Protokollnotiz werde die FIET erwähnt, deren oberstes Organ der Weltkongreß sei. Auf europäischer Ebene gebe es die EURO-FIET-Fachgruppenkonferenzen. Nur diese Veranstaltungen seien als internationale gewerkschaftliche Veranstaltungen im Sinne der Protokollnotiz anzusehen. Andere Veranstaltungen seien von seiten der Gewerkschaft trotz mehrfacher Anfragen nicht benannt worden. Dementsprechend könne die Teilnahme an Sitzungen des ABECOR-Ausschusses nicht als internationale gewerkschaftliche Veranstaltung im Sinne der Protokollnotiz anerkannt werden. Ebensowenig sei der Kontakt von FIET mit Repräsentanten der Europäischen Kommission eine gewerkschaftliche Veranstaltung im Sinne der Protokollnotiz. Insoweit müsse eine ausschließlich gewerkschaftliche Veranstaltung vorliegen, sei es als Organ oder Kongreß.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Klägers erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Der Senat ist nach Maßgabe des Gesetzes besetzt. In der Sozialgerichtsbarkeit sind Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Besetzung der Gerichte mit Rücksicht auf die Berufung der ehrenamtlichen Richter erhoben worden (vgl. Presseinformation des BSG Nr. 59/85 vom 20. August 1985). Da § 43 Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit § 45 Abs. 2 SGG hinsichtlich der Berufung der ehrenamtlichen Richter am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht übereinstimmt, bestand für den Senat Veranlassung, seine ordnungsgemäße Besetzung von Amts wegen zu prüfen (BVerfGE 40, 356, 357, 360).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 43 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sind nicht begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 18, 241, 254; 26, 186, 196; 27, 312, 320; 48, 300, 315; 54, 159) fordert Art. 92 GG, daß die rechtsprechende Gewalt durch staatliche Gerichte ausgeübt wird. Dazu gehört, daß die Bindung des Gerichts an den Staat auch in personeller Hinsicht hinreichend gewährleistet ist. Staatliche Gerichtsbarkeit muß nicht nur auf staatlichem Gesetz beruhen und der Erfüllung staatlicher Aufgaben dienen; das Organ, das sie ausübt, muß auch personell vom Staat entscheidend bestimmt sein.
Diesem Erfordernis genügt § 43 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Dort ist vorgeschrieben, daß die ehrenamtlichen Richter vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung berufen werden und "im angemessenen Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten aus den Vorschlagslisten zu entnehmen" sind, die von den dafür vorgesehenen Verbänden eingereicht werden. Die Zusammensetzung des Gerichts wird danach vom zuständigen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung entscheidend dadurch bestimmt, daß dieser die ehrenamtlichen Richter aufgrund eigener Entscheidung den Vorschlägen der Verbände entnimmt, diese aber nicht übernehmen muß. Wenn er bei der gebotenen umfassenden Überprüfung dazu gelangt, einzelne oder mehrere vorgeschlagene ehrenamtliche Richter nicht zu ernennen, ist es ihm unbenommen, gegebenenfalls weitere Vorschläge anzufordern (BVerfGE 26, 186, 197; 27, 312, 321).
Inwieweit der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung tatsächlich eine Auswahl aus den Listen vornimmt oder sich an die Vorschläge der Verbände hält, ist vom Senat nicht zu prüfen. Die Berufung zum ehrenamtlichen Richter ist nicht schon deshalb nichtig, weil Mängel in dem Verfahren der Berufung bestehen. Selbst wenn ehrenamtliche Richter nur aufgrund von Einzelvorschlägen oder von Listen berufen werden, die nicht mehr Namen enthalten als ehrenamtliche Richter zu berufen sind, kann daraus nicht geschlossen werden, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung sich an den Vorschlag für gebunden hielt und sich - gesetzwidrig - seiner Befugnis begeben hätte, die Zusammensetzung des Bundesarbeitsgerichts entscheidend zu bestimmen. Damit folgt der Senat der Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 28. August 1985 - 5 AZR 616/84 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur teilweisen Klageabweisung, im übrigen zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Soweit der Kläger Arbeitsbefreiung wegen der Teilnahme an der Sitzung des Fachgruppenausschusses Banken der EURO-FIET mit der Abteilung Banken der Europäischen Kommission am 7. Dezember 1981 begehrt, ist die Klage unbegründet, weil er an dieser Sitzung nicht als Delegierter im tariflichen Sinne teilgenommen hat. Hinsichtlich seines Anspruchs auf Arbeitsbefreiung wegen der Teilnahme an der FIET-ABECOR-Ausschußsitzung am 9. Dezember 1981 kann der Klage mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden.
Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist zwar unklar, weil er nach seinem Wortlaut auf eine unmögliche Leistung (Freistellung für den 7. und 9. Dezember 1981) gerichtet ist. Nach dem gesamten Klagevorbringen ist aber davon auszugehen, daß der Kläger von der Beklagten wegen seiner Teilnahme an den Veranstaltungen am 7. und 9. Dezember 1981 zwei bezahlte freie Tage begehrt, weil die Beklagte diese beiden Tage auf seinen Urlaubsanspruch angerechnet und demgemäß den Urlaubsanspruch des Klägers für 1981 um zwei Tage gekürzt hat. Danach kann der Klageantrag dahin ausgelegt werden festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen seiner Teilnahme an internationalen Veranstaltungen am 7. und 9. Dezember 1981 zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. In diesem Sinne will der Kläger nach seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch den Klageantrag verstanden wissen. Damit ist die Klage unbedenklich zulässig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe in der ab 1. März 1981 geltenden Fassung (MTV Banken) kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Für die Klageforderung sind § 16 MTV Banken und die hierzu vereinbarte Protokollnotiz heranzuziehen. Dort heißt es:
§ 16
Arbeitsbefreiung
----------------
1. ...
2. Den in verantwortlicher leitender Stellung
bei den vertragsschließenden Angestellten-
organisationen tätigen Arbeitnehmern ist
zur Teilnahme an den Sitzungen in Gewerk-
schaftsangelegenheiten Arbeitsbefreiung zu
gewähren. Die Gesamtbeanspruchung darf
nicht mehr als 4, für Bundeskongresse und
Gewerkschaftstage sowie gewerkschaftliche
Delegationen auf internationaler Ebene 5
aufeinanderfolgende Tage, im ganzen Jahr
nicht mehr als 12 Tage umfassen. Eine An-
rechnung auf den Erholungsurlaub ist nicht
zulässig.
3. ...
Protokollnotiz
--------------
Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Ei-
nigkeit, daß
1. in verantwortlicher leitender Stellung im
Sinne von § 16 Ziff. 2 MTV tätig sind
a) die gewählten Mitglieder der gewerk-
schaftlichen Gremien auf Bundes- und
Landesebene,
b) die Delegierten zu den auf Bundes-
und Landesebene stattfindenden Ge-
werkschaftstagen, gewerkschaftli-
chen Kongressen und Delegiertenkon-
ferenzen sowie zu internationalen
gewerkschaftlichen Veranstaltungen
(z. B. FIET),
2. Arbeitsbefreiungen gemäß § 16 Ziff. 2 MTV
für die unter 1. aufgeführten Arbeitnehmer
unter Fortzahlung des Gehalts erfolgen.
Der Kläger war bei seiner Teilnahme an der Sitzung des Fachgruppenausschusses Banken der EURO-FIET mit der Abteilung Banken der Europäischen Kommission am 7. Dezember 1981 kein in verantwortlicher leitender Stellung bei einer vertragsschließenden Angestelltenorganisation tätiger Arbeitnehmer im tariflichen Sinne. Hierbei kann offenbleiben, ob er am 7. Dezember 1981 das Merkmal der verantwortlich leitenden Stellung nach der Vorschrift des § 16 Nr. 2 MTV Banken erfüllte, da nach der Senatsrechtsprechung zu dieser Vorschrift in den Fällen des § 16 Nr. 2 MTV Banken nur ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit besteht (vgl. BAG Urteil vom 5. April 1978 - 4 AZR 640/76 -, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken). In der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken haben die Tarifvertragsparteien jedoch festgelegt, unter welchen Voraussetzungen sie eine verantwortliche leitende Stellung im Sinne von § 16 Nr. 2 MTV annehmen, die dann unter den weiteren Voraussetzungen des § 16 Nr. 2 MTV zu einer bezahlten Freistellung von der Arbeit führt. Eine verantwortliche leitende Stellung im Sinne der Protokollnotiz ist für den Kläger jedoch bei seiner Teilnahme an der Sitzung des Fachgruppenausschusses Banken der EURO-FIET mit der Abteilung Banken der Europäischen Kommission am 7. Dezember 1981 zu verneinen.
Der Kläger ist zwar als Vorsitzender der Fachgruppe Banken beim Bundesvorstand der DAG als gewähltes Mitglied eines gewerkschaftlichen Gremiums auf Bundesebene im Sinne von Nr. 1 Buchst. a) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken anzusehen, wobei sich die satzungsgemäße Grundlage seiner Tätigkeit aus § 62 Abs. 1 der im Klagezeitraum geltenden Satzung der DAG aus dem Jahre 1979 ergibt, in dem es heißt:
"Für Mitglieder der DAG in bestimmten Berei-
chen oder mit vergleichbaren Funktionen kön-
nen vom Bundesvorstand Fachgruppen bzw.
Fachausschüsse gebildet werden."
Arbeitsbefreiung in dieser Eigenschaft kann er aber nach § 16 MTV Banken nur dann verlangen, wenn er an einer satzungsgemäßen Sitzung der Fachgruppe Banken teilnimmt, was für die Veranstaltung am 7. Dezember 1981 nicht zutrifft.
Die Beschränkung des Freistellungsanspruchs auf satzungsgemäße Sitzungen des in der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken aufgeführten Personenkreises folgt aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung und damit dem Sinn und Zweck der Tarifnorm. Wenn in der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit auf einen bestimmten Personenkreis in bestimmten gewerkschaftlichen Gremien beschränkt wird, ergibt dies nur dann einen Sinn, wenn man davon ausgeht, daß die Tarifvertragsparteien wegen der dem aufgeführten Personenkreis obliegenden Aufgaben eine bezahlte Freistellung von der Arbeit gewähren wollten. Die Aufgaben der in gewerkschaftliche Gremien gewählten Personen und der Delegierten werden durch die jeweilige Satzung der Gewerkschaft festgelegt. Demgemäß ist der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit im Sinne der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken auf satzungsgemäße Sitzungen des in der Protokollnotiz aufgeführten Personenkreises beschränkt. Dies folgt auch aus den in § 16 Nr. 2 MTV Banken verwendeten Worten "zur Teilnahme an den Sitzungen in Gewerkschaftsangelegenheiten". Der bestimmte Artikel "den" läßt hier erkennen, daß damit der Anspruch auf Arbeitsbefreiung auf fest umgrenzte, im voraus bestimmte Sitzungen beschränkt sein soll. Solche im voraus bestimmte Sitzungen sind die Sitzungen, die durch die Satzungen der vertragsschließenden Gewerkschaften vorgesehen oder vorgegeben sind. Da es sich bei der Veranstaltung am 7. Dezember 1981 mit der Abteilung Banken der Europäischen Kommission in Brüssel nicht um eine satzungsgemäße Sitzung der Fachgruppe Banken beim Bundesvorstand der DAG handelte, kommt ein Anspruch des Klägers auf bezahlte Freistellung von der Arbeit nach Nr. 1 Buchst. a) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken nicht in Betracht.
Auch die Voraussetzungen von Nr. 1 Buchst. b) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken hat der Kläger bei der Teilnahme an der Veranstaltung am 7. Dezember 1981 nicht erfüllt. Der Kläger ist insoweit nicht als Delegierter zu einer internationalen gewerkschaftlichen Veranstaltung tätig geworden. Unter einem Delegierten im Sinne der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken ist ein nach der Satzung einer vertragsschließenden Gewerkschaft bestimmter Beauftragter zur Wahrnehmung einer durch die Satzung festgelegten Aufgabe zu verstehen. In diesem Sinne wird in gewerkschaftlichen Satzungen der Begriff des Delegierten verstanden. Daher ist davon auszugehen, daß auch die Tarifvertragsparteien den Begriff der Delegierten so verstanden wissen wollen, wie er üblicherweise bei den Gewerkschaften verwendet wird. Durch die Bezugnahme auf die Organisation der FIET in der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken sind unter dem Begriff des Delegierten auch die Personen einzubeziehen, die nach den Satzungen einer internationalen Gewerkschaftsorganisation (hier: FIET) von einer vertragsschließenden Gewerkschaft zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben entsandt werden.
Nach den hier in Betracht kommenden Satzungen der FIET und der EURO-FIET sind Delegierte vorgesehen für den Weltkongreß der FIET (Art. 8 der Satzung der FIET), für die Regionalkonferenz der EURO-FIET (Art. 6 der Satzung der EURO-FIET) und für regionale Fachgruppen, im vorliegenden Fall die "Fachgruppe Banken der EURO-FIET" (Art. 15 der Satzung der FIET und Art. 11 der Satzung der EURO-FIET). Um eine solche satzungsgemäße Sitzung handelte es sich aber nicht bei der Zusammenkunft von Mitgliedern der Fachgruppe Banken der EURO-FIET mit Beamten der Europäischen Kommission am 7. Dezember 1981. Denn die Satzungen der FIET und EURO-FIET sehen weder Zusammenkünfte der Fachgruppe Banken der EURO-FIET mit anderen Organisationen oder Personen vor noch sind solche Zusammenkünfte nach der Satzung vorgegeben, d. h. zwingend mit der Tätigkeit der Fachgruppe Banken verbunden. Damit hatte der Kläger auch nicht nach Nr. 1 Buchst. b) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit für den 7. Dezember 1981.
Ob der Kläger bei der Teilnahme an der Sitzung des ABECOR- Ausschusses am 9. Dezember 1981 als Delegierter der DAG im Sinne von Nr. 1 Buchst. b) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken tätig wurde, kann der Senat nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen. Der ABECOR-Ausschuß ist ersichtlich eine Untergruppe der Fachgruppe Banken der EURO-FIET, der gemäß Art. 11 der Satzung der EURO-FIET gebildet werden kann. Damit sind auch Sitzungen dieses Ausschusses durch die Satzung vorgegeben, weil Ausschüsse jeder Art ihnen obliegende Aufgaben regelmäßig nur durch die Durchführung gemeinsamer Sitzungen wahrnehmen können. Der Kläger ist in der Sitzung des ABE- COR-Ausschusses am 9. Dezember 1981 dann als Delegierter im Sinne von Nr. 1 Buchst. b) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken tätig geworden, wenn er von der DAG seinerzeit in diesen Ausschuß delegiert worden ist. Hierzu fehlen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine entsprechende Behauptung aufgestellt. Als Revisionsbeklagter konnte er noch in der mündlichen Verhandlung eine entsprechende fehlende Sachverhaltsaufklärung durch das Landesarbeitsgericht rügen (vgl. BAG Urteil vom 14. Juli 1965 - 1 AZR 343/64 -, AP Nr. 2 zu § 276 BGB Vertragsbruch).
Sollte nach den von dem Landesarbeitsgericht noch zu treffenden Feststellungen der Kläger von der DAG als Delegierter in den ABECOR-Ausschuß der EURO-FIET entsandt worden sein, ist der Klage für den 9. Dezember 1981 stattzugeben. Bei der Sitzung des ABECOR-Ausschusses handelt es sich nämlich um eine internationale gewerkschaftliche Veranstaltung, da an der Sitzung gewerkschaftliche Vertreter mehrerer Länder teilnahmen und sich der Ausschuß mit Fragen der ABECOR befaßte, in der mehrere europäische Banken aus verschiedenen Ländern zusammengeschlossen sind.
Sollte der Kläger hingegen in den ABECOR-Ausschuß nicht von der DAG, sondern von der EURO-FIET oder der Fachgruppe Banken der EURO-FIET entsandt worden sein, ist er in dem Ausschuß nicht als Delegierter der DAG tätig geworden, so daß die Klage abgewiesen werden müßte. Insoweit kommt auch kein Freistellungsanspruch nach Nr. 1 Buchst. a) der Protokollnotiz zu § 16 MTV Banken in Betracht, da es sich bei der Sitzung des ABECOR-Ausschusses nicht um eine Sitzung der Fachgruppe Banken beim Bundesvorstand der DAG handelte.
Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten zu entscheiden haben.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Jansen Dr. Apfel
Fundstellen
RdA 1986, 66 |
AP § 1 TVG Tarifverträge - Banken (LT1), Nr 7 |