Entscheidungsstichwort (Thema)
Höherstufung von Flugingenieur während Umschulung
Leitsatz (redaktionell)
Herausfallen eines Flugingenieurs aus dem Anwendungsbereich der Lufhansa-Tarifverträge während seiner Umschulung zum I. Offizier; Entgeltsicherung bei Einsatz als I. Offizier.
Normenkette
Manteltarifvertrag Bordpersonal (Lufthansa) § 1, Anlage I; Vergütungstarifvertrag für das Bordpersonal (Lufthansa) §§ 1, 3; Tarifvertrag Schutzabkommen Bordpersonal (Lufthansa) vom 29. Oktober 1980 §§ 3, 4, 10 und 11
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 1991 – 2 Sa 490/91 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als Flugingenieur entsprechend den von ihm zurückgelegten Beschäftigungszeiten rechtzeitig höhergestuft worden ist und ob er aufgrund seiner Beschäftigung als Erster Offizier für eine Übergangszeit noch Anspruch auf eine nach der Tabelle der Senior-Flugingenieure berechnete Vergütung hat.
Der Kläger ist seit dem 17. November 1973 bei der Beklagten als Mitglied des Bordpersonals beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die für die Beschäftigten der Beklagten geschlossenen Tarifverträge Anwendung.
Der Kläger war als I. Flugingenieur tätig und erhielt seit dem 1. Juni 1983 eine Grundvergütung nach Stufe 6 seiner Beschäftigungsgruppe. Er war auf dem Flugzeugmuster B 707 eingesetzt. Aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Umschulungsvertrages wurde der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vom 13. Februar 1984 bis zum 16. August 1985 zum Flugzeugführer umgeschult; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht behauptet, die Umschulung habe bis zum 22. August 1985 gedauert. Danach wurde der Kläger, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat und was zwischen den Parteien unstreitig ist, zunächst wieder als I. Flugingenieur, nunmehr auf den Flugzeugmustern DC 8 bzw. DC 10, verwendet. In Widerspruch hierzu enthält das Berufungsurteil auch die Feststellung, der Kläger sei bis zum 12. Dezember 1984 als Flugingenieur tätig gewesen. Seit dem 6. Mai 1988 ist er I. Offizier (Verkehrsflugzeugführer).
In dem zwischen den Parteien geschlossenen Umschulungsvertrag ist u.a. vereinbart:
§ 1
Das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Mitarbeiter und DLH, gemäß Arbeitsvertrag vom 7.11.1973, bleibt unter Berücksichtigung folgender Änderungen bestehen.
§ 2
(1) Der Mitarbeiter wird nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung über die Zukunftssicherung der Flugingenieure bei DLH und CFG vom 29.04.1983 von der DLH zum Flugzeugführer umgeschult.
…
§ 4
(1) Während der Dauer der Umschulung – längstens jedoch für 24 Monate – erhält der Mitarbeiter die zuletzt gewährten monatlichen Bruttobezüge.
…
§ 8
Es besteht Einvernehmen, daß für die Dauer der Umschulung die Bestimmungen der §§ 4, 5, 6, 7, 9, 10, 12. 15 a, 19 und Anlage II; Protokollnotiz I, 1–8. 10–19 und Protokollnotiz II des MTV Bord Nr. 3 nicht anwendbar sind. § 21 Abs. 2 MTV Bord Nr. 3 findet Anwendung mit der Maßgabe, daß die für den Entzug der Lizenz aufgeführten Folgen nur dann eintreten können, wenn der Mitarbeiter ihn zu vertreten hat.
§ 9
(1) Nach erfolgreicher Beendigung der Umschulung wird der Mitarbeiter grundsätzlich wieder als Flugingenieur (CM 3) eingesetzt.
…
(3)
… Bei erneutem Einsatz des Mitarbeiters in der Funktion des Flugingenieurs nach Abs. 1 wird er innerhalb der Tabelle für Flugingenieure in die Stufe eingruppiert, die er innehatte, bevor er seine Umschulung begann. Im Falle seines Einsatzes als Flugzeugführer gem. Abs. 2 richtet sich seine Eingruppierung nach § 11 Abs. 6 e des Tarifvertrages Schutzabkommen Bord vom 29.10.1980. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des vorgenannten Tarifvertrages ist zu berücksichtigen.
(4) Bei der Übernahme des umgeschulten Flugingenieurs in die Senioritätsliste für Flugzeugführer werden seine Dienstzeiten als Flugingenieur gem. § 9 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung Zukunftssicherung zu 50 % auf die Seniorität als Flugzeugführer angerechnet.
Während der Umschulung zahlte die Beklagte die in § 4 des Vertrages vorgesehene Vergütung unter Berücksichtigung der in dieser Zeit vorgenommenen tariflichen Gehaltserhöhungen. Eine Höherstufung des Klägers nach Stufe 7 erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum 1. April 1986 und sodann in Jahresabständen nach. Stufen 8 und 9. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht haben die Parteien allerdings übereinstimmend vorgetragen, der Kläger sei zum 1. Januar 1986 in die Stufe 7 aufgerückt. Seit dem 1. Mai 1988 wird er nach den für I. Offiziere maßgeblichen Tarifbestimmungen vergütet.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er hätte bereits seit dem 1. Juni 1984 Vergütung nach Stufe 7, seit dem 1. Juni 1985 nach Stufe 8, seit dem 1. Juni 1986 nach Stufe 9 und seit dem 1. Juni 1987 bis zum 30. April 1988 nach Stufe 10 erhalten müssen. Dies ergebe sich aus dem Vergütungs-Tarifvertrag, der jeweils nach Ablauf eines Beschäftigungsjahres eine Höherstufung vorschreibe. Hierbei seien auch Zeiten der Umschulung zu berücksichtigen. Soweit sich aus dem Umschulungsvertrag etwas anderes ergebe, sei dieser als eine zuungunsten des Arbeitnehmers vom Tarifvertrag abweichende Vereinbarung unwirksam.
Der Kläger meint auch. daß er aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen über die Entgeltsicherung bei einem Wechsel der Tätigkeit auf der Grundlage der als Flugingenieur erreichten Gehaltsstufe Anspruch auf Entgeltausgleich in seiner neuen, niedriger vergüteten Tätigkeit als I. Offizier habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1987 bis 31. Januar 1990 12.139,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 15. Juli 1988 an (Mitteldatum) sowie weitere 1.978,75 DM netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 15. Juli 1988 zu zahlen.
- festzustellen, daß die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 1990 an verpflichtet ist, den Kläger während des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses der Parteien dem Betrag nach in Höhe der 11. Stufe der Tabelle der Seniorflugingenieure nach den jeweils gültigen Vergütungstarifverträgen zu bezahlen, bis die Sollbezüge des Klägers als erster Offizier dem Betrag nach die Höhe der 11. Stufe für Seniorflugingenieure erreicht haben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Meinung vertreten, nach dem Umschulungsvertrag sei der Kläger nicht zu einem früheren Zeitpunkt als dem 1. April 1986 nach Stufe 7 höherzustufen gewesen. Dem stünden die Bestimmungen des Vergütungs-Tarifvertrags schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger während der Umschulung nicht von diesem Tarifvertrag erfaßt worden sei. Außerdem seien Zeiten der Umschulung keine Beschäftigungsjahre im Sinne des Vergütungs-Tarifvertrages. Zur Höhe der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche hat sich die Beklagte nicht geäußert.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung. Der Kläger war nämlich nicht, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat, zum 1. April 1986, sondern bereits zum 1. Dezember 1985 höher zu stufen. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die das Revisionsgericht binden (§ 561 ZPO), kann noch nicht abschließend beurteilt werden, in welcher Höhe der mit dem Leistungsantrag des Klägers verfolgte Zahlungsanspruch besteht, und ob sein Feststellungsantrag begründet ist.
I. Der Zahlungsantrag des Klägers ist teilweise begründet. Zur abschließenden Entscheidung über diesen Antrag bedarf es aber noch weiterer Feststellungen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finden kraft beiderseitiger Tarifbindung der jeweils gültige Manteltarifvertrag Bordpersonal (MTV) und der jeweils gültige Vergütungs-Tarifvertrag für das Bordpersonal (VTV) Anwendung. Für die Entscheidung des Falles kommt es auf folgende Bestimmungen des MTV an, die in der ab 1. Januar 1984 gültigen Fassung des MTV Nr. 3 und in dem ab 1. Januar 1987 gültigen MTV Nr. 3 a gleichlautend sind:
§ 1
(1) Dieser Manteltarifvertrag gilt für die in Anlage 1 aufgeführten Angehörigen des Bordpersonals der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (im folgenden DLH genannt) und der Condor Flugdienst GmbH (im folgenden CFG genannt).
(2) Der Tarifvertrag gilt nicht für Personen, die sich in der Grundausbildung für einen der unter Abs. 1 genannten Berufe befinden.
§ 3
(3) Bei Umschulung von einem der in § 1 Abs. 1 genannten Berufe wird die Vergütung (§ 5 Abs. 1 a), b), c), d) und f)) weitergezahlt, sofern die Umschulung auf Anordnung der DLH/CFG erfolgt. Dies gilt nicht bei
Umschulung auf Antrag des Angehörigen des Bordpersonals; jedoch ist vor Beginn der Grundausbildung ein schriftlicher Vertrag zu schließen.
Anlage I
Tätigkeitsmerkmale des Bordpersonals
…
2. Flugingenieure
I. Flugingenieure
Flugingenieure, die die Erlaubnis als Flugingenieur sowie die erforderliche Musterberechtigung besitzen und bei DLH/CFG verantwortlich als Flugingenieure eingesetzt sind.
Senior-Flugingenieure
Flugingenieure, die auf den Flugzeugmustern A 300, B 707, DC 8, DC 10, B 747 eingesetzt sind.
I. Flugingenieure, die auf dem Flugzeugmuster B 727 eingesetzt sind, werden zu Senior-Flugingenieuren, wenn sie das 11. Dienstjahr als I. Flugingenieur vollendet haben.
…
Weiter sind folgende Bestimmungen des VTV heranzuziehen, die in den VTV Nr. 21 (gültig ab 1. Februar 1984), Nr. 22 (gültig ab 1. April 1986), Nr. 23 (gültig ab 1. April 1987), Nr. 24 (gültig ab 1. April 1988) und Nr. 25 (gültig ab 1. April 1990) gleich lauten:
§ 1
Geltungsbereich
Dieser Vergütungstarifvertrag regelt die Höhe des Arbeitseinkommens für die im jeweils gültigen Manteltarifvertrag für das Bordpersonal aufgeführten Angehörigen des Bordpersonals der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (im folgenden DLH genannt) und der Condor Flugdienst GmbH (im folgenden CFG genannt)
§ 3
Grundvergütung, Typenzulage, Purserzulage, Schichtzulage
…
(2) Die Grundvergütung steigt mit der Vollendung jeden Beschäftigungsjahres um eine Stufe auf die nächsthöhere Stufe bis zum Betrag der letzten Stufe der jeweiligen Beschäftigungsgruppe, höchstens jedoch bis zur Stufe 11.
…
(3) Erfüllen Angehörige des Bordpersonals die Voraussetzungen für Umgruppierung, Jahressteigerung oder Gewährung von Zulagen zwischen dem 1. und dem 15. eines Monats, erhalten sie die neue Vergütung rückwirkend ab dem 1. dieses Monats; sind die Voraussetzungen nach dem 15. eines Monats erfüllt, erhalten sie die neue Vergütung ab dem 1. des nachfolgenden Monats. Bei Fortfall der Voraussetzungen ist sinngemäß zu verfahren.
Schließlich sind folgende Bestimmungen des Tarifvertrags Schutzabkommen Bordpersonal vom 29. Oktober 1980 (TV-Schutz) zu berücksichtigen, die für den Fall von Betriebsänderungen folgendes vorsehen:
II. Abschnitt: Schutzauslösende betriebliche Veränderungen
§ 3
Betriebliche Veränderungen für erhebliche Teile der Belegschaft
Als Maßnahme im Sinne dieses Tarifvertrages gelten Betriebsänderungen gemäß § 94 Tarifvertrag Personal Vertretung, die wesentliche Nachteile für das Cockpitpersonal oder erhebliche Teile davon bzw. für das Kabinenpersonal oder erhebliche Teile davon zur Folge haben können.
§ 4
Betriebliche Veränderungen für nicht erhebliche Teile der Belegschaft
Als Maßnahme im Sinne dieses Tarifvertrages gelten darüber hinaus Änderungen entsprechend § 94 Tarifvertrag Personalvertretung, die nur deshalb keine Betriebsänderungen gemäß § 94 Tarifvertrag Personalvertretung sind, weil sie entweder nicht grundlegend sind oder wesentliche Nachteile nur für nicht erhebliche Teile des in § 3 bezeichneten Personals – also auch für einzelne Mitarbeiter – haben können.
…
§ 10
Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses im übrigen
(1) Bewirkt eine Maßnahme gemäß § 3 den Verlust des derzeitigen Arbeitsplatzes und ist eine Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses nach Maßgabe der §§ 6 ff. nicht möglich, ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber gleichwohl nicht zulässig, wenn eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern (DLH/CFG/LSG) – vorzugsweise im fliegerischen Beschäftigungsverhältnis – möglich ist und der Mitarbeiter dazu sein Einverständnis erklärt hat. insbesondere
a) wenn eine Weiterbeschäftigung in einer anderen Tätigkeit im fliegerischen Beschäftigungsverhältnis nach zumutbarer Umschulung möglich ist und der Mitarbeiter sein Einverständnis erklärt hat.
…
§ 11
Beschränkung der Einkommensminderung
(1) Wird ein Mitarbeiter gemäß § 7 Abs. 2 oder gemäß § 10 Abs. 1 oder 2 im fliegerischen Beschäftigungsverhältnis weiterbeschäftigt, wird seine bisherige Gesamtvergütung (Grundgehalt, Flugzulage I und Flugzulage II) für jedes volle Jahr im fliegerischen Beschäftigungsverhältnis ein und einen halben Monat lang weitergezahlt (halber Monat = 15 Kalendertage). Danach wird die für die neue Tätigkeit/Funktion tarifvertraglich vorgesehene Gesamtvergütung gezahlt.
…
(6) Mitarbeiter, deren Vergütung nach Abs. (1) festzusetzen und weiterzugewähren ist, dürfen nach Ablauf der dort vorgesehenen Vergütungsgarantiezeit aus Anlaß der Aufnahme einer neuen, geringer bewerteten Tätigkeit unbeschadet der Eingruppierungsvorgaben des jeweils geltenden Vergütungstarifvertrages Bordpersonal um höchstens folgende Vergütungsbandbreiten herabgruppiert werden:
bei weniger als 10 Beschäftigungsjahren um maximal 2 Vergütungsbandbreite |
bei 10 und mehr Beschäftigungsjahren um maximal 1 Vergütungsbandbreite |
(im Regelfall 6 Stufen) |
(im Regelfall 3 Stufen) |
…
e) Im Falle der Umschulung eines Flugingenieurs zum Co-Piloten (§ 10 (1)) wird die Stufenzahl. die der Mitarbeiter in der Tabelle für I. Flugingenieure erreicht hatte, bei der Einstufung in die Vergütungstabellen für Co-Piloten angerechnet, wobei die Tabellen für II. Offiziere und für I. Offiziere als einheitliche fortlaufende Tabelle behandelt werden. Die für Co-Piloten vorgesehene höchste Vergütung darf dabei nicht überschritten werden.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche verneint und sich dabei zunächst die Begründung des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht, wonach der Kläger während der Dauer seiner Umschulung dem VTV nicht unterlegen habe, weil er die im VTV vorausgesetzte Tätigkeit nicht ausgeführt habe. Außerdem sei auch nach § 3 Abs. 3 Satz 1 MTV für Zeiten der Umschulung eine Höherstufung ausgeschlossen. Auf jeden Fall seien diese Zeiten aber für eine Höherstufung deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie keine Beschäftigungszeiten i. S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 VTV darstellten.
3. Dem Landesarbeitsgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß Zeiten der Umschulung des Klägers für eine Höherstufung nicht zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt hieraus aber nicht, daß der Kläger erst zum 1. April 1986 nach Stufe 7 höherzustufen und daher die Klage in vollem Umfang abzuweisen war.
a)aa) Wie der Senat in seinem Urteil vom 1. Juni 1988 (4 AZR 30/88 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Seniorität) näher ausgeführt hat, sind unter „Beschäftigungsjahren” i.S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 VTV nur Zeiten einer Beschäftigung in der jeweiligen Gehaltsgruppe zu verstehen. Zeiten sonstiger Betriebszugehörigkeit bleiben dagegen insoweit außer Betracht. Der Kläger wurde vom 13. Februar 1984 bis zum 16. oder 22. August 1985 nicht mit einer in die Gehaltsgruppe eines I. Flugingenieurs (§ 3 Abs. 5 Buchstabe a VTV) fallenden Tätigkeit beschäftigt, sondern zum I. Offizier (Flugzeugführer) umgeschult.
Hinzu kommt, daß der Kläger während seiner Umschulung nicht nur nicht als I. Flugingenieur beschäftigt worden ist. Er hat während dieser Zeit darüber hinaus, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, keine in den Anwendungsbereich des VTV fallende Tätigkeit ausgeübt. Der Geltungsbereich des VTV wird in dessen § 1 insoweit durch eine Verweisung auf die im MTV enthaltene Aufzählung definiert. Der Kläger erfüllte aber für keine der in der Anlage I zum MTV enthaltenen Beschäftigtengruppen die dort aufgeführten Tätigkeitsmerkmale. Es fehlte nämlich sowohl für die Eingruppierung als I. Flugingenieur als auch für die Eingruppierung als I. Offizier die dort genannte Voraussetzung, daß die Betroffenen als solche „eingesetzt sind”.
bb) Dieser sich aus dem klaren Wortlaut der Tarifvorschrift ergebenden Auslegung kann nicht entgegengehalten werden, daß der Kläger während seiner Umschulung nach § 4 Abs. 1 des Umschulungsvertrages Anspruch auf Weiterzahlung des zuletzt bezogenen Gehalts als I. Flugingenieur hatte, wobei aber nach § 9 Abs. 3 Satz 2 des Umschulungsvertrages eine Höherstufung während der Umschulung ausgeschlossen war. Eine derartige Vergütungsvereinbarung schafft zwar einen vertraglichen Entgeltanspruch, ist aber nicht geeignet, die fehlenden tatsächlichen Voraussetzungen für einen tarifvertraglichen Anspruch auf Höherstufung zu ersetzen, nämlich die tatsächliche Beschäftigung als I. Flugingenieur im fraglichen Zeitraum.
b) Dennoch war der Kläger nicht erst zum 1. Januar 1986 oder, wie das Landesarbeitsgericht meint, zum 1. April 1986 nach Stufe 7 und jeweils im Jahresrhythmus in die weiteren Stufen höherzustufen.
aa) Wenn unter Beschäftigungsjahren i.S. von § 3 Abs. 2 Satz 1 VTV Zeiten tatsächlicher Beschäftigung in der jeweiligen Gehaltsgruppe – hier als I. Flugingenieur – zu verstehen sind, dann hatte der Kläger seit seiner Höherstufung nach Stufe 6 am 1. Juni 1983 ein weiteres Beschäftigungsjahr am 1. Dezember 1985 vollendet. Er hatte nämlich bis zum Beginn seiner Umschulung acht Monate und zwölf Tage in Stufe 6 zurückgelegt; die an einem vollen Beschäftigungsjahr als I. Flugingenieur noch fehlenden drei Monate und 18 Tage folgten nach der Umschulung in der Zeit vom 17. August 1985 bis zum 4. Dezember 1985. Dementsprechend hatte der Kläger nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VTV Anspruch auf rückwirkende Jahressteigerung seiner Vergütung zum 1. Dezember 1985. Die Jahressteigerung wäre nach dieser Bestimmung auch dann rückwirkend zum 1. Dezember 1985 vorzunehmen gewesen, wenn die Umschulung entsprechend der Behauptung der Beklagten bis zum 22. August 1985 gedauert haben sollte, denn dann hätte die an einem vollen Beschäftigungsjahr als I. Flugingenieur noch fehlende Zeit am 11. Dezember 1985 geendet.
bb) Dem Tarifvertrag sind keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die dagegen sprechen würden, für die Höherstufung die in derselben Gehaltsgruppe vor und nach einer Umschulung zurückgelegten Beschäftigungszeiten zusammenzuzählen. Im Gegenteil würde es, wollte man den vor Beginn einer Umschulung verbrachten Teil eines Beschäftigungsjahres insoweit unberücksichtigt lassen, zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Unterschieden bei der Jahressteigerung führen, je nachdem, ob der Beginn der Umschulung zufällig unmittelbar auf eine Höherstufung folgt, oder ob seit der letzten Höherstufung schon ein möglicherweise großer Teil eines Beschäftigungsjahres vergangen ist.
cc) Die Zusammenrechnung der vor und nach einer Umschulung zurückgelegten Teile eines Beschäftigungsjahres führt nicht zur mehrfachen Anwendung der in § 3 Abs. 3 VTV enthaltenen Rundungsregel. Es sind also nicht etwa die vor der Umschulung zurückgelegten acht Monate und zwölf Tage auf acht volle Monate abzurunden mit der Folge, daß die dann bis zur nächsten Höherstufung noch erforderliche Beschäftigungszeit von vier Monaten nach der Umschulung erst nach dem 15. Dezember 1985 geendet hätte und damit die Höherstufung erst zum 1. Januar 1986 vorzunehmen gewesen wäre.
Die Rundungsregel des § 3 Abs. 3 VTV soll nämlich erkennbar zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand nur bewirken, daß Höherstufungen und dergleichen ausschließlich jeweils zum Ersten eines Kalendermonats wirksam werden. Die zur Erreichung dieses Ziels unvermeidbaren Vor- und Nachteile für die Betroffenen werden vom VTV in Kauf genommen.
Dieser Zweck der Regelung erfordert es lediglich, daß die Berechnung der vor und nach der Umschulung liegenden Beschäftigungszeiten des Klägers zur Höherstufung am Ersten eines Kalendermonats führt. Dagegen ist es nicht gerechtfertigt, die Rundungsvorschrift auf jeden der hier in Frage stehenden Teile eines Beschäftigungsjahres gesondert anzuwenden mit der Folge, daß für die Höherstufung des Klägers fast einen Monat umfassende Beschäftigungszeiten unberücksichtigt bleiben würden.
4. Dem Senat ist es nicht möglich, anhand des vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatbestands unter Berücksichtigung des von den Parteien in der Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellten Zeitpunkts der Höherstufung nach Stufe 7 (1. Januar 1986) über die Zahlungsansprüche des Klägers selbst zu entscheiden.
Das Landesarbeitsgericht hat nämlich keine tatsächlichen Feststellungen darüber getroffen, wie sich die vom Kläger geltend gemachte Gesamtsumme zusammensetzt und ob die einzelnen Beträge der Höhe nach unstreitig sind.
Das Landesarbeitsgericht wird daher die sich aus einer Höherstufung nach Stufe 7 am 1. Dezember 1985 und den entsprechenden Weiterstufungen des Klägers ergebenden Differenzbeträge noch zu ermitteln haben.
II. Auch hinsichtlich des Feststellungsantrags ist die Sache nicht entscheidungsreif.
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtsverhältnisses liegt vor. Nach der Rechtsprechung des Senats zur Zulässigkeit von Eingruppierungsfeststellungsklagen in der Privatwirtschaft (Urteil vom 20. Juni 1984 – 4 AZR 208/82 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel) ist auch von der Zulässigkeit eines Antrags auf Feststellung der Eingruppierung, nach der das Gehalt des Klägers für einen bestimmten Zeitraum zu berechnen ist, auszugehen. Der Kläger kann nämlich zumindest für die Zukunft, auf die sich der Antrag ebenfalls erstreckt, die Höhe der begehrten Beträge nicht beziffern.
Durch die Entscheidung über die Einstufung werden mehrere Einzelfragen dem Streit der Parteien endgültig entzogen, was die Annahme eines rechtlichen Interesses rechtfertigt.
2. Das Arbeitsgericht, dessen Begründung das Landesarbeitsgericht „uneingeschränkt beigetreten” ist, hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils nur Ausführungen zum Zahlungsantrag gemacht und den Feststellungsantrag nicht erwähnt. Das Landesarbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren des Klägers für unbegründet angesehen und zur Begründung lediglich auf seine Erwägungen zur Stufensteigerung verwiesen.
3. Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht den Feststellungsantrag jedoch nicht abweisen. Das Urteil enthält keinerlei Ausführungen dazu, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise der Zeitpunkt der Stufensteigerung den Bestand des mit dem Feststellungsantrag geltend gemachten Anspruchs beeinflußt. Ein solcher Anspruch könnte sich jedoch aus § 11 Abs. 6 TV-Schutz ergeben. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 11 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 sowie § 10 Abs. 1 und 2 TV-Schutz u.a., daß eine Betriebsänderung i.S. von § 3 oder eine sonstige Änderung i.S. von § 4 TV-Schutz vorgelegen hat. Tatsächliche Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen dieser Bestimmungen fehlen. Insbesondere reicht die vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung, wonach die Parteien bei Abschluß des Umschulungsvertrages davon ausgingen, daß „die Arbeitsplätze der Flugingenieure zukünftig ersatzlos entfallen werden”, zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 11 Abs. 6 TV-Schutz vorliegen, nicht aus.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Dr. Wißmann, Dr. Knapp, Wax
Fundstellen