Entscheidungsstichwort (Thema)
Rettungssanitäter, Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 12. Februar 1986, 7 AZR 358/84.
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 03.05.1984; Aktenzeichen 2 Sa 719/83) |
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 22.09.1983; Aktenzeichen 3b Ca 425/83) |
Tatbestand
Der Kläger ist seit mehreren Jahren beim beklagten Kreis in der Rettungswache P als Rettungssanitäter beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.
Der beklagte Kreis betreibt in seinem Kreisgebiet den Rettungsdienst. Dazu unterhält er in P und E sogenannte große Rettungswachen und in B, Q, U und W sogenannte kleine Rettungswachen. Die beiden großen Wachen sind mit je zwei Sanitätern in Wechselschichten an allen sieben Tagen der Woche von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr besetzt. In den kleinen Wachen wird der Rettungsdienst nur zu bestimmten Zeiten von den Rettungssanitätern des Kreises wahrgenommen, und zwar in B von Montag bis Freitag jeweils von 8.00 bis 18.00 Uhr, in Q von Montag bis Freitag jeweils von 6.00 bis 18.00 Uhr und in U und W von Sonntag 18.00 Uhr bis Freitag 18.00 Uhr; in den übrigen Zeiten wird der Rettungsdienst von privaten Hilfsorganisationen - z. B. dem Deutschen Roten Kreuz - geleistet.
Der beklagte Kreis bemüht sich seit längerem, den Rettungsdienst zu rationalisieren, da dieser mit Defizit arbeitet und weitere Gebührenerhöhungen gegenüber den Krankenkassen nicht durchsetzbar sind. Die Rettungssanitäter arbeiteten bisher auf der Grundlage einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Durchschnitt wöchentlich 51 Stunden; deswegen wurde ihnen neben der Vergütung nach BAT VIII bzw. BAT VII eine pauschale Vergütung für wöchentlich geleistete elf Überstunden gezahlt.
Mit Schreiben vom 19. Januar 1983 teilte der Beklagte den Rettungssanitätern mit, daß deren pauschale Vergütung für die bisher geleisteten elf wöchentlichen Überstunden innerhalb der nächsten fünf Jahre stufenweise abgebaut werden solle und zugleich Bereitschaftsdienste nach Maßgabe neu zu erstellender Dienstpläne eingeführt würden. Für die in den kleinen Rettungswachen B, Q, U und W tätigen Rettungssanitäter - und damit nicht für den Kläger - wurde außerdem "auf der Grundlage des § 15 BAT kraft Direktionsrechts des Arbeitgebers angeordnet: Die regelmäßige Arbeitszeit wird für Sie von bisher 40 Stunden/Woche auf 50 Stunden/Woche ab 1. April 1983 erhöht."
Den Schreiben an die Rettungssanitäter fügte der Beklagte entsprechende Änderungsverträge bei, die von 25 Rettungssanitätern, darunter dem Kläger, nicht angenommen wurden. Diesen Rettungssanitätern kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 8. März 1983 und bot zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an. Der Beklagte fügte den Kündigungsschreiben eine ablehnende Stellungnahme des Personalrats sowie einen Arbeitsvertragsentwurf (im folgenden: AVE) bei, der - für den Kläger - auszugsweise folgende Regelungen vorsieht:
"§ 2
Das Dienstverhältnis richtet sich nach den Be-
stimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages
(BAT) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarif-
verträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung.
Das gleiche gilt für die an ihre Stelle treten-
den Tarifverträge. Daneben finden die für den
Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft be-
findlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Der Angestellte leistet seinen Dienst an der
Rettungswache P . Die regelmäßige Ar-
beitszeit beträgt ausschließlich der Pausen
wöchentlich 40 Stunden.
Sofern der Angestellte gem. § 9 Abs. 2 dieses
Vertrages an einer anderen Rettungswache ein-
gesetzt wird, gilt die für diese Rettungswa-
che übliche regelmäßige Arbeitszeit.
.....
§ 6
Die bis zum 30.06.1983 gezahlte pauschale
Überstundenvergütung für 11 Stunden/Woche wird
innerhalb der nächsten 5 Jahre, beginnend ab
01.07.1983 stufenweise abgebaut. Ab 01.07.
1983 werden wöchentlich nur noch 8 Überstunden
pauschal vergütet. Ab 01.01.1984 erfolgt
jährlich eine weitere Reduzierung um 2 Stunden
wöchentlich bis zum gänzlichen Abbau der pau-
schalierten Überstunden.
§ 7
1. Der Angestellte verpflichtet sich, soweit der
Dienstbetrieb es erfordert, bis zu 7 Bereit-
schaftsdienste pro Monat zu leisten.
2. Für die Höhe der Vergütung der Bereitschafts-
dienste werden die jeweils geltenden Bestim-
mungen und Vergütungssätze der Sonderregelung
2 a - SR 2 a BAT - zugrundegelegt.
.....
§ 9
.....
2) Der Angestellte hat, soweit es der Dienst
erfordert, jede ihm übertragene Arbeit,
auch an einem anderen Dienstort und bei ei-
ner anderen Dienststelle zu leisten, die
ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung und
körperlichen Eignung zugemutet werden kann,
ohne daß der Arbeitsvertrag geändert wird."
Alle 25 Rettungssanitäter haben den neuen Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat mit seiner Klage geltend gemacht, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt. Er hat die Auffassung vertreten, die Rettungssanitäter unterfielen nicht den SR 2 a BAT und seien daher nicht verpflichtet, Bereitschaftsdienste zu übernehmen. Die Behauptung des Beklagten, auf den kleinen Wachen fielen täglich im Durchschnitt mindestens zwei Stunden Arbeitsbereitschaft an, hat er bestritten.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Ar-
beitsbedingungen im Zusammenhang mit der
Änderungskündigung vom 8. März 1983 un-
wirksam ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Da er gesetzlich verpflichtet sei, auch auf dem Gebiet des Rettungsdienstes kostendeckend zu arbeiten und dies nur noch durch Einsparungen bei den Personalkosten möglich sei, dürfe er seinen Angestellten nicht ungerechtfertigt eine zu hohe Vergütung gewähren. Das geschehe aber bei der bisher praktizierten Regelung, nach der jedem Rettungssanitäter pauschal elf Überstunden bezahlt würden. Echte Arbeitsleistung in diesem Umfang falle nicht an. Nur wenn die im Streit befindlichen Maßnahmen tatsächlich durchgeführt würden, könne der Haushalt 1983 entsprechend dem Ansatz für das Haushaltsjahr 1983 ausgeglichen werden.
Andere Möglichkeiten der Rationalisierung und Kostensparung seien bereits durchgeführt. Mit den Gebührenerhöhungen in der jüngeren Vergangenheit sei die Grenze der Belastbarkeit der zahlenden Stellen, insbesondere der Krankenkassen, erreicht. Auf die Mitwirkung von Hilfsorganisationen, wie dem Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfallhilfe und dem Malteser-Hilfsdienst, könne nicht verzichtet werden, weil durch diese Hilfsdienste ausgebildete erfahrene Helfer für eventuelle Katastrophenfälle zur Verfügung stünden.
Hinsichtlich der kleinen Rettungswachen führt der beklagte Kreis unter Bezugnahme auf das von ihm erarbeitete und vorgelegte Zahlenmaterial über die dort bestehende durchschnittliche Belastung aus, daß täglich im Durchschnitt mindestens zwei Stunden Arbeitsbereitschaft anfielen. Er sei daher gemäß § 15 Abs. 2 BAT berechtigt, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 50 Stunden heraufzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, Rettungssanitäter seien nicht verpflichtet, Bereitschaftsdienst im Sinne der SR 2 a BAT zu leisten. Vom Wortlaut dieser Regelung würden sie nicht erfaßt. Soweit sie gleichwohl Bereitschaftsdienst leisteten, geschehe das freiwillig. Die Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 50 Wochenstunden in den kleinen Rettungswachen werde durch § 15 Abs. 2 BAT nicht gedeckt, weil die Rettungssanitäter niemals Arbeitsbereitschaft im Rechtssinne leisteten. Nach der Eigenart ihres Dienstes könne der Beklagte ihnen niemals das Wissen verschaffen, daß sie für eine bestimmte Zeit aus der dienstlichen Inanspruchnahme entlassen seien.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Denn das Landesarbeitsgericht hat die erforderliche Feststellung unterlassen, daß die vom Beklagten geplante neue Vertragsgestaltung in vollem Umfang notwendig gewesen sei, um das Defizit des Rettungsdienstes auszugleichen (siehe dazu unten II 3). Der Senat kann deshalb nicht abschließend beurteilen, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne des § 4 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die vorliegende Änderung der Arbeitsbedingungen dem BAT nicht widerspricht und mithin nicht bereits wegen Tarifwidrigkeit unwirksam ist.
1. Dem vertraglichen Abbau der bisher gezahlten pauschalen Überstundenvergütung durch § 6 AVE steht der BAT schon deshalb nicht entgegen, weil dieser Tarifvertrag dem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistung von Überstunden, sondern nur auf Vergütung tatsächlich geleisteter (und nicht durch Freizeit ausgeglichener) Überstunden gibt (§ 17 Abs. 5 Satz 4 BAT). Fallen Überstunden im Sinne des § 17 Abs. 1 BAT in Zukunft nicht mehr an, etwa weil ihre Leistung durch die übrigen Vertragsänderungen (Einführung von Bereitschaftsdienst gemäß § 7 AVE bzw. - bei einer nach dem AVE möglichen Beschäftigung des Klägers an einer der kleinen Rettungswachen - Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 AVE) entbehrlich geworden ist, so hat der Kläger mithin auch keinen tariflichen Anspruch auf Weiterzahlung der bisherigen Überstundenvergütung.
Auf die Meinung des Klägers, er habe aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch auf Leistung einer bestimmten Zahl von Überstunden und damit auf die bisher praktizierte entsprechende Pauschalvergütung dieser Überstunden erworben, kommt es ohnehin nicht an, weil es sich hierbei lediglich um einen einzelvertraglichen Anspruch handeln würde, der durch die mit der vorliegenden Änderungskündigung angestrebte Vertragsänderung beseitigt werden kann, wenn diese sozial gerechtfertigt und auch nicht aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist.
2. Auch der in § 7 AVE vorgesehenen Verpflichtung des Klägers, monatlich bis zu sieben Bereitschaftsdienste zu leisten, steht der BAT nicht entgegen.
a) Zwar ist der Kläger nicht schon aufgrund des BAT zur Leistung von Bereitschaftsdiensten verpflichtet. Denn entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts kommt eine entsprechende Anwendung der SR 2 a BAT auf den Kläger nicht in Betracht. Die Tarifvertragsparteien haben diese Sonderregelungen nur für einen genau abgegrenzten Personenkreis vereinbart, zu dem der Kläger nicht gehört. Überdies gilt der den Bereitschaftsdienst regelnde Abschnitt B der Nr. 6 der SR 2 a BAT sogar nur für einen noch engeren Personenkreis (Hebammen, medizinisch-technische Assistentinnen und Gehilfinnen sowie Pflegepersonen). Angesichts dieser scharfen Grenzziehung kann die Verpflichtung von Rettungssanitätern zur Leistung von Bereitschaftsdienst nicht aus dem BAT hergeleitet werden, sondern bedarf einer einzelvertraglichen Vereinbarung.
b) Andererseits steht der BAT einer solchen einzelvertraglichen Vereinbarung aber auch nicht entgegen.
aa) Dies gilt insbesondere, wie bereits der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts für die entsprechenden Bestimmungen des § 9 TVAL II im Urteil vom 12. Februar 1969 (- 4 AZR 308/68 - AP Nr. 1 zu § 9 TVAL II) überzeugend ausgeführt hat, für die Regelungen des § 15 BAT über die regelmäßige Arbeitszeit. Denn der BAT unterscheidet deutlich zwischen regelmäßiger Arbeitszeit und den darüber hinaus zu leistenden Bereitschaftsdiensten; nur für erstere sind in § 15 BAT Höchstgrenzen bestimmt.
bb) Auch aus den die Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdiensten enthaltenden Regelungen (SR 2 a, 2 b, 2 c, 2 e III BAT) ergibt sich kein Anhalt für einen Willen der Tarifvertragsparteien, außerhalb dieser Sonderregelungen sei die einzelvertragliche Vereinbarung von Bereitschaftsdiensten unzulässig. Vielmehr sollte durch diese Sonderregelungen bereits die t a r i f l i c h e Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdiensten begründet und damit der Abschluß einer einzelvertraglichen Vereinbarung entbehrlich werden (vgl. BAG Urteil vom 12. Februar 1969, aaO).
3. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß die (für die "kleinen" Rettungswachen) vorgenommene Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit auf wöchentlich 50 Stunden dem BAT entspricht. Dies betrifft, obwohl der Kläger derzeit in der "großen" Rettungswache P beschäftigt ist und demzufolge § 3 Abs. 1 AVE für ihn die Beibehaltung der regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden vorsieht, auch das Arbeitsverhältnis des Klägers, weil § 3 Abs. 2 und § 9 Abs. 2 AVE den Einsatz des Klägers auch in anderen Rettungswachen und für diesen Fall die Bindung des Klägers an die dort übliche regelmäßige Arbeitszeit vorsehen.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT beträgt die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen im Wochendurchschnitt 40 Stunden. Sie kann gemäß § 15 Abs. 2 BAT auf bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 50 Stunden wöchentlich) verlängert werden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt. Das ist bei den kleinen Rettungswachen des Beklagten der Fall.
a) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Wartezeiten der Rettungssanitäter zwischen ihren einzelnen Einsätzen seien Arbeitsbereitschaft im Sinne des § 15 Abs. 2 BAT, soweit es sich nicht um Splitterzeiten mit einer Dauer von weniger als zehn Minuten handele.
Der BAT enthält keine Begriffsbestimmung der Arbeitsbereitschaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 14. April 1966 - 2 AZR 337/64 - BAG 18, 273 = AP Nr. 1 zu § 15 BAT und - 2 AZR 216/64 - BAG 18, 256 = AP Nr. 3 zu § 13 AZO; Urteil vom 28. Januar 1981 - 4 AZR 892/78 - AP Nr. 1 zu § 18 MTL II; zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmtes Senatsurteil vom 30. Januar 1985 - 7 AZR 446/82 -) handelt es sich um "Zeiten wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung". Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist von der jeweils vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung her zu bestimmen; ihr gegenüber stellt die Arbeitsbereitschaft eine mindere Leistung dar, die den Arbeitnehmer erheblich weniger als die Vollarbeit beansprucht und damit einen Entspannungszustand ermöglicht. Andererseits ist die Arbeitsbereitschaft von der Pause zu unterscheiden, in der sich der Arbeitnehmer nicht "in wacher Achtsamkeit" zur jederzeitigen Arbeitsaufnahme bereitzuhalten braucht.
Nach diesen Maßstäben sind Wartezeiten von Rettungssanitätern zwischen ihren Einsätzen als Arbeitsbereitschaft zu werten, auch wenn dabei keine völlige Entspannung eintritt, weil mit der jederzeitigen Notwendigkeit der Arbeitsaufnahme gerechnet werden muß. Das Merkmal "Entspannung" im Begriff der Arbeitsbereitschaft wird durch das Merkmal "wache Achtsamkeit" relativiert; die fehlende Gelegenheit zum Schlafen und das notwendige Achten auf den telefonischen Einsatzbefehl stehen daher dem Vorliegen von Arbeitsbereitschaft nicht entgegen. Dabei braucht die nach § 15 Abs. 2 BAT im Tagesdurchschnitt erforderliche zweistündige Arbeitsbereitschaft nicht zusammenhängend aufzutreten; es genügt, daß im Tagesdurchschnitt Wartezeiten von zusammengerechnet mindestens zwei Stunden eintreten. Außer Betracht bleiben lediglich "Splitterzeiten" von wenigen Minuten, die keine ins Gewicht fallende Entspannung ermöglichen und deshalb gegenüber der Vollarbeit keine mindere Leistung darstellen. Bis zu welcher Zeitdauer eine Wartezeit als unerhebliche "Splitterzeit" zu werten ist, muß für das jeweilige Tätigkeitsbild - hier des Rettungssanitäters - bestimmt werden; dabei ist ein Wert zu suchen, der unter der Mindestdauer einer Pause von 15 Minuten, aber über der als bloße "Verschnaufpause" anzusehenden Dauer von etwa zwei oder drei Minuten liegt (vgl. hierzu im einzelnen das bereits angeführte Urteil AP Nr. 3 zu § 13 AZO). Wenn das Landesarbeitsgericht für die Tätigkeit eines Rettungssanitäters diesen Wert mit zehn Minuten angenommen hat, so hält sich dies mithin in dem von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgezeichneten Rahmen und ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dem Vorliegen von Arbeitsbereitschaft steht schließlich nicht entgegen, daß der Rettungssanitäter bei Beginn der jeweiligen Wartezeit nicht weiß, wie lange sie dauern wird. Diese Ungewißheit liegt in der Natur der Tätigkeit eines Rettungssanitäters und hindert das Eintreten einer Entspannung nicht, wenn der Rettungssanitäter aufgrund der für seine Dienststelle vorliegenden Erfahrungswerte davon ausgehen kann, daß bis zum nächsten Einsatz in der Regel nicht lediglich eine "Verschnaufpause" von weniger als zehn Minuten eintreten wird. Nach der angeführten Entscheidung AP Nr. 3 zu § 13 AZO, der der erkennende Senat folgt, ist lediglich erforderlich, daß der Arbeitnehmer aus seiner eigenen Betriebserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf seiner Tätigkeit erkennen kann, daß von ihm in bestimmten Tagesabschnitten, die nach ihrer zeitlichen Ausdehnung grundsätzlich zum Erreichen einer Entspannung geeignet sind, im allgemeinen keine Dienstverrichtungen zu leisten sind.
b) Daß derartige als Arbeitsbereitschaft zu wertende Wartezeiten von mindestens zwei Stunden in allen kleinen Rettungswachen des Beklagten erfahrungsgemäß im Tagesdurchschnitt anfallen, hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Für die Rettungswachen U und W hat das Landesarbeitsgericht insoweit ausgeführt, zwischen den Parteien sei unstreitig, daß während der Nachtstunden nur Bereitschaftsdienst im Sinne der Nr. 6 der SR 2 a BAT anfalle, also erfahrungsgemäß die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiege. Hiermit hat das Landesarbeitsgericht unstreitigen Sachvortrag beurkundet, so daß diese Feststellungen an der Beweiskraft des Tatbestandes i.S. des § 314 ZPO teilhaben. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO ist nicht gestellt worden. Damit steht als unstreitig fest, daß während der Nachtstunden die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Auf dieser Grundlage ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerfrei, daß im Tagesdurchschnitt jedenfalls zwei Stunden ohne Arbeitsleistung anfallen.
Für die Rettungswachen B und Q hat das Landesarbeitsgericht die gleiche Feststellung im Wege der Schätzung aufgrund der Unterlagen zu den Schriftsätzen des Beklagten vom 20. Mai 1983 und 17. April 1984 getroffen. Dieses Vorgehen ist unabhängig davon rechtsfehlerfrei, ob das Landesarbeitsgericht den Begriff der "Schätzung" technisch i.S. des § 287 ZPO oder untechnisch i.S. einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO verwendet hat. Denn die genannten Unterlagen enthalten für einen repräsentativen Zeitraum ausreichend konkrete Angaben über Zeitpunkt und Dauer der in allen Rettungswachen täglich angefallenen Einsätze, die den vom Landesarbeitsgericht gezogenen Schluß zulassen. Bedenken bestehen auch nicht gegen die Verwertung der mit dem Schriftsatz des Beklagten vom 17. April 1984 eingereichten Unterlagen. Zwar hat der Klägervertreter im Termin vom 3. Mai 1984 erklärt, daß er diesen Schriftsatz noch nicht mit seinem Mandanten habe besprechen können und daß deshalb eine Stellungnahme nicht möglich sei. Eine zulässige Rüge der Verletzung des § 132 Abs. 1 ZPO hätte jedoch vorausgesetzt, daß während der Revisionsbegründungsfrist substantiiert vorgetragen worden wäre, welche Stellungnahme der Kläger, wenn ihm das Landesarbeitsgericht hierzu noch Gelegenheit gegeben hätte, zu diesem Schriftsatz abgegeben hätte.
4. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nicht der Zustimmung des Personalrats bedurfte. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der dem Arbeitgeber durch § 15 Abs. 2 BAT eingeräumten Ermächtigung, unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die regelmäßige Arbeitszeit zu verlängern, um eine "tarifliche Regelung" im Sinne der Eingangsworte des § 71 Abs. 3 PersVG Schleswig-Holstein handelt, die bereits deshalb ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ausschließt. Denn der hier allein in Betracht kommende Mitbestimmungstatbestand des § 71 Abs. 3 Nr. 1 PersVG Schleswig-Holstein ("Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen") begründet ebensowenig ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit wie die gleichlautenden Tatbestände des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bzw. des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Aufgrund dieser Vorschriften soll der Betriebs- bzw. Personalrat mitbestimmen, wie die aufgrund anderer Regelungen (Tarifvertrag, Einzelarbeitsvertrag) festgelegte Arbeitszeitdauer verteilt werden soll; das Mitbestimmungsrecht betrifft also nur die Lage, nicht aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. z.B. Beschluß vom 21. November 1978 - 1 ABR 67/76 - AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Beschluß vom 4. August 1981 - 1 ABR 106/79 - BAG 36, 161, 168 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 2 b der Gründe; Beschluß vom 31. August 1982 - 1 ABR 27/80 - BAG 40, 107, 110 = AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 1 der Gründe; Urteil vom 26. Juni 1985 - 4 AZR 585/83 - AP Nr. 4 zu § 9 TVAL II; vgl. auch BVerwGE 37, 173 = AP Nr. 8 zu § 67 PersVG).
II. Nicht abschließend beurteilen kann der Senat, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist (§ 4 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
1. Die vorliegende Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht etwa wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sozial ungerechtfertigt. Der Beklagte hat gegen diesen Grundsatz nicht dadurch verstoßen, daß er auch wegen der Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit eine Änderungskündigung aussprach, obwohl er diese Verlängerung bereits durch das Schreiben vom 19. Januar 1983 wirksam kraft seines Direktionsrechts für die kleinen Rettungswachen auf 50 Wochenstunden vorgenommen hatte.
Nach dem Senatsurteil vom 28. April 1982 (- 7 AZR 1139/79 - BAG 38, 348, 356 = AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969, zu II 1 der Gründe) ist zwar eine Änderungskündigung wegen der mit ihr verbundenen Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig und daher unwirksam, wenn der mit ihr verfolgte Zweck durch eine weniger einschneidende Maßnahme, im damaligen Falle durch den im Vertrag vorgesehenen Widerruf einer Sozialleistung, hätte erreicht werden können. Der Beklagte wollte jedoch durch die vorliegende Änderungskündigung nicht nur die regelmäßige Arbeitszeit verlängern, sondern auch weitere Änderungen der Arbeitsbedingungen erreichen, zu denen er das Einverständnis des Klägers benötigte. Die neuen Arbeitsbedingungen stehen untereinander in untrennbarem Zusammenhang und sollten dem Kläger nur insgesamt angeboten werden; hierzu konnte der Beklagte wegen des fehlenden Einverständnisses des Klägers vom Ausspruch einer Änderungskündigung nicht absehen. Schon deshalb liegt im Entscheidungsfall eine vermeidbare und daher unverhältnismäßige Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses nicht vor.
2. Auch ist für den Entscheidungsfall davon auszugehen, daß die sich aus § 5 Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein (GVOBl. 1975, 44) in Verbindung mit § 6 Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein (GVOBl. 1970, 44) ergebende Verpflichtung des beklagten Kreises, seinen Rettungsdienst kostendeckend zu betreiben, ein dringendes betriebliches Erfordernis darstellt, tariflich nicht geforderte zusätzliche Personalkosten abzubauen.
Allerdings ist eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht bereits deshalb sozial gerechtfertigt, weil sich die neuen Arbeitsbedingungen im tariflichen Rahmen halten; der Inhaltsschutz des individuellen Arbeitsverhältnisses beschränkt sich nicht auf den durch Tarifvertrag abgesicherten Mindestinhalt (ständige Rechtsprechung des BAG seit Urteil vom 12. Januar 1961 - 2 AZR 171/59 - BAG 10, 288 = AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung). Insbesondere durch die Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG auf die einschlägigen Bestimmungen des § 1 KSchG ist klargestellt, daß auch die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein muß; hierzu gehört vor allem eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Gewichts der für die Vertragsänderung sprechenden Gründe einerseits und des Grades der Schutzwürdigkeit des Interesses des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung seiner individuellen vertraglichen Rechtsstellung andererseits.
Entscheidend ist deshalb nicht, daß, sondern aus welchen Gründen der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen auf das tariflich unerläßliche Maß zurückführen will. Diese Gründe liegen im Entscheidungsfall in dem unstreitigen Umstand, daß der Rettungsdienst des beklagten Kreises trotz Ausschöpfung aller sonstigen Möglichkeiten mit einem Defizit arbeitet, so daß die erforderliche Kostendeckung nur durch einen Personalkostenabbau zu erreichen ist. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG angenommen. Dabei hat es im Rahmen der Interessenabwägung mit Recht zugunsten des Beklagten auch berücksichtigt, daß der Abbau der übertariflichen Überstundenvergütung nur stufenweise über mehrere Jahre hinweg und daher in schonender Weise durchgeführt werden sollte.
3. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils läßt sich jedoch nicht abschließend beurteilen, ob die dargestellten dringenden betrieblichen Erfordernisse wirklich eine Änderung der Arbeitsbedingungen im vorgesehenen Umfang als notwendig erscheinen ließen und mithin gerade diese Änderung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG "bedingten". Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, eine vom Beklagten im Zeitpunkt der Kündigung erstellte Prognose habe ergeben, daß es zum Ausgleich des Defizits erforderlich sei, die bisherige Überstundenvergütung der Rettungssanitäter vollständig zu beseitigen. Ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Haushaltsansatzes für das Jahr 1983 (Anlage zum Schriftsatz vom 20. Mai 1983) war schon für dieses Jahr die Kostendeckung erreicht, obwohl erst die erste der in § 6 AVE vorgesehenen Stufen des Abbaus der Überstundenvergütung vorgenommen wurde. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, auch für die folgenden Jahre sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung eine Kostendeckung nur zu erwarten gewesen, wenn auch die weiteren Stufen des Abbaus der Überstundenvergütung durchgeführt würden. Ob diese Erwartung des Beklagten auf einer durch Tatsachen ausreichend fundierten Prognose des Beklagten, insbesondere auf hinreichend konkreten Haushaltsvoranschlägen beruhte, wird das Landesarbeitsgericht jedoch noch festzustellen haben.
Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan
Kleeschulte Lappe
Fundstellen