Entscheidungsstichwort (Thema)
Drittschuldnerklage. Drittschuldnerklage des Insolvenzverwalters. verschleiertes Arbeitseinkommen. Ermittlung der angemessenen Vergütung. Geltendmachung fiktiver Arbeitsvergütung für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Leistet der Insolvenzschuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung iSv. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO, kann der Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift fiktives Arbeitseinkommen zur Masse ziehen. Der Eröffnungsbeschluss wirkt wie ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Einzelvollstreckungsverfahren.
2. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst nicht die bis zu seiner Zustellung fiktiv aufgelaufenen Lohn- und Gehaltsrückstände.
Orientierungssatz
1. Arbeitet der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei einem Dritten gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung iSv. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO, erlangt er nur diese, jedoch selbst keinen Anspruch auf angemessene Vergütung. Das verschleierte Arbeitseinkommen ist mangels eines eigenen Anspruchs des Schuldners auf die fiktive Vergütung nicht Neuerwerb und damit nicht Teil seines Vermögens iSv. § 35 InsO.
2. Der Insolvenzverwalter kann verschleiertes Arbeitseinkommen in entsprechender Anwendung von § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO zur Masse ziehen. Der Eröffnungsbeschluss wirkt wie ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Einzelvollstreckungsverfahren.
3. Die Begriffe der unverhältnismäßig geringen Vergütung und der angemessenen Vergütung in § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO sind unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Anwendung dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zukommt.
4. Die Pfändung verschleierten Arbeitseinkommens wirkt grundsätzlich nicht zurück und erfasst damit nicht bis zur Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses fiktiv aufgelaufene Lohn- oder Gehaltsrückstände.
Normenkette
InsO §§ 4, 35-36; ZPO §§ 554, 832, 850a, 850b, 850c, 850h; ArbGG § 72 Abs. 5; BGB § 611; TVG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 24.01.2007; Aktenzeichen 5 Sa 24/06) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen 24 Ca 80/05) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Januar 2007 – 5 Sa 24/06 – werden zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu 85 %, die Beklagte zu 15 % zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung verschleierten Arbeitseinkommens.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 13. Dezember 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streitverkündeten (Schuldner). Dieser ist gelernter Isoliertechniker. Seit dem 1. Januar 2003 ist er auf Grund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom selben Tag bei der Beklagten beschäftigt. Diese wirbt damit, dass sie im Wege des Umbaus aus Häusern “Lebensräume” und aus Wohnungen “Lichtblicke” macht und dazu komplette Wohnungssanierungen und hochwertige Renovierungen durchführt. Als weitere von ihr ausgeführte Tätigkeiten nennt sie in einer Werbebroschüre ua. Gebäudemanagement, Gartenarbeit und Gartengestaltung, künstlerische Wand- und Deckengestaltung sowie Hausmeisterservice.
Die Beklagte und der Schuldner schlossen ihren Arbeitsvertrag auf einem Vertragsmuster für kaufmännische Angestellte. In § 2 des Vertrags vereinbarten sie ua., dass der Schuldner als kaufmännischer Mitarbeiter und Projektleiter angestellt wird, nannten als besondere Obliegenheit des Schuldners aber auch Projektleitung im gewerblichen Bereich. In § 3 des Arbeitsvertrags verabredeten sie ua., dass der Schuldner monatlich nachträglich ein Gehalt iHv. 850,00 Euro brutto erhält und die Arbeitszeit wöchentlich 40 Stunden beträgt. Vor der Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beklagten arbeitete der Schuldner im kaufmännischen Bereich und war Geschäftsführer mehrerer GmbHs.
Der Kläger ist der Auffassung, der Schuldner arbeite bei der Beklagten gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung. Die Beklagte beschäftige den Schuldner mit den im Arbeitsvertrag genannten Tätigkeiten und setze ihn zusätzlich im Bereich der Hausverwaltung/Hausmeisterei ein. Sie schulde daher im Verhältnis zu ihm nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO die für die Tätigkeit des Schuldners angemessene Vergütung. Diese betrage monatlich 2.000,00 Euro brutto. Von der sich daraus ergebenden Nettovergütung iHv. 1.282,00 Euro seien monatlich 245,00 Euro pfändbar. Dieser Betrag sei für die Monate Januar 2003 bis März 2005 und somit für 27 Monate an die Insolvenzmasse auszukehren, so dass die Beklagte insgesamt 6.615,00 Euro zu zahlen habe. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO regele einen materiellrechtlichen Anspruch. Die Vorschrift schließe weder dem Wortlaut nach noch nach ihrem Sinn und Zweck die Geltendmachung fiktiv aufgelaufener Vergütungsrückstände aus. Es fehle an einer zeitlichen Begrenzung des Anwendungsbereichs der Bestimmung. Eine solche Begrenzung sei auch nicht erforderlich. Der Drittschuldner, der eine unverhältnismäßig geringe Vergütung zahle, sei nicht schutzwürdig.
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.615,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pa. auf
245,00 Euro vom 1. Februar 2003 bis 28. Februar 2003,
490,00 Euro vom 1. März 2003 bis 31. März 2003,
735,00 Euro vom 1. April 2003 bis 30. April 2003,
980,00 Euro vom 1. Mai 2003 bis 31. Mai 2003,
1.225,00 Euro vom 1. Juni 2003 bis 30. Juni 2003,
1.470,00 Euro vom 1. Juli 2003 bis 31. Juli 2003,
1.715,00 Euro vom 1. August 2003 bis 31. August 2003,
1.960,00 Euro vom 1. September 2003 bis 30. September 2003,
2.205,00 Euro vom 1. Oktober 2003 bis 31. Oktober 2003,
2.450,00 Euro vom 1. November 2003 bis 30. November 2003,
2.695,00 Euro vom 1. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2003,
2.940,00 Euro vom 1. Januar 2004 bis 31. Januar 2004,
3.185,00 Euro vom 1. Februar 2004 bis 29. Februar 2004,
3.430,00 Euro vom 1. März 2004 bis 31. März 2004,
3.675,00 Euro vom 1. April 2004 bis 30. April 2004,
3.920,00 Euro vom 1. Mai 2004 bis 31. Mai 2004,
4.165,00 Euro vom 1. Juni 2004 bis 30. Juni 2004,
4.410,00 Euro vom 1. Juli 2004 bis 31. Juli 2004,
4.655,00 Euro vom 1. August 2004 bis 31. August 2004,
4.900,00 Euro vom 1. September 2004 bis 30. September 2004,
5.145,00 Euro vom 1. Oktober 2004 bis 31. Oktober 2004,
5.390,00 Euro vom 1. November 2004 bis 30. November 2004,
5.635,00 Euro vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2004,
5.880,00 Euro vom 1. Januar 2005 bis 31. Januar 2005,
6.125,00 Euro vom 1. Februar 2005 bis 28. Februar 2005,
6.370,00 Euro vom 1. März 2005 bis 31. März 2005
und auf 6.615,00 Euro seit dem 1. April 2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, das monatliche Gehalt des Schuldners iHv. 850,00 Euro brutto sei bei Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit nicht unverhältnismäßig gering. Sie biete im Wesentlichen Hausdienstleistungen an. Der Schuldner sei bei ihr als ungelernte Hilfskraft tätig und führe ein äußerst bescheidenes Leben. Gemäß § 850h Abs. 2 Satz 2 ZPO sei bei der Prüfung, ob eine unverhältnismäßig geringe Vergütung vorliege, auch auf die Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten abzustellen. In der Baunebenbranche sei in der heutigen wirtschaftlich schwierigen Zeit kaum eine ausreichende Kapital- und Ertragsgrundlage für ihr junges Unternehmen gegeben. Ein monatliches Bruttogehalt des Schuldners iHv. 2.000,00 Euro wäre mit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht vereinbar. Im Jahr 2003 habe der Jahresverlust 2.685,28 Euro und der Bilanzverlust 8.560,64 Euro betragen. Ihre desolate wirtschaftliche Lage ergebe sich auch aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2004. Jedenfalls habe der Kläger keinen Anspruch auf fiktive Vergütung für die Zeit vor der Insolvenzeröffnung. § 850h Abs. 2 ZPO lasse die Pfändung fiktiv aufgelaufener Lohn- oder Gehaltsrückstände nicht zu.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung verschleierten Arbeitseinkommens für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. März 2005 iHv. monatlich 245,00 Euro verurteilt und dem Kläger daher fiktive Arbeitsvergütung iHv. insgesamt 980,00 Euro zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine Klageansprüche weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision des Klägers und stellt im Wege der Anschlussrevision den Antrag, die Klage insgesamt abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig.
A. Die Anschlussrevision der Beklagten ist gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, obwohl das Landesarbeitsgericht die Revision nur für den Kläger zugelassen hat (BAG 3. Dezember 2003 – 10 AZR 124/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 19). Die Anschlussrevisionsbegründung ist form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründungsschrift beim Bundesarbeitsgericht eingegangen (§ 554 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 ZPO).
B. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht für die Monate Dezember 2004 bis März 2005 fiktive Arbeitsvergütung iHv. insgesamt 980,00 Euro zugesprochen und die Klage abgewiesen, soweit der Kläger für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fiktive Arbeitsvergütung beansprucht hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe als Insolvenzverwalter gemäß § 611 BGB iVm. den §§ 35, 36 InsO und den §§ 850c, 850h ZPO Anspruch auf Zahlung pfändbarer Arbeitsvergütung an die Masse für den Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. März 2005. Die Pfändungsvoraussetzungen des § 850h Abs. 2 ZPO seien erfüllt. Die Beklagte habe den Schuldner als kaufmännischen Mitarbeiter und Projektleiter eingestellt. Als Gegenleistung für die dem Schuldner obliegende Projektleitertätigkeit sei eine monatliche Bruttovergütung von 2.000,00 Euro angemessen. Die dem Schuldner gezahlte Bruttomonatsvergütung von 850,00 Euro entspreche angesichts der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden einem Bruttostundenlohn iHv. 4,91 Euro und sei unverhältnismäßig gering. Dies würde auch dann anzunehmen sein, wenn die Beklagte den Schuldner als gewerblichen Arbeitnehmer beschäftigt hätte. Auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Beklagten lasse sich ein Stundenlohn von 4,91 Euro brutto nicht seriös begründen und würde im Verhältnis zum Schuldner sittenwidrigen Lohnwucher darstellen. Arbeitseinkommen des Schuldners sei Neuerwerb iSv. § 35 InsO, wenn es nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben werde. Gemäß § 36 Abs. 1 InsO seien die Pfändungsgrenzen zu beachten. Ausgehend von einer als angemessen anzunehmenden Bruttomonatsvergütung des Schuldners iHv. 2.000,00 Euro ergebe sich eine monatliche Nettovergütung von 1.282,00 Euro und mangels Unterhaltspflichten des Schuldners daraus ein monatlich pfändbarer Betrag iHv. 245,00 Euro. Diesen könne der Kläger als Insolvenzverwalter im eigenen Namen im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger einklagen, soweit es sich um fiktive Arbeitsvergütung für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung handele. Eine Pfändung verschleierten Arbeitseinkommens für vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegende Zeiten sei nicht möglich. § 850h Abs. 2 ZPO erweitere nicht die Pfändbarkeit des Arbeitseinkommens, sondern fingiere ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner eine auf sein Verhältnis zum Gläubiger beschränkte angemessene Vergütung des Schuldners. Der Eröffnungsbeschluss im Insolvenzverfahren wirke wie ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Vollstreckungsverfahren. Eine Privilegierung des Insolvenzverwalters entgegen den herkömmlichen Grundsätzen der Zwangsvollstreckung lasse sich nicht begründen. Zur Insolvenzmasse könne nur die fiktive Vergütung gezogen werden, die auch im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung dem Gläubigerzugriff unterläge.
II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis und größtenteils auch in der Begründung sowohl den Angriffen der Anschlussrevision der Beklagten als auch der Revision des Klägers stand.
1. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht erkannt, dass die Beklagte für die Monate Dezember 2004 bis März 2005 jeweils pfändbare fiktive Vergütung iHv. 245,00 Euro und somit insgesamt 980,00 Euro an den Kläger zu zahlen hat.
a) Allerdings folgt der Zahlungsanspruch des Klägers entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht aus § 611 BGB iVm. § 35 InsO und § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO. Ob § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO zu Gunsten der Insolvenzmasse angewendet werden kann, ist zwar umstritten (Ott/Zimmermann ZInsO 2000, 421, 424 mwN), jedoch anzunehmen. Eines Rückgriffs auf § 4 InsO, wonach für das Insolvenzverfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend gelten, soweit die Insolvenzordnung nicht anderes bestimmt, bedarf es dazu nicht (für eine analoge Anwendung des § 850h ZPO gemäß § 4 InsO: Runkel FS Uhlenbruck S. 315, 333). § 4 InsO ordnet das Insolvenzverfahren der streitigen Gerichtsbarkeit zu und ist ein Auffangtatbestand, der nur zur Anwendung kommt, soweit keine spezielleren Regelungen eingreifen (Wienberg in Hess/Weis/Wienberg InsO 2. Aufl. § 4 Rn. 2). Die Regelung in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach ua. die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung und damit auch die in § 850h ZPO getroffenen Regelungen entsprechend gelten, ist spezieller. Der Insolvenzverwalter kann gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO iVm. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO wie ein Gläubiger im Vollstreckungsverfahren vom Empfänger der Arbeitsleistung für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens fiktive Vergütung beanspruchen. Nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet, wenn der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung leistet. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich dieser Voraussetzungen obliegt der klagenden Partei (BAG 3. August 2005 – 10 AZR 585/04 – EZA ZPO 2002 § 850h Nr. 1).
b) Zieht ein Insolvenzverwalter im Wege der Drittschuldnerklage nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO verschleiertes Arbeitseinkommen zur Masse, macht er keine Vergütungsansprüche des Schuldners iSv. § 611 Abs. 1 BGB gegenüber dem Drittschuldner geltend. Es handelt sich um einen fiktiven Anspruch auf Vergütung, aus dem der Schuldner selbst keinerlei Rechte herleiten kann (vgl. BGH 24. März 1964 – VI ZR 244/62 – VersR 1964, 642, 644; Musielak/Becker ZPO 5. Aufl. § 850h Rn. 19). Die angemessene Vergütung ist nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nur im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen als geschuldet anzusehen (vgl. BAG 15. Juni 1994 – 4 AZR 317/93 – AP ZPO § 850h Nr. 18 = EzA ZPO § 850h Nr. 5). Ob im Verhältnis des Schuldners zum Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste eine Vergütung geschuldet wird oder nicht, ist für die Anwendung der Vorschrift ohne Belang (BAG 4. Mai 1977 – 5 AZR 151/76 – AP ZPO § 850h Nr. 16 = EzA ZPO § 850h Nr. 2).
c) Verschleiertes Arbeitseinkommen unterfällt nach dem Wortlaut des § 35 InsO deshalb an sich auch nicht der Insolvenzmasse. Nach dieser Bestimmung erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Hat der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung iSv. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO gearbeitet, ist das bis zur Insolvenzeröffnung verschleierte Arbeitseinkommen mangels eines eigenen Anspruchs des Schuldners auf die fiktive Vergütung nicht Teil seines Vermögens iSv. § 35 InsO. Arbeitet er nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, erlangt er nur diese, jedoch selbst keinen Anspruch auf angemessene Vergütung. Hat dagegen der Schuldner selbst, zB kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) oder Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 4 TVG), einen unabdingbaren Anspruch auf Arbeitsentgelt in angemessener Höhe, sind die Anwendungsvoraussetzungen des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt (vgl. BAG 24. Mai 1965 – 3 AZR 287/64 – BAGE 17, 172). In einem solchen Fall erfasst das Insolvenzverfahren den Anspruch des Schuldners auf Vergütung, die dieser während des Insolvenzverfahrens im Wege des Neuerwerbs iSv. § 35 InsO erlangt.
d) Wenn § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO bestimmt, dass Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse gehören, und § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO die entsprechende Anwendung ua. der §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung anordnet, dient dies einerseits dem Schutz des Schuldners vor existenzvernichtenden Lohnpfändungen und andererseits dem Schutz der Gläubiger des Schuldners vor Lohnschiebungen iSv. § 850h Abs. 1 ZPO und Lohnverschleierungen iSv. § 850h Abs. 2 ZPO (Hess Insolvenzrecht §§ 35, 36 InsO Rn. 754).
e) Dass der Insolvenzverwalter verschleiertes Arbeitseinkommen in entsprechender Anwendung von § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO zur Masse ziehen kann, geben auch Sinn und Zweck dieser Bestimmung vor. Diese Vorschrift schützt das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Durchsetzung seiner Forderung gegen einen Schuldner, der für einen Dritten arbeitet oder sonst Dienste leistet, ohne eine entsprechende Vergütung zu erhalten (BGH 8. März 1979 – III ZR 130/77 – NJW 1979, 1600). Das Gesetz behandelt diesen Dritten beim Vollstreckungszugriff des Gläubigers so, als ob er dem Schuldner zu einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei. Der Insolvenzverwalter nimmt die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahr und kann deshalb nach dem Eröffnungsbeschluss, der wie ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Vollstreckungsverfahren wirkt, vom Drittschuldner die Zahlung der angemessenen Vergütung verlangen (Runkel FS Uhlenbruck S. 315, 333). Fände § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO zu Gunsten der Insolvenzmasse keine Anwendung, wäre der Drittschuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bessergestellt als vor der Eröffnung bei einer Einzelzwangsvollstreckung. Auch könnten dann Neugläubiger vom Drittschuldner die Zahlung der angemessenen Vergütung beanspruchen. Ein solches Ergebnis wäre mit dem Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens nicht zu vereinbaren.
f) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis geführt, dass die in § 3 des Arbeitsvertrags von der Beklagten und dem Schuldner vereinbarte Vergütung iHv. monatlich 850,00 Euro brutto iSv. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO unverhältnismäßig gering ist. Auch die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur angemessenen Vergütung sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu der vom Schuldner bei der Beklagten ausgeübten Tätigkeit, zur üblichen Vergütung für diese Tätigkeit und zur Unangemessenheit der zwischen der Beklagten und dem Schuldner vereinbarten Bruttomonatsvergütung ausdrücklich zu Eigen gemacht und diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts verwiesen. Die Beklagte ist den vom Landesarbeitsgericht selbst getroffenen und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts zu der vom Schuldner bei der Beklagten ausgeübten Tätigkeit und zur üblichen Vergütung für diese Tätigkeit in der Anschlussrevisionsbegründung nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge begegnet. Sie macht zwar geltend, das Arbeitsgericht und auf Grund der Bezugnahme auf dessen Entscheidungsgründe auch das Landesarbeitsgericht hätten trotz ihres ausführlichen und unter Beweis gestellten Vortrags zu den “niederen” Tätigkeiten des Schuldners ausschließlich auf den Vortrag des Klägers abgestellt. Damit rügt die Beklagte, ohne dass sie dies ausdrücklich so bezeichnet, die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), möglicherweise auch ihres Grundrechtes auf ein faires Verfahren (vgl. BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 666/05 – EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 5). Die Rüge der Beklagten ist jedoch unzulässig.
(1) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte ua., das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles ergibt, dass das Gericht einer hieraus resultierenden Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG 8. Oktober 2003 – 2 BvR 949/02 – EzA GG Art. 103 Nr. 5). Außerdem gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip als “allgemeines Prozessgrundrecht” den Anspruch auf ein faires Verfahren und verpflichtet den Richter ua. zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation (vgl. BVerfG 26. April 1988 – 1 BvR 669/87 –, – 1 BvR 686/87 –, – 1 BvR 687/87 – BVerfGE 78, 123; 15. August 1996 – 2 BvR 2600/95 – AP GG Art. 103 Nr. 56; BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 666/05 – EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 5).
(2) Die Beklagte hat Tatsachen, die einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs oder gegen ihr Grundrecht auf faires Verfahren ergeben könnten, nicht behauptet. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben das Vorbringen der Beklagten, wonach sie den Schuldner als Hausmeister eingestellt hat und als ungelernte Hilfskraft beschäftigt, nicht übergangen. Das Arbeitsgericht hat sich mit diesem Vortrag der Beklagten in den Entscheidungsgründen des Urteils ausdrücklich befasst und dieses Vorbringen mit eingehenden, nachvollziehbaren Erwägungen gewürdigt. Auch das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten nicht übergangen. Es hat angenommen, dass die Erwägungen des Arbeitsgerichts zum verschleierten Arbeitseinkommen auch dann zutreffen, wenn der Schuldner gewerbliche Tätigkeiten ausgeführt haben sollte.
bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die monatliche Bruttovergütung des Schuldners iHv. 850,00 Euro sei iSv. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO unverhältnismäßig gering, hält den Angriffen der Anschlussrevision stand. Dies gilt auch, soweit das Landesarbeitsgericht als Gegenleistung für die Tätigkeit des Schuldners eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.000,00 Euro für angemessen gehalten hat.
(1) Die Begriffe der unverhältnismäßig geringen Vergütung und der angemessenen Vergütung in § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs kommt dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zu. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist (st. Rspr. vgl. BAG 13. November 2007 – 9 AZR 36/07 –; 6. September 2007 – 2 AZR 722/06 – NZA 2008, 219; 6. Juni 2007 – 4 AZR 456/06 – jeweils mwN). Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts stand.
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht nicht unter Verstoß gegen § 850h Abs. 2 Satz 2 ZPO auf ihre wirtschaftliche Lage nicht ausreichend Rücksicht genommen. Nach dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen, und bei der Bemessung der Vergütung auf alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten Rücksicht zu nehmen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten ist das Landesarbeitsgericht nachgekommen und hat unter diesem Gesichtspunkt den Sachverhalt in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gewürdigt.
(3) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst mit Recht auf die übliche Vergütung für die Tätigkeit des Schuldners abgestellt (BAG 24. Mai 1965 – 3 AZR 287/64 – BAGE 17, 172). Es ist davon ausgegangen, dass bereits ein Sachbearbeiter in der Vergütungsgruppe IV bis zum 5. Berufsjahr nach dem zwischen dem Arbeitgeberverband Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und dem Deutschen Handels- und Industrieangestelltenverband abgeschlossenen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft vom 4. Oktober 2005 eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.470,00 Euro erhält. Es hat dann rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich das im Arbeitsvertrag von der Beklagten und dem Schuldner vereinbarte monatliche Bruttogehalt iHv. 850,00 Euro, das angesichts der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem Bruttostundenlohn iHv. nur 4,91 Euro führt, als Gegenleistung für die Tätigkeit des Schuldners als kaufmännischer Projektleiter nicht seriös begründen lässt, und dass dies auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlich schwierigen Situation der Beklagten gilt. Rechtlich fehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht dann zu dem Ergebnis gekommen, zu Gunsten des Klägers sei als Gegenleistung für die Tätigkeit des Schuldners als kaufmännischer Projektleiter eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.000,00 Euro als vereinbart anzusehen.
2. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fiktive Arbeitsvergütung beansprucht hat. Entgegen der Ansicht des Klägers und der von einem Teil der Literatur vertretenen Auffassung (Uhlenbruck in Uhlenbruck InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 58; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 66. Aufl. § 850h Rn. 10 und Stein/Jonas/Brehm 22. Aufl. § 850h ZPO Rn. 35 und Rn. 42 für den Fall, dass der Pfändungsbeschluss Rückstände erfasst) wirkt die Pfändung verschleierter Arbeitsvergütung nicht für die Vergangenheit und umfasst damit nicht fiktiv aufgelaufene Lohn- oder Gehaltsrückstände (LAG Hamm 18. September 1989 – 16 Sa 713/89 – BB 1990, 710; LAG Niedersachsen 23. Januar 2007 – 13 Sa 953/06 –; Stöber Forderungspfändung 13. Aufl. Rn. 1228; Dornbusch Die Pfändung von Arbeitseinkommen in Fällen der Lohnschiebung und Lohnverschleierung, Bonn 2005, S. 93 f.; Grunsky FS Baur S. 403, 406 ff.; Geißler Rpfleger 1987, 5, 6 ff.; Wieczorek/Schütze/Lüke 3. Aufl. § 850h ZPO Rn. 22; MünchKommZPO/Smid 3. Aufl. § 850h Rn. 10; Musielak/Becker § 850h Rn. 18; Zöller/Stöber ZPO 26. Aufl. § 850h Rn. 9; Hess Insolvenzrecht §§ 35, 36 InsO Rn. 771; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 89 Rn. 64). Die in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO angeordnete entsprechende Anwendung des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet zu Gunsten der Insolvenzmasse keine Ansprüche gegen den Drittschuldner, die über die Ansprüche des Gläubigers im Rahmen des Einzelvollstreckungsverfahrens hinausgehen.
a) Allerdings schließt der Wortlaut des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- oder Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet gilt, die Pfändung fiktiven Arbeitseinkommens für die Vergangenheit nicht aus. Er zwingt jedoch auch nicht zu der Annahme, dass der Drittschuldner auch wegen jener Rückstände in Anspruch genommen werden kann, die bis zur Zustellung des Pfändungsbeschlusses fiktiv aufgelaufen sind. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nennt keinen Zeitpunkt, ab dem die angemessene Vergütung im Verhältnis des Gläubigers zum Drittschuldner als geschuldet gilt. Die Bestimmung lässt ihren zeitlichen Anwendungsbereich dem Wortlaut nach offen.
b) Gemäß § 832 ZPO erstreckt sich das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge. Aus dem Wort “auch” wird deutlich, dass die Pfändung den Anspruch auf Arbeitseinkommen als einheitliches Ganzes erfasst und sich auch auf Nachzahlungsansprüche für zurückliegende Zeiträume erstreckt (vgl. Dornbusch S. 93; Geißler Rpfleger 1987, 5 mwN). Aus der Erstreckung der Pfändungswirkung auf reale Rückstände ist aber nicht abzuleiten, dass die Pfändung fiktiven Arbeitseinkommens auch für die Vergangenheit wirkt. Eine Pfändung von fiktiven Rückständen lässt sich mit dem Sinn und Zweck des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO und einem Vergleich zu der Pfändung realer Lohn- oder Gehaltsansprüche nicht in Einklang bringen (Dornbusch S. 93).
c) § 850h Abs. 2 ZPO schützt das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Durchsetzung seiner Forderung gegen einen Schuldner, der für einen Dritten arbeitet oder sonst Dienste leistet, ohne eine entsprechende angemessene Vergütung zu erhalten. Das Gesetz behandelt diesen Dritten beim Vollstreckungszugriff des Gläubigers so, als ob er dem Schuldner zu einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei (BGH 8. März 1979 – III ZR 130/77 – NJW 1979, 1600). Dieser Vollstreckungszugriff ist auch dann möglich, wenn der Schuldner und der Dritte nicht in der Absicht gehandelt haben, den Schuldner einem Vollstreckungszugriff des Gläubigers zu entziehen (vgl. BGH 4. Juli 1968 – II ZR 105/67 – WM 1968, 1254). Die Fiktion des § 850h Abs. 2 ZPO bezweckt keine weitergehende Begünstigung des Gläubigers. Zu seinen Gunsten sollen mit der Fiktion eines angemessenen Arbeitseinkommens nur annähernd jene Verhältnisse geschaffen werden, wie er sie im Falle der Vollstreckung in regulär an den Schuldner entrichtete Vergütung vorfände (Geißler Rpfleger 1987, 5, 6). Nur vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass nicht nur bei der Pfändung realen Arbeitseinkommens, sondern auch bei der Pfändung fiktiver Arbeitsvergütung nach der Rechtsprechung (vgl. BGH 15. November 1990 – IX ZR 17/90 – BGHZ 113, 27) und der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 850h Rn. 12; Zöller/Stöber § 850h Rn. 10) nicht die angemessene Bruttovergütung, sondern nur die Nettovergütung als pfändbar angesehen wird, die Pfändungsschutzvorschriften (§§ 850a, 850b, 850c ZPO) zu beachten sind und dem Gläubiger somit nur der pfändbare Teil der fiktiven Nettovergütung zusteht (kritisch Grunsky FS Baur S. 403, 411 und Geißler Rpfleger 1987, 5, 6). Denn der Drittschuldner muss von der fiktiven Vergütung weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge abführen und der Schuldner bedarf mangels eines Anspruchs auf die fiktive Vergütung keines Pfändungsschutzes.
d) Bei der Pfändung von realen Lohn- oder Gehaltsansprüchen stellen Nachzahlungsansprüche des Schuldners für zurückliegende Zeiträume die Ausnahme dar und treten dann regelmäßig nur in geringem Umfang auf (vgl. Dornbusch S. 93). In der Regel wird ein Arbeitnehmer, der angesichts eines gegen ihn ergangenen Titels die Zwangsvollstreckung nicht abzuwenden sucht, seines Einkommens dringend für den laufenden Lebensunterhalt bedürfen und schon aus diesem Grunde auf eine pünktliche Lohn- oder Gehaltszahlung drängen müssen, jedenfalls aber einen Zahlungsverzug des Arbeitgebers nicht längere Zeit hinnehmen (Geißler Rpfleger 1987, 5, 6). Wenn zu Gunsten des Gläubigers mit der Fiktion eines angemessenen Arbeitseinkommens des Schuldners nur annähernd jene Verhältnisse geschaffen werden sollen, wie sie der Gläubiger im Falle der Vollstreckung in regulär an den Schuldner entrichtete Vergütung vorfände, gebietet dies einen Pfändungsausschluss für fiktive rückständige Lohn- oder Gehaltsansprüche. Hätte der Gläubiger die Möglichkeit, in fiktive Rückstände zu pfänden, wäre er im Vergleich zu einem Gläubiger, der bei regulären Verhältnissen nur in seltenen Ausnahmefällen rückständige Vergütung pfänden kann, bessergestellt. Hinzu kommt, dass bei der Pfändung aufgelaufener realer Vergütung häufig einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen das Risiko des Drittschuldners begrenzen. Bei der Pfändung fiktiver Arbeitsvergütung sind demgegenüber für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltende Ausschlussfristen ohne Bedeutung. Der Gläubiger könnte anders als ein Gläubiger bei der Pfändung realer Arbeitsvergütung durch Zuwarten zu seinen Gunsten und zu Lasten des Drittschuldners die Haftungsmasse anwachsen lassen (Grunsky FS Baur S. 403, 406). Dies entspräche nicht der Interessenlage, zumal die Fiktion des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht voraussetzt, dass der Schuldner und der Dritte in der Absicht gehandelt haben, den Schuldner einem Vollstreckungszugriff des Gläubigers zu entziehen (BGH 4. Juli 1968 – II ZR 105/67 – WM 1968, 1254). Zu berücksichtigen ist, dass der Drittschuldner materiellrechtlich nicht für die Verbindlichkeit des Schuldners haftet und keine Rückgriffsmöglichkeit gegen diesen hat, wenn er aus seinem Vermögen die Verbindlichkeit des Schuldners tilgt. Erst mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erhält der Drittschuldner einen ersten “Fingerzeig”, dass ein höheres als das mit dem Schuldner vereinbarte und ihm gezahlte Arbeitsentgelt pfändbar sein könnte.
e) Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juli 1968 (– II ZR 105/67 – WM 1968, 1254) nicht entschieden, dass rückwärtiges verschleiertes Arbeitseinkommen pfändbar ist. Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung nicht befasst. Dazu bestand auch kein Anlass. Der Leistungsantrag der Klägerin war nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. In diesem stritten die Parteien im Wege der Feststellungsklage nur noch über die Höhe des angemessenen Gehalts. Im Übrigen betraf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs einen anderen Sachverhalt. Der dortige Schuldner war anders als im vorliegenden Fall kein Arbeitnehmer.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, W. Huber, Alex
Fundstellen
Haufe-Index 2003293 |
BAGE 2009, 137 |
DB 2008, 1503 |