Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Klagefrist. Verwirkung
Orientierungssatz
1. Bei der gesetzlichen Regelung des § 625 BGB handelt es sich um parteipositives Recht. Die Parteien können sich vor der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses darüber einigen, daß durch die vorläufige Weiterarbeit der vorläufige Vertrag nicht unbefristet fortgeführt werden soll. Sofern eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich erfolgt, muß ein dahingehender Parteiwille aus den konkreten Umständen des Einzelfalles klar ersichtlich sein.
2. Wer die Unwirksamkeit einer Befristung geltend machen will, braucht nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG weder ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Nichtverlängerungsmitteilung noch ab Vertragsende einzuhalten.
Normenkette
BGB §§ 620, 625, 242; KSchG § 4
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 16.07.1986; Aktenzeichen 7 Sa 377/86) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 22.01.1986; Aktenzeichen 3 Ca 488/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch Fristablauf zum 31. Dezember 1984 beendet worden ist oder über diesen Zeitpunkt und über den 14. Februar 1985 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Die am 16. September 1955 geborene Klägerin wurde seit dem 1. November 1974 (bei der Datumsangabe 1. 11.1972 im Tatbestand des Berufungsurteils handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen) bei den Medizinischen Einrichtungen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in B als medizinisch-technische Laborassistentin beschäftigt. Nach der Geburt eines Kindes beabsichtigte die Klägerin, nur noch halbtags zu arbeiten, und schloß aus diesem Anlaß unter dem 12. Februar 1981 mit Wirkung zum 11. Februar 1981 einen Aufhebungsvertrag mit dem beklagten Land.
In der Folgezeit wurde sie aufgrund folgender befristeter Arbeitsverträge für bestimmte Forschungsprojekte weiterbeschäftigt, wobei jeweils auf die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23. Februar 1961 und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge, insbesondere die SR 2y zum BAT, Bezug genommen und eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbart worden ist:
1. Für die Zeit vom 12. Februar 1981 bis 31. Dezember 1981 im Rahmen des Forschungsprojektes "Bioverfügbarkeitsstudie" aufgrund des Vertrages vom 17. Februar 1981. Die Vergütung erfolgte nach VergGr. V c BAT - Fallgr. 24 - Anlage 1 a Teil II Abschnitt D zum BAT.
2. Für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Dezember 1982 im Rahmen desselben Forschungsprojekts aufgrund Vertrages vom 13. Januar 1982 unter Fortgeltung der bisherigen Arbeitsbedingungen.
3. Für die Zeit vom 1. Januar 1983 bis 31. Dezember 1983 für das Forschungsvorhaben "Entwicklung der Analytik für Oxcarbazepin" aufgrund Vertrages vom 17. Januar 1983, unter Vergütung nach VergGr. V b BAT - Fallgr. 27 - Anlage 1 a Teil II Abschnitt D zum BAT.
Dieser Vertrag enthielt in § 5 folgende Regelung: "Aus dem Umstand, daß nach Beendigung dieses Vertrages möglicherweise eine Weiterbeschäftigung - auch im Rahmen eines anderen Vorhabens - stattfindet, ohne daß sofort ein befristeter Anschlußvertrag bzw. ein neuer befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird (vorübergehende Beschäftigung während eines vertragslosen Zeitraumes), kann kein Angebot auf Dauerbeschäftigung hergeleitet werden; es bleibt somit der Abschluß eines weiteren - sachlich gerechtfertigten - befristeten Arbeitsvertrages vorbehalten."
4. Für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 30. Juni 1984 für dasselbe Forschungsvorhaben aufgrund Vertrages vom 13. Februar 1984, unter Vergütung nach VergGr. IV b BAT - Fallgr. 15 - Anlage 1 a Teil II Abschnitt D zum BAT.
5. Für die Zeit vom 1. Juli 1984 bis 31. Dezember 1984 für das Forschungsprojekt "Pharmakokinetik von Segotin" aufgrund Vertrages vom 4. Oktober 1984 mit derselben Vergütung wie im Vertrag vom 13. Februar 1984.
Die Klägerin wollte ihre Tätigkeit über den 31. Dezember 1984 hinaus fortsetzen und richtete im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung unter dem 2. Januar 1985 folgendes Schreiben an die Verwaltung der Medizinischen Einrichtungen, das dort am 3. Januar 1985 einging:
"Seit dem 31. 12. 1984 bin ich erkrankt. Am
2. 1. 1985 habe ich einen Arzt aufgesucht,
der mich vom 2. 1. 1985 bis zum 7. 1. 1985
arbeitsunfähig schrieb. Sobald ich wieder gesund
sein werde, werde ich meinen Dienst wie
gewohnt versehen.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung füge ich
diesem Schreiben bei."
Ab dem 8. Januar 1985 setzte die Klägerin mit Kenntnis ihres direkten Vorgesetzten Dr. von U ihre Arbeit im Labor fort. Am 17. Januar 1985 und in der Zeit vom 21. bis 25. Januar 1985 mußte sie ihre Arbeit wegen der Betreuung ihres erkrankten Kindes unterbrechen. Am 28. Januar 1985 (bei der Datumsangabe 28. 1. 1986 im Tatbestand des Berufungsurteils handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) trat sie die Arbeit wieder an. Mit Schreiben vom 1. Februar 1985, das der Klägerin an einem der folgenden Tage zuging, teilte ihr der Verwaltungsdirektor der Medizinischen Einrichtungen folgendes mit:
"Bekanntlich ist Ihr befristetes Arbeitsverhältnis
mit dem Land Nordrhein-Westfalen bzw.
der Universität B am 31.12.1984 ausgelaufen.
Nachdem ich jetzt in Erfahrung gebracht habe, daß
Ihre Kollegin Frau B trotz Beendigung ihres
Arbeitsverhältnisses - ebenfalls zum 31. 12. 1984 ab
02. 01. 1985 im Labor bzw. Bereich von Herrn
Dr. von U in der Medizinischen Universitätsklinik
von sich aus weitergearbeitet hat, möchte
ich Ihnen vorsorglich mitteilen, daß ich vor Abschluß
eines sich ggf. künftig ergebenden weiteren
Arbeitsvertrages mit Ihnen mit einer Weiterarbeit
im vertragslosen Zustand nicht einverstanden bin
und insoweit keine Dienstleistung von Ihnen entgegennehmen
werde. Sofern auch Sie nach Auslauf
Ihres vormaligen befristeten Vertrages weiterhin
von sich aus im Bereich von Dr. von U bzw.
in der Medizinischen Universitätsklinik weitergearbeitet
haben sollten bzw. weiterarbeiten, bitte
ich Ihre Tätigkeit sofort einzustellen. Falls zu
gegebener Zeit für ein neues Forschungsvorhaben
seitens der Medizinischen Klinik Ihre Mitarbeit
beantragt wird und die finanzielle Grundlage dazu
gegeben ist, werde ich ggfs. auf Sie zukommen."
Der Forschungsleiter, Prof. Dr. D, wurde mit Schreiben des Verwaltungsdirektors vom selben Tag gebeten, sich zu einer eventuellen Weiterarbeit der Klägerin zu äußern. Er beantragte daraufhin am 4. Februar 1985, die Klägerin über den 31. Dezember 1984 hinaus bis zum 31. Dezember 1985 weiterzubeschäftigen. Der Verwaltungsdirektor lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 14. Februar 1985 (bei der Datumsangabe 14.12.1985 im Tatbestand des Berufungsurteils handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) ab und wiederholte mit Schreiben vom selben Tag gegenüber der Klägerin die Aufforderung, ihre Tätigkeit sofort einzustellen, der die Klägerin auch nachkam.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 25. Februar 1985, der beim Arbeitsgericht am folgenden Tag eingegangen ist, Klage eingereicht mit dem Ziel, den Fortbestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses festzustellen.
Seit dem 15. Oktober 1985 wird die Klägerin als Halbtagskraft unter Eingruppierung in VergGr. V b BAT - Fallgr. 25 - Anlage 1 a Teil II Abschnitt D zum BAT unbefristet weiterbeschäftigt. Unter § 7 des Vertrages vom 15. Oktober 1985 wurde folgende Regelung getroffen: "Vom Abschluß dieses Arbeitsvertrages bleiben die im gegenwärtig anhängigen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Bonn vertretenen unterschiedlichen Auffassungen über den weiteren Bestand bzw. Nichtbestand des früheren, vom 01.07.1984 bis 31.12.1984 befristeten Arbeitsvertrages (Vertrag vom 04.10.1984) unberührt."
In den Vorinstanzen hat die Klägerin vorgetragen, infolge der tatsächlichen Beschäftigung über den 31. Dezember 1984 hinaus sei gemäß § 625 BGB zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden. Ihre Weiterarbeit sei sowohl dem direkten Vorgesetzten Dr. von U als auch dem Forschungsleiter Prof. Dr. D bekannt gewesen. Diese seien bei Drittmittelprojekten als Vertreter der Dienststelle anzusehen. Auch die Personalstelle der Medizinischen Einrichtungen und insbesondere der für sie zuständige Personalsachbearbeiter Herr A habe diese Kenntnis besessen, denn sie habe die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Januar 1985 und die ärztlichen Bescheinigungen vom 17. bzw. 28. Januar 1985 dort eingereicht. Herr A, der ihre Arbeitsverträge vom 17. Februar 1981 und 13. Januar 1982 unterzeichnet habe, habe der Beschäftigung nicht widersprochen, obwohl ihm die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Januar 1985 durch ihren Mann persönlich übergeben worden sei.
Im übrigen fehle es auch an einem sachlichen Grund für die vorgenommenen Befristungen. Sie habe an mehreren Forschungsvorhaben gearbeitet, so daß das Auslaufen einzelner Projekte nicht zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit geführt habe. Auch die Ungewißheit über die künftige Finanzierung der Forschungsvorhaben könne die Befristungen nicht sachlich rechtfertigen. Während ihrer Beschäftigungszeit seien immer wieder neue Verträge in Aussicht gestellt und zum Teil erst mit erheblicher Verspätung zum Abschluß gebracht worden. Sie sei auch, als sie am 8. Januar 1985 ihre Arbeit wieder aufnahm, davon ausgegangen, ein neuer Arbeitsvertrag werde später noch abgeschlossen, da dies in den vergangenen vier Jahren jeweils ebenso geschah.
In der schriftlichen Mitteilung des Verwaltungsdirektors vom 14. Februar 1985 sei eine rechtsunwirksame fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu sehen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien durch die
Befristung zum 31. Dezember 1984 nicht
aufgelöst wird, sondern unbefristet mit
einer Vergütung nach VergGr. IV b BAT
weiter fortbesteht;
2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
der Parteien durch die fristlose Kündigung
der Beklagten vom 14. Februar
1985 nicht aufgelöst wird, sondern darüber
hinaus weiter fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat es vorgetragen, hinsichtlich der Kenntnis der Weiterarbeit komme es nicht auf das Wissen des direkten Vorgesetzten Dr. von U bzw. des Forschungsleiters Prof. Dr. D an, sondern auf das des Verwaltungsdirektors der Medizinischen Einrichtungen bzw. dessen in Personalangelegenheiten bevollmächtigter Mitarbeiter. Sämtliche Arbeitsverträge der Klägerin seien allein mit den Medizinischen Einrichtungen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität abgeschlossen worden und nicht mit dem Forschungsleiter bzw. dessen Mitarbeiter im Rahmen von Privatdienstverträgen. Den zuständigen Stellen sei vor dem 13. Februar 1985 weder ein Vertragsangebot der Klägerin noch deren tatsächliche Weiterarbeit positiv bekannt gewesen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Januar 1985 und die Bescheinigungen über die Erkrankung ihres Kindes vom 17. und 28. Januar 1985 seien von der Klägerin bzw. ihrem Ehemann nicht dem zuständigen Personalsachbearbeiter Herrn A, sondern nachgeordneten Mitarbeitern der Personalverwaltung zugeleitet worden, die keine Vollmacht zum Abschluß von Arbeitsverträgen besessen hätten. Diese hätten die Bescheinigungen ohne Vorlage bei dem zuständigen Vorgesetzten zu den Personalakten der Klägerin genommen. Auf die Kenntnis der nachgeordneten Sachbearbeiter, die vom Inhalt der Bescheinigungen Kenntnis genommen hätten, könne es nicht ankommen. Wegen des unverzüglichen Widerspruchs mit Schreiben vom 1. bzw. 14. Februar 1985 habe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gemäß § 625 BGB nicht begründet werden können. Im übrigen sei der Klägerin bereits vor Arbeitsantritt am 8. Januar 1984 von dem direkten Vorgesetzten Dr. von U mitgeteilt worden, daß versucht werde, für sie Drittmittel zur Verfügung zu stellen, die eine weitere einjährige Beschäftigung ermöglichen sollten, und sie nach ihrer Genesung an einem neuen befristeten Vorhaben weiterarbeiten könne. Die Klägerin habe deshalb gewußt, daß mit ihr kein unbefristetes Arbeitsverhältnis eingegangen werden sollte. Desweiteren sei von ihr das Arbeitsverhältnis vorläufig in der Erwartung fortgesetzt worden, die Parteien würden sich noch darüber einig, ob und unter welchen Bedingungen ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werde. Die Fiktion des § 625 BGB greife in diesem Falle gerade nicht ein.
Auch habe die Klägerin das Recht verwirkt, die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. Dezember 1984 geltend zu machen, denn das beklagte Land habe zwei Monate nach Fristablauf hiermit nicht mehr rechnen müssen.
Im übrigen hätten für die Befristungen sachliche Gründe bestanden, denn die Klägerin sei im Bereich der Drittmittelforschung eingesetzt worden. Die Befristung der Arbeitsverträge sei im Hinblick auf die begrenzte sachliche Zielsetzung, die der Drittmittelgeber mit der zeitlich begrenzten Finanzierung eines Arbeitsplatzes verfolgt habe, sachlich gerechtfertigt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag zu 1) entsprochen, da nach seiner Ansicht ein sachlicher Grund für die vorgenommene Befristung nicht bestanden habe, und den Klageantrag zu 2) wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage auch insoweit abgewiesen, als das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hatte.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend angenommen, daß zwischen den Parteien aufgrund des § 625 BGB kein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht jedoch die Prüfung unterlassen, ob für die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1984 ein sachlicher Grund vorlag. In Ermangelung diesbezüglicher Sachverhaltsfeststellungen ist das Revisionsgericht an einer abschließenden rechtlichen Beurteilung der vereinbarten Befristung gehindert.
I. Zwischen den Parteien ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis weder aufgrund des § 625 BGB noch aufgrund einer sonstigen stillschweigenden Vereinbarung der Parteien begründet worden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses aufgrund des § 625 BGB mit der Begründung verneint, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, daß die Fortsetzung der Arbeit ab dem 8. Januar 1985 mit Wissen des "anderen Teils" im Sinne dieser Regelung erfolgt sei. Als Vertreter des "anderen Teils" kämen nur solche Personen in Betracht, die über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber entscheiden könnten. Dies sei bei den Medizinischen Einrichtungen der Verwaltungsdirektor und vielleicht noch ein in dieser Behörde tätiger Personalsachbearbeiter gewesen, nicht jedoch der Forschungsleiter Dr. von U. Wer dieser Personalsachbearbeiter war und ob diesem die Weiterarbeit der Klägerin ab dem 8. Januar 1985 bekannt gewesen ist, sei dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Das Schreiben der Klägerin an die Verwaltung vom 2. Januar 1985 besage nur, daß sie ihren Dienst antreten werde, nicht, daß sie ihn angetreten habe. Außerdem habe die Klägerin keinen Beweis dafür angeboten, daß dieses Schreiben zur Kenntnis des Personalsachbearbeiters gelangt sei, der ihre Arbeitsverträge vom 17. Februar 1981 und 13. Januar 1982 unterschrieben hat. In der Mitteilung vom 1. Februar 1985 sei darüber hinaus ein unverzüglicher Widerspruch im Sinne des § 625 BGB zu sehen.
2. Ein Eingehen auf diese, von der Revision auch mit Verfahrensrügen angegriffenen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts erübrigt sich schon deshalb, weil die Parteien die gesetzliche Regelung des § 625 BGB zumindest stillschweigend einvernehmlich abbedungen haben.
Bei der gesetzlichen Regelung des § 625 BGB handelt es sich um parteidispositives Recht. Die Parteien können sich vor der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses darüber einigen, daß durch die vorläufige Weiterarbeit der bisherige Vertrag nicht unbefristet fortgeführt werden soll. Sofern eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich erfolgt, muß ein dahingehender Parteiwille aus den konkreten Umständen des Einzelfalles klar ersichtlich sein (vgl. LAG Düsseldorf - Kammer Köln - Urteil vom 9. November 1965 - 8 Sa 283/65 - BB 1966, 741; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 625 BGB Rz 15; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 625 Rz 14; jeweils m.w.N.). Von einem stillschweigenden Ausschluß des § 625 BGB wird dann auszugehen sein, wenn ein Arbeitsverhältnis vorläufig in der Erwartung fortgesetzt wird, beide Parteien würden sich noch darüber einig, ob und unter welchen Bedingungen ein neuer Vertrag abgeschlossen wird (vgl. LAG Düsseldorf, aaO; KR-Hillebrecht, aaO; Staudinger/Neumann, aaO).
Die Ermittlung des Parteiwillens aufgrund der äußeren Umstände kann im Entscheidungsfall vom Revisionsgericht auch ohne diesbezügliche Feststellungen des Berufungsgerichts vorgenommen werden. Es handelt sich nämlich um einen typischen, vielfach wiederkehrenden Sachverhalt, bei dem das Revisionsgericht den Inhalt von Willenserklärungen selbständig bestimmen kann (vgl. zur Vertragsauslegung BAGE 6, 280, 285 = AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1953, zu II 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 15. Dezember 1956 - 2 AZR 364/56 - AP Nr. 4 zu § 549 ZPO). Im übrigen ergeben sich die für die Feststellung des Parteiwillens relevanten Umstände aus den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Vertragsurkunden selbst (vgl. zur Auslegung untypischer Willenserklärungen: BAG Urteile vom 12. Juli 1957 - 1 AZR 418/55 - AP Nr. 6 zu § 550 ZPO; vom 21. November 1958 - 1 AZR 107/58 - AP Nr. 11 zu § 611 BGB Gratifikation; vom 9. März 1972 - 5 AZR 246/71 - AP Nr. 12 zu § 622 BGB; Senatsurteil vom 26. März 1986 - 7 AZR 599/84 - AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).
Nachdem bereits bei den ersten befristeten Arbeitsverträgen der Abschluß des schriftlichen Vertrages dem vereinbarten Beginn der Arbeitstätigkeit nachfolgte, vereinbarten die Parteien im Vertrag vom 17. Januar 1983 (Vertrag Nr. 3) unter § 5 ausdrücklich den Ausschluß der Regelung des § 625 BGB. Erst sechs Wochen nach Vertragsende wurde der folgende schriftliche Arbeitsvertrag (Vertrag Nr. 4) geschlossen. Der Abschluß des Vertrages Nr. 5 erfolgte sogar erst 15 Wochen nach Vertragsbeginn, woraus ersichtlich wird, daß die Parteien von einem stillschweigenden weiteren Ausschluß der Regelung des § 625 BGB ausgingen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin hat sie bereits mehrfach die Arbeitstätigkeit über den Beendigungszeitpunkt der einzelnen befristeten Arbeitsverträge fortgesetzt, mit der Folge, daß nachträglich jeweils erneut ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, und ist sie auch bei der Arbeitsaufnahme am 8. Januar 1985 davon ausgegangen, daß das beklagte Land in der nächsten Zeit durch Abschluß eines weiteren schriftlichen Arbeitsvertrages das Arbeitsverhältnis mit ihr fortsetzen werde. Auch wenn bei ihr keine Zweifel bestanden, daß es zum Abschluß eines weiteren Vertrages kommen werde, mußte sie doch mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dies werde wieder ein befristeter Arbeitsvertrag sein. Insoweit ging sie stillschweigend von einer Fortgeltung des einmal erfolgten Ausschlusses des § 625 BGB aus, denn andernfalls hätte es des Abschlusses eines weiteren Vertrages für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bedurft. Hiervon ging auch das beklagte Land aus, denn nach seinen Angaben wurde der Klägerin noch vor dem 8. Januar 1985 von dem direkten Vorgesetzten Dr. von U lediglich ein weiterer auf ein Jahr befristeter Arbeitsvertrag in Aussicht gestellt.
Aus diesen Umständen wird auch ersichtlich, daß es nach dem 8. Januar 1985 und vor Zugang des Schreibens vom 1. Februar 1985 zu keinem stillschweigenden Abschluß eines Vertrages auf unbestimmte Zeit gekommen ist. Aus dem Sachvortrag der Klägerin selbst ergibt sich nicht, daß das beklagte Land ihr Schreiben vom 2. Januar 1985 und ihre Weiterarbeit ab dem 8. Januar 1985 gerade als Angebot zum Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages auffassen mußte. Noch viel weniger kann in dem Untätigbleiben der vertretungsberechtigten Personen eine diesbezügliche Annahmeerklärung des beklagten Landes gesehen werden.
II. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin könne nicht mehr gerichtlich geltend machen, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1984 sei wegen Fehlens eines sachlichen Grundes rechtsunwirksam gewesen. Denn die gerichtliche Geltendmachung, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses entbehre eines sachlichen Grundes und stelle daher eine objektive Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar, ist nicht an die strikte Einhaltung der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG gebunden.
1. Zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung führt das Landesarbeitsgericht aus, die Rechtsunwirksamkeit einer Befristung könne sich nur aus einer Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes ergeben. Wer sich aber auf das Kündigungsschutzgesetz berufe, müsse dies gerichtlich innerhalb von drei Wochen tun, wie sich aus § 4 Satz 1 KSchG ergebe. Daß eine Befristung rechtsunwirksam sei, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt sei, folge aus dem Geltungsanspruch des Kündigungsschutzgesetzes, weshalb allein konsequent sei, auf die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit der Befristung das Kündigungsschutzgesetz und damit auch dessen § 4 anzuwenden. Dies ergebe sich bereits aus der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 1960 (- GS 1/59 - BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), in der festgestellt werde, daß auf ein zu Unrecht befristetes Arbeitsverhältnis "die (umgangenen) Kündigungsschutzbestimmungen zur Anwendung gelangen". Hierzu müsse auch § 4 KSchG gehören, denn ansonsten wäre die Rechtsstellung des Arbeitnehmers bei befristeten Arbeitsverträgen stärker, als ihm dies das Kündigungsschutzgesetz einräume. Die Beschränkung auf den prozessualen Verwirkungseinwand führe zu einer Verkürzung der Rechtsstellung des Arbeitgebers im Vergleich zum Kündigungsschutzgesetz, obwohl allein aus ihm die Rechtsunwirksamkeit der Befristung abgeleitet werde.
Grundsätzlich sei das Vertragsende des befristeten Arbeitsverhältnisses Ausgangspunkt für den Fristlauf des § 4 Satz 1 KSchG. Bei einer tatsächlichen Weiterarbeit über diesen Zeitpunkt hinaus sei jedoch zu erwägen, ob die Klagefrist nicht erst ab dem Zugang des Widerspruchs des anderen Teils beginne. Auch diese Frist sei von der Klägerin nicht eingehalten worden, denn sie habe das Widerspruchsschreiben des Verwaltungsdirektors vom 1. Februar 1985 spätestens am 4. Februar 1985 erhalten (bei den Datumsangaben 1. 2. 1986 und 4. 2. 1986 in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen). Danach sei die Klagefrist am 25. Februar 1985 (auch bei der Datumsangabe 25. 2. 1986 im Berufungsurteil handelt es sich um ein offensichtliches Versehen) abgelaufen und der Eingang der Klage am 26. Februar 1985 sei verspätet.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung festgestellt, daß von demjenigen, der die Unwirksamkeit einer Befristung geltend machen will, die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG weder ab dem Zeitpunkt des Zugangs einer Nichtverlängerungsmitteilung (vgl. Urteile vom 26. April 1979 - 2 AZR 431/77 - AP Nr. 47 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 5 a der Gründe; vom 24. Oktober 1979 - 5 AZR 851/78 - AP Nr. 49 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 der Gründe; Senatsurteil vom 18. April 1986 - 7 AZR 167/85 - n. v., zu II 2 der Gründe) noch ab Vertragsende (vgl. Senatsurteil vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 1 b der Gründe; Urteile vom 11. November 1982 - 2 AZR 552/81 - AP Nr. 71 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 3 a der Gründe; vom 25. Februar 1983 - 2 AZR 203/81- n.v.; vom 25. August 1983 - 2 AZR 401/82 - n. v., zu II 2 a der Gründe; zustimmend: Herschel, Anm. zum Urteil vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 17; Kraft, Anm. zu AP Nr. 50 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand September 1982, § 620 BGB Anm. II 5 a; a. A.: KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 238 f.; Mache, BB 1981, 243, 246; MünchKomm-Schwerdtner, § 620 BGB Rz 55) einzuhalten ist.
Da von dem Berufungsgericht keine wesentlich neuen Gesichtspunkte gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgebracht werden, erübrigt sich eine wiederholende und vertiefende Darlegung der Gründe, die das Bundesarbeitsgericht veranlaßt haben, von einer analogen Anwendung des § 4 KSchG abzusehen und sich darauf zu beschränken, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG zur Konkretisierung des bei der Verwirkung zu beachtenden Zeitmoments heranzuziehen. Es kann in diesem Zusammenhang auf die umfangreichen Ausführungen bereits in der Entscheidung des Vierten Senats vom 29. August 1979 (- 4 AZR 863/77 - BAGE 32, 85, 88 ff. = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) verwiesen werden, in der festgestellt wird, daß die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge gerade nicht in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu prüfen ist, sowie auf das Senatsurteil vom 7. März 1980 (aaO).
3. Hinsichtlich des Klagebegehrens der Klägerin ist auch keine Verwirkung eingetreten.
Dies würde voraussetzen, daß neben dem reinen Zeitablauf (Zeitmoment) besondere Umstände vorliegen (Umstandsmoment), die bei dem Gegner einen Vertrauenstatbestand dahingehend begründet haben, er werde nicht mehr in Anspruch genommen, dieser sich auf den Vertrauenstatbestand eingestellt hat und es ihm nicht mehr zugemutet werden kann, dem verspäteten Begehren des Berechtigten zu entsprechen (vgl. Senatsurteil vom 7. März 1980, aaO; BAG Urteil vom 11. November 1982, aaO; BAG Urteile vom 28. Juli 1960 - 2 AZR 105/59 - und vom 18. Dezember 1964 - 1 AZR 88/64 - AP Nr. 17 und 36 zu § 242 BGB Verwirkung; BAGE 26, 161 = AP Nr. 3 zu § 9 MuSchG 1968).
Der erkennende Senat hat im Urteil vom 7. März 1980 (aaO) ausgeführt, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf sei im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit davon auszugehen, daß der Zeitspanne, in der der Vertrauenstatbestand für die Nichterhebung der Feststellungsklage wegen der Unzulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses geschaffen werde, enge Grenzen zu setzen seien. Daher könne die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG zur Konkretisierung des bei der Verwirkung zu beachtenden Zeitmoments herangezogen werden.
Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob der im Rahmen der Verwirkung zu beachtende Zeitablauf bereits mit Ende der Vertragsdauer am 31. Dezember 1984 beginnt oder mit Zugang der Mitteilung über die Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses vom 1. Februar 1985 oder erst nach Zugang der endgültigen Ablehnung einer Weiterbeschäftigung nach Abschluß diesbezüglicher Verhandlungen am 14. Februar 1985, zumal erst zu diesem Termin die Klägerin ihre Tätigkeit für das beklagte Land eingestellt hat. Der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt und der in Bezug genommene Sachvortrag der Parteien läßt nämlich nicht erkennen, daß im Streitfall besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer das beklagte Land habe darauf vertrauen dürfen, die Klägerin werde die Wirksamkeit der letzten Befristung nicht gerichtlich klären lassen. Noch viel weniger sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß das beklagte Land in dem Zeitraum nach dem vereinbarten Vertragsende (31. Dezember 1984) bis zum Eingang der Klage beim Arbeitsgericht (26. Februar 1985) im Vertrauen auf eine nicht mehr zu erwartende gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der letzten Befristung entsprechende personelle Dispositionen getroffen hat (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsurteil vom 27. Mai 1983 - 7 AZR 319/81 - n. v., zu I 3 der Gründe; Urteil vom 25. August 1983 - 2 AZR 401/82 - n. v., zu II 2 c, cc der Gründe).
III. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht mithin zu prüfen haben, ob für die Befristung des letzten Arbeitsvertrages vom 4. Oktober 1984 ein sachlicher Grund vorlag (vgl. insbes. Senatsurteil vom 8. Mai 1985 - 7 AZR 191/84 - BAGE 49, 73, 78 ff. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Da das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des beklagten Landes die Klage bereits wegen nicht rechtzeitiger Klageerhebung abgewiesen hat, fehlt es für diese Prüfung bislang an jeglichen Tatsachenfeststellungen. Der Senat sieht deshalb davon ab, für das erneute Berufungsverfahren weitere Hinweise zu geben.
Dr. Seidensticker Dr. Becker Dr. Steckhan
Seiler Dr. Sponer
Fundstellen
EzA § 4 nF KSchG, Nr 32 (KT1-2) |