Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Betriebsübergangs. Tariflicher Verfall von Lohnansprüchen
Leitsatz (redaktionell)
vgl. Urteil des Senats vom 12. November 1998 (– 8 AZR 301/97 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). 8 AZR 302/97
Normenkette
BGB §§ 613a, 615
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 18.04.1997; Aktenzeichen 9 Sa 183/96) |
ArbG Magdeburg (Urteil vom 17.01.1996; Aktenzeichen 2 Ca 4579/95) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 18. April 1997 – 9 Sa 183/96 – aufgehoben, soweit es die Klage auch in Höhe von 2.170,22 DM brutto abgewiesen hat.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 17. Januar 1996 – 2 Ca 4579/95 – auch insoweit abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.170,22 DM brutto zu zahlen.
Die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht und ob die Beklagte an den Kläger Arbeitslohn nachzuzahlen hat.
Der 1941 geborene Kläger war seit 1981 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Vorrichtungsbauer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden.
Die Beklagte ist Eigentümerin eines etwa 500.000 qm großen Industriegeländes in C. Gegenstand ihres Betriebs waren seit 1991 die Verwaltung und Vermietung des Industriegeländes in C., dessen Verwertung in sonstiger Weise sowie Dienstleistungen im infrastrukturellen Bereich für die auf dem Industriegelände ansässigen und anzusiedelnden Unternehmen. Hierzu gehörten insbesondere auch die Bereiche Stahl- und Sondermaschinenbau, Blechmontagen und Schlosserei sowie eine Bauabteilung mit eigenen Gewerken.
Ende September 1994 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, daß sie ab 1. Oktober 1994 aus betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Gründen eine Betriebsspaltung durchführe. Der neue Betrieb sei die IPC-B … mbH (fortan: IPC-B), deren sämtliche Gesellschafteranteile die Beklagte halte. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der IPC-B sei Herr G., der Prokurist der Beklagten. Alle Arbeitnehmer würden nach § 613 a BGB übernommen.
Am 14. Oktober 1994 schloß die Beklagte mit der IPC-B einen Vertrag, wonach die IPC-B von der Beklagten Montage- und Fertigungsaufträge für die Schlosserei, den Sondermaschinenbau und den Baubereich übernehme. Für die zum Teil bereits „angearbeiteten” Aufträge sollte die IPC-B 596.000,00 DM an die Beklagte zahlen.
Am 15. Dezember 1994 schlossen die Beklagte und die IPC-B eine Vereinbarung über „Grundlagen der Verrechnung von Leistungen bzw. vertraglichen Regelungen für Mieten, Pachten, Betriebskosten und Dienstleistungen”. In diesem Nutzungsvertrag waren unter anderem die Mieten für die Zentralwerkstatt sowie für verschiedene Räume im Betriebsgelände, Gegenleistungen für den Geschäftsführer, die Gebäudeverwaltung und die Buchhaltung sowie Entgelte für die Nutzung von Maschinen, Arbeitsgeräten und Fahrzeugen geregelt.
Für die Arbeitnehmer im Produktionsbereich änderte sich im Arbeitsablauf ab 1. Oktober 1994 nichts. Sie erhielten weiterhin Weisungen vom Geschäftsführer der Beklagten und nutzten wie zuvor das Verwaltungsgebäude der Beklagten. Die Buchhaltung der Beklagten führte ab 1. Oktober 1994 in der EDV zwei Unternehmen. Die Lohnabrechnungen wurden ab diesem Zeitpunkt getrennt nach den Unternehmen erstellt. Sozialversicherungsbeiträge und Umsatzsteuern wurden jedoch unter einer Betriebsnummer der Beklagten abgeführt. Die Anmeldung der Lohnsteuer erfolgte über die bisherige Steuernummer der Beklagten.
Nachdem eine Gewinn- und Verlustrechnung zum 29. März 1995 eine erhebliche Überschuldung der IPC-B ergeben hatte, kündigte die Beklagte unter demselben Datum die Nutzungsvereinbarung mit der IPC-B vom 15. Dezember 1994 zum 30. Juni 1995. Am 4. April 1995 beantragte der Geschäftsführer der IPC-B die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Das Amtsgericht ordnete am 5. April 1995 die Sequestration an. Am 22. Juni 1995 beschlossen die Geschäftsführer der Beklagten, der Geschäftsführer der IPC-B und die Sequesterin, den Betrieb stillzulegen und den Arbeitnehmern ordentlich zu kündigen. Am 1. Juli 1995 eröffnete das Amtsgericht das Gesamtvollstreckungsverfahren. Die Verwalterin kündigte mit Schreiben vom 26. Juli 1995 dem Kläger wie auch den übrigen Arbeitnehmern wegen Betriebsstillegung. Der Kläger bot nunmehr vergeblich seine Arbeitskraft der Beklagten an.
Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, das zwischen den Parteien 1981 begründete Arbeitsverhältnis habe ununterbrochen zur Beklagten fortbestanden. Dazu hat er die Auffassung vertreten, im Oktober 1994 sei keine Betriebsspaltung erfolgt. Vielmehr habe ein einheitlicher Betrieb der Beklagten und der IPC-B bestanden. Jedenfalls sei nach Beendigung der Betriebsüberlassung sein Arbeitsverhältnis gem. § 613 a Abs. 1 BGB am 1. Juli 1995, noch vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, wieder an die Beklagte zurückgefallen.
Im übrigen verlangt der Kläger Annahmeverzugslohn für den Zeitraum Juli 1995 bis November 1996 und eine tarifliche Sonderzahlung. Hierauf läßt er sich anderweitig erzielten Zwischenverdienst und bezogenes Arbeitslosengeld anrechnen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien am 20. April 1981 begründete Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 68.554,84 DM brutto abzüglich 44.735,72 DM netto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, im Zusammenhang mit der Unternehmensaufteilung in Besitz- und Betriebsgesellschaft habe ein Betriebsübergang auf die IPC-B stattgefunden. Damit sei der Kläger Arbeitnehmer dieser Gesellschaft geworden. Die IPC-B habe aufgrund der Vereinbarung vom 15. Dezember 1994 die zur Fortführung des Betriebs erforderlichen Rechte erworben. Am 1. Juli 1995 sei sie nicht wieder Arbeitgeberin des Klägers geworden, zumal der Nutzungsvertrag erst am 18. August 1995 ausgelaufen sei. Etwaige Vergütungsansprüche der Klägerin seien jedenfalls tariflich verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von 8.735,60 DM brutto abzüglich eines auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Nettobetrages verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter und wendet sich gegen die Anwendung der tariflichen Ausschlußfrist. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Vergütung von 2.170,22 DM brutto. Im übrigen sind die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger sei ab 1. Oktober 1994 Arbeitnehmer der IPC-B gewesen. Der Betrieb der Beklagten sei zu diesem Zeitpunkt durch Übertragung der Leitungsmacht auf die IPC-B übergegangen. Am 1. Juli 1995 sei der Betrieb nach Kündigung und Ablauf des Nutzungsvertrages vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens wieder an die Beklagte zurückgefallen. Die IPC-B habe den Betrieb nicht vorher stillgelegt. Die Bekanntgabe der Stillegungsabsicht reiche als solche nicht. Einer Stillegung stehe entgegen, daß die IPC-B weder die Betriebstätigkeit zum 1. Juli 1995 eingestellt noch zuvor die Arbeitsverhältnisse gekündigt gehabt habe. Für den Abschluß eines neuen Nutzungsvertrages gebe es keine Anhaltspunkte. Die Fortführung der Betriebstätigkeit zur Ausführung der restlichen Aufträge könne auch durch die Beklagte oder in deren Auftrag erfolgt sein. Die nachfolgende Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens habe dem Betriebsübergang nicht mehr entgegengestanden.
Der Zahlungsantrag sei in Höhe von 8.735,60 DM brutto abzüglich 2.513,70 DM netto begründet. Darüber hinaus geltend gemachte Beträge seien tariflich verfallen.
B. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich des Feststellungsantrags folgt der Senat nicht. Im Ergebnis hat das Landesarbeitsgericht allerdings zu Recht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht. Hinsichtlich des Zahlungsantrags kann der Senat den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts weitgehend folgen.
I. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das zwischen den Parteien am 20. April 1981 begründete Arbeitsverhältnis besteht fort. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die IPC-B übergegangen. Die Beklagte hat die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs auf die IPC-B nicht schlüssig vorgetragen.
1. Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Der Begriff Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehörten als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Eine Einheit darf allerdings nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (ständige Rechtsprechung des Senats im Anschluß an das Urteil des EuGH vom 11. März 1997 – Rs C-13/95 – EuGHE I 1997, 1259 = AP Nr. 14 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187 [Ayse Süzen]; vgl. nur Senatsurteil vom 22. Januar 1998 – 8 AZR 775/96 – AP Nr. 174 zu § 613 a BGB).
Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muß seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es daneben nicht. Allerdings tritt kein Wechsel der Inhaberschaft ein, wenn der neue „Inhaber” den Betrieb gar nicht führt (Urteil des Senats vom 12. November 1998 – 8 AZR 282/97 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß die IPC-B ab 1. Oktober 1994 die Führung des Betriebs übernommen habe. Die IPC-B war schon nach Darstellung der Beklagten am 1. Oktober 1994 nicht in der Lage, mit eigenen Betriebsmitteln den Betrieb zu führen. Sie leitete Nutzungsrechte allein aus der Vereinbarung vom 15. Dezember 1994 her. Eine andere Grundlage für die Nutzung der Betriebsmittel durch die IPC-B führt sie nicht an. Am 1. Oktober 1994 kann sie danach nicht mit eigenen Betriebsmitteln den Betrieb geführt haben. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch noch keine rechtliche Grundlage für die Durchführung von Dienstleistungen für die Beklagte. Aufträge hat sie erst durch die Vereinbarung vom 14. Oktober 1994 „übernommen”. Am 1. Oktober 1994 existierte ein Betrieb der IPC-B also nicht tatsächlich, sondern allenfalls buchhalterisch.
Daß zu einem späteren Zeitpunkt ein Betriebsinhaberwechsel stattgefunden haben soll, vertritt die Beklagte nicht. Ungeachtet dessen ist es auch nicht ersichtlich, ob und zu welchem Zeitpunkt die IPC-B vor Anordnung der Sequestration Betriebsinhaberin geworden sein könnte. Dazu hätte die IPC-B allein die Leitung eines organisatorisch abgrenzbaren Betriebsteils übernehmen und diesen auch tatsächlich führen müssen. Nicht ausreichend ist es, wenn durch die Buchhaltung mit vorhandenen EDV-Programmen ein virtuelles Unternehmen neben dem bisherigen geführt wird und die Arbeitnehmer davon in Kenntnis gesetzt werden.
Bei Identität oder Teilidentität der die Leitungsmacht ausübenden Personen ist vielmehr nachzuweisen, für wen diese Personen jeweils tätig geworden sind bzw. werden. Möglich ist das nur durch eine klare Abgrenzung der Aufgabengebiete einerseits und ein deutliches Auftreten für das eine oder das andere Unternehmen andererseits. Beruft sich der bisherige Arbeitgeber darauf, daß eigene Geschäftsführer oder leitende Angestellte nicht für das eigene Unternehmen gehandelt, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt auch ein anderes Unternehmen geführt haben, kann das nur durch Darstellung der geänderten Organisationsstruktur und des Auftretens der Arbeitnehmer bzw. Organe nach außen geschehen. Erhöhte Anforderungen an den Vortrag sind darüber hinaus zu stellen, wenn keine räumliche Trennung durchgeführt worden ist.
Im Streitfall kommt hinzu, daß der Kläger konkrete Beispiele aufgezeigt hat, in denen das Direktionsrecht nicht von Herrn G., sondern durch den Geschäftsführer der Beklagten ausgeübt worden ist und eine starke personelle Verknüpfung vorlag. Herr G. war nicht nur zugleich Prokurist der Beklagten und Geschäftsführer der IPC-B. Er wurde zudem als Geschäftsführer durch die Beklagte gestellt, wofür sie von der IPC-B 6000,00 DM erhielt.
Demgegenüber ist nach dem Vortrag der Beklagten unklar geblieben, wer welche Bereiche geleitet hat. So hat auch nach eigener Darstellung der Beklagten ihr Geschäftsführer die Leitung weiterhin insoweit ausgeübt als es um den Einsatz von Arbeitnehmern im Rahmen von Leistungen ging, die die Beklagte Dritten gegenüber zu erbringen hatte. Es fehlte also eine klare organisatorische Trennung, die aber gerade Voraussetzung für die Feststellung eines Inhaberwechsels gewesen wäre.
3. War der Betrieb der Beklagten damit entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gar nicht am 1. Oktober 1994 auf die IPC-B übergegangen, kommt es auf einen möglichen Rückfall des Betriebs auf die Beklagte durch Beendigung des Nutzungsvertrages zum 30. Juni 1995 nicht mehr an. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat ununterbrochen zur Beklagten fortbestanden.
II. Der Zahlungsantrag ist nur teilweise begründet. Der Kläger kann weitere 2.170,22 DM brutto von der Beklagten verlangen.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht einen Annahmeverzug der Beklagten ab 1. Juli 1995 angenommen. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, dem Kläger einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Dem ist sie nicht nachgekommen. Dem Kläger stehen daher ab 1. Juli 1995 Vergütungsansprüche gem. § 615 BGB zu.
2. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die für die Monate Dezember 1995 bis September 1996 beanspruchten Differenzbeträge gem. § 22 Abs. 1 des zwischen den Parteien geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Sachsen-Anhalt vom 6. März 1991 (MW) verfallen sind. Nach dieser Tarifvorschrift verfallen Lohnansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht § 22 Abs. 3 MTV dem Verfall nicht entgegen. Nach dieser Regelung werden Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, die sich im Laufe eines Kündigungsschutzprozesses für die Zeit nach der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben, erst mit der Rechtskraft der Entscheidung, durch die das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird, fällig. Dies gilt nach dem klaren Wortlaut der Tarifvorschrift allerdings nur im Fall des Kündigungsschutzprozesses, der hier nicht vorliegt. Bestimmt ein Tarifvertrag, daß die für den Verfall von Lohnansprüchen maßgebliche Fälligkeit vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängt, so gilt dies nicht auch bei anderen Bestandsschutzstreitigkeiten. Den Tarifparteien war bei Abschluß des Tarifvertrages bekannt, daß es auch andere Bestandsschutzstreitigkeiten gibt, bei denen ähnliche Risiken bestehen. Es hätte nahegelegen, auch diese entsprechend zu regeln, wenn dies gewollt gewesen wäre.
Soweit der Kläger geltend macht, die Berufung der Beklagten auf die tarifliche Ausschlußfrist sei treuwidrig, hat er hierzu keinen geeigneten Sachvortrag gebracht.
3. Damit hat der Kläger nur die Lohnansprüche für die Monate Juli bis November 1995 und Oktober bis Dezember 1996 sowie die am 1. Dezember 1996 fällige Jahressonderzahlung rechtzeitig geltend gemacht. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch der Differenzanspruch für den Monat Juli 1995 in Höhe von 366,15 DM nicht verfallen. Der Lohnanspruch für diesen Monat konnte im vollen Umfang noch am 16. November 1995 geltend gemacht werden, da die Ausschlußfrist erst ab Zugang des Ablehnungsschreibens (hier Klageabweisungsantrag) im September 1995 lief. Auch die Jahressonderzahlung 1996 in Höhe von 1.804,07 DM hat der Kläger im Januar 1997 rechtzeitig geltend gemacht. Die Beklagte hat somit noch insgesamt 2.170,22 DM brutto an den Kläger zu zahlen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Noack, R. Iskra
Fundstellen