Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubslohn bei Gedingearbeiten nach dem MTB II

 

Normenkette

MTB II Nr. 17 Abs. 1b Unterabs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1, Abs. 2 Unterabs. 2 SR 2a; MTB II § 72; BUrlG § 11

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 14.02.1990; Aktenzeichen 7 (4) Sa 754/89)

ArbG Aachen (Urteil vom 30.03.1989; Aktenzeichen 5 d Ca 59/89)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Februar 1990 – 7 (4) Sa 754/89 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des Urlaubsentgelts.

Der Kläger ist seit 1972 bei der Beklagten im Heeresinstandsetzungswerk … als Arbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes – MTB II – vom 27. Februar 1964 in der jeweils gültigen Fassung kraft Tarifbindung beider Parteien Anwendung. In der Nr. 17 SR 2 a MTB II i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 37 zum MTB II vom 12. Dezember 1984, gültig ab 1. Januar 1985, war u.a. bestimmt:

„(1) Der Arbeiter, der unter die Gedingerichtlinien vom 1. April 1964 fällt, erhält als Urlaubslohn

  1. den Monatsregellohn und die Lohnzulagen, die nicht im Monatsregellohn enthalten sind, für die Stunden, die er während des Urlaubs dienstplanmäßig im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15) gearbeitet hätte und die entlohnt worden wären,
  2. nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 Unterabs. 2 einen Zuschlag in der nach Absatz 2 berechneten Höhe für jede Stunde, für die nach Buchstabe a der Monatsregellohn gezahlt wird.

(2) Der Zuschlag nach Absatz 1 Buchst. b ergibt sich aus der Summe

  1. der Gedingeüberverdienste, Prämien oder Zuschläge für leistungsabhängige Arbeiten,
  2. des Lohnes für Überstunden,
  3. der Zeitzuschläge nach § 27 Abs. 1 Buchst. a bis d, mit Ausnahme des Zeitzuschlages für Mehrarbeit.
  4. der Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszuschläge (§ 29) und
  5. der Wechselschichtzuschläge (§ 29 a),

    die für das vorangegangene Kalenderjahr zugestanden haben, geteilt durch die Zahl der in der Zeit vom 1. November des Vorvorjahres bis zum 31. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahres dienstplanmäßig im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15) entlohnten Arbeitsstunden.

    Hat das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. Juni des vorangegangenen Kalenderjahres oder im laufenden Kalenderjahr begonnen, treten als Berechnungszeitraum für die Feststellung der Summe der Lohnbestandteile nach Unterabsatz 1 Buchst. a bis e an die Stelle des vorangegangenen Kalenderjahres die vor Beginn des Urlaubs abgerechneten Lohnzeiträume (§ 31 Abs. 1) und als Berechnungszeitraum für die Festsetzung der Zahl der dienstplanmäßig im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15) entlohnten Arbeitsstunden an die Stelle des Zeitraums vom 1. November des Vorjahres bis zum 31. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahres die vor Beginn des Urlaubs abgerechneten Lohnzeiträume (§ 31 Abs. 1) mit Ausnahme der beiden letzten abgerechneten Lohnzeiträume. Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn des Urlaubs mindestens sechs volle Kalendermonate bestanden, bleibt der danach berechnete Zuschlag für den Rest des Urlaubsmonats maßgebend.

    …”

Der Kläger arbeitet im Gedinge und erhält neben dem Monatstabellenlohn der Lohngruppe V Leistungslohnzuschläge (Gedingelohn). Er war in den Jahren 1985 und 1986 langfristig erkrankt, so auch in der Zeit vom 1. November 1985 bis 31. Oktober 1986, Während dieser Zeit erhielt er keinen Krankenlohn.

Der schwerbehinderte Kläger hatte im Jahre 1987 20 Tage Urlaub in der Zeit vom 3. August bis 28. August und 15 Tage Urlaub in der Zeit vom 8. Dezember bis 30. Dezember 1987. Die Beklagte zahlte ihm in dieser Zeit als Urlaubslohn lediglich den Monatstabellenlohn.

Der Kläger hat demgegenüber gemeint, er habe wegen seiner Gedingearbeit einen höheren Anspruch. Aus seinen Verdiensten in den Monaten März bis Mai 1987 hat er einen Durchschnitt von 26.93 DM pro Arbeitstag errechnet, der zusätzlich zum Monatstabellenlohn pro Urlaubstag als Urlaubslohn zu zahlen sei.

Mit seiner am 7. Februar 1989 zugestellten Klage hat er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 942,55 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verlangt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Urlaubsvergütung für 35 Tage Urlaub des Jahres 1987.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch nach der Nr. 17 Abs. 1 b in Verb. mit Nr. 17 Abs. 2 Unterabs. 1 a SR 2 a MTB II. Danach erhält der Arbeiter als Urlaubslohn neben dem Monatsregellohn einen Zuschlag in der nach Abs. 2 berechneten Höhe für jede Stunde, für die nach Buchst. a der Monatsregellohn gezahlt wird. Der Zuschlag nach Abs. 1 Buchst. b ergibt sich aus der Summe der Gedingeüberverdienste, Prämien oder Zuschläge für leistungsabhängige Arbeiten, die für das vorangegangene Kalenderjahr zugestanden haben, geteilt durch die Zahl der in der Zeit vom 1. November des Vorvorjahres bis zum 31. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahres dienstplanmäßig im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15) entlohnten Arbeitsstunden.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Tarifbestimmungen nicht.

a) Der Kläger hat seiner Klage den Durchschnittsverdienst der Monate März bis Mai 1987 zugrunde gelegt. Das entspricht nicht der Tarifvorschrift. Nach Nr. 17 Abs. 1 b SR 2 a MTB II wird der Zuschlag für jede Stunde gewährt, für die der Monatsregellohn gezahlt wird. Der Kläger legt seiner Berechnung zu Unrecht Tage zugrunde.

b) Die Berechnung des Zuschlags, die in § 17 Abs. 1 b und in Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2 a MTB II geregelt ist, setzt voraus, daß dem Kläger im Jahr 1986 (vorangegangenes Urlaubsjahr) Verdienst der in den Buchst. a bis e der Nr. 17 Abs. 2 genannten Art erzielt hat. Ferner müssen in einem von diesem Zeitraum abweichenden Zeitraum (1. November des Vorvorjahres bis 31. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahres) Arbeitsstunden entlohnt worden sein. Nach den in diesem Zeitraum entlohnten Arbeitsstunden bemißt, sich der Divisor.

aa) Der Vortrag des Klägers enthält bereits zur ersten Voraussetzung (Verdienst im Jahr 1986) keinerlei Angaben. Im Urteil erster Instanz findet sich der Hinweis, der Kläger habe ab November 1986 wieder gearbeitet. Die von ihm überreichten Lohnbescheinigungen (Bl. 56 und 57 der Vor A) weisen dagegen überhaupt keine Arbeitsvergütung aus. Dieser Widerspruch kann auf sich beruhen. Denn damit ist nicht vorgetragen, welche Mehrverdienste der in Nr. 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a bis e SR 2 a MTB II genannten Art die Summe für die Berechnung des Zuschlags bilden sollen. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß dem Kläger im Bezugszeitraumvorjahr keine Beträge der vorgenannten Art zugestanden haben. Das hat zur Folge, daß der tarifliche Anspruch nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht entsteht (BAG Urteil vom 27. Januar 1981 – 6 AZR 331/78 – AP Nr. 2 zu § 47 BAT, mit zustim. Anm. Clemens; Urteil vom 8. September 1983 – 6 AZR 198/80 – AP Nr. 4 zu § 47 BAT. beide zur Anforderung „gezahlte Beträge”; Urteil vom 7. April 1987 – 8 AZR 19/85 – AP Nr. 7 zu § 47 BAT, zur Voraussetzung „zugestandene Vergütung”).

bb) Die weitere Voraussetzung „entlohnte Arbeitsstunden” im Zeitraum vom 1. November des Vorvorjahres bis zum 31. Oktober des Vorjahres liegt ebenfalls – unstreitig – nicht vor.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach § 17 Abs. 2 Unterabs. 2 SR 2 a MTB II. Diese Vorschrift regelt abweichend von Nr. 17 Abs. 1 b in Verb. mit Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2 a MTB II die Berechnung des Zuschlags, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. Juni des vorangegangenen Kalenderjahres oder im laufenden Kalenderjahr begonnen hat.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht gegeben. Der Kläger ist bereits seit 1972 bei der Beklagten beschäftigt.

3. Die Vorschrift der Nr. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 SR 2 a MTB II kann auch nicht zugunsten des Klägers entsprechend angewandt werden. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält der Tarifvertrag keine unbewußte Tariflücke, die es durch Analogie zu schließen gilt. Die Annahme einer Tariflücke setzt wenigstens voraus, daß aus den Bestimmungen des Tarifvertrags der Wille der Tarifvertragsparteien erkenntlich wird, der Arbeitnehmer solle unabhängig vom Bezug besonderer Verdienste zusätzlichen Urlaubslohn erhalten, wenn er irgendwann einmal Sonderzahlungen der im Tarifvertrag genannten Art erhalten hat. Das ist angesichts der ausdrücklichen Regelungen der Nr. 17 Abs. 1 b und Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2 a MTB II nicht der Fall (im Ergebnis ebenso BAG Urteile vom 27. Januar 1981, 8. September 1983 und 7. April 1987, a.a.O., zu § 47 BAT). Das verkennt die Revision.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Gerichte für Arbeitssachen eine Lücke im Tarifvertrag auch nicht ohne weiteres durch eine analoge Anwendung einer bestehenden Vorschrift schließen dürfen. Es ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien, lückenhafte Tarifvorschriften zu ergänzen, es sei denn, es ist überhaupt nur eine Lösung denkbar. Dann ist es den Gerichten erlaubt, die Lücke so zu schließen. Das ist im Streitfall angesichts der differenzierten Möglichkeiten, wie Urlaubslohn berechnet werden kann, nicht der Fall.

4. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf § 11 Abs. 1 BUrlG stützen, weil die tarifliche Regelung der Nr. 17 SR 2 a MTB II wegen Verstoßes gegen das sog. Lebensstandardprinzip unwirksam sei. Soweit das Lebensstandardprinzip überhaupt unabdingbarer Inhalt des Bundesurlaubsgesetzes sein sollte, ist seine Verletzung nicht erkennbar. Der Kläger hatte in der Zeit vor dem Urlaubsjahr 1907 wegen seines krankheitsbedingten Ausfalls einen wesentlich geringeren Lebensstandard als er ihn während des Urlaubs verwirklichen konnte.

5. Davon abgesehen müßte der Klage ohnehin der Erfolg versagt bleiben, weil der Kläger es versäumt hat vorzutragen, daß sein behaupteter tariflicher Anspruch aus dem Jahre 1987 bis zur Klageerhebung im Februar 1989 bestanden hat und nicht wegen Versäumung der tariflichen Ausschlußfrist des § 72 MTB II verfallen ist. Danach müssen Ansprüche aus Arbeitsverträgen, die sich nach dem Tarifvertrag und den dazu vereinbarten Ergänzungsabkommen bestimmen, innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden, soweit der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. Das Vorbringen des Klägers, „alle Bemühungen, die Beklagte zu einer gütlichen Regelung des Anspruchs zu bewegen, (seien) ergebnislos geblieben”, genügt den Anforderungen des § 72 MTB II nicht. Der Kläger hätte vielmehr vortragen müssen, wann er den Anspruch innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit (Fälligkeitsdaten sind nach § 31 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 in Verb. mit Nr. 17 Abs. 1 b SR 2 a MTB II der 15. Oktober 1987 und der 15. Februar 1988) gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht hat.

 

Unterschriften

Dörner, Dr. Reinecke, Dr. Lipke, Dr. Roeckl, Thelen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073654

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