Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Alleingesellschafters einer GmbH & Co. KG
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu 1 AZR 94/90
Normenkette
BetrVG § 113 Abs. 3; BGB §§ 613a, 826; HGB § 171; AktG §§ 17-18, 291, 303, 308, 322
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 24.01.1990; Aktenzeichen 7 Sa 65/89) |
ArbG Ulm (Urteil vom 16.06.1989; Aktenzeichen 1 Ca 412/88) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Januar 1990 – 7 Sa 65/89 – aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht über den Gehaltsanspruch der Klägerin für September 1988 und über die Kosten entschieden hat.
Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten (noch) über die Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes der Klägerin und des Gehalts der Klägerin für den Monat September 1988.
Die Klägerin war seit 1975 bei der Fa. H. als kaufmännische Angestellte zu einem Monatsgehalt von zuletzt 1.536,– DM brutto beschäftigt.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. H. war die R. Verwaltungs-GmbH, Kommanditistin eine Frau M. R. mit einer Kommanditeinlage von 6 Millionen DM. Die Fa. H. produzierte und vertrieb Geräte zur Warmwasserbereitung. Im Jahre 1984 tätigte sie mit rd. 120 Arbeitnehmern einen Umsatz von etwa 25 Millionen DM. Dabei erwirtschaftete sie 1984 einen Verlust von rd. 4,5 Millionen DM und im Jahre 1985 einen weiteren Verlust in Höhe von gut 9 Millionen DM. Per 31. Dezember 1985 wies die Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von rd. 5,8 Millionen DM auf. Im Bericht der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über die Erstellung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1985 heißt es u.a.: „Die Gesellschaft ist erheblich überschuldet … Der Fortbestand der Gesellschaft ist nur durch massive finanzielle Unterstützung der Gesellschafter zur umgehenden Beseitigung der Überschuldung und Finanzierung des laufenden Geschäftes zu gewährleisten …”.
Mit Wirkung zum 1. Januar 1986 erwarb die Beklagte, ein mit der Fa. H. konkurrierendes Unternehmen für Geräte der Warmwasserbereitung, von Frau R. 51 % ihrer Kommanditeinlage, d.h. einen Anteil von 3.060.000,– DM, sowie sämtliche Geschäftsanteile der persönlich haftenden Gesellschafterin, der R. Verwaltungs-GmbH. Sie erhöhte weiter im Laufe des Jahres 1986 ihren Kommanditanteil um 9 Millionen DM auf 12.060.000,– DM und zahlte die Kommanditeinlage ein. Damit war der Verlust des Jahres 1985 in etwa ausgeglichen. Im Jahre 1986 erwirtschaftete die Fa. H. einen weiteren Verlust von fast 8 Millionen DM, der ebenfalls von der Beklagten ausgeglichen wurde. Ob der Verlust für das Jahr 1987 in Höhe von rd. 10 Millionen DM noch von der Beklagten ausgeglichen wurde, ist unter den Parteien streitig.
Die Fa. H. produzierte bis zum Jahre 1986 Heizeinsätze, Kleingeräte, Wandspeicher, Standspeicher, Rohbehälter und Warmluftgeräte. Aufgrund von Umstrukturierungsplänen wurde die Produktion von Heizeinsätzen und Standspeichern in einen Betrieb der Beklagten nach H., die Produktion von Kleingeräten in einen Betrieb der Beklagten in E. und von Wandspeichern zur S. Hellas AG in Kilkis, Griechenland, einer Tochter der Beklagten, verlagert. Die Fa. H. übernahm die Produktion der von der Beklagten und der griechischen Firma benötigten Rohbehälter sowie die Grobblechverarbeitung. Die Umsätze aus dieser Tätigkeit betrugen im Jahre 1986 rd. 1,8 Millionen DM und im Jahre 1987 rd. 4,7 Millionen DM. Für 1988 waren Umsätze in Höhe von rd. 7,4 Millionen DM geplant.
Mit diesen Umstrukturierungsmaßnahmen wurde im April 1986 begonnen. Die Fa. H. gab in diesem Zusammenhang die für die Produktion benötigten Betriebsmittel an die angegebenen Firmen und Betriebe ab. Darüber, zu welchen Konditionen die Betriebsmittel im einzelnen überlassen wurden, herrscht unter den Parteien Streit. Die Fa. H. übernahm weiter den Vertrieb der in den Betrieben H., E. und Kilkis gefertigten Kleingeräte. Unter den Parteien ist ebenfalls streitig, ob die Einkaufspreise für die Fa. H. dabei höher lagen als die zuvor bei ihr angefallenen Produktionskosten.
Bereits Ende 1985 hielten sich Mitarbeiter der Beklagten im Betrieb der Fa. H. auf. Die Verlagerung der Produktion in das Werk H. der Beklagten bearbeitete ein Arbeitnehmer der Beklagten. Auch in der Zeit danach waren teils für Tage, teils für längere Zeiträume eine Reihe von Arbeitnehmern der Beklagten im Betrieb der Fa. H. tätig. Streitig ist zwischen den Parteien, ob und in welchem Umfang diese Arbeitnehmer gegenüber der Fa. H. und deren Arbeitnehmern weisungsbefugt waren. Der Kläger hat dazu u.a. behauptet, in einer Geschäftsleitungsbesprechung vom 17. März 1988 habe der Geschäftsführer Dr. G. der Beklagten ausdrücklich erklärt, daß der Geschäftsführer C. der Fa. H. keinerlei Weisungsbefugnisse habe. Einstellungen und Entlassungen hätten nur mit Genehmigung der Beklagten vorgenommen werden dürfen.
Im Sommer 1988 plante die Fa. H., die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von etwa 120 auf rd. 50 Arbeitnehmer zu reduzieren. Am 22. Juni 1988 begannen deswegen Verhandlungen der Geschäftsleitung der Fa. H. mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich, die zu keinem Erfolg führten. Daraufhin wurde für die Verhandlung über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan die Einigungsstelle angerufen. In der Sitzung vom 29. August 1988 kam ein Interessenausgleich nicht zustande. Die Einigungsstelle vertagte sich daraufhin.
Schon am 5. und 21. Juli 1988 hatte die Fa. H. Massenentlassungen beim Landesarbeitsamt und beim Arbeitsamt Ulm angezeigt. Am 30. August 1988 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts H., dort hat die Beklagte ihren Sitz, eine Fa. „Theodor H. Vertriebsgesellschaft mbH” eingetragen.
Am 31. August 1988 stellten die Fa. H. und deren persönlich haftende Gesellschafterin beim Amtsgericht Ulm den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen. Die Anträge wurden durch Beschluß des Amtsgerichts vom 7. September 1988 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Masse nicht die Verfahrenskosten decke. Am 1. September 1988 stellte die Fa. H. die Produktion ein. Ein Teil der Belegschaft wurde mit Abwicklungsarbeiten weiterbeschäftigt. Die Räumung des Betriebes nach Versteigerung des Inventars war am 31. Dezember 1988 abgeschlossen.
Am 20. September 1988 wurde von Gläubigern der Fa. H. die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt. Dem Antrag wurde am 4. April 1989 durch Beschluß des Amtsgerichts Ulm stattgegeben.
Mit Schreiben vom 27. September 1988, der Klägerin zugegangen am 30. September 1988, kündigte die Fa. H. der Klägerin – wie auch den anderen Arbeitnehmern – das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. März 1989. Die Klägerin hat daraufhin Kündigungsschutzklage sowohl gegen die Fa. H. als auch gegen die Beklagte erhoben und die Zahlung ihres Septembergehalts abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes verlangt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei in den Jahren 1987 und 1988 ihrem Arbeitsverhältnis mit der Fa. H. beigetreten und so ebenfalls ihre Arbeitgeberin geworden. Im Zusammenhang mit der Produktionsverlagerung sei es zu einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB auf die Beklagte gekommen. Nach dem Erwerb der Mehrheitsanteile habe die Beklagte in allen Fragen der Produktion, des Vertriebs und der Personalangelegenheiten einen beherrschenden Einfluß auf die Fa. H. ausgeübt. Damit sei die Beklagte zum „Unternehmer” im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG geworden. Die Beklagte und nicht die Fa. H. sei daher verpflichtet gewesen, vor der Stillegung des Betriebes einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu versuchen. Das habe die Beklagte nicht getan, so daß sie ihr einen Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG schulde. Zumindest schulde die Beklagte die Abfindung als Schadenersatz für den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Beklagte habe die Gläubiger der Fa. H. und auch sie, die Klägerin, vorsätzlich geschädigt. Seit Mitte 1986 habe die Beklagte konsequent das Vermögen der Fa. H. auf sich überführt und diese schließlich in einem vermögenslosen Zustand zurückgelassen. Die Beklagte habe eine Produktion für ca. 120 Arbeitsplätze mit einem Umsatz von etwa 25 Millionen DM jährlich übernommen und damit bei sich selbst einen Personalabbau vermieden. Sie habe einen funktionierenden Kundendienst, das know-how der Fa. H., deren Firmennamen, Produktionsmittel und den Waren- und Materialbestand übernommen und als Gegenleistung lediglich für die Zeit der Umstrukturierung die Liquidität der Fa. H. erhalten und die Kosten für die Schließung des Betriebes der Fa. H. in Ulm getragen. Damit habe die Beklagte vorsätzlich und sittenwidrig zum eigenen Vorteil die Gläubiger der Fa. H. geschädigt und sei daher zum Schadenersatz verpflichtet.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Fa. H. sowie der Beklagten durch die Kündigung der Fa. H. vom 27. September 1988 nicht mit dem 31. März 1989 beendet worden ist,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.432,– DM als Abfindung zu zahlen,
- die Beklagte gesamtschuldnerisch mit der Fa. H. zu verurteilen, an sie 1.536,– DM brutto abzüglich auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangener 617,46 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat lediglich die Fa. H. verurteilt, an die Klägerin das Gehalt für den Monat September 1988 zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen, die gegen die Beklagte gerichtete Kündigungsschutzklage mit der Begründung, zwischen der Klägerin und der Beklagten habe kein Arbeitsverhältnis bestanden.
Die Berufung gegen dieses Urteil hat die Klägerin lediglich gegen die Beklagte gerichtet. Mit dieser verfolgt sie noch ihren Anspruch auf Zahlung der Abfindung und des Gehalts für den Monat September 1988.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nur insoweit begründet, als das Landesarbeitsgericht über den Gehaltsanspruch der Klägerin für September 1988 entschieden hat. Soweit das Landesarbeitsgericht den Abfindungsanspruch abgewiesen hat, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
I. Ein Abfindungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist nicht gegeben.
1. Ansprüche, die in einem Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten begründet sein könnten, stehen der Klägerin nicht zu. Zwischen den Parteien hat zu keiner Zeit ein Arbeitsverhältnis bestanden.
a) An der Prüfung, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist der Senat nicht deswegen gehindert, weil das Arbeitsgericht die gegen die Beklagte gerichtete Kündigungsschutzklage rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen hat, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Mit der Rechtskraft dieser Entscheidung steht lediglich fest, daß zwischen den Parteien über den 31. März 1989 hinaus kein Arbeitsverhältnis besteht, nicht aber nimmt die Begründung dafür, zwischen den Parteien habe nie ein Arbeitsverhältnis bestanden, an der Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung teil. Zwar hat der Fünfte Senat entschieden (Urteil vom 12. Januar 1977 – 5 AZR 593/75 – AP Nr. 3 zu § 4 KSchG 1969), daß mit der Rechtskraft eines der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils auch rechtskräftig feststeht, daß zwischen den Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die dafür maßgebende Überlegung kann jedoch nicht auf den umgekehrten Fall übertragen werden. Streitgegenstand einer. Kündigungsschutzklage oder einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO ist die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis über einen bestimmten Termin hinaus fortbesteht. Wird diese Frage bejaht, wird damit notwendig auch ausgesprochen, daß vor diesem Termin ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat. Wird dagegen die Klage abgewiesen, so steht lediglich fest, daß über den Termin hinaus ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht besteht. Ob ein Arbeitsverhältnis zu einer früheren Zeit bestanden hat, ist damit nicht entschieden.
b) Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis darin zu folgen, daß zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
Die Klägerin war Arbeitnehmerin der Fa. H., Dadurch, daß die Beklagte Kommanditistin der Fa. H. geworden ist und alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH der Beklagten, wurde sie nicht Betriebsinhaberin des Betriebes der Fa. H. mit der Folge, daß sie in die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Fa. H. nach § 613 a BGB eingetreten wäre. Tritt in einer Personengesellschaft ein Gesellschafterwechsel ein, so liegt darin kein Betriebsinhaberwechsel, weil die Personengesellschaft dadurch in ihrer Identität als Arbeitgeber und Betriebsinhaber nicht berührt wird (BAG Urteil vom 3. Mai 1983, BAGE 42, 312 = AP Nr. 4 zu § 128 HGB; BGH Urteil vom 8. November 1965, BGHZ 44, 229). Für den Fall, daß ein weiterer Gesellschafter der Personengesellschaft beitritt, kann nichts anderes gelten. Erst recht liegt kein Betriebsinhaberwechsel darin, daß die Geschäftsanteile des persönlich haftenden Gesellschafters der Fa. H. von der Beklagten erworben worden sind.
Ein Betriebsübergang liegt auch nicht darin, daß in den Jahren 1986 und 1987 Teile der Produktion der Fa. H. von Betrieben der Beklagten in H., E. oder Griechenland übernommen worden sind und die für diese Produktion benötigten Werkzeuge und Maschinen an diese Betriebe verkauft wurden. Durch diese Vorgänge wurde die Identität des Betriebes der Fa. H. in Ulm nicht berührt. Der Betrieb blieb als organisatorische Einheit vielmehr bei der Fa. H., um dort von ihr gesetzte arbeitstechnische Zwecke des Betriebes weiter zu verfolgen, mögen auch diese arbeitstechnischen Zwecke jetzt andere gewesen sein. Ändert ein Betrieb seine Produktion und veräußert er die deswegen nicht mehr benötigten Betriebsmittel an einen Dritten, so liegt darin noch keine Übertragung des Betriebes, auch wenn der Erwerber mit diesen Betriebsmitteln die aufgegebene Produktion wieder aufnimmt. Daß mit dieser Veräußerung der nicht mehr benötigten Betriebsmittel keine Veräußerung des ganzen Betriebes beabsichtigt war, folgt auch daraus, daß die Fa. H. anläßlich dieser Vorgänge keine Arbeitnehmer entließ, vielmehr bis Mitte 1988 ihre 120 Arbeitnehmer weiterbeschäftigte, wenn auch jetzt mit der Produktion von Rohbehältern und der Grobblechverarbeitung.
c) Daß auf andere Weise ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommen ist, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, die den Schluß darauf zulassen, die Beklagte habe sie selbst unter Vertrag nehmen und für ihre Zwecke einsetzen wollen. Der Umstand allein, daß nach dem Vorbringen der Klägerin die Beklagte die gesamte Betriebstätigkeit der Fa. H. bestimmt und geleitet habe, besagt noch nicht, daß die Beklagte in die Verträge der Fa. H. mit ihren Arbeitnehmern, Kunden oder Lieferanten eingetreten ist. Auch in einem Konzern behalten die einzelnen Konzernunternehmen ihre rechtliche Selbständigkeit und wird das herrschende Unternehmen nicht Vertragspartner der Verträge zwischen den abhängigen Unternehmen und Dritten, wie schon die Vorschriften über die Haftung im Konzern und das Rechtsinstitut der Durchgriffshaftung belegen.
2. Unmittelbar aus § 113 Abs. 3 BetrVG steht der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte zu.
Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitnehmer gegen den „Arbeitgeber” Klage auf Zahlung einer Abfindung erheben, wenn der „Unternehmer” eine Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und wenn infolgedessen der Arbeitnehmer entlassen worden ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift sei nicht die Fa. H., sondern die Beklagte gewesen, die aufgrund ihrer beherrschenden Stellung als Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH und Mehrheitskommanditistin alle Maßnahmen der Beklagten bestimmt und daher die eigentlichen unternehmerischen Entscheidungen getroffen habe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Unternehmer im Sinne der §§ 111 f. BetrVG ist die Rechtsperson, die Inhaber des Betriebes ist, in bezug auf den eine Betriebsänderung geplant und durchgeführt wird. Das aber ist die Fa. H., Auch wenn davon ausgegangen wird, daß die Fa. H. ein von der Beklagten abhängiges und beherrschtes Konzernunternehmen war, wird dc.dv.rch die Beklagte nicht zum Unternehmer im Sinne der genannten Vorschriften. Das folgt schon daraus, daß § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG anläßlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für von Betriebsänderungen betroffene Arbeitnehmer zwischen den Betrieben des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens unterscheidet, was überflüssig wäre, wenn Unternehmen und damit Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift der Konzern bzw. die herrschende Konzerngesellschaft wäre. Daß in den §§ 111 f. BetrVG das Gesetz nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Unternehmer spricht und in § 113 sowohl den Arbeitgeber als auch den Unternehmer erwähnt, besagt nicht, daß Arbeitgeber und Unternehmer verschiedene Rechtssubjekte sind oder sein können. Unternehmer im Sinne der §§ 111 f. BetrVG ist, wer das Unternehmen, in welchem die in Betracht kommenden Arbeitnehmer beschäftigt sind, im eigenen Namen betreibt. Die Begriffe „Unternehmer” und „Arbeitgeber” sind damit identisch und bezeichnen lediglich unterschiedliche Funktionen, Tätigkeiten und Rechtsbeziehungen derselben Person (Fabricius, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 111 Rz 39; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 111 Rz 16; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., Vorbemerkung § 106 Rz 9).
Ist damit Unternehmer im Sinne der §§ 111 f. BetrVG der Inhaber des Betriebes, so traf die Pflicht, einen Interessenausgleich zu versuchen, nicht die Beklagte, sondern die Fa. H. Der Umstand, daß die Beklagte keinen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht hat, begründet daher keinen Anspruch der Klägerin auf eine Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG gegen die Beklagte.
3. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Haftung für Verbindlichkeiten der Fa. H. die Zahlung einer Abfindung verlangen. Eine solche Haftung, gleich ob als Kommanditistin oder als herrschendes Konzernunternehmen, scheitert schon daran, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG gegen die Fa. H. hat.
Die Fa. H. hat vor der geplanten Einschränkung des Betriebes durch Reduzierung der Arbeitnehmerzahl mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich verhandelt und einen solchen bis hin vor die Einigungsstelle versucht. Damit fehlt es an der Voraussetzung des § 113 Abs. 3 BetrVG, daß die Fa. H. eine Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben. Gegen die Fa. H. steht daher der Klägerin ein Anspruch auf eine Abfindung nicht zu.
Davon, daß die Verhandlungen vor der Einigungsstelle und der Versuch eines Interessenausgleichs zumindest auch die Stillegung des Betriebes der Fa. H. zum Gegenstand hatten, ist auszugehen. Zwar hat die Fa. H. zunächst nur geplant, die Belegschaft von etwa 120 Arbeitnehmern auf rd. 50 Arbeitnehmer zu verringern, nicht aber schon die Stillegung des ganzen Betriebes erwogen. Die Verhandlungen vor der Einigungsstelle über den Interessenausgleich fanden aber am 29. August 1988 statt. Am 1. September 1988 wurde die Produktion völlig eingestellt. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, daß noch am 29. August lediglich eine geplante Betriebseinschränkung vor der Einigungsstelle verhandelt worden ist und sich die Fa. H. erst danach zur Stillegung des Betriebes entschlossen hat. Auch die Klägerin hat insoweit nichts anderes vorgetragen und geht offenbar selbst davon aus, daß gegen die Fa. H. ein Abfindungsanspruch nach § 113 Abs. 3 BetrVG nicht gegeben ist, weil diese vor der Stillegung des Betriebes einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat in der gebotenen Form versucht hat.
4. Die Beklagte ist der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Schadenersatzes aus unerlaubter Handlung zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet.
a) Die Stillegung eines Betriebes durch den Arbeitgeber unter ordnungsgemäßer Kündigung der Arbeitsverhältnisse ist für sich allein keine gegenüber den Arbeitnehmern zum Schadenersatz verpflichtende Handlung. Dabei ist es gleichgültig, aus welchen Gründen der Betrieb stillgelegt und die Arbeitsverhältnisse gekündigt werden. Der Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer Betriebsstillegung ist kein Schaden, den der Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung ersetzen muß. Einen Anspruch auf Ausgleich oder Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die dem Arbeitnehmer infolge der Betriebsstillegung entstehen, hat dieser nur dann, wenn es zum Abschluß eines Sozialplans kommt und dieser einen entsprechenden Abfindungsanspruch vorsieht. Kommt es, aus welchen Gründen auch immer, nicht zum Abschluß eines Sozialplans, so stehen dem Arbeitnehmer Ansprüche auf Schadenersatz wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes oder einer entgangenen Abfindung nicht zu. Die §§ 111 f. BetrVG regeln abschließend die Rechtsfolgen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen infolge der Stillegung eines Betriebes. Für daneben bestehende oder weitergehende Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber ist kein Raum (Urteil des Senats vom 23. August 1988, BAGE 59, 242 = AP Nr. 17 zu § 113 BetrVG 1972).
Konnte daher die Fa. H. den Betrieb stillegen und das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristgemäß kündigen, ohne der Klägerin deswegen zum Schadenersatz verpflichtet zu sein, so kann auch für die Beklagte nicht allein deswegen eine Verpflichtung zum Schadenersatz bestehen, weil diese nach dem Vorbringen der Klägerin die Fa. H. zur Stillegung des Betriebes und zur Kündigung der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer bestimmt hat.
b) Auch § 826 BGB scheidet als Grundlage für einen Schadenersatzanspruch der Klägerin aus. Danach ist zum Schadenersatz verpflichtet, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. An einem solchen sittenwidrigen und vorsätzlichen Verhalten der Beklagten fehlt es auch nach dem Vorbringen der Klägerin.
Die Tatsache allein, daß die Beklagte seit 1986 die Geschicke der Fa. M. bestimmt hat, macht ihr Verhalten auch dann nicht sittenwidrig, wenn sie dabei auch im eigenen Interesse handelte. Die Beklagte hat 1986 ihren Kommanditanteil um 9 Millionen DM erhöht und den Verlust des Jahres 1986 in Höhe von 8 Millionen DM ausgeglichen. Sie hat damit der Fa. H. zumindest 17 Millionen DM zugeführt. Schon das spricht gegen eine Absicht der Beklagten, die Fa. H. zum Schaden ihrer Gläubiger und ihrer Arbeitnehmer auszuhöhlen. Im Rahmen der Umstrukturierung des Produktionsprogrammes sollte die Fa. H. die Produktion der im Bereich der Beklagten benötigten Rohbehälter sowie die Grobblechverarbeitung übernehmen. Das war nicht nur eine vage Absicht, sondern ist in die Tat umgesetzt worden, wie die in den Jahren 1986 und 1987 getätigten und auch angestiegenen Umsätze ausweisen. Auch wenn es zutrifft, daß die von der Fa. H. übernommenen und für die verlagerte Produktion benötigten Betriebsmittel unter ihrem Wert erworben wurden und der Vertrieb der in den Betrieben der Beklagten gefertigten Geräte durch die Fa. H. zu Verlusten führte, kann daraus noch nicht der Schluß gezogen werden, die Beklagte habe es um eigener Vorteile willen nur darauf angelegt, die Gläubiger der Fa. H. und deren Arbeitnehmer zu schädigen. Dazu hätte es nicht eines Kapitaleinsatzes von 17 Millionen DM bedurft. Es spricht vielmehr alles dafür, daß die Beklagte mit den von ihr bestimmten Maßnahmen lediglich versucht hat, die 1985 unstreitig notleidende und überschuldete Fa. H. zu sanieren. Derjenige aber, der ein notleidendes Unternehmen zu retten versucht, sofern er die Krise den Umständen nach als überwindbar und darum Bemühungen um ihre Behebung als lohnend ansehen darf – daß die Beklagte das so gesehen hat, beweist schon die Höhe ihrer Investition –, verstößt nicht schon deshalb gegen die guten Sitten, weil dieser Versuch die Möglichkeit des Mißlingens und damit einer Schädigung nicht informierter Geschäftspartner und Gläubiger einschließt. Nur wer einem konkursreifen Unternehmen lediglich soviel an Kredit gewährt, daß ihm Zeit bleibt, sich zum Nachteil anderer Gläubiger Sicherheiten zu verschaffen oder sich aus diesen zu befriedigen, wissend oder billigend in Kauf nehmend, daß dadurch andere Gläubiger Schaden nehmen können, handelt aus anstößigem Eigennutz, der sein Verhalten sittenwidrig macht (BGH NJW 1970, 657; WM 1979, 878; RGZ 136, 247). Hier hat die Beklagte der Fa. H. nicht nur Kredite gewährt, sondern Kapital eingebracht, das im Falle des Mißlingens der Sanierung auf jeden Fall verloren war. Schon das schließt es aus, ihr Verhalten als anstößigen Eigennutz zu werten.
Damit erweist sich die Revision der Klägerin insoweit als unbegründet, als sie sich gegen die Abweisung seines Abfindungsanspruchs durch das Landesarbeitsgericht richtet.
II. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Klage jedoch abgewiesen, soweit die Klägerin mit dieser von der Beklagten die Befriedigung ihres Anspruchs auf das Gehalt für September 1988 in der noch offenen Höhe verlangt.
1. Da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, scheidet ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung ihrer Arbeitsvergütung aus.
2. Der Klägerin steht jedoch ein Anspruch auf das Septembergehalt gegen die Fa. H. zu. Das steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts fest. Für diesen Anspruch kommt eine Haftung der Beklagten in Betracht.
a) Die Beklagte ist Kommanditistin der Fa. H., Nach § 171 HGB haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar. Die Haftung ist jedoch ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Das ist vorliegend der Fall. Die Kommanditeinlage der Beklagten ist voll eingezahlt. Das steht hinsichtlich der Erhöhung der Kommanditeinlage um 9 Millionen DM fest. Ob auch der von der Beklagten erworbene Teil der Kommanditeinlage der Frau R. voll eingezahlt war, ist nicht festgestellt. Darauf kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht an. Nach § 171 Abs. 2 HGB kann im Konkurs der Kommanditgesellschaft eine etwaige Haftung des Kommanditisten nur durch den Konkursverwalter geltend gemacht werden, nicht aber durch den einzelnen Gesellschaftsgläubiger. Der Klägerin stünde daher kein unmittelbarer Anspruch gegen die Beklagte aus einer Haftung als Kommanditistin für den Gehaltsanspruch zu.
b) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß eine Haftung der Beklagten aus einem zwischen ihr und der Fa. H. bestehenden Konzernverhältnis in Betracht kommt.
aa) Für das Verhältnis der Gläubiger einer Kapitalgesellschaft zu deren Gesellschaftern ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Vermögen der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft den Gesellschaftsgläubigern nicht haftet. Die Trennung der Vermögen der Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft ist die Grundlage des Rechts der Kapitalgesellschaften überhaupt. Über deren eigene Rechtsfähigkeit darf daher „nicht leichtfertig und schrankenlos” hinweggegangen werden (BAG Urteil vom 24. September 1974 – 3 AZR 589/73 – AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). In Ausnahmefällen hat jedoch die Rechtsprechung den Gläubigern einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH die Inanspruchnahme der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft für Forderungen gegen die Gesellschaft – den „Durchgriff” auf die Gesellschafter – gestattet. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Durchgriffshaftung in Betracht kommt, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang jedoch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16. September 1985 – II ZR 275/84 – BGHZ 95, 330) davon ausgegangen, daß eine Haftung der Beklagten für Schulden der Fa. H. unter konzernrechtlichen Gesichtspunkten in Betracht kommt.
In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, daß bei Vermögenslosigkeit einer abhängigen GmbH eine Ausfallhaftung des herrschenden Konzernunternehmens in entsprechender Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG in Betracht kommt, wenn dieses die Geschäfte der abhängigen GmbH dauernd und umfassend selbst geführt hat und nicht dartun kann, daß der pflichtgemäß handelnde Geschäftsführer einer selbständigen GmbH die Geschäfte ebenso geführt hätte. Dabei ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, daß der Gesellschafter einer GmbH, der über die von ihm selbst gehaltenen Geschäftsanteile einen beherrschenden Einfluß auf die GmbH ausüben kann, ein herrschendes Unternehmen im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG ist. Der Gesellschafter bilde mit der von ihm abhängigen GmbH einen Konzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG. Leite der Gesellschafter – gleichgültig, ob es sich um eine natürliche Person oder um eine juristische Person handelt – die abhängige Gesellschaft praktisch wie eine bloße Betriebsabteilung eines einheitlichen Unternehmens, so entstehe im faktischen GmbH-Konzern eine Sachlage, die derjenigen ähnlich ist, an die beim aktienrechtlichen Vertragskonzern das Gesetz Schutzvorschriften anknüpft. In diesem wird durch den erforderlichen Beherrschungsvertrag die abhängige Gesellschaft der Leitung des herrschenden Unternehmens unterstellt (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) und dessen – auch nachteiligen – bindenden Weisungen unterworfen (§ 308 Abs. 2 AktG). Die abhängige Gesellschaft kann infolgedessen derart mit dem herrschenden Unternehmen ertrags- und vermögensmäßig zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden, daß an die Stelle der eigenen Belange des einzelnen Konzernunternehmens die des Konzerns treten. Wird im GmbH-Konzern ein solcher, die abhängige Gesellschaft, ihre außenstehenden Gesellschafter und ihre Gläubiger in gleicher Weise gefährdender Zustand ohne vertragliche Grundlage tatsächlich geschaffen, was das herrschende Unternehmen in der abhängigen GmbH kraft Stimmenmehrheit oder Sonderrechts verhältnismäßig leicht und als Alleingesellschafter kraft eigener Machtvollkommenheit ohne weiteres durchsetzen kann, dann sei ein vergleichbarer Schutz zugunsten der Gläubiger der abhängigen GmbH geboten wie bei der durch einen Beherrschungsvertrag eingegliederten Aktiengesellschaft. Eine solche, den Gläubigerschutz der abhängigen GmbH rechtfertigende Ähnlichkeit sei jedenfalls beim „qualifizierten faktischen Konzern” gegeben, von dem jedenfalls unter den Voraussetzungen eines Einmann-GmbH-Konzerns auszugehen ist, wenn das herrschende Unternehmen die Geschäftsführung der abhängigen GmbH dauernd und umfassend ausgeübt hat.
bb) Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof entschieden hat, allerdings dadurch, daß die abhängige Gesellschaft vorliegend keine GmbH, sondern eine Kommanditgesellschaft ist. Das steht jedoch der Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den vorliegenden Fall nicht entgegen. Persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. H. als Kommanditgesellschaft ist die R. Verwaltungs-GmbH. Diese ist zudem die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. H. und damit allein zur Geschäftsführung berufen, da die Kommanditisten und damit auch Frau R. nach § 164 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Alleinige Gesellschafterin der R. Verwaltungs-GmbH ist die Beklagte. Diese kann daher gemäß § 34 GmbHG unmittelbar die Geschäftsführung der R. Verwaltungs-GmbH und damit auch die Geschäftsführung der Fa. H. ebenso bestimmen, wie wenn die Fa. H. nur eine GmbH wäre.
Für die Schulden der Fa. H. haftet die R. Verwaltungs-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin nach § 161 in Verb. mit § 128 HGB unmittelbar. Mit der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft wird sichergestellt, daß den Gläubigern der Kommanditgesellschaft nicht nur das Vermögen dieser Gesellschaft, sondern auch das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters zur Befriedigung ihrer Forderungen dient. Ist dieses Vermögen wie bei einer Komplementär-GmbH wiederum nur ein Gesellschaftsvermögen, so besteht für einen Schutz der Gläubiger einer abhängigen GmbH & Co. KG das gleiche Bedürfnis wie für die unmittelbaren Gläubiger einer abhängigen GmbH.
Damit bestehen keine Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden.
cc) Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten als herrschendem Konzernunternehmen ist danach zunächst, daß diese die Geschäfte der abhängigen Fa. H. dauernd und umfassend selbst geführt hat. Das hat die Klägerin behauptet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Behauptung als unschlüssig angesehen, weil erst in einer Geschäftsleitungsbesprechung vom 17. März 1988 der Geschäftsführer Dr. G. der Beklagten erklärt haben soll, der Geschäftsführer C. der Fa. H. habe keinerlei Weisungsbefugnis. Das Landesarbeitsgericht vermißt darin einen Vortrag, daß die Beklagte auch schon in der Zeit vor dem 17. März 1988 die Fa. H. praktisch wie eine bloße Betriebsabteilung eines einheitlichen Unternehmens behandelt habe.
Darin kann dem Landesarbeitsgericht nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat lediglich behauptet, daß in dieser Geschäftsleitungsbesprechung vom März 1988 ausdrücklich erklärt worden sei, der Geschäftsführer C. habe keinerlei Weisungsbefugnis, sie hat aber ebenso vorgetragen, daß schon Ende 1985 und danach wiederholt verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten im Betrieb der Fa. H. tätig geworden und gegenüber den Arbeitnehmern der Fa. H. weisungsbefugt gewesen seien. Darüber hinaus muß auch eine „dauernde und umfassende Geschäftsführung” einmal begonnen haben, so daß eine Haftung der Beklagten auch dann in Betracht kommt, wenn sie erst vom 17. März 1988 an die Geschäfte der Fa. H. umfassend geführt hätte. Das gilt jedenfalls für Ansprüche von Gläubigern der Fa. H., die, wie der Gehaltsanspruch der Klägerin für September 1988, erst zur Zeit dieser umfassenden Geschäftsführung begründet worden sind.
Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann daher eine Haftung der Beklagten nicht verneint werden.
dd) Der Bundesgerichtshof leitet die Haftung des herrschenden Unternehmens bei der genannten Fallgestaltung aus § 303 AktG her. Diese Vorschrift bestimmt unter der Überschrift „Gläubigerschutz”, daß das herrschende Unternehmen den Gläubigern des durch einen Beherrschungsvertrag eingegliederten Unternehmens im Falle der Beendigung der Beherrschung Sicherheit für diejenigen Förderungen zu leisten hat, die während des Beherrschungsvertrages begründet worden sind. Kann damit der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft zunächst nur Sicherheit verlangen, solange sein Ausfall nicht feststeht, so geht der Bundesgerichtshof doch davon aus, daß das herrschende Unternehmen unmittelbar auf Zahlung haftet, wenn die abhängige Gesellschaft, weil vermögenslos, selbst nicht mehr erfüllen kann. In einem solchen Falle habe es keinen Sinn, zunächst Sicherheiten zu gewähren. Auch wenn das herrschende Unternehmen dem abhängigen Unternehmen zum Ausgleich verpflichtet wäre und deshalb nicht als vermögenslos angesehen werden könne, könne es vom Gläubiger in Anspruch genommen werden, da das herrschende Unternehmen sich nach § 242 BGB nicht darauf berufen könne, daß sich der Gläubiger zunächst an die GmbH halten und Befriedigung auf dem Umweg der Pfändung des Ausgleichsanspruches suchen müsse. Der Bundesgerichtshof erkennt daher im Falle der Vermögenslosigkeit jedenfalls bei einer Einmann-GmbH, wie sie hier vorliegt, einen unmittelbaren Anspruch der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen an, wenn das Beherrschungsverhältnis u.a. durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft oder durch die Ablehnung des Konkursantrages mangels Masse abgelehnt worden oder die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in sonstiger Weise eingestellt worden ist. Dem schließt sich der Senat an.
c) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle gegeben. Trifft die Behauptung der Klägerin zu, daß letztlich die Beklagte die Geschäfte der Fa. H. wie die einer eigenen Betriebsabteilung geführt und diese beherrscht hat, dann haftet die Beklagte auch für den Gehaltsanspruch der Klägerin für den Monat September 1988, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beklagte aus Eigennutz oder in gläubigerschädigender Absicht gehandelt hat. Die entsprechenden Behauptungen der Klägerin sind von der Beklagten bestritten worden. Das Landesarbeitsgericht hat dazu keine näheren Feststellungen getroffen. Der Senat kann daher nicht abschließend entscheiden, ob der Klageanspruch aus diesem Grunde begründet ist. Es fehlen auch Feststellungen dazu, ob die Beklagte die Geschäfte der Fa. H. nicht ebenso geführt hat, wie sie ein pflichtgemäß handelnder Geschäftsführer der Fa. H. bei deren Selbständigkeit geführt hätte. Sollte sich das herausstellen, würde die Beklagte für den Gehaltsanspruch der Klägerin nicht haften.
3. Die anderen Fallgestaltungen, unter denen eine Durchgriffshaftung gegen den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft – und nach dem Gesagten auch einer GmbH & Co. KG – in Frage kommen kann, sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Beklagte hat die Rechtsform der Fa. H. als GmbH & Co. KG nicht rechtsmißbräuchlich verwendet. Die Beklagte hat die Fa. H. nicht gegründet, um die Rechts form der GmbH & Co. KG funktionswidrig zu nutzen. Sie ist vielmehr unter erheblichem Kapitaleinsatz Gesellschafterin sowohl der Kommanditgesellschaft als auch der Komplementär-GmbH geworden.
Auch eine Haftung der Beklagten wegen Vermögensvermischung kommt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in Betracht. Davon kann nach der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. September 1985 nur dann ausgegangen werden, wenn die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise allgemein verschleiert wird, so daß insbesondere die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften, derentwegen die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen allein vertretbar ist, unkontrollierbar wird. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe Vermögenswerte der Fa. H. in ihren Besitz gebracht, setzt gerade voraus, daß die Vermögen der Fa. H. und der Beklagten deutlich voneinander abgegrenzt waren, so daß überhaupt der Übergang eines Vermögenswertes von dem einen Vermögen in das andere feststellbar ist.
Hinsichtlich des Gehaltsanspruchs für September 1988 war daher die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen und abschließend über den Gehaltsanspruch der Klägerin entscheiden kann. Dabei wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Breier, Hilgenberg
Fundstellen