Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung eines angestellten Rechnungsprüfers

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die in § 101 Abs 2 Satz 1 GO NW enthaltene Regelung, nach der die Bestellung und Abberufung von Prüfern des Rechnungsprüfungsamtes durch den Rat der Gemeinde zu erfolgen hat, stellt eine Einschränkung der dem Gemeindedirektor nach § 54 Abs 1 Satz 3 GO NW zustehenden umfassenden gesetzlichen Vertretungsmacht in arbeits- und tarifrechtlichen Angelegenheiten von Arbeitern und Angestellten dar.
  • Aufgrund der in § 101 Abs 2 Satz 1 GO NW enthaltenen Einschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht ist der Gemeindedirektor jedenfalls dann nicht vertretungsberechtigt, einseitige Rechtsgeschäfte im Namen der Gemeinde vorzunehmen, wenn diese darauf abzielen, einem angestellten Prüfer unter gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm vom Rat übertragene Funktion zu entziehen (zB durch Änderungs- bzw Beendigungskündigung) und wenn das Rechtsgeschäft auf Gründe gestützt wird, die sachlich mit der Tätigkeit des Rechnungsprüfers in untrennbarem Zusammenhang stehen (insoweit Bestätigung des Urteils des BAG vom 4. Februar 1987 – 7 AZR 583/85 – AP Nr 24 zu § 626 BGB Ausschlußfrist).
  • Beantragt der Gemeindedirektor bei dem Rat der Gemeinde die Abberufung des Rechnungsprüfers mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis danach durch Kündigung zu beenden, muß er den Personalrat nicht bereits vor der Abberufung von der geplanten Maßnahme nach § 66 Abs 2 LPVG NW unterrichten.
  • Hat sich das erstinstanzliche Gericht zur Glaubwürdigkeit eines Zeugen nicht geäußert, so hängt es von der jeweiligen Sachlage ab, ob das Unterlassen einer erneuten Vernehmung in der Berufungsinstanz einen Ermessensfehler darstellt (im Anschluß an BGH LM § 398 ZPO Nr 12).
 

Normenkette

Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) i.d.F. vom 1. Oktober 1979 (GV NW S. 594) § 54 Abs. 1; Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) i.d.F. vom 1. Oktober 1979 (GV NW S. 594) § 101 Abs. 1; Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) i.d.F. vom 1. Oktober 1979 (GV NW S. 594) § 101 Abs. 2; LPVG NW §§ 66, 72 Abs. 1 Nr. 9; ZPO §§ 286, 355, 398

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 12.06.1989; Aktenzeichen 5 Sa 1440/88)

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 22.09.1988; Aktenzeichen 3 Ca 403/87)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 1989 – 5 Sa 1440/88 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der am 17. März 1939 geborene, verheiratete und vier Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist Diplom-Ingenieur und trat am 1. April 1980 als technischer Angestellter in die Dienste der beklagten Stadt. Aufgrund Beschlusses des Rates der Beklagten vom 1. April 1981 wurde er nach § 101 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fasssung vom 1. Oktober 1979 (GV NW S. 594) zum Prüfer beim Rechnungsprüfungsamt der Beklagten bestellt. In dieser Funktion war er in der Folgezeit tätig. Er war in Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert und verdiente zuletzt monatlich 5.519,37 DM brutto.

Mit Schreiben vom 12. Mai 1982 mahnte die Beklagte den Kläger ab. Der über die Berechtigung dieser Abmahnung geführte Rechtsstreit wurde durch einen vor dem Landesarbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich beendet. In einer weiteren schriftlichen Abmahnung vom 30. April 1984 warf die Beklagte dem Kläger Verstöße gegen seine Pflichten aus der Vergabe- und Rechnungsprüfungsordnung im Zusammenhang mit einer Ausschreibung vor. Die hiergegen erhobene Klage auf Widerruf der Abmahnung blieb in drei Instanzen erfolglos (BAG Urteil vom 8. Februar 1989 – 5 AZR 47/88 – nicht veröffentlicht), weil der Kläger die sechsmonatige Ausschlußfrist des § 70 Abs. 1 BAT versäumt hatte.

Am 3. Mai 1984 kehrte der Vorgesetzte des Klägers, der Leitende Stadtdirektor S…, aus seinem Urlaub zurück. Im Laufe des Vormittags suchte er bei einem Rundgang durch seine Behörde auch den Kläger in dessen Dienstzimmer auf. Der Inhalt des zwischen den beiden geführten Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Der Vorgesetzte sprach noch am selben Tag bei dem Personalamt der Beklagten vor. Dort wurde ein Aktenvermerk gefertigt und von ihm unterzeichnet, in dem u.a. folgendes festgehalten wurde:

Nach Beendigung meines Osterurlaubes machte ich heute meinen Rundgang bei den Bediensteten meines Amtes und meldete mich auch bei Herrn E… zurück. Herr E… war sichtbar erregt, denn er hatte nach seinem eigenen Bekunden gerade die zweite Abmahnung des Oberstadtdirektors, datiert vom 30.4.1984, erhalten. Herr E… äußerte dem Amtsleiter 14 gegenüber folgendes:

“Mir ist bekannt, daß Sie hinter diesem Kesseltreiben gegen meine Person stehen und zentral daran beteiligt sind. Ich möchte unmißverständlich klarstellen, daß für den Fall, daß mein Anstellungsverhältnis zur Stadt M… in irgendeiner Weise beeinträchtigt wird, ich Sie als den Verantwortlichen dafür ansehe. Ich sage Ihnen, daß Sie und Ihre Familienangehörigen über Jahre hinaus nach einer evtl. Kündigung ein unruhiges Leben führen müssen und keinen ruhigen Tag mehr haben werden. Der Arsch wird Ihnen auf Grundeis gehen. Ich hatte gedacht, daß die Begebenheit, die meine Freunde vor einigen Wochen für mich veranstaltet haben, Ihnen hätte Gedanken gemacht. Das ist offenbar nicht der Fall. Ich warne sie hiermit noch einmal.

…”

Der Kläger wurde gleichfalls noch am 3. Mai 1984 ins Personalamt gebeten. Nach dem hierüber gefertigten Aktenvermerk wurde ihm der zweite Absatz der in dem zuvor gefertigten Aktenvermerk festgehaltenen Erklärung seines Vorgesetzten vorgelesen und folgende Stellungnahme des Klägers hierzu wiedergegeben:

Der Inhalt dieser Erklärung ist vollständig unwahr. Der Hergang dieses Gespräches ist wie folgt abgelaufen:

Herr S… klopfte an, begrüßte mich und sagte sinngemäß:

“Ich bin aus dem Urlaub zurückgekehrt und stehe jetzt wieder zur Verfügung.” Ich sagte: “Sie sehen gut aus Herr S….” Herr S… frug dann: “Hat sich etwas besonderes ereignet auf Ihrem Gebiet?” Ich sagte: “Nein, nichts besonderes.” Dann verließ Herr S… das Zimmer und ging meines Wissens in das Zimmer von Herrn H…. Ein Konzeptpapier und einen Kugelschreiber habe ich Herrn S… nicht zur Verfügung gestellt.

Das Gespräch fand heute statt. Die Uhrzeit lag m.E. bei 9.30/10.00 Uhr.

Am folgenden Tag hörte das Personalamt noch die Rechnungsprüfer H… und M… und fertigte hierüber ebenfalls Aktenvermerke an.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1984, das von dem Oberstadtdirektor unterzeichnet worden war, kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos wegen seiner von seinem Vorgesetzten in dem Aktenvermerk vom 3. Mai 1984 geschilderten und von ihr für zutreffend erachteten Äußerungen. Der zuvor gehörte Personalrat hatte mit Schreiben vom 9. Mai 1984 gegen die vorgesehene Kündigung “erhebliche Bedenken” erhoben.

Die hiergegen erhobene Klage (ArbG Möchengladbach – 2 Ca 645/84 –) wies das Arbeitsgericht nach Vernehmung der Zeugen S…, H… und M… durch Urteil vom 14. November 1984 ab. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung nach nochmaliger Vernehmung des Zeugen S… durch Urteil vom 21. Juni 1985. Beide Gerichte begründeten ihre Entscheidungen damit, daß das von dem Zeugen S… in dem Aktenvermerk vom 3. Mai 1984 geschilderte Verhalten des Klägers aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme erwiesen sei und einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle.

Auf die Revision des Klägers gab das Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 4. Februar 1987 (– 7 AZR 583/85 – AP Nr. 24 zu § 626 BGB Ausschlußfrist) der Klage statt. Es hielt die Kündigung deshalb für unwirksam, weil der Gemeindedirektor für einseitige Rechtsgeschäfte wie eine außerordentliche Beendigungskündigung, die darauf abzielten, einen angestellten Rechnungsprüfer unter gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm vom Rat übertragene Funktion zu entziehen, keine gesetzliche Vertretungsmacht für die Gemeinde habe. Der Rechnungsprüfer könne gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW nur vom Rat der Gemeinde abberufen werden. Erst nach der Abberufung durch den Rat lebe die durch diese Vorschrift insoweit eingeschränkte gesetzliche Vertretungsmacht des Gemeindedirektors nach § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW wieder auf.

Am 24. Februar 1987 fand eine Sitzung des Rates der Beklagten statt. Hierzu wurden seine Mitglieder durch ein Schreiben vom 16. Februar 1987 nebst Anlagen eingeladen. Als Tagesordnungspunkt für den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung war u.a. die “Abberufung eines Rechnungsprüfers” vorgesehen. Dazu ist in § 3 der bei der Beklagten geltenden “Geschäftsordnung für den Rat, die Ausschüsse und die Bezirksvertretungen in der Stadt M…” bestimmt, daß Personalangelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden würden; im übrigen ist in § 2 der Geschäftsordnung festgelegt, daß der Oberbürgermeister den Rat schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung einzuberufen habe. Ausweislich der Geschäftsordnung müssen Ladung und Tagesordnung den Ratsmitgliedern mindestens am fünften Tage, in dringenden Fällen spätestens am Tag vor der Sitzung zugehen. Zum Tagesordnungspunkt “Abberufung eines Rechnungsprüfers” existierte im übrigen noch eine Beschlußvorlage des Oberstadtdirektors vom 16. Februar 1987. Der fragliche Tagesordnungspunkt mit Beschlußvorlage wurde am 17. Februar 1987 vom Hauptausschuß vorberaten. Gemäß § 5 der “Hauptsatzung der Stadt M…” wurden Ort, Zeitpunkt der Ratssitzung und Tagesordnung im Amtsblatt vom 18. Februar 1987 veröffentlicht. Der Rat der Beklagten beschloß dann in seiner Sitzung vom 24. Februar 1987 die Abberufung des Klägers als Rechnungsprüfer.

Anschließend kündigte die Beklagte mit Zustimmung des Personalrats das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger durch ein von ihrem Oberstadtdirektor unterzeichnetes Schreiben vom 19. März 1987 fristgerecht zum 30. Juni 1987. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf die Abmahnungen aus den Jahren 1982 und 1984, sodann auf den Vorfall vom 3. Mai 1984, einen Schriftsatz der damaligen Anwälte des Klägers an das Bundesarbeitsgericht vom 18. Oktober 1985 sowie auf ein Schreiben dieser Anwälte an die Beklagte vom 17. Februar 1987.

Mit der vorliegenden, am 27. März 1987 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Er hält sie für unwirksam sowie sozial ungerechtfertigt und hat hierzu vorgetragen:

Die Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Kündigung nicht mehr auf den Vorfall vom 3. Mai 1984 berufen. Damit sei sie im Hinblick auf die rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit der auf diesen Vorfall gestützten fristlosen Kündigung vom 10. Mai 1984 ausgeschlossen. Darüber hinaus gebe es keinen nennenswerten Kündigungsgrund mehr. Mit dem an das Bundesarbeitsgericht im Vorprozeß gerichteten Schriftsatz vom 18. Oktober 1985 und dem Schreiben an die Beklagte vom 17. Februar 1987 habe er in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt bzw. nur ihm zustehende Ansprüche ordnungsgemäß geltend gemacht. Jedenfalls habe die Beklagte ein etwaiges Kündigungsrecht wegen des Vorfalls vom 3. Mai 1984 verwirkt. Sie habe damals im Hinblick auf die damalige Haltung des Personalsrats bewußt auf den Ausspruch einer fristgerechten Kündigung verzichtet.

Er sei vor der Kündigung nicht ordnungsgemäß als Rechnungsprüfer abberufen worden, da die Ratsmitglieder nicht vollständig und rechtzeitig zur Ratssitzung am 24. Februar 1987 eingeladen gewesen seien. Die Tagesordnung zu seiner Abberufung sei unvollständig gewesen. Auch habe man ihm das rechtliche Gehör verweigert.

Die Beklagte habe ferner den Personalrat bereits deshalb nicht ordnungsgemäß beteiligt, weil das Mitbestimmungsverfahren bereits vor seiner Abberufung durch den Rat der Beklagten hätte eingeleitet und abgeschlossen werden müssen. Dies folge schon aus dem allgemeinen Grundsatz, daß die Personalvertretung an Vorentscheidungen, die beteiligungspflichtige Maßnahmen vorbereiteten oder teilweise, wie hier die Abberufung, schon festlegten, in derselben Form zu beteiligen sei wie an der Maßnahme, hier der Kündigung, selbst. Für die vorliegende Kündigung ergebe sich dies im übrigen bereits aus § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG NW.

Die Kündigung sei schließlich sozial ungerechtfertigt, da es keinen Kündigungsgrund gebe. Die Beklagte lege zu Unrecht die Darstellung seines Vorgesetzten über das Gespräch vom 3. Mai 1984 zugrunde. Herr S… habe damals beim Eintritt in sein Dienstzimmer zunächst gesagt, er sei aus dem Urlaub zurück und stehe wieder zur Verfügung. Daraufhin habe er erwidert, Herr S… sehe gut aus. Es habe sich ein Gespräch über sportliche Betätigungen angeschlossen, in dem er, der Kläger, im Zusammenhang mit der Schilderung eines gerade beendeten mehrtägigen Segeltörns wohl das Wort “Sturmdrohung” verwendet habe. Mehr sei nicht gewesen. Die Unrichtigkeit der anderslautenden Darstellung der Beklagten und des Vorgesetzten sei damit zu erklären, daß man sich unbedingt von ihm habe trennen wollen. Sie ergebe sich im übrigen vor allem daraus, daß er beim Gespräch mit Herrn S… am 3. Mai 1984 entgegen dessen anderslautender Schilderung die Abmahnung vom 30. April 1984 überhaupt noch nicht erhalten gehabt habe. Im übrigen sprächen bereits der Zeitablauf und die Möglichkeit, ihn anderweitig einzusetzen, im Rahmen der Interessenabwägung für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Einen weiteren Kündigungsgrund gebe es nicht.

Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, beantragt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 19. März 1987 zum 30. Juni 1987 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Vorgesetzten des Klägers als Zeugen dem Feststellungsantrag entsprochen und auf den Hilfsantrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 22.077,48 DM zum 30. Juni 1987 aufgelöst.

Es hat seine Entscheidung zum Feststellungsantrag tragend damit begründet, daß die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, weil der Beklagten der Nachweis, daß der Kläger sich am 3. Mai 1984 so wie von ihr behauptet verhalten habe, nicht gelungen sei und die weiter vorgebrachten Gründe nicht zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung ausreichten.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Akte des Vorprozesses über die fristlose Kündigung vom 10. Mai 1984 beigezogen. Es hat sodann das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und den Feststellungsantrag des Klägers abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger den Antrag festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristgerechte Kündigung seitens der Beklagten vom 19. März 1987 zum 30. Juni 1987 nicht aufgelöst worden ist, weiter.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

A.I. Das Berufungsgericht hat aufgrund der Aussagen des Zeugen S… vor dem Arbeitsgericht sowie der Aussagen der Zeugen H… und M… im Vorprozeß festgestellt, der Kläger habe anläßlich des Gesprächs am 3. Mai 1984 unter Anspielung auf eine Begebenheit aus der Vergangenheit unverhohlene Drohungen gegen den Zeugen und dessen Familie ausgesprochen. Unter anderem habe er geäußert, ihm (dem Zeugen) werde “der Arsch auf Grundeis gehen” sowie weiter, er und seine Familie würden sich künftig nicht mehr sicher fühlen können, wenn er mit seinem Tun (= Agieren gegen den Kläger) fortfahre. Es hat deshalb die ordentliche Kündigung vom 19. März 1987 für sozial gerechtfertigt angesehen. Weiter hat es angenommen, daß dieser Entscheidung die Rechtskraft des im Vorprozeß über die fristlose Kündigung ergangenen Urteils nicht entgegenstehe, die Beklagte mit dem Kündigungssachverhalt durch jenes Urteil auch nicht ausgeschlossen (präkludiert) sei und sie ferner ihr Kündigungsrecht auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt habe. Schließlich sei die Kündigung auch nicht wegen fehlerhafter Abberufung des Klägers als Rechnungsprüfer durch den Rat der Beklagten oder wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrats unwirksam.

II. Die Revision greift lediglich die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Hergang der Unterredung des Klägers mit dem Zeugen S… am 3. Mai 1984 an. Sie rügt, das Berufungsgericht habe diese Feststellungen verfahrensfehlerhaft auf die Aussagen der Zeugen S…, H… und M… gestützt, ohne diese nochmals zu vernehmen. Die Rüge ist unbegründet.

1. Das Berufungsgericht konnte die Aussage des Zeugen S… vor dem Arbeitsgericht ohne dessen nochmalige Vernehmung in der Berufungsinstanz verwerten.

a) Es steht grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen im ersten Rechtszug gehörten Zeugen nochmals nach § 398 ZPO vernimmt oder sich mit der Verwertung der protokollierten erstinstanzlichen Aussage begnügt. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens besteht jedoch eine Pflicht zur erneuten Vernehmung, wenn das Berufungsgericht die Aussage anders bewerten will als die erste Instanz und hierfür Faktoren im Vordergrund stehen, die die Glaubwürdigkeit betreffen oder Kriterien, deren Beurteilung – wie z.B. die Urteilsfähigkeit des Zeugen, sein Erinnerungsvermögen und seine Wahrheitsliebe – wesentlich vom persönlichen Eindruck des Zeugen auf den Richter abhängen (vgl. BAG Urteil vom 26. September 1989 – 3 AZR 375/89 – AP Nr. 3 zu § 398 ZPO; BGH Urteil vom 8. Januar 1985 – VI ZR 96/83 – VersR 1985, 341, zu B II 2 der Gründe; jeweils m.w.N.).

b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen. Es hat vielmehr im vorliegenden Verfahren erstmals die Glaubwürdigkeit des Zeugen überprüft.

aa) Das Arbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten zu dem Verhalten des Klägers gegenüber dem Zeugen S… am 3. Mai 1984 nicht für erwiesen erachtet. Es hat ausgeführt, es neige auch durchaus dazu, den Zeugen als glaubwürdig zu betrachten. Wenn es gleichwohl den von der Beklagten vorgetragenen Gesprächsinhalt nicht für bewiesen ansehe, so beruhe dies weniger auf der Person oder der Aussage des Zeugen, sondern darauf, daß die Aussage “stehe und falle” mit der Frage, ob der Kläger zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich bereits die Abmahnung vom 30. April 1984 erhalten gehabt habe. Der Zeuge stelle darauf ab, daß dies nach der eigenen Bekundung des Klägers der Fall gewesen sei. Der Kläger bestreite dies nunmehr. Deshalb hätte die Beklagte dies zur Stützung ihres Vortrages und der Aussage des Zeugen beweisen müssen. Dies sei ihr nicht gelungen. Deshalb müsse es als möglich bezeichnet werden, daß der Kläger sich gegenüber dem Zeugen doch nicht so, wie ihm vorgeworfen werde, geäußert habe.

bb) Damit hat das Arbeitsgericht, entgegen der Ansicht der Revision, nicht “letztlich doch” die Glaubwürdigkeit des Zeugen S… bezweifelt, sie aber auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, “wenn auch gewunden” positiv beurteilt. Es hat diese Frage vielmehr offen gelassen.

Hierfür spricht schon die Formulierung, das Gericht “neige” dazu, den Zeugen für glaubwürdig zu halten. Damit wird nach allgemeinem Sprachgebrauch nur eine Tendenz, aber keine endgültige Meinung zum Ausdruck gebracht. Eine solche läßt sich auch seinen anschließenden Ausführungen entnehmen. Das Arbeitsgericht ist danach davon ausgegangen, zum Beweis des von der Beklagten behaupteten Gesprächsinhalts sei unbeschadet der Glaubwürdigkeit des Zeugen – “so beruht dies weniger auf der Person oder der Aussage des Zeugen” – in jedem Falle noch der Nachweis des Zugangs der Abmahnung an den Kläger vor dem Gespräch, mithin der Nachweis einer objektiven Tatsache erforderlich, die nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Zeugen sein konnte.

Das Arbeitsgericht hat somit die Glaubwürdigkeit des Zeugen S… nicht beurteilt, sondern die Beweisfrage unabhängig davon abschließend beantwortet. Ob diese Würdigung zutrifft, ist hier unerheblich. Wesentlich ist nur, daß bei dieser Sachlage das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht abweichend vom Arbeitsgericht bejaht hat und somit unter diesem Gesichtspunkt nicht zu einer nochmaligen Vernehmung des Zeugen verpflichtet war.

c) Äußert sich das erstinstanzliche Gericht zur Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage nicht, so hängt es von der jeweiligen Sachlage ab, ob das Unterlassen einer erneuten Vernehmung in der Berufungsinstanz einen Ermessensfehler darstellt. Die Umstände des Einzelfalles können die erneute Vernehmung gebieten (BGH LM § 391 ZPO Nr. 2; LM § 398 ZPO Nr. 11). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn das Berufungsgericht der Aussage nicht folgen will und die Darstellung des Zeugen durch objektive Umstände jedenfalls nicht zu widerlegen ist, weil es dann entscheidend auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen ankommt (BGH LM § 398 ZPO Nr. 11).

Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO müssen bei Verfahrensmängeln die Tatsachen angegeben werden, in denen die Gesetzesverletzung gesehen wird. Ergibt sich aus dem Prozeßvorgang nicht ohne weiteres eine mögliche Kausalität für das Urteil, so müssen auch die Tatsachen dafür angegeben werden. Soll das Absehen von der erneuten Vernehmung eines Zeugen, zu dessen Glaubwürdigkeit sich das erstinstanzliche Gericht nicht geäußert hat, als Ermessens- und damit Verfahrensfehler gerügt werden, so müssen demgemäß auch die Tatsachen bezeichnet werden, die einen die erneute Vernehmung gebietenden besonderen Umstand des konkreten Falles ergeben. Solche Tatsachen hat die Revision nicht angegeben, weil sie von einer voneinander abweichenden Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen durch die beiden Vorinstanzen ausgegangen und in diesem Falle ein weiterer Vortrag zur Darlegung eines Ermessensfehlers entbehrlich ist. Das Berufungsgericht ist, anders als in dem der Entscheidung des BGH LM § 398 ZPO Nr. 2 zugrundeliegenden Fall, der Aussage des Zeugen gefolgt, so daß sich aus den urkundlich feststehenden Tatsachen, die keiner weiteren Darlegung bedürfen, kein Ermessensfehler ergibt.

2. Das Berufungsgericht konnte auch die protokollierten Aussagen der Zeugen H… und M… im Vorprozeß ohne nochmalige Vernehmung dieser Zeugen verwerten.

a) Eine Partei hat wegen des Prinzips der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 ZPO) grundsätzlich Anspruch darauf, daß Zeugen in einem späteren Rechtsstreit erneut vernommen und nicht nur deren frühere Aussagen im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Es handelt sich insoweit nicht um die wiederholte Vernehmung des Zeugen im Sinn des § 398 ZPO, die im Ermessen des Prozeßgerichts liegt. Ein angetretener Zeugenbeweis (§ 373 ZPO) muß grundsätzlich erhoben werden.

Es bedarf aber auch eines Antrags, einen bestimmten Zeugen zu vernehmen. Wird dieser nicht gestellt, so ist es möglich, frühere Zeugenbekundungen in einem anderen Rechtsstreit im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Will eine Partei – auch die an sich nicht beweispflichtige Partei – einen derartigen Urkundenbeweis nicht gelten lassen, so muß sie sich gegenbeweislich spätestens im Berufungsverfahren auf die Vernehmung des Zeugen berufen (BAGE 20, 261 = AP Nr. 4 zu § 522a ZPO, zu II 1 der Gründe, m.w.N.).

b) Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen.

aa) Das Berufungsgericht hat aufgrund der ersten Berufungsverhandlung am 11. Mai 1989 durch verkündeten Beschluß vom 8. Juni 1989 die Beiziehung der Akte des Vorprozesses angeordnet. In der letzten mündlichen Verhandlung am 12. Juni 1989 hat es ausweislich der Sitzungsniederschrift zunächst durch verkündeten Beschluß diese Akte zu Beweiszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Sodann haben die Parteien mit den Anträgen aus der vorangegangenen Sitzung streitig “zur Sache und zum Beweisergebnis” verhandelt. Danach hat das Berufungsgericht am Sitzungsende das angefochtene Urteil verkündet.

bb) Die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte die Vernehmungsprotokolle nicht verwerten dürfen, weil der Kläger dem nicht zugestimmt und sich hierauf auch nicht rügelos eingelassen habe. Aus dem Beschluß vom 12. Juni 1989 ergebe sich nicht, daß das Berufungsgericht damit auch die im Vorprozeß durchgeführte Zeugenvernehmung für seine Entscheidung habe verwerten wollen. Ihm sei damit die Tragweite dieses Beschlusses nicht bekannt gewesen, so daß er die Verwertung dieser Beweisaufnahme auch nicht habe rügen können. Diese Rüge greift nicht durch.

cc) Das Berufungsgericht hat mit der im Beschluß vom 12. Juni 1989 gewählten Formulierung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es die beigezogene Vorprozeßakte gerade zu Beweiszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung machen wolle. Damit war für die Parteien der Zweck der beabsichtigten Verwertung klar ersichtlich. Das Berufungsgericht war darüber hinaus nicht verpflichtet, den Umfang der beabsichtigten Verwertung auch nach Beweisthema und Beweismittel im einzelnen mitzuteilen. Eines formellen Beweisbeschlusses mit dem in § 359 ZPO vorgeschriebenen Inhalt bedurfte es gemäß § 358 ZPO nicht, weil der Beweis durch Verwertung der beigezogenen Vorprozeßakte sofort erhoben werden konnte und keine Vertagung mehr erforderlich war.

Das Berufungsgericht konnte demgemäß die beigezogene Akte grundsätzlich zu Beweiszwecken verwerten. Nach der auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime durfte es allerdings keine Beweisaufnahme von Amts wegen durchführen. Die Revision hat jedoch insoweit nichts gerügt. Sie hat nicht etwa beanstandet, daß die Beklagte die Verwertung der Niederschrift über die Aussagen der Zeugen H… und M… im Vorprozeß gar nicht beantragt habe. Schon deshalb ist für die Revisionsinstanz von einem fehlerfreien Verfahren des Berufungsgerichts in diesem Punkt auszugehen.

Ein solcher Verfahrensfehler liegt im übrigen auch tatsächlich nicht vor. Die Beklagte hat sich bereits in der Klageantwort vom 28. April 1987 zum Beweis für ihre Darstellung der Vorgänge am 3. Mai 1984 u.a. auch auf die Zeugenaussagen im Vorprozeß berufen und die Beiziehung “aller einschlägigen Gerichtsakten” und damit auch der Vorprozeßakte berufen. In der Berufungsinstanz hat sie dies wiederholt, indem sie im Schriftsatz vom 17. Januar 1989 vorgetragen hat, daß sie sich auch in diesem Rechtsstreit bereits auf die Aussagen der beiden Herren berufen habe und hierauf Bezug nehme. Damit entspricht die Verwertung der Vernehmungsniederschrift durch das Berufungsgericht als Urkundenbeweis einem entsprechenden Antrag der Beklagten.

Bei dieser Sachlage hätte der Kläger, wenn er diesen Urkundenbeweis nicht gelten lassen wollte, sich spätestens im Berufungsverfahren ausdrücklich auf die Vernehmung der beiden Zeugen berufen müssen (BAGE 20, 261 = AP, aaO). Die Revision hat nicht, wie für eine zulässige Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO erforderlich, vorgetragen, im Vorprozeß einen solchen Antrag gestellt zu haben.

3. Das Berufungsgericht hat mit eingehenden Ausführungen begründet, warum es die Aussage des Zeugen S… über das Verhalten des Klägers am 3. Mai 1984 für glaubhaft gehalten hat. Hiergegen hat die Revision keine weiteren Rügen erhoben. Die Würdigung läßt auch keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze erkennen und ist deshalb für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO).

B. Die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, aufgrund des festgestellten Sachverhalts sei die Kündigung der Beklagten aus einem im Verhalten des Kläges liegenden Grund sozial gerechtfertigt, einer solchen Entscheidung stehe die Rechtskraft der Entscheidung über die fristlose Kündigung vom 10. Mai 1984 im Vorprozeß nicht entgegen, die Beklagte sei mit dem Kündigungssachverhalt nicht präkludiert, sie habe diesen Kündigungsgrund auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt, und schließlich sei auch der Beschluß des Rates der Beklagten vom 24. Februar 1987 über die Abberufung des Klägers wirksam, läßt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

C. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß die Beklagte den Personalrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt hat.

I. Das Berufungsgericht und beide Parteien gehen davon aus, der Personalrat habe seine Zustimmung zwar vor Ausspruch der Kündigung, jedoch erst nach dem Abberufungsbeschluß des Rates der Gemeinde vom 24. Februar 1987 erteilt. Der Kläger hat dies in seiner Berufungsbegründung substantiiert vorgetragen. Die Beklagte hat sich zu diesem Sachvortrag nicht geäußert, sondern sich nur mit Rechtsausführungen gegen die vom Kläger vertretene Ansicht gewandt, daß diese Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß gewesen und die Kündigung deshalb rechtsunwirksam sei. Das tatsächliche Vorbringen des Klägers gilt deshalb gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

Hat somit die gemäß §§ 72, 66 Abs. 1 LPVG NW für eine ordentliche Arbeitgeberkündigung erforderliche Zustimmung des Personalrats vor Ausspruch der Kündigung vorgelegen, so kann seine Beteiligung nur dann fehlerhaft sein, wenn die Kündigung eines Rechnungsprüfers durch den Gemeindedirektor seiner vorherigen Abberufung durch den Gemeinderat nach § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW bedarf und das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren schon vor dieser Maßnahme abgeschlossen sein müßte. Die erste Vorausstzung ist erfüllt (vgl. unten zu C II), der zweiten bedarf es nicht (vgl. unten zu C III).

II. Der Oberstadtdirektor der Beklagten hätte dem Kläger ohne dessen vorherige Abberufung als Rechnungsprüfer durch den Gemeinderat nicht wirksam kündigen können, weil ihm die gesetzliche Vertretungsmacht gefehlt hätte.

1. § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW in der Fassung des “Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung, der Landschaftsverbandsordnung und des Gesetzes betreffend Verbandsordnung für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk” vom 27. Juni 1978 (GV NW S. 268), in Kraft getreten am 8. Juli 1978, bestimmt:

“Die arbeits- und tarifrechtlichen Entscheidungen für die Angestellten und Arbeiter trifft der Gemeindedirektor.”

Hierbei handelt es sich um eine Spezialregelung der dem Gemeindedirektor nach der allgemeinen Vorschrift des § 55 Abs. 1 GO NW zustehenden gesetzlichen Vertretungsmacht. Der Gemeindedirektor ist nach jener Vorschrift grundsätzlich der gesetzliche Vertreter der Gemeinde auch für den Ausspruch von Kündigungen gegenüber den bei ihr beschäftigten Angestellten und Arbeitern (BAG Urteil vom 4. Februar 1987, aaO, zu II 1 der Gründe, m.w.N.).

2. Für die Prüfer beim Rechnungsprüfungsamt enthält § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW eine Sonderregelung. Danach bestellt der Rat den Leiter und die Prüfer des Rechnungsprüfungsamts und beruft sie ab. Darin liegt hinsichtlich der Bestellung und Abberufung der Prüfer, die in einem Arbeitsverhältnis zu der Gemeinde stehen, eine Einschränkung der dem Gemeindedirektor nach § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW zustehenden umfassenden gesetzlichen Vertretung in arbeits- und tarifrechtlichen Angelegenheiten von Arbeitnehmern. Nicht er, sondern der Rat der Gemeinde als oberstes Organ ist insoweit vertretungsberechtigt, einem Angestellten die Funktion eines Prüfers zu übertragen oder zu entziehen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Buchst. q GO NW (in der Fassung des Rechtsbereinigungsgesetzes 1987 für das Land Nordrhein-Westfalen – RBG 87 NW – vom 6. Oktober 1987, Art. 9 Nr. 3; vorher – und damit auch im Zeitpunkt der hier strittigen Abberufung und Kündigung vom 19. März 1987 – Buchst. r) kann der Rat die Entscheidung über die Bestellung der Rechnungsprüfer auch nicht auf andere Organe, etwa den Gemeindedirektor, übertragen; dies gilt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch für die Abberufung der Rechnungsprüfer (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NW – Urteil vom 18. Mai 1981 – 12 A 2749/79 – DÖD 1982, 44; Kottenberg/Rehn/Cronauge, GO NW, Stand August 1989, § 101 Anm. II).

3. Der Siebte Senat hat in dem vorbezeichneten Urteil vom 4. Februar 1987 (zu II 2 der Gründe) § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW dahin ausgelegt, daß dem Gemeindedirektor die gesetzliche Vertretungsmacht nicht nur für die Abberufung eines Prüfers beim Rechnungsprüfungsamt im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, sondern auch für alle einseitigen Rechtsgeschäfte fehle, die darauf abzielten, einem angestellten Prüfer unter gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm vom Rat übertragene Funktion zu entziehen (z.B. durch Anfechtung, außerordentliche oder ordentliche Änderungskündigung oder Beendigungskündigung). In den zuletzt genannten Fällen bedürfe es grundsätzlich einer vorherigen Abberufung des Prüfers aus dieser Funktion seitens des hierfür allein zuständigen Rates der Gemeinde. Erst nach der Abberufung lebe die durch § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW eingeschränkte gesetzliche Vertretungsmacht des Gemeindedirektors nach § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW wieder auf. Fehle es dagegen an einer vorherigen Abberufung durch den Rat der Gemeinde, so sei eine vom Gemeindedirektor ausgesprochene Kündigung wegen fehlender gesetzlicher Vertretungsmacht unwirksam.

Der Siebte Senat hat dies mit dem Sinn und Zweck des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW begründet, die sachliche Unabhängigkeit der gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift allein dem Rat unmittelbar verantwortlichen Prüfer beim Rechnungsprüfungsamt auch gegenüber dem Gemeindedirektor sicherzustellen. Dem widerspreche es, die Zuständigkeit des Rates auf das Innenverhältnis ohne Außenwirkung zu beschränken. Der Gemeindedirektor, der seinerseits der Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt unterliege, solle nicht in der Lage sein, gegen den Willen des maßgeblichen Gemeindeorgans einem angestellten Prüfer den ihm vom Rat übertragenen Aufgabenbereich durch eine zugleich das Arbeitsverhältnis beendende Kündigung zu entziehen. Anderenfalls könne der Gemeindedirektor einen ihm unbequemen Prüfer einseitig von seinem Aufgabenbereich durch Änderungs- oder Beendigungskündigung entbinden, und zwar selbst dann, wenn der Rat ein entsprechendes Abberufungsverlangen abgelehnt hätte.

4. Diese Entscheidung ist auf Widerspruch gestoßen. Kottenberg/Rehn/Cronauge (aaO) sowie Krückhans (Anm. zu AP Nr. 24 zu § 626 BGB Ausschlußfrist) vertreten die Ansicht, unter “Abberufung” im Sinne des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW sei nur die Entziehung des Aufgabenbereichs eines Prüfers zu verstehen, nicht aber die Beendigung des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses als Beamter bzw. Angestellter; insoweit bleibe die allgemeine Zuständigkeit des Gemeindedirektors für dienstrechtliche Entscheidungen (§ 54 Abs. 1 GO NW) erhalten.

Krückhans (aaO) führt näher aus, bei der Auslegung des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW dürfe nicht nur von § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW ausgegangen werden. Sie müsse im Zusammenhang mit anderen Vorschriften der GO NW, § 28 Abs. 1 Satz 2 Buchst. r (jetzt Buchst. q), § 53 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 54 Abs. 1 Satz 2 und 4 gewürdigt werden. Die Auslegung dürfe nicht losgelöst von der Frage der Bestellung und Abberufung eines Prüfers im Beamtenverhältnis erfolgen. Die vom Bundesarbeitsgericht angenommene Einschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht des Gemeindedirektors bei Prüfern des Rechnungsprüfungsamtes hätte nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Kündigung, sondern auch unter würdigung anderer einseitiger Rechtsgeschäfte geprüft werden müssen.

5. Der Senat hält diese Einwendungen für unbegründet. Der vom Siebten Senat vertretenen Ansicht ist jedenfalls insoweit zu folgen, als der Gemeindedirektor einem Rechnungsprüfer zumindest dann nicht ohne dessen vorherige Abberufung durch den Gemeinderat kündigen kann, wenn der Kündigungsgrund, wie vorliegend, sachlich mit der Tätigkeit als Rechnungsprüfer in untrennbarem Zusammenhang steht.

a) Der Siebte Senat hat die Abberufung des Prüfers im Sinn des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW als einen von den auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielenden einseitigen Rechtsgeschäften verschiedenen Rechtsakt angesehen, der allein in der Entziehung der Prüferfunktion besteht. Das OVG NW (DÖD 1982, 44) – und ihm folgend auch Krückhans – beschränkt demgegenüber den Begriff der Abberufung (nach dem dortigen Fall für einen beamteten Prüfer) auf die Entziehung der Prüferfunktion unter gleichzeitiger Übertragung eines anderen Amtes, mithin auf die Umsetzung, d.h. die das statusrechtliche und funktionelle Amt des Rechnungsprüfers im abstrakten Sinn unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens innerhalb einer Behörde, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Verwaltungsakt ist (vgl. dazu BVerwG Urteil vom 22. Mai 1980 – 2 C 30.78 – ZBR 1981, 28, m.w.N.). Diese Auslegung ist jedoch vom Wortlaut her nicht zwingend. Abberufung bedeutet nach seinem Wortsinn unmittelbar nur etwas Negatives und umfaßt insoweit nur die Entziehung der Prüferfunktion, besagt aber noch nichts über die weiteren Folgen für das Grundverhältnis. Diese bestimmen sich nach dem vom Dienstherrn verfolgten endgültigen Zweck, der in der Weiterverwendung als Bediensteter auf einem anderen Dienstposten, in der Verwendung in einem dem bisherigen Amt nicht mehr entsprechenden Aufgabenbereich oder in der Beendigung des Dienstverhältnisses bestehen kann.

b) Der Siebte Senat konnte deshalb für seine Auslegung auf den Gesetzeszweck abstellen und berücksichtigen, daß auch ein unmittelbar auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Rechnungsprüfers abzielendes einseitiges Rechtsgeschäft wie die Anfechtung oder Kündigung zugleich die Entziehung der Prüferfunktion zur Folge hat und somit zwischen beiden Rechtsakten eine Wechselwirkung besteht.

aa) Von daher gesehen ist die gesetzliche Regelung ähnlich der des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) für Betriebsärzte, die nach § 9 Abs. 3 ASiG mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzuberufen sind. Hier sollte durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats die Stellung des bei Anwendung der Fachkunde weisungsfreien Betriebsarztes gesichert und seine Unabhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber gefestigt werden. Der Senat (Urteil vom 24. März 1988, BAGE 58, 69 = AP Nr. 1 zu § 9 ASiG) hat deshalb zwar zwischen der Abberufung als der Entziehung des Betriebsarztamtes und der Beendigung des dieser Funktion zugrundeliegenden Anstellungsvertrages unterschieden. Er hat es jedoch im Hinblick auf den zwischen beiden Rechtsakten bestehenden inneren und sachlichen Zusammenhang für verfehlt angesehen, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf die Abberufung und damit auf einen Vertragsinhaltsschutz des Betriebsarztes bei einem im übrigen fortbestehenden Arbeitsverhältnis zu beschränken. Die Begründung, eine nicht gegen Kündigungsschutzvorschriften verstoßende Beendigungskündigung führe zwangsläufig zur Abberufung des Betriebsarztes, der insoweit ausschließlich und ausreichend durch den individuellen und kollektiven Kündigungsschutz (§ 102 BetrVG) geschützt sei, sei formal, weil das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Abberufung umfassender und stärker ausgebildet sei als der individuelle Kündigungsschutz des Betriebsarztes. Der Arbeitgeber könnte durch völlige Trennung von dem Betriebsarzt sein Ziel erreichen, ihn ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht mehr in dieser Funktion einzusetzen. Der Senat hat in dieser Ausschaltung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats jedenfalls dann einen Wertungswiderspruch gesehen, wenn der Kündigungsentschluß des Arbeitgebers auf Gründen beruht, die sachlich nicht von der Tätigkeit als Betriebsarzt zu trennen seien. Deshalb sei zumindest in diesen Fällen eine ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats zur Abberufung ausgesprochene Beendigungskündigung wegen objektiver Umgehung des § 9 Abs. 3 ASiG unwirksam.

bb) Die Vorschrift des § 9 Abs. 3 ASiG ist mit § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW insoweit vergleichbar, als auch diese Norm die Unabhängigkeit einer bestimmten Personengruppe, hier der Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes, gewährleisten will, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis zu ihrem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber stehen. Die Unabhängigkeit ist ihnen allerdings nicht im Interesse der Bediensteten, sondern im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung des Gemeindevermögens eingeräumt, und ihr Schutz deshalb auch nicht der Personalvertretung durch Einräumung eines Mitbestimmungsrechts bei der Abberufung, sondern dem Rat als dem obersten gewählten Organ der Gemeinde durch Einräumung der nicht übertragbaren Zuständigkeit für diese maßnahme anvertraut worden. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, auch in diesem Bereich die Schutzfunktion der Alleinzuständigkeit des Rates nicht auf die Entziehung der Prüferfunktion bei einem im übrigen fortbestehenden Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu beschränken. Dies muß, wie auch im Bereich des § 9 Abs. 3 ASiG, zumindest für die Fälle gelten, in denen die Beendigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses durch Kündigung bzw. Entlassung auf Gründe gestützt wird, die sachlich nicht von der Tätigkeit als Rechnungsprüfer zu trennen sind, sondern sich aus ihr ergeben und entwickelt haben.

Ein solcher Fall liegt hier vor; die für die Kündigung des Klägers angeführten Gründe sind von seiner Prüfertätigkeit nicht zu trennen. Das Verhalten des Klägers am 3. Mai 1984 ist unmittelbar durch die zweite Abmahnung der Beklagten vom 30. April 1984 ausgelöst worden, mit der ein Verstoß des Klägers gegen seine Pflichten als Rechnungsprüfer (Vergabeordnung, Rechnungsprüfungsordnung) im Zusammenhang mit einer Ausschreibung der Beklagten gerügt worden war (vgl. zur Frage des Zusammenhangs der geschützten Tätigkeit mit dem die Kündigung auslösenden Verhalten des Arbeitnehmers auch BAGE 58, 69 = AP, aaO, zu C I 6 der Gründe).

c) Auch die übrigen von Krückhans angeführten Gründe gegen die vom Siebten Senat vertretene Ansicht sind nicht überzeugend.

aa) Zuzugeben ist, daß die Rechtslage für angestellte Rechnungsprüfer nicht anders als für beamtete beurteilt werden kann. Denn § 101 GO NW stellt nur auf die Funktion, nicht aber auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis des Prüfers ab. Die vorstehend gegen eine Beschränkung der Zuständigkeit des Gemeinderates auf die Abberufung bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses dargelegten Gründe gelten aber auch in gleicher Weise für beamtete Rechnungsprüfer. Der durch die Entscheidungskompetenz des Gemeinderates verstärkte Schutz der beamteten Prüfer gegen eine Abberufung wird von dem verwaltungs- und disziplinarrechtlichen Rechtsschutz ebensowenig aufgewogen wie der Schutz der angestellten Prüfer durch den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz. Der Gesetzgeber hat durch diese Kompetenzregelung gerade einen zusätzlicher Schutz der Rechnungsprüfer erreichen wollen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die Abberufung bei fontbestehendem Grundverhältnis, mithin die Umsetzung des Prüfers auf einen anderen Dienstposten nicht nachprüfbar und des halb die Unabhängigkeit des Prüfers nicht gewährleistet wäre. Der Beamte ist zwar gegen eine Umsetzung in geringerem maße als gegen die Entziehung des Amtes im statusrechtlichen oder des funktionellen Amtes im abstrakten Sinn geschützt; er muß eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinn hinnehmen. Jedoch darf die Umsetzung nicht ermessensmißbräuchlich sein und kann daraufhin auch gerichtlich überprüft werden (BVerwG ZBR 1981, 28). Außerdem besteht bei einer Umsetzung innerhalb der Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten das Mitbestimmungsrecht des Personalrats (§ 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW). Entsprechendes gilt für die Umsetzung des angestellten Prüfers.

bb) Entgegen der Kritik von Krückhans hat der Siebte Senat die Abberufung des Prüfers durch den Gemeinderat nicht nur bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern bei allen einseitigen Rechtsgeschäften gefordert, die darauf abzielen, dem Prüfer unter gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Prüferfunktion zu entziehen, und neben der Kündigung ausdrücklich die Anfechtung als Beispiel aufgeführt (Urteil vom 4. Februar 1987, aaO, zu II 2 der Gründe). Ob der Siebte Senat die vorherige Abberufung des Rechnungsprüfers ohne jede Einschränkung für erforderlich erachtet oder, wie Krückhans meint, auf die Fälle beschränken will, in denen der Kündigungsgrund sachlich mit der geschützten Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang steht, so wie dies der Senat in dem Urteil vom 24. März 1988 (aaO) für die Kündigung eines Betriebsarztes angenommen hat, kann dahingestellt bleiben. Denn zumindest mit dieser Einschränkung ist, wie bereits ausgeführt, der vom Siebten Senat zu § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW vertretenen Ansicht beizupflichten.

Zu Unrecht erhebt Krückhans (aaO, unter 6) gegenüber einer solchen Auslegung den Vorwurf der Rechtsunsicherheit, weil von dieser Differenzierung die Zuständigkeit des Gemeindedirektors für die Kündigung abhänge. Der Zusammenhang eines bestimmten Verhaltens des Prüfers mit seiner Prüfertätigkeit kann nach objektiven Kriterien bestimmt werden. Derartige Differenzierungen sind auch bei der Anwendung anderer Vorschriften erforderlich. So kann z.B. einem Betriebsratsmitglied nach § 15 Abs. 1 KSchG aus wichtigem Grund nicht außerordentlich gekündigt werden, wenn es lediglich seine Amtspflicht verletzt hat. Ein wichtiger Kündigungsgrund kann vielmehr nur dann gegeben sein, wenn in der Amtspflichtverletzung zugleich eine schwere Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis liegt (BAG Beschluß vom 16. Oktober 1986 – 2 ABR 71/85 – AP Nr. 95 zu § 626 BGB, zu B II 4 der Gründe).

cc) Krückhans (aaO, unter 6) stimmt dem Siebten Senat zu, soweit dieser die Vertretungsbefugnis des Gemeindedirektors für eine Änderungskündigung verneint, die die Tätigkeit des Angestellten als Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes betrifft. Er begründet dies damit, daß § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW nur einen Teil des Arbeitsverhältnisses, die Übertragung und Entziehung der Prüferfunktion, betreffe. Dies seien zwar arbeitsrechtliche Entscheidungen, die mitunter auch tarifrechtliche Auswirkungen hätten. Jedoch werde insoweit § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW, der dem Gemeindedirektor die Zuständigkeit für alle arbeitsrechtlichen Entscheidungen einräumt, durch § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW abgeändert und die Zuständigkeit für das Bestellen und Abberufen dem Rat übertragen.

Diese Ansicht ist nicht folgerichtig. Es wird übersehen, daß auch die Änderungskündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann und lediglich das Ziel verfolgt, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen. Es hängt von der Entscheidung des Arbeitnehmers ab, ob er die angebotene Änderung unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG annimmt und dadurch der Streit nur noch darum geht, ob das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen oder den angebotenen neuen Bedingungen fortbesteht. Ist die Funktion als Rechnungsprüfer Inhalt des Arbeitsvertrages geworden, so kann eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einer anderen Funtkion nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen einseitig vom Arbeitgeber nur durch Änderungskündigung erreicht werden. Erklärt der Prüfer keinen Vorbehalt, weil er das Arbeitsverhältnis mit einer anderen Tätigkeit nicht fortsetzen will, geht der Streit wie bei einer Beendigungskündigung um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Krückhans bleibt deshalb eine Begründung dafür schuldig, warum bei einer beabsichtigten Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses eines Rechnungsprüfers die vorherige Abberufung erforderlich und dafür der Rat zuständig sein soll. Darauf, ob der Prüfer den Vorbehalt nach § 2 KSchG erklärt oder nicht, kann es nicht ankommen. Der Vorbehalt muß erst innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärt werden.

Zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Abberufung und Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu anderen Bedingungen entschieden werden soll, steht somit noch nicht fest, ob der Streit nur um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen geht. Nur unter dieser Voraussetzung ist aber nach der von Krückhans grundsätzlich vertretenen Ansicht die Zuständigkeit des Gemeindedirektors ausgeschlossen. Die Zuständigkeit des Gemeindedirektors oder des Rates für die geplante Maßnahme kann aber nicht von einem erst nach ihrer Durchführung eintretenden Umstand, nämlich der Entscheidung des Prüfers abhängen, ob er das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt oder nicht.

6. Die vom Siebten Senat zur Auslegung des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW vertretene Ansicht steht zwar, wie ausgeführt, in Widerspruch zur Rechtsprechung des für das Land Nordrhein-Westfalen zuständigen Oberverwaltungsgerichts. Eine entgegenstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die die Anrufung des gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte erforderlich machen würde, liegt jedoch nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich in einem Kostenbeschluß – nach Erledigung der Hauptsache – vom 9. November 1984 (NVwZ 1985, 264) mit der Umsetzung eines angestellten Rechnungsprüfers einer nordrhein-westfälischen Gemeinde auf einen anderen Dienstposten in der sozialen Verwaltung zu befassen. Es hat, soweit hier von Interesse, die Ansicht der Vorinstanz (OVG NW Urteil vom 26. August 1983 – 15 A 877/83 – JMBl NW 1984, 10) gebilligt, die Abberufung eines im Angestelltenverhältnis zur Gemeinde stehenden Prüfers des gemeindlichen Rechnungsprüfungsamtes sei keine gemäß § 101 Abs. 2 GO NW hoheitlich einseitig durch Verwaltungsakt zu regelnde Maßnahme, sondern eine arbeitsrechtlich zu beurteilende Umsetzung im Rahmen des Angestelltenverhältnisses. Die Bestellung zum Rechnungsprüfer, die durch die Abberufung rückgängig gemacht worden sei, begründe kein selbständiges öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art, das eines Höheitsaktes zu seiner Beseitigung bedurft hätte; denn das privatrechtliche Anstellungsverhältnis und die Berufung als Rechnungsprüfer seien nicht aufspaltbar.

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht nur die Rechtsnatur der Abberufung des angestellten Rechnungsprüfers unter gleichzeitiger Zuweisung eines anderen Dienstpostens beurteilt, nicht aber auch tragend und abschließend zu der Frage Stellung genommen, ob unter Abberufung im Sinn des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW, wie das OVG NW in einer anderen Entscheidung angenommen hat (DÖD 1982, 44), ausschließlich die Entziehung der Prüferfunktion unter gleichzeitiger Übertragung eines anderen Amtes oder Aufgabenbereiches zu verstehen sei.

III. Obwohl der Oberstadtdirektor dem Kläger somit nur nach dessen vorheriger Abberufung als Rechnungsprüfer durch den Rat der Beklagten kündigen konnte, hat das Berufungsgericht das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren zu Recht für ordnungsgemäß angesehen.

1. Das Berufungsgericht hat seine Ansicht im wesentlichen wie folgt begründet:

Der Personalrat habe seine gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 9, § 66 Abs. 1 LPVG NW erforderliche Zustimmung zu der Kündigung der Beklagten fristgerecht erteilt. Vor irgendwelchen im Vorfeld liegende Maßnahmen sei er nicht einzuschalten, auch wenn sie Bedeutung für seine geplante Kündigung haben könnten.

Nach § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG NW habe der Personalrat nicht schon vor der Abberufung des Klägers als Rechnungsprüfer beteiligt werden müssen, weil der Rat der Beklagten nicht über die beabsichtigte Personalmaßnahme, nämlich die Kündigung, sondern nur über die Abberufung habe entscheiden müssen. Zur Beendigung des Grundverhältnisses habe es eines anderen Rechtsaktes, der Kündigung, bedurft, für die der Gemeindedirektor zuständig gewesen sei. Daß die Beklagte bei der Befassung des Rates mit der Angelegenheit die Kündigung bereits geplant gehabt habe, ändere daran nichts.

Auch die vom Kläger angezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Personalvertretung unter Umständen bereits an einer an sich mitbestimmungsfreien Maßnahme zu beteiligen sei, wenn diese eine spätere beteiligungspflichtige Maßnahme vorbereite, treffe nur für Fälle zu, in denen der Dienststellenleiter im Rahmen seiner Zuständigkeit sukzessiv tätig werde. Im vorliegenden Fall lägen jedoch zwei Maßnahmen verschiedener Organe vor. Im Rahmen des Tätigwerdens des anderen Organs müsse der Oberstadtdirektor als Dienststellenleiter den Personalrat nicht einschalten.

Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Nach § 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG NW bestimmt der Personalrat bei der ordentlichen Kündigung mit. Dies bedeutet nach § 66 Abs. 1 LPVG NW, daß die Maßnahme nur mit seiner Zustimmung getroffen werden darf. Nach § 66 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW unterrichtet der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung.

Soweit anstelle des Leiters der Dienststelle das verfassungsmäßig zuständige oberste Organ über eine beabsichtigte Maßnahme zu entscheiden hat, ist der Personalrat nach § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG NW so rechtzeitig zu unterrichten, daß seine Stellungnahme bei der Entscheidung von dem zuständigen Organ berücksichtigt werden kann. Diese Vorschrift kommt insbesondere bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen im kommunalen Bereich zum Tragen. Hier ist zu unterscheiden, ob der Hauptverwaltungsbeamte der Gemeinde selbst über die Maßnahme entscheidet – so der Gemeindedirektor bei der Kündigung von Arbeitnehmern nach § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW –, oder ob er die Maßnahme nur vorschlägt und das verfassungsmäßige zuständige oberste Organ im Sinne dieses Gesetzes die Entscheidung trifft – so der Gemeinderat bei Entlassung von Beamten nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GO NW. In letzterem Falle darf der Gemeindedirektor nicht zunächst die Sache dem Rat zur Entscheidung vorlegen und den Personalrat erst nach dem – seiner Natur nach endgültigen – Beschluß des Rates beteiligen. Denn unter diesen Umständen wäre die vollziehbare Entscheidung bereits gefallen, ehe der Personalrat die Möglichkeit hatte, zu einem Zeitpunkt seine Bedenken anzumelden, in dem diese noch berücksichtigt werden könnten. Das Beteiligungsverfahren wäre dann in diesem Bereich jedes Inhalts beraubt. Der Gemeindedirektor als Leiter der Dienststelle im Sinne des LPVG NW muß deshalb den Personalrat zum frühestmöglichen Zeitpunkt, d.h. dann beteiligen, wenn er dem Rat als oberstem Verfassungsorgan eine Maßnahme vorzuschlagen gedenkt, und nicht erst, nachdem das zuständige Organ mit der Maßnahme förmlich befaßt worden ist (Havers, LPVG NW, 6. Aufl., § 66 Erl. 6). Partner des Personalrats bleibt auch in diesen Fällen der Gemeindedirektor als der Leiter der Dienststelle nach § 8 Abs. 1 LPVG NW (Havers, aaO). Der Gemeindedirektor muß deshalb den Personalrat von der beabsichtigten, in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallenden Maßnahme unterrichten, seine Zustimmung beantragen und herbeiführen, bevor der Gemeinderat sie beschließt.

3. Im vorliegenden Fall ist § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG NW nicht unmittelbar anzuwenden. Der Rat der Beklagten ist zwar für die Abberufung des Klägers als Rechnungsprüfer nach § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW zuständig. Diese Maßnahme ist jedoch nicht mitbestimmungspflichtig, weil sie in dem Katalog des die personelle Mitbestimmung des Personalrats abschließend regelnden § 72 LPVG NW nicht enthalten ist. Zuständig für die hier in Rede stehende, nach § 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG mitbestimmungspflichtige ordentliche Kündigung ist, allerdings nach vorausgegangener Abberufung des Rechnungsprüfers durch den Gemeinderat, gemäß § 54 Abs. 1 Satz 3 GO NW der Oberstadtdirektor.

4. Die Vorschrift kann jedoch auch nicht entsprechend angewendet werden.

a) Wie ausgeführt, soll die Regelung sicherstellen, daß der Personalrat auf die Willensbildung des für die sachliche Entscheidung über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zuständigen obersten Organs Einfluß nehmen kann. Deshalb soll es nicht genügen, daß der insoweit nur vorschlags-, aber nicht entscheidungsberechtigte Hauptverwaltungsbeamte (Oberstadtdirektor) den Personalrat erst nach der endgültigen Entscheidung des zuständigen Organs unterrichtet. Die Abberufung des gemeindlichen Rechnungsprüfers, für die aber der Gemeinderat zuständig ist, ist jedoch nicht mitbestimmungspflichtig. Von daher gesehen erscheint eine vorherige Einflußnahme des Personalrats bereits auf diese Entscheidung auch nicht nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung geboten.

b) Der Gesetzeszweck erfordert aber auch nicht deshalb eine Beteiligung des Personalrats schon bei der Abberufung, weil mit dieser Maßnahme bereits eine wesentliche Vorentscheidung für die von dem dann zuständigen Gemeindedirektor von vornherein beabsichtigte Kündigung gefallen ist.

Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum der Grundsatz entwickelt worden, daß dann, wenn eine an sich beteiligungsfreie Maßnahme, z.B. die vorläufige Bestellung eines Lehrers zum Schulleiter oder die kurzfristige Abordnung eines Beamten an eine andere Dienststelle, einen beteiligungspflichtigen Vorgang, z.B. die von vorneherein geplante Beförderung zum Schulleiter oder die Versetzung des Beamten an die andere Dienststelle vorbereitet, die Personalvertretung bereits an der Vorentscheidung zu beteiligen ist (vgl. BVerwG vom 28. April 1967 – VII P 12.65 – PersV 1967, 275; BVerwG Beschluß vom 18. September 1984 – VI P 19.83 – PersR 1986, 36; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz, BPersVG, 5. Aufl., § 69 Anm. 7). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken, daß das Beteiligungsrecht der Personalvertretung nicht durch nach dem Wortlaut des Gesetzes beteiligungsfreie Vorentscheidungen eingeschränkt oder weitgehend ausgehöhlt werden darf. Werden durch bestimmte Maßnahmen beteiligungspflichtige Vorgänge in einer Weise vorbereitet, daß sie sich nach einer gewissen Zeitdauer fast wie von selbst vollziehen, so ist bereits in diesem Stadium die zuständige Personalvertretung zu beteiligen (BVerwG Beschluß vom 19. Dezember 1975 – VII P 15.74 – PersV 1976, 457).

Dieser Grundsatz kann aber auf die Abberufung eines gemeindlichen Rechnungsprüfers nicht angewendet werden. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, sind hier, anders als in den in Rechtsprechung und im Schrifttum behandelten Fällen, verschiedene Organe des öffentlichen Dienstherrn für die (vorbereitende) beteiligungsfreie und die (endgültige) beteiligungspflichtige Maßnahme zuständig. Das ist nicht nur ein formaler Unterschied. Die hier in Frage stehende Vorschrift des § 66 Abs. 2 Satz 4 LPVG NW soll, wie ausgeführt, gewährleisten, daß die Personalvertretung auch dann ihr Beteiligungsrecht sinnvoll ausüben kann, wenn für die mitbestimmungspflichtige Maßnahme das oberste Verfassungsorgan sachlich zuständig ist, der Dienststellenleiter, der nach § 8 LPVG NW auch in diesen Fällen der Partner der Personalvertretung bleibt (Havers, LPVG NW, 6. Aufl., § 66 Erl. 6), dazu aber nur ein Vorschlagsrecht hat. Weist der Gesetzgeber jedoch diesem Organ die Zuständigkeit für eine Maßnahme zu, ohne eine Beteiligung der Personalvertretung hierzu vorzuschreiben, so besteht auch kein sachlicher Grund, eine Einflußnahme der Personalvertretung bereits auf die Entscheidung dieses Organs zu gewährleisten. Ist dagegen dasselbe Organ für die beteiligungsfreie und die spätere beteiligungspflichtige Maßnahme zuständig, so geht es um die Sicherung der Einflußnahme der Personalvertretung allein auf ihren personalvertretungsrechtlichen Partner, der anderenfalls in eigener Zuständigkeit im beteiligungsfreien Raum bereits mehr oder minder vollendete Tatsachen für die spätere beteiligungspflichtige Maßnahme schaffen könnte.

In Fällen der vorliegenden Art kommt noch hinzu, daß die gemeinderechtliche Norm des § 101 Abs. 2 Satz 1 GO NW, wie ausgeführt, bereits eine Schutzvorschrift für den Rechnungsprüfer darstellt. Sie trägt der Interessenkollision Rechnung, in der sich der Prüfer gegenüber dem seiner Prüfungskompetenz unterliegenden, gleichzeitig aber für Personalmaßnahmen ihm gegenüber zuständigen Gemeindedirektor befindet. Die Zustimmung für die Abberufung von dieser Funktion ist deshalb dem Gemeinderat übertragen. Sieht der Gesetzgeber für diese Maßnahme kein Beteiligungsrecht der Personalvertretung vor, so spricht dies dafür, daß er insoweit allein dem obersten Verfassungsorgan den Schutz des Rechnungsprüfers anvertrauen wollte.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Mauer, Weyers

- zugleich für den durch Urlaub an der Unterschrift verhinderten

Richter Dr. Ascheid

 

Fundstellen

Haufe-Index 840998

RdA 1990, 313

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