Entscheidungsstichwort (Thema)
„Mobbing”. Auslegung von Klageanträgen. Ersatz des materiellen Schadens. Entschädigung. Gesundheitsverletzung. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. vermögenswerter Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. ideeller Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Leitsatz (redaktionell)
Die Frage, ob eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers vorliegt oder eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation mit noch sozial- und rechtsadäquatem Verhalten, ist durch objektive Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, zu ermitteln.
Normenkette
BGB §§ 133, 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 278 S. 1, § 280 Abs. 1 S. 1, § 823 Abs. 1, § 831; GG Art. 1, 2 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 286, 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. b
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. April 2015 – 7 Sa 615/14 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin wegen „Mobbings” zum Ersatz immaterieller und materieller Schäden verpflichtet ist.
Die Klägerin war vom 18. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2011 bei der Beklagten, deren Gesellschafter ua. die R-Stiftung in D ist, beschäftigt. Nach § 2 des zwischen den Parteien unter dem 24. Juli 2001 geschlossenen Dienstvertrags galten für das Dienstverhältnis die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Nach § 23 AVR verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Jedenfalls ab Januar 2008 betreute die Klägerin eine Gruppe von behinderten Menschen in der Werkstatt in M. Unter dem 28. April 2009 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in der Zeit vom 22. Juni 2009 bis zum 21. Januar 2011 auf Kosten der Beklagten die sonderpädagogische Zusatzqualifikation als „(Geprüfte) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen” erwerben sollte. Es war beabsichtigt, die Klägerin nach dem Erwerb der Zusatzqualifikation als Gruppenleiterin einzusetzen. In der von der Klägerin mitunterzeichneten Ausbildungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der L heißt es ua.:
„I. Ausbildung
Der Landesverband führt die oben bezeichnete Bildungsmaßnahme entsprechend der im Lehrplan festgelegten Stundentafel durch.
Ausbildungsstätte: J.
II. Rücktritt/Kündigung
Eine Kündigung ist mit einer Frist von 6 Wochen erstmalig zum Ende der ersten 6 Monate nach Maßnahmebeginn und danach zum Ende der jeweils nächsten 3 Monate ohne Angabe von Gründen möglich. Die bis zum Inkrafttreten der Kündigung anfallenden Kursgebühren sind zu entrichten.
…
Bestätigung
Hiermit erkenne ich diese Vereinbarung und die Teilnahmebedingungen (s. Rückseite) an und bin bereit, sie zu erfüllen.”
Die Klägerin nahm in der Folgezeit an der Bildungsmaßnahme teil. Ende 2009/Anfang 2010 entstanden Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzen, dem Werkstattleiter N, die insbesondere die Frage nach der Vertretung der Klägerin während deren Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zum Gegenstand hatten.
Ab dem 23. Februar 2010 sollte die Klägerin für eine Woche im Fahrdienst in der Werkstatt für Behinderte in B eingesetzt werden. Zu ihren dortigen Aufgaben gehörte es, das Mittagessen zu holen. Hierzu mussten Essenswagen in einen Bus hinein- und aus dem Bus herausgeschoben werden. Die Klägerin brach diese Arbeit bereits am ersten Tag als zu schwer ab. Ab dem nächsten Tag wurde sie wieder in der Werkstatt in M beschäftigt.
Anfang März 2010 kündigte Herr N die mit der L geschlossene Ausbildungsvereinbarung. Mit Schreiben vom 21. April 2010 wandte sich die Klägerin an die Direktion der R-Stiftungen. In diesem Schreiben stellte sie den Konflikt mit Herrn N aus ihrer Sicht dar und bat um Mithilfe, um die Zusatzausbildung wieder aufnehmen zu können.
Unter dem 18. Mai 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung. Hierin heißt es:
„…
am 19.01.2010 führten wir mit Ihnen ein Gespräch bezüglich Ihrer Anschuldigungen (Unstimmigkeiten) gegen Mitarbeiter der Werkstätte M.
Daraus resultierend bot Ihnen die Geschäftsführung die Möglichkeit einer Arbeitsprobe in B an. Dies scheiterte laut Ihrer eigenen Aussage bereits am 1. Tag.
Am 08. März 2010 erhielten die Werkstattleitungen Herr G, Herr N und Frau H (Sozialdienst) per Einschreiben einen Brief von Ihnen mit der Bitte um Versetzung in die Werkstätte nach L.
Am 19. März 2010 haben wir Ihr Arbeitstagebuch über die WfbM L erhalten.
Am 24.03.2010 führten wir mit Ihnen bezüglich des Arbeitstagebuches ein weiteres Gespräch. Die darin enthaltenen Anschuldigungen gegen Mitarbeiter der Werkstätte M haben zu einer erheblichen Verschlechterung des Betriebsklimas geführt. Wir erklärten Ihnen, dass bereits seit dem 2. Dezember für Sie eine Gruppenleitung und eine SPZ nicht mehr in Frage kommt.
Hierbei boten wir Ihnen Ihrem Wunsch entsprechend, die Versetzung nach L an.
…
In der darauffolgenden Woche zeigten Sie sich einsichtig und erklärten Herrn N, dass Sie sich dennoch für den Standort M entscheiden würden. Somit war die Standortfrage und der besprochene Arbeitsplatz für Sie und die Werkstätten St. J geklärt.
…
Sie haben am 21. April 2010 einen Beschwerdebrief an die R-Stiftung D geschrieben, ohne den Dienstweg einzuhalten.
…
Sie haben durch Ihr Verhalten das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört, vor allem durch Ihre einseitigen zum Teil auch beleidigenden Aussagen und Verdächtigungen gegenüber Kollegen und Ihrem Vorgesetzten Herrn N.
Wir mahnen Sie ab und fordern Sie zukünftig auf:
- Den Betriebsfrieden nicht mehr zu stören
- Sich nicht mehr in der Öffentlichkeit über Arbeitskollegen negativ zu äußern
- Den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung einzuhalten.
…”
Die Klägerin griff diese Abmahnung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht an und verlangte zudem ihre Beschäftigung als Gruppenleiterin sowie die Übernahme der Fortbildungskosten und ihre Freistellung durch die Beklagte. Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen – 4 Ca 1051/10 – geführt.
Unter dem 27. Mai 2010 mahnte die Beklagte die Klägerin erneut ab, diesmal mit der Begründung, sie habe ihre Arbeitsunfähigkeit nicht unverzüglich mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst möglichen Termin. Die Klägerin griff diese Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage an. Dieses Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen – 4 Ca 1201/10 – geführt. Am 5. April 2011 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht in dem Verfahren – 4 Ca 1201/10 – zur Erledigung dieses Verfahrens sowie des Verfahrens – 4 Ca 1051/10 – einen Vergleich, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,00 Euro mit Ablauf des 30. Juni 2011 beendet wurde. Zudem verpflichtete sich die Beklagte, die Abmahnung vom 18. Mai 2010 mit Rechtskraft des Vergleichs aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Mit Schreiben vom 4. April 2013 und 23. April 2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB geltend. Zur Begründung führte sie aus, sie sei über einen langen Zeitraum Anfeindungen und Mobbing ausgesetzt gewesen, infolgedessen sie erkrankt sei. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab.
Mit ihrer am 10. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage sowie der am 12. Juni 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung verfolgt die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Ersatz materiellen sowie immateriellen Schadens.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihr wegen „Mobbings” zum Schadensersatz verpflichtet. Sie sei systematischen Anfeindungen und Zermürbungen ausgesetzt gewesen, aufgrund derer sie ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste an Depressionen erkrankt sei. Herr N habe ihr jegliche Unterstützung bei der Organisation einer Vertretung für die Zeit ihrer Teilnahme an der Bildungsmaßnahme verweigert. Er sei wegen der von ihr in der Mitarbeiterversammlung offen geäußerten Kritik an seinem diesbezüglichen Verhalten persönlich gekränkt und beleidigt gewesen und habe diese Kritik offenbar zum Anlass genommen, sie „ins Visier zu nehmen”. Dies zeige, dass man sie sowohl durch den Entzug der Gruppe als auch durch den Abbruch der Fortbildungsmaßnahme habe abstrafen wollen. Als weitere zentrale Bestandteile des „Mobbings” seien ua. insbesondere die unberechtigten Abmahnungen und die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte sowie ihre Versetzung nach B zu nennen. Dort sei ihr mit Absicht eine Arbeit zugewiesen worden, für die sie offenkundig und für jedermann ersichtlich körperlich völlig ungeeignet gewesen sei. Sie sei zudem mehrfach gedrängt worden, das Arbeitsverhältnis durch eine Aufhebungsvereinbarung zu beenden. Die Beklagte müsse sich das Verhalten von Herrn N sowie das ihres Geschäftsführers zurechnen lassen.
Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der streitgegenständlichen Mobbinghandlungen (des Entzugs der sonderpädagogischen Zusatzausbildung, der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, den Abmahnungen sowie der Kündigung) noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Versicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, etwaige Ansprüche der Klägerin seien nach § 23 AVR verfallen. Die außergerichtlichen Schreiben der Klägerin vom 4. April 2013 und 23. April 2013 wahrten die Ausschlussfrist schon deshalb nicht, weil nicht erkennbar sei, in welcher Höhe Ansprüche geltend gemacht würden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwieweit etwaige Depressionen der Klägerin auf Schwierigkeiten im Betrieb oder aber auf sonstige Lebenssituationen zurückzuführen seien. Die Entscheidung, die Klägerin aus der Fortbildung herauszunehmen, beruhe ausschließlich auf der mangelnden Eignung der Klägerin als Leiterin einer Gruppe behinderter Menschen. So sei sie beispielsweise nicht in der Lage gewesen, für die Dauer ihrer Abwesenheit eine Vertretung für die Gruppe zu unterweisen, und habe in diesem Zusammenhang Herrn N in der Mitarbeiterversammlung verbal attackiert und bloßgestellt. Zudem sei es aufgrund der sprachlichen Probleme der Klägerin seit Ende 2009 vermehrt zu Reklamationen des Auftraggebers Sch gekommen. Der Klägerin seien bei Bestellungen und Dispositionen häufig Fehler unterlaufen, für die sie unberechtigterweise andere Mitarbeiter verantwortlich gemacht habe. Nach Beendigung der Fortbildung und dem Entzug der Gruppenleitung sei in mehreren Gesprächen mit Herrn N und dem Geschäftsführer versucht worden, einvernehmlich andere Einsatzgebiete für die Klägerin zu finden. Zu dem Einsatz der Klägerin im Fahrdienst der Werkstatt in B sei es gekommen, weil diese den Wunsch geäußert habe, in einer anderen Werkstatt tätig zu werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die dort zu verrichtenden Arbeiten nicht unzumutbar gewesen. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens habe die Klägerin schließlich mehrfach versucht, Einfluss auf die ihr zur Betreuung zugewiesenen behinderten Menschen zu nehmen und diese unter Druck gesetzt. Zudem habe die Klägerin am 24. März 2011 den psychisch behinderten Beschäftigten P beim privaten Einkauf angesprochen und ihm mitgeteilt, dass sie einen Rechtsstreit mit der Werkstatt führe. Dabei habe sie abfällig über Herrn N gesprochen. Dies habe zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zwar zulässig; sie ist aber unbegründet.
I. Die Klageanträge sind in der gebotenen Auslegung zulässig.
1. Die Klageanträge bedürfen der Auslegung.
a) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 7. Juli 2015 – 10 AZR 416/14 – Rn. 18, BAGE 152, 108; 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 34).
b) Die Auslegung der Klageanträge ergibt, dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1. von der Beklagten ausschließlich Ersatz eines immateriellen Schadens iHv. 5.000,00 Euro wegen einer Verletzung ihrer Gesundheit und mit dem Antrag zu 2. die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aufgrund des von ihr behaupteten „Mobbings” durch die Beklagte (des Entzugs der sonderpädagogischen Zusatzausbildung, der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, den Abmahnungen sowie der Kündigung) an ihrer Gesundheit noch entstehen wird.
aa) Die Klägerin hat sich in den Instanzen ausschließlich darauf berufen, durch die „Mobbinghandlungen” der Beklagten in ihrer Gesundheit verletzt worden zu sein und ihre Klage zu keinem Zeitpunkt auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts gestützt. So hat sie beispielsweise ausgeführt, sie sei infolge der von ihr vorgetragenen „Mobbingtatbestände” psychisch erkrankt, ihre Gesundheit sei erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Zudem hat sie darauf hingewiesen, wie sich ihre finanziellen Verhältnisse infolge ihrer Arbeitsunfähigkeit, die sie auf die „Mobbinghandlungen” zurückführt, darstellen. Auch zur Begründung der Besorgnis zukünftiger – materieller und immaterieller – Schäden hat sie sich ausschließlich auf Gesundheitsschäden und „Spätfolgen” bezogen und dabei lediglich die aus den behaupteten Mobbinghandlungen resultierenden gesundheitlichen Folgen beschrieben. In gleicher Weise knüpfen ihre Ausführungen zum Beginn der Ausschlussfrist in § 23 AVR allein an ihre Kenntnis von ihren Gesundheitsschäden an. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass es Sache der klagenden Partei ist, darzulegen, welcher Schaden ersetzt werden soll, insbesondere, ob Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens begehrt wird, bestand für das Landesarbeitsgericht – entgegen der in der Revision geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin – auch keinerlei Veranlassung, auf eine Erläuterung der Klageanträge durch die Klägerin hinzuwirken.
bb) Dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1. von der Beklagten ausschließlich Ersatz eines immateriellen Schadens nach § 253 Abs. 2 BGB und nicht Ersatz eines materiellen Schadens verlangt, ergibt sich bereits daraus, dass es an jeglichen Darlegungen der Klägerin zur Höhe eines materiellen Schadens fehlt. Wollte man materielle Schäden als von dem auf Zahlung gerichteten Klageantrag zu 1. erfasst ansehen, bliebe unklar, in welchem Umfang welche – materiellen oder immateriellen – Schäden jeweils ersetzt werden sollen, sodass es an der hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags zu 1. (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) fehlen würde mit der Folge, dass die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen wäre. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. etwa BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 17/12 – Rn. 14; 14. Dezember 2011 – 5 AZR 675/10 – Rn. 11). Im Übrigen verdeutlicht auch die Fassung des Klageantrags zu 2., in dem materielle Schäden ausdrücklich erwähnt werden und der insoweit einen etwaigen Anspruchsübergang auf einen Versicherungsträger oder andere Dritte berücksichtigt, dass der Klageantrag zu 1. ausschließlich auf den Ersatz immaterieller Schäden gerichtet ist. Weshalb ein etwaiger Anspruchsübergang beim Klageantrag zu 1., sollte er sich auch auf den Ersatz materieller Schäden erstrecken, keine Berücksichtigung finden sollte, hat die Klägerin nicht im Ansatz erklärt. Auch im Hinblick auf den Klageantrag zu 1. war das Landesarbeitsgericht – entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin – deshalb nicht gehalten, weiter aufzuklären, ob und ggf. welcher materielle Schaden mit diesem Zahlungsantrag geltend gemacht werden sollte.
2. In dieser Auslegung sind die Klageanträge zulässig, insbesondere ist das für den Klageantrag zu 2. erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) gegeben.
a) Wird – wie hier – Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller Schäden erhoben, die aus der Verletzung eines absoluten Rechtsguts – hier: der Gesundheit – resultieren, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn zukünftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (vgl. etwa BGH 26. Februar 2013 – XI ZR 445/10 – Rn. 31; 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 – Rn. 27, BGHZ 166, 84; 16. Januar 2001 – VI ZR 381/99 – zu II 2 der Gründe). Gleiches gilt im Hinblick auf die – auch von der Klägerin begehrte – Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden, die aus einer Gesundheitsverletzung resultieren.
Das rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung ist dann gegeben, wenn eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht (vgl. etwa BGH 2. Dezember 1966 – VI ZR 88/66 – zu II der Gründe).
b) Vorliegend steht zwar nicht fest, ob und welche Kosten aufgrund der Behandlung der von der Klägerin behaupteten psychischen Erkrankung noch entstehen werden und ob und welche Verdiensteinbußen die Klägerin dauerhaft erleiden wird. Allerdings sind derartige künftige Schadensfolgen auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Ersatzpflicht der Beklagten für künftige immaterielle Schäden. Nach dem Vorbringen der Klägerin dauert ihre psychische Erkrankung an, sodass die nicht nur entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht.
c) Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags auch dann nicht entgegen, wenn die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung hätte beziffert werden können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden und mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach ihrem Vortrag noch zu rechnen ist (vgl. BGH 6. März 2012 – VI ZR 167/11 – Rn. 3; 8. Juli 2003 – VI ZR 304/02 – zu II 1 der Gründe).
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin rechtsfehlerfrei mit der selbständig tragenden Begründung zurückgewiesen, die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle seien – sowohl für sich gesehen als auch in ihrer Gesamtheit betrachtet – im Ergebnis nicht geeignet, Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche auszulösen, weil sich insbesondere weder feststellen lasse, dass die Beklagte gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen habe, noch, dass ihr Verhalten einen rechtswidrigen und vorwerfbaren Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstelle. Auf die vom Berufungsgericht gegebene weitere selbständig tragende Begründung, es sei nicht feststellbar, ob die Klägerin den von ihr behaupteten Schaden erlitten habe und dass das Verhalten der Beklagten dafür ursächlich gewesen sei, kommt es danach ebenso wenig an wie darauf, ob etwaige Ansprüche der Klägerin verfallen oder verwirkt waren.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz wegen „Mobbings” nur verpflichtet wäre, wenn sie arbeitsvertragliche Pflichten (§ 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB) oder die Gesundheit der Klägerin, die ein besonders geschütztes Rechtsgut iSv. § 823 Abs. 1 BGB ist, verletzt hätte.
a) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen „Mobbings” kann als vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger in dem Fall, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – Rn. 18; 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 – Rn. 78, BAGE 124, 295; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 70, BAGE 122, 304).
Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Satz 1 BGB auch für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen.
Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert oder wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (vgl. etwa BAG 28. April 2011 – 8 AZR 769/09 – Rn. 46 mwN).
b) Ein Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings” kann aber auch als deliktischer Anspruch insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB – bzw. § 831 BGB (vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 115, BAGE 122, 304) – folgen. Dabei verbietet § 823 Abs. 1 BGB nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, ua. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht” iSv. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt (vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 98 mwN, BAGE 122, 304; BGH 19. Mai 1981 – VI ZR 273/79 – zu B II 1 b der Gründe, BGHZ 80, 311). Auch seine widerrechtliche Verletzung kann demnach Schadensersatzansprüche auslösen. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. etwa BGH 1. März 2016 – VI ZR 34/15 – Rn. 30; 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08 – Rn. 35; 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 – Rn. 107 mwN, BGHZ 166, 84).
c) Stützt der Arbeitnehmer – wie hier – seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn durch „Mobbing” an seiner Gesundheit beschädigt, so kann er nach § 253 Abs. 2 BGB auch eine billige Entschädigung in Geld fordern.
Stützt der Arbeitnehmer hingegen seinen Schadensersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe ihn widerrechtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann er zwar ebenfalls eine billige Entschädigung in Geld fordern. Dieser Anspruch folgt aber nicht aus § 253 Abs. 2 BGB, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dieser Bestimmung nicht aufgeführt ist, sondern unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. etwa BAG 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13 – Rn. 14; BGH 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12 – Rn. 40, BGHZ 199, 237; 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03 – zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298). Da bei auf „Mobbing” gestützten Entschädigungsklagen nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, setzt der Anspruch allerdings voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13 – Rn. 16; BGH 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12 – Rn. 38 mwN, aaO; 20. März 2012 – VI ZR 123/11 – Rn. 15; zur Verfassungsgemäßheit dieser Anforderungen BVerfG 19. Oktober 2006 – 1 BvR 152/01, 1 BvR 160/04 – Rn. 31, BVerfGK 9, 317).
2. Das Landesarbeitsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB darstellen und dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht geeignet sind, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, dh. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 30, BAGE 153, 111; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 85, BAGE 122, 304).
Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten (vgl. BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 30, BAGE 153, 111; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 85, BAGE 122, 304). Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen einzelne – vom Arbeitnehmer darzulegende – Handlungen oder Verhaltensweisen von Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder des Arbeitgebers für sich allein betrachtet zwar noch keine Rechtsverletzungen darstellen, allerdings die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zur Annahme einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Dann sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen, einzelne zurückliegende Handlungen oder Verhaltensweisen dürfen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – Rn. 17; 24. April 2008 – 8 AZR 347/07 – Rn. 29; 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 – Rn. 59, BAGE 124, 295).
3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle seien im Ergebnis nicht geeignet, Ansprüche auf Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens auszulösen, da sich weder feststellen lasse, dass die Beklagte bzw. ihre Erfüllungsgehilfen gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hätten, noch, dass deren Verhalten einen rechtswidrigen und vorwerfbaren Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstelle, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – Rn. 20; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 63, BAGE 122, 304). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie, ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 – Rn. 20; 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 – Rn. 61, BAGE 124, 295; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 124, aaO).
b) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin vorgetragenen Vorwürfe stellten weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtheit Verhaltensweisen dar, die die geltend gemachten Ansprüche begründen könnten. Im Arbeitsverhältnis der Parteien sei Ende 2009/Anfang 2010 eine Konfliktsituation aufgetreten, die von den Beteiligten nicht in angemessener Weise habe aufgelöst werden können. Soweit die Beklagte die verbalen Angriffe der Klägerin auf Herrn N sowie die Beanstandungen in der Art und Weise der Aufgabenerledigung durch die Klägerin zum Anlass genommen habe, dieser die Eignung für die ursprünglich vorgesehene Position als Gruppenleiterin abzusprechen, stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu. Sie sei daher berechtigt gewesen, die Klägerin nicht mehr auf dieser Position zu beschäftigen und die Fortbildungsmaßnahme, die die hierfür notwendige fachliche Eignung erst vermitteln sollte, abzubrechen. Ob die erteilten Abmahnungen formal und inhaltlich in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen genügten, sei unerheblich. Maßgeblich sei allein, dass die Beklagte sie nicht als Mittel eingesetzt habe, die Klägerin in ungerechtfertigter Weise zu disziplinieren und sie damit zu schikanieren. Die Abmahnung vom 18. Mai 2010 beruhe darauf, dass die Klägerin den Abbruch der Fortbildung nicht akzeptiert, den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung nicht eingehalten und sich gegenüber Dritten negativ über die Beklagte geäußert habe, womit sie den Arbeitsfrieden und das Betriebsklima gestört habe. Auch die weitere Abmahnung vom 27. Mai 2010 könne nicht als Teil einer schikanösen Behandlung gewertet werden, da die Beklagte jedenfalls aus ihrer Sicht von einem Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung ausgegangen sei. Das Landesarbeitsgericht hat ferner die einzelnen Gespräche gewürdigt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass in diesen Gesprächen der bestehende Grundkonflikt der Parteien nicht habe gelöst werden können. Dabei hat es die Äußerungen von Herrn N nicht als unzulässigen Angriff auf die Gesundheit der Klägerin bewertet. Wegen der vorübergehenden Versetzung der Klägerin nach B hat das Berufungsgericht auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers verwiesen und ausgeführt, die Beklagte habe mit der nur für eine Woche geplanten Versetzung auf die Äußerung der Klägerin reagiert, die Vertretung sei ihr „scheißegal”, zudem habe man die Maßnahme auf Beanstandung durch die Klägerin sofort rückgängig gemacht. Dass Herr G die bestehenden Probleme nicht mit der Klägerin habe besprechen wollen, stelle sich ebenfalls nicht als Teil einer gegen die Klägerin gerichteten Kampagne dar. Wenn der Geschäftsführer der Beklagten, wie die Klägerin behaupte, Herrn G verboten habe, sich in die Angelegenheit einzumischen, sei dies nicht zu beanstanden, weil der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, ein Vermittlungsangebot eines anderen Mitarbeiters anzunehmen. Soweit die Klägerin geltend mache, Herr N habe angeordnet, dass Kontrollzettel auszufüllen seien, sei nicht ersichtlich, inwieweit sich dies gegen die Klägerin gerichtet habe. Die Durchführung einer Leistungskontrolle sei nicht zu beanstanden, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich auch nicht, dass ausschließlich sie von der Anordnung betroffen gewesen sei. In der Äußerung von Herrn N, die Klägerin könne die Fortbildung weiter besuchen, allerdings nur auf eigene Kosten, liege ebenfalls kein Angriff auf die Klägerin. Dies sei vielmehr die konsequente Folge der Entscheidung der Beklagten, die Klägerin nicht weiter auf ihre Kosten ausbilden zu lassen. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Klägerin, die aus ihrer Sicht „keine Ruhe geben wollte”, nahegelegt habe, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Ebenso wenig stelle die Äußerung von Herrn N, die Klägerin solle selbst klären, was mit ihrem Lohn sei, einen Angriff auf die Klägerin dar. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte sie schikaniert habe, indem sie ihr unberechtigterweise die Arbeitsvergütung vorenthalten habe. Das Vorbringen der Klägerin, auf ihrem Arbeitstisch seien ihre Arbeitssachen durcheinander gewesen, nachdem Herr N dagewesen sei, sei unsubstantiiert und beschränke sich darauf, zu behaupten, ein Dritter habe diese Behauptung aufgestellt. Das Verhalten von Herrn L sei der Beklagten nicht zuzurechnen, weil dieser nicht Vorgesetzter der Klägerin gewesen sei. Die außerordentliche Kündigung sei zwar der Endpunkt der Eskalation gewesen, sie stelle aber unabhängig davon, ob sie rechtmäßig gewesen sei, keinen rechtswidrigen Angriff gegen die Klägerin dar.
bb) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat weder Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze verletzt, es hat auch – in sich widerspruchsfrei – alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt sowie in nachvollziehbarer Weise in die Güter- und Interessenabwägung mit einbezogen. Die von der Klägerin hiergegen erhobenen Rügen greifen nicht durch.
(1) Soweit die Klägerin rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht beachtet, dass ihre Fortbildung zur Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen aufgrund einer „Vereinbarung” durchgeführt wurde, weshalb die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, diesen Vertrag auf einseitige Weise, dh. ohne ihr Einverständnis zu kündigen, übersieht sie bereits, dass die von ihr mitunterzeichnete Vereinbarung eine solche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vorsieht.
(2) Soweit sich die Klägerin im Hinblick auf ihre „Versetzung” in den Fahrdienst der Werkstatt in B darauf beruft, das Landesarbeitsgericht habe ihr Beweisangebot für ihre Behauptung übergangen, sie sei aufgrund ihrer körperlichen Konstitution offenkundig nicht in der Lage gewesen, die Essenswagen zu transportieren, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Gehörsverletzung. Das Landesarbeitsgericht hat zwar geprüft, ob sich der Versuch der Beklagten, die Klägerin für eine Woche in den Fahrdienst in B zu versetzen, als unzulässiger Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstellt, dies aber mit der Begründung verneint, die Versetzung sei von vornherein auf eine Woche befristet gewesen und nicht ohne Anlass erfolgt, zudem sei der Einsatz der Klägerin in B sofort abgebrochen worden, nachdem diese sich beschwert hatte, dass die Arbeit für sie zu schwer sei. Damit kam es für die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob eine etwaige Überforderung der Klägerin von vornherein offenkundig war oder nicht. Diese Würdigung ist jedenfalls im Rahmen der unter Rn. 40 dargestellten eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nicht zu beanstanden. Insoweit wirkt sich aus, dass nicht nur Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und die nicht auf einer schikanösen Tendenz beruhen, regelmäßig keine Rechtsgutsverletzung darstellen, sondern dass dies auch gilt für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen, sofern ihnen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (vgl. BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 85 f., BAGE 122, 304), was das Landesarbeitsgericht angenommen hat.
(3) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe ihren Beweisantritt für ihre Behauptung übergangen, Herr N habe sich durch ihre Äußerung in der Personalversammlung gekränkt und beleidigt gefühlt und aus diesem Grund den Plan geschmiedet, sie „ins Visier zu nehmen”, bleibt auch diese Rüge erfolglos. Die Rüge ist unzulässig. Es fehlt an der Darlegung der Erheblichkeit des Beweisantritts. Die Klägerin hat insoweit nur ihre eigenen Schlussfolgerungen aus Äußerungen des Herrn N wiedergegeben. Sie hat indes weder erläutert, welche Zeugen anlässlich des von ihr in der Berufungsbegründung in Bezug genommenen Gesprächs zwischen ihr und Herrn N am 20. Januar 2010 zugegen waren, noch hat sie dargetan, welcher der von ihr benannten Zeugen zu welchen konkreten Tatsachen und konkreten Äußerungen des Herrn N was genau bekundet hätte.
(4) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen übergangen, wonach sie sich in einem Gespräch am 23. Januar 2010 bei Herrn N entschuldigt habe, bleibt ihre Rüge ebenfalls erfolglos. Auch diese Rüge ist unzulässig. Eine Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt auch für eine auf § 286 ZPO gestützte Rüge, das Tatsachengericht habe einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb fehlerhafte Feststellungen getroffen. Es muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen. Außerdem ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, das Berufungsgericht also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich dies nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (vgl. BAG 7. Juni 2011 – 1 AZR 807/09 – Rn. 17; 16. Oktober 2007 – 9 AZR 321/06 – Rn. 37). An einer entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend.
(5) Dasselbe gilt für die pauschalen Rügen der Klägerin, das Landesarbeitsgericht sei ihren Beweisangeboten zu den einzelnen „Mobbinghandlungen” nicht nachgegangen, es habe verkannt, dass ihr Beweiserleichterungen bzw. Beweislastumkehrungen zugutekommen müssten und es habe den Sachverhalt auch wegen weiterer von ihr vorgebrachter Umstände unzureichend aufgeklärt.
(6) Soweit die Klägerin einwendet, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass die Abmahnungen rechtswidrig gewesen seien und sei deshalb rechtsfehlerhaft zu der Einschätzung gelangt, in den Abmahnungen liege kein rechtswidriger Angriff gegen sie, übersieht sie, dass es für einen Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings” nicht darauf ankommt, ob eine Abmahnung formal und inhaltlich „in jeder Hinsicht” den rechtlichen Anforderungen entspricht (vgl. BAG 13. März 2008 – 2 AZR 88/07 – Rn. 51), sondern dass entscheidend ist, ob die Abmahnungen mit der Zielrichtung erfolgten, die Klägerin zu schikanieren und deshalb als Angriff auf ihre Gesundheit gewertet werden können. Auf eben diesen Gesichtspunkt hat das Landesarbeitsgericht zutreffend abgestellt und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine entsprechende Zielsetzung verneint.
(7) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe in seinem Urteil nur einen Bruchteil der „Mobbinghandlungen” aufgeführt, ist auch diese Rüge unzulässig. Es fehlt an der konkreten Darlegung, welchen Vortrag das Berufungsgericht übergangen haben soll und warum das Urteil hierauf beruht. Die Klägerin legt auch keine besonderen Umstände dar, aus denen sich ergibt, dass ihr Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen wurde. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte müssen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich behandeln (vgl. BAG 22. März 2005 – 1 ABN 1/05 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 114, 157). Allein der Umstand, dass sich die Gründe einer Entscheidung mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht auseinandergesetzt haben, rechtfertigt daher nicht die Annahme, das Gericht habe diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung nicht erwogen. Hierfür bedarf es vielmehr besonderer Umstände (vgl. etwa BVerfG 8. Oktober 2003 – 2 BvR 949/02 – zu II 1 a der Gründe).
(8) Soweit die Klägerin geltend macht, das Landesarbeitsgericht hätte sie darauf hinweisen müssen, dass sich ihrem Sachvortrag nichts Konkretes für die Frage entnehmen lasse, ob Herr N sie durch den Entzug der Fortbildungsmaßnahme schikaniert habe, bleibt auch diese Rüge erfolglos. Auch diese Rüge ist unzulässig. Will der Revisionskläger geltend machen, das Landesarbeitsgericht sei seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen, muss er konkret vortragen, welchen Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte (vgl. BAG 16. Dezember 2010 – 2 AZR 770/09 – Rn. 10; 19. Januar 2006 – 6 AZR 600/04 – Rn. 22, BAGE 117, 14). Daran fehlt es vorliegend.
(9) Aus demselben Grund sind auch alle weiteren Rügen der Klägerin, mit denen sie eine Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht beanstandet, unzulässig. Dies gilt insbesondere für ihr Vorbringen, das Landesarbeitsgericht habe nicht ohne vorherigen Hinweis annehmen dürfen, es sei nicht als Angriff auf sie zu werten, wenn der Geschäftsführer der Beklagten es Herrn G verboten habe, sich in die Sache einzumischen, und dass es nicht verständlich sei, inwiefern die Klägerin dadurch schikaniert worden sein solle, dass man ihr die Vergütung vorenthalten habe und dass Herr N geäußert habe, sie solle selbst klären, was mit dem Lohn sei.
(10) Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam gewesen sei, und deshalb zu Unrecht einen rechtswidrigen Angriff gegen ihre Person verneint, übersieht sie, dass es nicht allein auf die Wirksamkeit der Kündigung, sondern vor allem darauf ankommt, ob diese mit der Zielrichtung ausgesprochen wurde, die Klägerin zu schikanieren und damit als Angriff auf ihre Gesundheit gewertet werden könnte. Es fehlt zudem an der Darlegung, dass die Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht nur die von der Klägerin angenommene Rechtsunwirksamkeit der Kündigung, sondern darüber hinaus hätte erkennen können, dass die Klägerin (auch) aufgrund dieser Kündigung erkranken würde (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 24. April 2008 – 8 AZR 347/07 – Rn. 34).
III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Schlewing, Vogelsang, Roloff, Mallmann, Andreas Henniger
Fundstellen
Haufe-Index 10229813 |
ArbR 2017, 117 |