Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Rufbereitschaftsvergütung, Arbeitsentgelt iSv. § 20 MTV Stahl. Verbandsklage. Auslegung einer tarifvertraglichen Bestimmung: Sind Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisenund Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen vom 15. März 1989 idF vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl) bei der „Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes” des § 20 Ziff. 1 MTV Stahl, die in allen Fällen, in denen der MTV Stahl Ansprüche auf Zahlungen des regelmäßigen Arbeitsentgelts regelt, zu Grunde zu legen ist, zu berücksichtigen?
Orientierungssatz
1. Je nach betrieblicher Festlegung können Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen vom 15. März 1989 idF vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl) bei der „Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes” des § 20 Ziff. 1 MTV Stahl, der in allen Fällen, in denen der MTV Stahl Ansprüche auf Zahlungen des regelmäßigen Arbeitsentgelts regelt, zu Grunde zu legen ist, zu berücksichtigen sein.
2. Sind Rufbereitschaftsvergütungen als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile Grundlage der Berechnung des Arbeitsverdienstes nach § 20 Tz. 1.2 Abs. 1 bis 4 MTV Stahl, so gehen sie in die Berechnung nach § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl ein; Rufbereitschaftsvergütungen sind dann auch variable Lohn- und Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Eisen-Stahlindustrie, § 1 Auslegung
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juni 2002 – 17 Sa 180/02 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Tarifvertragsparteien streiten darüber, ob Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen- und Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen vom 15. März 1989 in der Fassung vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl) variable Lohn- und Gehaltsbestandteile und damit Arbeitsentgelt iSd. § 20 Tz. 1.2 MTV Stahl sind. Hilfsweise geht es darum, ob Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 MTV Stahl keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl sind und dementsprechend nicht in die in diesem Absatz geregelte Berechnung des Geldmultiplikators einfließen.
Die hier interessierenden Bestimmungen des MTV Stahl lauten:
§ 5
Reisezeit, Rufbereitschaft
(Bezahlung für notwendige Reisezeit -bzw. für das Führen eines Kraftwagens)
1. Notwendige Reisezeit, die über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgeht, wird bis zu 4 Stunden kalendertäglich mit dem zuschlagsfreien Verdienst bezahlt. An arbeitsfreien Tagen des Arbeitnehmers wird angeordnete Reisezeit bis zu 8 Stunden kalendertäglich ohne Zuschläge vergütet.
Fällt die angeordnete Reisezeit auf einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so sind neben der Vergütung die hierfür vorgesehenen Zuschläge zu bezahlen.
Das auftragsgemäße Führen eines Kraftwagens anläßlich einer Dienstreise gilt als Arbeitszeit.
(Vergütung für Rufbereitschaft)
2. Arbeitnehmer, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen evtl. Einsatz bereithalten müssen (Rufbereitschaft), erhalten für diese Zeit eine Vergütung, die betrieblich festzulegen ist. Der Personenkreis, der Zeitraum und die Gestaltung der Vergütung sind durch Betriebsvereinbarung zu regeln.
…
§ 20
Berechnung des Arbeitsverdienstes
(Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes)
1. In allen Fällen, in denen dieser Tarifvertrag Anspruch auf Zahlung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” regelt, sowie bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall wird für die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes folgendes zugrunde gelegt:
(Keine Kürzung des Monatslohns oder des Monatsgehalts)
1.1 Der gleichmäßige Monatslohn/das Monatsgehalt wird nicht gekürzt.
(Berechnungszeit von 6 Monaten für variable Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile)
1.2 Die variablen Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile werden aus dem Durchschnitt der letzten 6 abgerechneten Monate berechnet. Sind in den letzten 6 abgerechneten Monaten insgesamt weniger als 160 Sollarbeitsstunden geleistet worden, wird der zuletzt ermittelte Durchschnittswert oder -soweit dies nicht möglich ist – der Durchschnitt zugrunde gelegt, der sich bei planmäßiger Arbeit in dem Abrechnungsmonat ergeben hätte, in dem der Entgeltfortzahlungszeitraum beginnt.
(Berechnungszeit von mehr als 6 bis zu 12 Monaten)
Nach Vereinbarung mit dem Betriebsrat kann auch ein längerer Berechnungszeitraum, bis zu 12 Monaten, angewandt werden.
(Beispielhafte Aufzählung von variablen Lohn- und Gehaltsbestandteilen)
Variable Lohn- und Gehaltsbestandteile sind die Bestandteile des monatlichen Arbeitsentgelts, auf die über den gleichmäßigen Monatslohn/das Monatsgehalt hinaus ein Lohn- oder Gehaltsanspruch besteht. Dazu gehören insbesondere: Vergütungen für Reisezeit: Zuschläge für Spät-, Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit: Zulagen für außergewöhnliche Belastungen; betrieblich vereinbarte bewegliche Prämienbestandteile und Leistungszulagen, Akkordmehrverdienste sowie Provisionen. Mehrarbeitsgrundvergütungen und Zuschläge für Mehrarbeit gem. § 7 Tz. 1.1 sowie stahltypische Zuschläge gem. § 7 Tz. 1.2, die ohne Mehrarbeit nicht erzielt worden wären, gelten nicht als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile iSd. Bestimmung).
Protokollnotiz zu § 20 Tz. 1.2 Abs. 3:
Die Neufassung des § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 gilt bis zum 31.12.1997 nur für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
(Einmalige Zuwendungen keine Teile des regelmäßigen Arbeitsverdienstes)
Einmalige Zuwendungen, Leistungen, die Aufwendungsersatz darstellen (z.B. Auslösungen, soweit sie nicht Arbeitsentgelt sind), Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld und dergleichen sind keine variablen Lohn- oder Gehaltsbestandteile und zählen deshalb nicht zum regelmäßigen Arbeitsverdienst.
Die Berechnung geschieht wie folgt:
Geldmultiplikator:
Die Summe der variablen Lohn- oder Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit wird durch die Zahl der Sollarbeitsstunden des Berechnungszeitraums geteilt, wobei bezahlte und entschuldigte Ausfallstunden außer Betracht bleiben.
Zeitmultiplikator:
Je Arbeitstag, für den der regelmäßige Arbeitsverdienst fortzuzahlen ist, wird die Zahl der ausgefallenen Sollarbeitsstunden angesetzt.
(Änderung des Lohn- bzw. Gehaltstarifs)
Wenn im Berechnungszeitraum oder während des Zeitraums der Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes eine Änderung des Lohn- bzw. Gehaltstarifvertrages erfolgt ist, so ist für den Fortzahlungszeitraum vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages ab der regelmäßige Arbeitsverdienst auf der veränderten Grundlage zu ermitteln.
2. Unbezahlte Ausfallzeiten
Kürzungsbetrag = gleichmäßiges monatliches Entgelt: Sollarbeitsstunden × unbezahlte Arbeitsstunden)
Bei unbezahlten Ausfallzeiten einschließlich Kurzarbeit ist der gleichmäßige Monatslohn/das Monatsgehalt um einen Betrag zu kürzen, der wie folgt zu berechnen ist:
Der gleichmäßige Monatslohn/das Monatsgehalt wird durch die für den Arbeitnehmer maßgebliche Anzahl der Sollarbeitsstunden im jeweiligen Kalendermonat geteilt und das Ergebnis mit der Anzahl der unbezahlten Ausfallstunden multipliziert.
Sollarbeitsstunden sind die in regelmäßiger Arbeitszeit zu leistenden Stunden. Zu den Sollarbeitsstunden gehören auch die Arbeitsstunden, die aufgrund gesetzlicher, tariflicher und betrieblicher Regelungen ausfallen. Mehrarbeitsstunden sind keine Sollarbeitsstunden.
(Auswirkungen von Freischichten)
Wird die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch Freischichten erreicht, können die dadurch bedingten Schwankungen in den Sollarbeitsstunden im Abrechnungssystem wie folgt ausgeglichen werden:
Die Freischichten werden rechnerisch wie Sollarbeitsstunden behandelt. Zum Ausgleich ist betrieblich eine entsprechende Korrektur der monatlichen Sollarbeitsstunden sicherzustellen.
Die Neufassung gilt nur für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mit Wirkung vom 1.7.1997.
Für die anderen Berechnungen des regelmäßigen Arbeitsverdienstes gilt bis zum 31.12.1997 folgende Fassung:
Variable Lohn- und Gehaltsbestandteile sind die Bestandteile des monatlichen Arbeitsentgelts, auf die über den gleichmäßigen Monatslohn/das Monatsgehalt hinaus ein Lohn- oder Gehaltsanspruch besteht. Dazu gehören insbesondere Vergütungen für Mehrarbeit, Reisezeit; Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit; Zulagen für außergewöhnliche Belastungen; betrieblich vereinbarte bewegliche Prämienbestandteile und Leistungszulagen, Akkordmehrverdienste sowie Provisionen.
§ 10 „Rufbereitschaft” Lohnrahmentarifvertrag vom 5. Januar 1973 lautet:
Müssen Arbeiter, ohne im Betrieb anwesend zu sein, sich für einen eventuellen Arbeitseinsatz bereithalten (Rufbereitschaft), so erhalten sie für diese Zeit eine Vergütung, die betrieblich zu regeln ist.
Auf die Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” kommt es ua. in folgenden Fällen an:
Bemessung des tariflichen Urlaubsentgelts (§ 15 Ziff. 1 MTV Stahl), Bemessung des Arbeitsverdienstes bei Nachtfreischichten (§ 2 Tz. 1.2, 1.4, 1.7 MTV Stahl),
Bemessung des Arbeitsverdienstes anläßlich besonderer Ereignisse wie Eheschließung, Niederkunft der Ehefrau (§ 9 MTV Stahl), Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle (§ 20 Tz. 1.2 Abs. 3 nF), Bemessung der Zahlung an Hinterbliebene im Sterbefall (§ 19 MTV Stahl).
Dem MTV Stahl unterfallen nach Vortrag des Klägers allein im Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen etwa 55.000 Beschäftigte und 52 Unternehmen. Die Berücksichtigung der Rufbereitschaftsvergütungen bei der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes führe jährlich zu einer erheblichen Mehrbelastung der Unternehmen. Lediglich wenige Mitgliedsunternehmen bezögen die Rufbereitschaftsvergütungen in die Berechnung von Durchschnittsvergütungen gemäß § 20 MTV Stahl ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Rufbereitschaftsvergütungen seien in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes nach § 20 MTV Stahl nicht einzubeziehen. Die Rufbereitschaftsvergütungen seien insbesondere keine variablen Entgeltbestandteile iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl. Selbst dann, wenn sie als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile iSd. § 20 Tz. 1.2 MTV Stahl zu qualifizieren sein sollten, seien sie kein Entgelt für „geleistete Arbeit” und folglich nicht in die in § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl geregelte Berechnung des Geldmultiplikators einzubeziehen.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-und Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachen, Bremen, Dillenburg, Niederschelden und Wissen vom 15. März 1989 in der Fassung vom 20. Juni 2000 (MTV Stahl) keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile und damit kein Arbeitsentgelt iSd. § 20 Tz. 1.2 MTV Stahl sind,
hilfsweise,
festzustellen, das Rufbereitschaftsvergütungen iSd. § 5 Ziff. 2 MTV Stahl keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl sind und dementsprechend nicht in die in diesem Absatz geregelte Berechnung des Geldmultiplikators einfließen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Rufbereitschaftsvergütungen zählten zum regelmäßigen Arbeitsverdienst des § 20 MTV Stahl. Während der Rufbereitschaft müsse sich der dazu verpflichtete Arbeitnehmer außerhalb des Betriebes für einen eventuellen Arbeitseinsatz bereithalten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Verbandsklage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
I. Die Verbandsklage ist zulässig.
1. 1. Die als Feststellungsklage erhobene Verbandsklage ist zulässig, und zwar sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des Hilfsantrages (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 9 TVG, § 256 ZPO). Gegenstand einer solchen Klage kann auch die Auslegung einzelner tarifvertraglicher Bestimmungen sein. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung ist schon deswegen zu bejahen, weil bei Streit der Tarifvertragsparteien über die Auslegung von Bestimmungen eines Tarifvertrages praktisch überhaupt nur eine Feststellungsklage in Betracht kommt (vgl. Senat 28. September 1977 – 4 AZR 446/76 – BAGE 29, 321 = AP TVG 1969 § 9 Nr. 1 = EzA TVG § 9 Nr. 2; 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81 – BAGE 46, 61 = AP TVG 1969 § 9 Nr. 3 = EzA TVG § 9 Nr. 3; 30. November 1988 – 4 AZR 137/88 – AP BAT §§ 22, 23 Datenverarbeitung Nr. 3).
Der Zulässigkeit der Verbandsklage steht nicht entgegen, dass tarifunterworfene Arbeitnehmer ihre tariflichen Ansprüche im Wege von Individualklagen verfolgen können und dass die Möglichkeit besteht, entsprechende Musterprozesse zu führen. § 9 TVG eröffnet den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, Auslegungsstreitigkeiten in abstrakter Weise klären zu lassen, woran die Gerichte in Individualstreitigkeiten gebunden sind.
2. Mit dem Hauptantrag wird die Feststellung begehrt, dass Rufbereitschaftsvergütungen in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes gemäß § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl nicht einzubeziehen sind. Wird dem Antrag entsprochen, steht fest, dass Rufbereitschaftsvergütungen außen vor bleiben, und zwar sowohl hinsichtlich der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall –Fassung der Tz. 1.2 Abs. 3 vom 5. März 1997 – als auch nach der ursprünglichen Fassung der Tz. 1.2 Abs. 3, die nach wie vor „für die anderen Berechnungen des regelmäßigen Arbeitsverdienstes” gilt.
Mit dem Hilfsantrag will der Kläger erreichen, dass dann, wenn die Arbeitsgerichtsbarkeit zu dem Ergebnis gelangt, bei der Bemessung des Urlaubsentgelts nach § 15 Ziff. 1, § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl und bei den anderen Berechnungen des regelmäßigen Arbeitsverdienstes seien die Vergütungen für Rufbereitschaft als variabler Lohnbestandteil zu berücksichtigen, Rufbereitschaftsvergütungen keine variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl sind und deswegen nicht in die in diesem Absatz geregelte Berechnung des Geldmultiplikators einfließen können.
Damit stünde fest, dass, obwohl die Rufbereitschaftsvergütung variabler Lohnbestandteil ist, dieser gleichwohl nicht in die Berechnung einfließt, weil nach Vorstellung des Klägers diese Vergütung oder dieser Lohn- /Gehaltsbestandteil nicht „für … geleistete Arbeit” erfolgt, so dass im Ergebnis die Rufbereitschaftsvergütung unberücksichtigt bliebe.
Damit stehen Hauptantrag und Hilfsantrag in einem Eventualverhältnis und sind so zulässig.
II. Die Klage ist indes sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des Hilfsantrages unbegründet.
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zB Senat 30. Mai 2001 – 4 AZR 269/00 – BAGE 98, 35, 38 f. = AP BAT § 23b Nr. 4).
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Vergütung für die Rufbereitschaft als einen variablen Entgeltbestandteil iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl angesehen. Sie ist deswegen in die Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” nach § 20 Tz. 1.1 MTV Stahl einzubeziehen, wenn sie betrieblich entsprechend ausgestaltet ist, womit sich der Hauptantrag als unbegründet erweist.
a) Der Wortlaut der Tarifnorm steht eher gegen als für die Auffassung des Klägers. Der Revision ist darin zu folgen, dass § 20 Ziff. 1 MTV Stahl den Begriff des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” für die Fälle bestimmt, in denen der MTV Stahl diesen Begriff verwendet oder auf ihn Bezug nimmt. Die Tz. 1.1 regelt die Ausgangsposition für die Berechnung, indem sie bestimmt, dass der gleichmäßige Monatslohn/das gleichmäßige Monatsgehalt nicht gekürzt werden. Die einzelnen Absätze 1 bis 4 der Tz. 1.2 befassen sich mit dem Berechnungszeitraum und mit variablen Lohn- oder Gehaltsbestandteilen, bringen deren beispielhafte Aufzählung und legen fest, dass einmalige Zuwendungen keine Teile des regelmäßigen Arbeitsverdienstes sind. In Abs. 5 der Tz. 1.2 sind der Geldmultiplikator und der Zeitmultiplikator geregelt.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, mit dem Begriff der Vergütung in § 5 Ziff. 2 Satz 1 MTV Stahl sei nichts anderes bezeichnet als mit dem gleichlautenden Begriff der Vergütung in § 611 Abs. 1 BGB und damit dem Begriff „Arbeitsverdienst” in § 20 MTV Stahl. Die Begriffe Vergütung und Arbeitsverdienst seien synonym. Sie hätten die übereinstimmende Bedeutung, die Gegenleistung zu kennzeichnen, die der Arbeitgeber im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) gemäß § 611 BGB dem Arbeitnehmer für die in einem bestimmten Abrechnungszeitraum erbrachten Dienste schulde. Verwendeten die Tarifvertragsparteien einen Begriff, der in der Rechtsterminologie einen bestimmten Inhalt habe, dann sei davon auszugehen, dass sie ihn auch in ihrem Regelungsbereich, sofern sie nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmten, mit eben dieser Bedeutung verwendeten. Hier hätten die Tarifvertragsparteien allein in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV zu dem Unterfall „variabler Lohn- und Gehaltsbestandteile” besondere weitere Regelungen getroffen. Eine eigene Begriffsbildung des Oberbegriffs des Arbeitsverdienstes enthalte der Tarifvertrag jedoch nicht.
(1) Die Revision meint, bereits der Wortlaut der Regelungen des § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 und 4 MTV Stahl spreche für das Verständnis des Klägers, wonach zum Zwecke der Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” nur solche unregelmäßig anfallenden Lohn- und Gehaltsbestandteile zu berücksichtigen seien, die als Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit oder, wobei die Revision die Formulierung des Neunten Senats in seinem Urteil vom 20. Juni 2000 (– 9 AZR 437/99 – BAGE 95, 112, 115 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Stahlindustrie Nr. 2 = EzA BUrlG § 11 Nr. 47, zu I 1 der Gründe) aufgreift, „Arbeit im physikalischen Sinne” gezahlt werden. Nach der Revision hilft der allgemeine Sprachgebrauch nicht weiter. Es sei offen, ob Rufbereitschaftsvergütungen als „Arbeitsentgelt” auch dann anzusehen seien, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung herangezogen werde, sondern lediglich seine Bereitschaft zur Arbeitsleistung honoriert werde. Einen feststehenden Rechtsbegriff gebe es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht.
(2) Dabei wird verkannt, dass Rufbereitschaft durchaus, jedenfalls arbeitsschutzrechtlich als Arbeitsleistung verstanden wird (vgl. Schliemann/Meyer Arbeitszeitrecht Rn. 52). Handelt es sich um Arbeitsleistung und wird sie vergütet, wenn und weil sie geleistet wird, dann handelt es sich um Arbeitsverdienst oder Arbeitsentgelt.
bb) Nach der Revision ist ein entsprechender feststehender Rechtsbegriff allerdings entbehrlich, weil die Tarifvertragsparteien den Begriffen „Arbeitsentgelt” in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 und „Arbeitsverdienst” in § 20 Ziff. 1 und Tz. 1.2 Abs. 4 MTV Stahl „ersichtlich einen eigenen Bedeutungsinhalt beigemessen” hätten. Das Landesarbeitsgericht soll übersehen haben, dass die Tarifvertragsparteien bei der Festlegung, welche Lohn- und Gehaltsbestandteile neben dem regelmäßigen Monatslohn/-Gehalt in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes einzubeziehen seien, gerade nicht auf den weiten Begriff der „Vergütung”, wie er auch in § 5 Ziff. 2 MTV Stahl in Bezug auf die Rufbereitschaft verwendet werde, sondern auf denjenigen des „Arbeitsentgelts” abgestellt hätten.
Das ist schon deswegen nicht zutreffend, weil in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 als Beispiel für variable Lohn- und Gehaltsbestandteile „Vergütungen für Reisezeit” aufgeführt sind.
cc) Auch in den übrigen Regelungen des § 20 Tz. 1.2, namentlich in den Absätzen 1 und 5, werde –so die Revision weiter – an die tatsächlich geleistete Arbeit angeknüpft. § 20 Tz. 1.2 Abs. 1 Satz 2 MTV Stahl stelle in dem Fall, dass der Arbeitnehmer weniger als 160 Sollarbeitsstunden im Bemessungszeitraum gehabt habe, darauf ab, dass der Durchschnitt zugrunde gelegt werde, der sich bei planmäßiger Arbeit in dem Abrechnungszeitraum ergeben hätte, in dem der Entgeltfortzahlungszeitraum beginne. Sie verweist ferner auf § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl. Der Geldmultiplikator bestehe in der Summe der variablen Lohn- oder Gehaltsbestandteile für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit geteilt durch die Zahl der Soll-Arbeitsstunden des Berechnungszeitraums, wobei bezahlte und entschuldigte Ausfallstunden außer Betracht blieben.
Damit ist nichts gewonnen. Denn § 20 Tz. 1.2 Abs. 1 Satz 2 MTV Stahl regelt eine untypische Situation. § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl erläutert den Geldfaktor, wobei die Wörter „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” nach den Wörtern „die Summe der variablen Lohn- oder Gehaltsbestandteile” sich als Art Oberbegriff darstellen, um alles das zu erfassen, was in die Berechnung des Geldmultiplikators einfließt.
dd) Zu den in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl angesprochenen „Vergütungen für Reisezeit” sagt die Revision in diesem Zusammenhang nichts. Dabei sieht § 5 Ziff. 1 vor, dass notwendige Reisezeit, die über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgeht, bis zu vier Stunden kalendertäglich mit dem zuschlagsfreien Verdienst bezahlt wird. An arbeitsfreien Tagen des Arbeitnehmers wird angeordnete Reisezeit bis zu acht Stunden kalendertäglich ohne Zuschläge vergütet. Fällt die angeordnete Reisezeit auf einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so sind neben der Vergütung die hierfür vorgesehenen Zuschläge zu bezahlen. Das auftragsgemäße Führen des Kraftwagens anlässlich einer Dienstreise gilt als Arbeitszeit. Es handelt sich dabei um im betrieblichen Interesse angeordnete Reise- oder Wegezeiten. Im Lichte des § 5 Ziff. 1 Abs. 3 MTV Stahl, der das auftragsgemäße Führen eines Kraftwagens anlässlich einer Dienstreise als Arbeitszeit fingiert, muss davon ausgegangen werden, dass der Reisende iSd. § 5 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 2 MTV Stahl keine Arbeit im eigentlichen Sinne leistet, sondern „reist”, also seine „Arbeit” im Reisen besteht und er während dieser Zeit keine anderweitige Arbeitstätigkeit zu vollbringen hat.
(1) An anderer Stelle meint die Revision, die ausdrückliche Einbeziehung der für Reisezeit geschuldeten Vergütungen stünde ihrem Verständnis nicht entgegen. Aus der Erwähnung der Vergütungen für Reisezeit könne nicht geschlossen werden, dass auch Vergütungen, die kein Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit darstellten, Eingang in die Berechnungen hätten finden sollen. Reisezeitvergütungen und Provisionen unterschieden sich grundlegend von Rufbereitschaftsvergütungen. Anders als in der Zeit, in der Rufbereitschaft geleistet werde, handele es sich bei Reisezeit um Arbeitszeit, die vorbehaltlich abweichender Regelungen durch die Vertragspartner oder durch die Tarifvertragsparteien auch als solche zu vergüten sei. Hinzu komme, dass der Arbeitnehmer während der Reisezeit gerade nicht –weitgehend – frei sei zu entscheiden, wo er sich aufhalte und was er während der Zeit, in der er reise, tue. Vielmehr seien durch die Fahrtroute und das Verkehrsmittel der Aufenthaltsort ebenso wie die Beschäftigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers vorgegeben. In den weitaus meisten Fällen, in denen es um „Reisezeit” von Tarifunterworfenen gehe, handele es sich sogar um Autofahrten, während derer der Arbeitnehmer keinerlei Möglichkeiten habe, seine Zeit anderweitig zu nutzen. Auch insoweit unterscheide sich die Zeit, während derer ein Arbeitnehmer Rufbereitschaft habe, grundlegend von der „Reisezeit”. Die Einschränkungen, die ein Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft erfahre, während derer er nicht zur Arbeitsleistung herangezogen werde –im letzteren Fall würde seine Leistung als Arbeitsleistung wie Arbeitszeit vergütet und auch in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes Eingang finden –, seien demgegenüber vergleichsweise gering. Die Beschränkung auf die häusliche Umgebung oder einen bestimmten Umkreis, in dem er sich aufzuhalten habe, sei mit derjenigen bei Dienstreisen nicht vergleichbar. Während es bei der Zeit, die ein Arbeitnehmer für das dienstlich veranlasste Reisen aufwende, gerechtfertigt sei, diese als tatsächlich geleistete Arbeit zu verstehen, sei dies bei der Rufbereitschaft mit ihren vergleichsweise geringeren Einschränkungen und ohne, dass der Arbeitgeber irgendwelche Aktivitäten vorgebe, nicht möglich. Dementsprechend würden Reisezeiten und Rufbereitschaft nach dem MTV Stahl und nachdem dazugehörigen Lohnrahmentarifvertrag auch gänzlich unterschiedlich vergütet. Eine Gleichbehandlung von Vergütungen für Reisezeit und denjenigen für Rufbereitschaft sei daher auch für die Zwecke der Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsentgelts” des § 20 MTV Stahl weder geboten noch gerechtfertigt. Nichts anderes ergebe ein Vergleich mit den in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl ausdrücklich erwähnten Provisionen. Provisionen seien Entgelt für die Vermittlung oder den Abschluss von Verträgen. Sie seien damit Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit.
(1.1) Die reisezeitbezogenen Ausführungen sind so nicht richtig. Reisezeit kann Arbeitszeit sein, so, wenn das Reisen zur arbeitsvertraglichen Hauptleistung gehört, wie zB bei Kraftfahrern. Das Fahren mit zur Verfügung gestellten Fahrzeugen ist zwar arbeitszeitrechtlich keine Arbeitszeit, kann dies aber vergütungsrechtlich sein, wie es in § 5 Ziff. 1 Abs. 3 MTV Stahl auch vorgesehen ist. Darüber hinaus ist Reisezeit nur Arbeitszeit, wenn während der Reise Arbeit im eigentlichen Sinne geleistet wird, zB wenn der Projektleiter im Konferenzabteil eines ICE eine Projektbesprechung mit mitgeführten Unterlagen vorbereitet. Reisezeiten ohne anderweitige Tätigkeit, also wenn der Reisende im Übrigen die Zeit für sich gestalten kann, wird gleichwohl als Arbeitsleistung verstanden. Die Revision stellt auf Autofahrten ab. Dabei übersieht sie, dass in § 5 Ziff. 1 Abs. 3 MTV eine solche Zeit als „Arbeitszeit” gilt, also vergütungsrechtlich als solche behandelt wird.
(1.2) Dass Reisezeiten bei Reisen ohne eigentliche Arbeitsleistung anders vergütet werden als Rufbereitschaft, besagt nichts dafür, ob die Rufbereitschaftsvergütung bei der Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” des § 20 MTV Stahl zu berücksichtigen ist. Es handelt sich in beiden Fällen nicht um Vergütung für Vollarbeit, sondern für Arbeitsleistung anderer, unterschiedlicher Qualität. Während bei der Rufbereitschaft die Einschränkung relativ gering ist, ist die Reisezeit zwar für den Reisenden gestaltbar, aber nur sehr eingeschränkt. Er kann während der Zugfahrt lediglich nichts tun, lesen, Unterhaltung führen usw.
(1.3) Die in der von der Revision benannte Entscheidung des Neunten Senats vom 20. Juni 2000 (– 9 AZR 437/99 – BAGE 95, 112 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Stahlindustrie Nr. 2 = EzA BUrlG § 11 Nr. 47) genannten Provisionen, die in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl aufgeführt sind, sind nicht deswegen erwähnt, weil ihnen keine Vollarbeit zugrunde liegt, sondern weil sie oftmals starken Schwankungen unterliegen, zumal dann, wenn sie erst nach Überschreiten eines bestimmten Umsatzes gezahlt werden, der mit dem Fixum abgegolten wird.
(1.4) Eine Tantieme ist eine „einmalige Zuwendung” iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 4 MTV Stahl. Die Revision irrt aber, wenn sie meint, Umsatzprovisionen seien deswegen nicht zu berücksichtigen, weil sie dem Lohn- und Gehaltssystem der Stahltarifverträge nicht bekannt seien. Gäbe es frei vereinbarte Umsatzprovisionen, die keine Einmalzahlungen sind, fielen sie unter § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl, wenn nicht als Provisionen, so doch als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile im Hinblick auf das Wort „insbesondere”.
(2) In anderem Zusammenhang verkennt die Revision nicht, dass die Aufzählung in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl nicht abschließend formuliert ist. Sie wirft dem Bundesarbeitsgericht vor, mit seiner Entscheidung vom 20. Juni 2000 (– 9 AZR 437/99 – BAGE 95, 112 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Stahlindustrie Nr. 2 = EzA BUrlG § 11 Nr. 47) übersehen zu haben, dass außer den Vergütungen für Rufbereitschaft alle Vergütungen, Zuschläge, Zulagen usw. aufgeführt seien mit einer Ausnahme: Rufbereitschaftsvergütungen. Das sei besonders augenfällig, wenn man bedenke, dass die Vergütungen für Reisezeit, die in derselben Tarifvorschrift wie diejenige für Rufbereitschaft geregelt sei –§ 5 MTV Stahl –, erwähnt würden. Das gelte um so mehr, als im Gegensatz dazu sämtliche in § 7 MTV Stahl enthaltenen Vergütungsformen mit Ausnahme der Mehrarbeitsvergütungen, die in § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 (gemeint: Abs. 3) letzter Satz MTV Stahl gesondert geregelt würden, aufgeführt würden –„Zuschläge für Spät-, Nacht-, Samstags-, Sonntags-und Feiertagsarbeit” –. Noch deutlicher werde dies, wenn man sich die Regelungen des Lohnrahmentarifvertrages vor Augen führe. Die Tarifvertragsparteien seien offenkundig wie folgt vorgegangen: Zunächst hätten sie den Manteltarifvertrag, sodann den Lohnrahmentarifvertrag auf zu berücksichtigende variable Entgeltbestandteile durchgesehen. Das belege die Reihenfolge, in denen die einzelnen Vergütungsformen gelistet würden. Als erstes würden die Vergütungen für Reisezeit, geregelt in § 5 Ziff. 1 MTV Stahl, aufgeführt. Dem schlössen sich die Zuschläge für Spät-, Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, geregelt in § 7 MTV Stahl an. Die weiteren in § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl genannten Vergütungsformen seien nicht im Manteltarifvertrag, sondern im Lohnrahmentarifvertrag geregelt. Sie würden in eben der Reihenfolge, in der sie dort erschienen, aufgeführt. So würden die Zulagen für außergewöhnliche Belastungen in § 8 LRTV geregelt. Die Regelungen zu Prämien und Leistungen fänden sich in § 17 LRTV. Die Bestimmungen zu Akkordlohnarbeitfänden sich schließlich in den §§ 18 f. LRTV. Nicht erwähnt würden die Vergütungen für Rufbereitschaft, die außer in § 5 Ziff. 2 MTV Stahl auch in § 10 LRTV noch vor den Prämien- und Leistungszulagen und Akkordmehrverdiensten geregelt würden. Dies lasse nur den Schluss zu, dass Rufbereitschaftsvergütungen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien gerade nicht „Arbeitsentgelt” iSd. § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl darstellten und als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes hätten einfließen sollen. Die Tarifvertragsparteien seien offensichtlich bei der Abfassung des § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 MTV Stahl die einzelnen Vergütungsformen „durchgegangen”, die Manteltarifvertrag und Lohnrahmentarifvertrag zum damaligen Zeitpunkt gekannt hätten. Dies werde sowohl vom Landesarbeitsgericht als auch vom Neunten Senat in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2002 übersehen. Indem die Tarifvertragsparteien Vergütungen für Rufbereitschaft als einziges nicht in die Auflistung aufgenommen hätten, hätten sie dokumentiert, dass sie bei der Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” hätten unberücksichtigt bleiben sollen. Dem stehe die Verwendung des Begriffs „insbesondere” in § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl nicht entgegen. Hiermit habe lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollen, dass etwaige in der Zukunft vereinbarte zusätzliche Entgeltformen Eingang in die Berechnung hätten finden sollen, soweit sie Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit darstellten.
Die Revision will damit letztlich auf das argumentum e contrarium hinaus. Das ist wegen des Wortes „insbesondere” nicht möglich. Der Vorwurf, das Berufungsgericht und der Neunte Senat hätten den systematischen Abgleich des Manteltarifvertrages und des Lohnrahmentarifvertrages übersehen, trifft sonach so nicht zu. Es ist nicht erkennbar, was das Wort „insbesondere” sonst soll. Für den Erklärungsversuch, das Wort „insbesondere” sei –nur –im Hinblick auf künftige Änderungen im MTV und LRTV eingefügt worden, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Der Kläger will nicht wahrhaben, dass Einigungen in Tarifverhandlungen in der Regel in paraphierter Form erfolgen und dann die Absprachen redaktionell in den bestehenden Tarifvertrag eingearbeitet werden, also auf notwendige Folgeänderungen in anderen, an sich nicht verhandelten Bestimmungen des Tarifvertrages geachtet wird.
ee) Die Revision trägt vor, im Rahmen der Rufbereitschaft erbringe nur der eine Arbeitsleistung, der tatsächlich zur Arbeit herangezogen werde. Demgegenüber sei die Rufbereitschaft ansonsten dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer gerade keine Arbeitsleistung erbringe, sondern sich nur zur Arbeitsleistung bereithalten müsse. Insoweit handele es sich um eine andere, zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers.
(1) Ausgangspunkt ist der Begriff der Rufbereitschaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Bereitschaftsdienst die Zeitspanne, während derer sich der Arbeitnehmer, ohne dass von ihm wache Achtsamkeit gefordert wird, für Zwecke des Betriebes an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort oder zeitnah aufnehmen kann (vgl. zB 29. Oktober 2002 – 1 AZR 603/01 – AP BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 11 = EzA ArbZG § 4 Nr. 1, zu I 3 c aa Abs. 2 der Gründe mwN). Während der Rufbereitschaft kann sich der Arbeitnehmer demgegenüber an einem selbst gewählten Ort aufhalten (29. Oktober 2002 – 1 AZR 603/01 – aaO unter Hinweis auf Senat 3. Dezember 1986 – 4 AZR 7/86 – AP MTB II § 30 Nr. 1; vgl. ferner Schliemann Arbeitszeitgesetz § 2 Rn. 24).
(2) Rufbereitschaft wird, wie bereits oben angeführt, durchaus als Arbeitsleistung verstanden, die schuldrechtlich, dh. im Hinblick auf Vergütungsansprüche in § 5 MTV Stahl und in § 10 LRTV Stahl angesprochen ist. Es handelt sich somit nicht um eine andere, zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers.
(3) Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den von der Revision genannten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ableiten.
(3.1) In der Entscheidung vom 20. Oktober 1993 (– 5 AZR 674/92 – EzA LohnFG § 2 Nr. 24) wurde eine Notdienstpauschale, die Monteure für die Bereitschaft, an Notdiensttagen ständig zur Verfügung stehen, je Notdienstwoche erhalten, zu den Arbeitgeberleistungen gezählt, die nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden gültig ab 1. April 1990 bei der Berechnung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu berücksichtigen sind. Dabei hat der Fünfte Senat in erster Linie darauf abgestellt, dass dieser MTV die Notdienstpauschale nicht kenne, aber neben den zeitabhängigen variablen Bestandteilen des Monatslohns noch „alle laufend gewährten Zulagen und Zuschläge” aufzähle. Schon der weitgefasste Wortlaut der Tarifbestimmung hindere nicht, die Notdienstpauschale in die Leistungen mit einzubeziehen, die im Krankheitsfall fortzuzahlen seien. Dies folge, so der Fünfte Senat weiter, auch aus dem Sinn und Zweck der Tarifregelung. Diese wolle insbesondere die zeitabhängigen variablen Bestandteile des Monatslohns als zusätzliche Elemente der Lohnfortzahlung erfassen. Die von § 11.3.2.2 MTV zu den zeitabhängigen variablen Bestandteilen des Monatslohns gezählten Vergütungen für Mehr-, Nacht-, Spät-, Sonn- und Feiertagsarbeit stellten eine Gegenleistung des Arbeitgebers dar für eine jeweils außerhalb der normalen Arbeitszeit liegende besondere Leistung des Arbeitnehmers. Den gleichen Charakter weise auch die Notdienstpauschale auf. Sie sei ebenfalls eine Gegenleistung des Arbeitgebers für eine außerhalb der normalen Arbeitszeit liegende besondere Leistung des Arbeitnehmers. Daher müsse auch sie in die Berechnung des für den Krankheitsfall fortzuzahlenden Lohnes einfließen. Dass diese Leistung des Arbeitnehmers keine Arbeitsleistung sei, ist damit nicht gesagt. Es kam darauf nicht an.
(3.2) Auch in der genannten Entscheidung des Neunten Senats vom 21. März 1995 (– 9 AZR 953/93 –) ging es um einen Tarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden, und zwar um die Berechnung der Urlaubsvergütung nach dem Urlaubsabkommen auf der Basis des MTV, und zwar darum, ob die Notdienstpauschale in die tarifliche Urlaubsvergütung einzubeziehen ist. Der Neunte Senat hat ausgeführt, sie sei ein zeitabhängiger variabler Bestandteil eines Monatslohns/Gehalts im Sinne des Urlaubsabkommens. Das ergebe die Auslegung der Tarifvorschrift, die den Begriff der Notdienstpauschale nicht ausdrücklich nenne. Die Norm sei weit gefasst. Dadurch ließen die Tarifvertragsparteien erkennen, dass sie alle Arbeitsentgeltbestandteile hätten einbeziehen wollen. Das folge auch aus dem einschränkendem Satzteil in § 4.2.2 Satz 1 des Urlaubsabkommens vom 22. Dezember 1987, der ausdrücklich Aufwendungsersatzleistungen ausnehme. Bei der Notdienstpauschale handele es sich nicht um Aufwendungsersatz, sondern um Arbeitsentgelt für eine besondere Leistung des Arbeitnehmers, nämlich für die Verpflichtung, sich außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit für den Arbeitseinsatz zur Verfügung zu halten. Auch aus dieser Entscheidung ergibt sich nicht, dass Rufbereitschaftsvergütung kein Arbeitsentgelt ist. Im Gegenteil: Damit handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht (nur) um eine andere zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers, die nach § 611 BGB zu vergüten ist, was in § 5 Ziff. 2 MTV Stahl vorgesehen ist, so dass es von daher nicht richtig ist, dass die Rufbereitschaftsvergütung bei der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes iSd. § 20 Ziff. 1 MTV Stahl nicht zu berücksichtigen ist.
ff) Die Revision wendet sich gegen die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, es handele sich bei den Begriffen „Arbeitsverdienst” oder „Arbeitsentgelt” nicht um feststehende Rechtsbegriffe. Das belegten schon gesetzliche Definitionen, wie in § 11 Abs. 1 BUrlG oder in § 4 Abs. 1a EFZG und die im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen ergangene Fülle an Rechtsprechung und entstandener Literatur.
(1) Dabei verkennt die Revision, dass das Landesarbeitsgericht nur ausgeführt hat, dass mit dem Begriff der Vergütung in § 5 Ziff. 2 Satz 1 MTV Stahl nichts anderes bezeichnet sei als mit dem gleichlautenden Begriff der Vergütung in § 611 BGB, und daraus auf den Begriff „Arbeitsverdienst” in § 20 MTV Stahl geschlossen hat und die Begriffe Vergütung und Arbeitsverdienst als Synonyme angesehen hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht damit begründet, dass sie die übereinstimmende Bedeutung hätten, die Gegenleistung zu kennzeichnen, die der Arbeitgeber im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) gemäß § 611 BGB dem Arbeitnehmer für die in einem bestimmten Abrechnungszeitraum erbrachten Dienste schulde.
(2) Dem ist zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob die Begriffe Vergütung und Arbeitsverdienst tatsächlich synonym sind. Jedenfalls geht § 20 MTV Stahl vom „regelmäßigen Arbeitsverdienst” aus, den er berechnen will, und erwähnt in diesem Zusammenhang sowohl den Begriff „Arbeitsentgelt” (§ 20 Tz. 1.2 Abs. 3) als auch den Begriff „Vergütung” (§ 20 Tz. 1.2 Abs. 3), so dass von daher es als richtig erscheint, alles das unter dem Begriff „Arbeitsverdienst” zu fassen, was in der Berechnungszeit für erbrachte Dienste iSd. § 611 BGB geschuldet und bezahlt wurde, zumal dann, wenn die Rufbereitschaft als Arbeitsleistung verstanden wird (vgl. oben).
gg) Die Revision kann auch nicht damit gehört werden, dass die Tarifvertragsparteien eine ausdrückliche Bestimmung getroffen hätten, wonach nur solche variablen Lohn- und Gehaltsbestandteile Berücksichtigung fänden, die Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit darstellten. Das ergebe sich nicht nur aus § 20 Tz. 1.2 Abs. 1 MTV Stahl und insbesondere § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl, sondern auch aus der Regelung des § 20 Tz. 1.2 Abs. 4 MTV Stahl.
(1) Das Wort „tatsächlich” fehlt nach dem Wort „Berechnungszeitraum” und vor dem Wort „geleistete” in § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl. Hinzu kommt, dass der Begriff „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” im Zusammenhang mit der zu bildenden Summe der variablen Lohn-und Gehaltsbestandteile lediglich Abs. 3 der Tz.
1.2 des § 20 MTV Stahl zusammenfassend aufgreift. Anderenfalls müsste die Vergütung für Reisezeit ausgenommen werden, weil der Reisende „eigentliche” Arbeit nicht leistet, sondern reist.
(2) Der Hinweis auf § 20 Tz. 1.2 Abs. 4 MTV Stahl geht fehl. Von der Formulierung „und dergleichen” werden Rufbereitschaftsvergütungen gerade nicht erfasst. Eine Rufbereitschaftsvergütung ist weder eine einmalige Zuwendung noch eine Leistung, die Aufwendungsersatz darstellt, noch ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld und hat auch nicht die Qualität, die den genannten Positionen entspricht. Rufbereitschaftsvergütung ist das Entgelt für die Bereithaltung zur jederzeitigen Arbeitsaufnahme, der Arbeitnehmer erbringt nur keine eigentliche Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft. Die Rufbereitschaft ist aber unmittelbar auf die Arbeitsleistung bezogen. Sie bringt zeitlich nicht voraussehbare, aber in der Tätigkeit angelegte und auch tatsächliche Arbeitseinsätze mit sich (vgl. BAG 23. Juli 1996 – 1 ABR 17/96 – AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 55, zu B II 2 b cc vor c der Gründe). Der Vorwurf, der Neunte Senat habe dies in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2000 (– 9 AZR 437/99 – BAGE 95, 112, 116 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Stahlindustrie Nr. 2 = EzA BUrlG § 11 Nr. 47, zu I 2 b der Gründe) übersehen, geht sonach fehl.
b) Auch aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich nicht, dass die Rufbereitschaftsvergütungen bei der Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” nicht zu berücksichtigen sind.
aa) Die Auffassung der Revision, daraus, dass alle den Tarifvertragsparteien bekannte Vergütungsformen Eingang in § 20 MTV Stahl außer den Rufbereitschaftsvergütungen gefunden hätten, sei zu schließen, dass Rufbereitschaftsvergütungen nicht in die Berechnung des „regelmäßigen Arbeitsverdienstes” einfließen sollten, ist nicht zwingend. Dies zum einen deswegen nicht, weil das Wort „insbesondere” außer Acht gelassen wird, zum anderen auch deswegen nicht, weil Vergütungen, die für den „regelmäßigen Arbeitsverdienst” relevant sein können, auch frei vereinbart werden können, wie etwa ständig gewährte Ergebnisbeteiligungen an dem durch die Mitarbeit der Arbeitnehmer erzielten Leistungserfolg des Betriebes, soweit sie eine Gegenleistung für verrichtete Arbeit darstellen, was bei einer solchen Vereinbarung der Fall ist.
Die Revision greift die angeblich fehlende Vergleichbarkeit der Vergütungen für Reisezeit und Rufbereitschaft wieder auf. Dabei wird nicht gesehen, dass Reisezeit, in der keine eigentliche Arbeit geleistet wird und in der kein Kraftfahrzeug bewegt wird, und Rufbereitschaft durchaus vergleichbar sind (arg. § 5 Ziff. 1 Abs. 3 MTV Stahl). Es handelt sich um Arbeitsleistung unterschiedlicher Intensität.
bb) Die Revision greift wieder auf § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl zurück. Dabei wird nicht gesehen, dass es sich bei „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” nur um einen zusammenfassenden Ausdruck handelt auf der Basis dessen, was sich aus § 20 Tz. 1.1 und Tz. 1.2 Abs. 1 bis 4 MTV Stahl ergibt, also nicht nur tatsächlich geleistete Vollarbeit erfasst, sondern auch Arbeitsleistung anderer Intensität wie Reisezeit und eben auch Rufbereitschaft.
Deswegen geht auch der Vorwurf fehl, der Neunte Senat habe in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2000 § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl übersehen. Auch das Landesarbeitsgericht hat den Bedeutungsgehalt dieser Bestimmung nicht verkannt. Es hat im Ergebnis zutreffend darauf hingewiesen, dass es keinen Sinn mache, bei § 20 Tz. 1.2 Abs. 3 die Rufbereitschaftsvergütung einzubeziehen, sie bei dem Geldmultiplikator in Abs. 5 im Hinblick auf den Begriff „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” wieder herauszunehmen. Dieser Begriff fasst das zusammen, was bei der Berechnung zählt (§ 20 Tz. 1.1 und Tz. 1.2 Abs. 1 bis 4) und unter „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” ist unschwer auch geleistete Rufbereitschaft zu rechnen, diese verstanden als Arbeitszeit, in der zwar keine Vollarbeit erbracht wird, wohl aber Arbeitsleistung anderer Qualität. Die Rufbereitschaft ist unmittelbar auf die Arbeitsleistung bezogen.
cc) Die Rufbereitschaftsvergütung hat ihre Grundlage in einer Betriebsvereinbarung, § 5 Ziff. 2 Satz 1 und Satz 2 MTV Stahl. Ist die Rufbereitschaftsvergütung betrieblich festzulegen, sind der Personenkreis, der Zeitraum und die Gestaltung der Vergütung durch Betriebsvereinbarung zu regeln, so konnten die Tarifvertragsparteien die Rufbereitschaftsvergütung in § 20 MTV Stahl nicht sinnvoll nennen, weil sie sie nicht geregelt haben. Sie haben den Punkt offen gehalten. Das, was die Betriebsparteien vereinbaren, kann ggf. in alle oder in einige Kategorien des § 20 MTV Stahl passen. Es kann sich um regelmäßige Bezüge, um variable Bezüge oder auch um einmalige Zuwendungen handeln. Schließlich ist der Fall zu bedenken, dass die Betriebsparteien die Rufbereitschaftsvergütung nicht regeln, aus welchen Gründen auch immer. Das spricht dafür, dass die Rufbereitschaftsvergütungen je nach betrieblichen Festlegungen variable Lohn- oder Gehaltsbestandteile und damit Arbeitsentgelt iSd. § 20 Tz. 1.2 MTV Stahl sein können.
c) Auf die tarifliche Übung kommt es nicht mehr an.
Wortlaut und Systematik tragen das gefundene Ergebnis. Die tarifliche Übung ist als Auslegungskriterium nur dann heranzuziehen, wenn Wortlaut und Systematik zu keinem Ergebnis geführt haben. Schon deswegen ist eine etwa entgegenstehende praktische Tarifübung unbeachtlich (vgl. Senat 25. November 1987 – 4 AZR 403/87 – AP TVG § 1 Auslösung Nr. 18 = EzATVG § 1 Auslegung Nr. 18).
Eine Tarifpraxis oder praktische Tarifübung nach Abschluss des Tarifvertrages kann dessen Inhalt schon wegen der fehlenden Schriftform nicht ändern, sondern allenfalls einen Rückschluss auf die Willensbildung bei Vertragsschluss erlauben (Löwisch/Rieble TVG § 1 Rn. 408). Die Revision beanstandet die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Tarifübung als auf nicht dem jüngsten Stand der Rechtsprechung beruhend. Selbst wenn dem so sein sollte, bleibt es dabei, dass eine tarifliche Übung nur ergänzend bei der Tarifauslegung berücksichtigt werden kann. Das ist aber nicht erforderlich, weil sich aus dem Wortlaut und dem zu berücksichtigenden Sinn und Zweck des § 20 MTV, der sich jedenfalls hinreichend deutlich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, deutlich wird, dass die Rufbereitschaftsvergütung bei der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist.
d) Da sich aus dem Wortlaut und dem zu berücksichtigenden Sinn und Zweck des § 20 MTV, der sich jedenfalls hinreichend aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, deutlich wird, dass die Rufbereitschaftsvergütung bei der Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist, kommt es auf die Verfahrensrügen der Revision nicht mehr an.
3. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass, sind Rufbereitschaftsvergütungen als variable Lohn- und Gehaltsbestandteile Grundlage der Berechnung des Arbeitsverdienstes nach § 20 Tz. 1.2 Abs. 1 bis 4 MTV Stahl, der Einwand verfehlt ist, in die Berechnung gingen solche Zahlungen nach § 20 Tz. 1.2 Abs. 5 MTV Stahl nicht ein, mit anderen Worten, ein Anspruch sei zwar dem Grunde nach möglicherweise gegeben, betragsmäßig aber nicht realisierbar. Folge man der Auslegung des Klägers, führe dies zu einem unsinnigen Ergebnis. Die Tarifvertragsparteien hätten im späteren Schritt der Festlegung der Berechnungsmodalitäten ihre Grundregel der Einbeziehung der Rufbereitschaftsvergütung in die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes wieder aufgegeben. Mit einem solchen Verständnis verkenne der Kläger nicht nur den tariflichen Gesamtzusammenhang, sondern auch den Grundsatz, bei der Tarifauslegung darauf bedacht zu sein, dass die Tarifvertragsparteien eine vernünftige Regelung haben treffen wollen.
Dem folgt der Senat. Der Begriff „für die im Berechnungszeitraum geleistete Arbeit” erfasst die einzelnen Lohn- /Gehaltsbestandteile der Tz. 1.1 und Tz. 1.2 Abs. 1 bis 3 und umfasst insbesondere auch die Vergütung für Rufbereitschaft, wenn sie entsprechend betrieblich gestaltet wurde. Darauf hat der Senat bereits hingewiesen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bott, Friedrich, Wolter, Gotsche, Kiefer
Fundstellen