Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung wg. vorübergehenden Mehrbedarfs
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 30.08.1988; Aktenzeichen 4 Sa 503/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 04.03.1988; Aktenzeichen 14 Ca 9397/87) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. August 1988 – 4 Sa 503/88 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die im Jahre 1963 geborene Klägerin, seit November 1987 Mitglied der Gewerkschaft ÖTV, war bei der beklagten Bundesanstalt zunächst aufgrund Arbeitsvertrages vom 27. Januar 1986 befristet in der Zeit vom 1. Februar 1986 bis zum 31. Juli 1987 als Hilfsbearbeiterin in der Leistungsabteilung für Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe beschäftigt gewesen. Die Befristung beruhte auf Art. 1 § 1 Abs. 1 des BeschFG 1985. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages galten für das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit vom 21. April 1961 (MTA) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung; von der Geltung ausgenommen war die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2a zum MTA.
Unter dem 31. Juli 1987 schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung. Danach wurde die Klägerin auf bestimmte Zeit nach der Anlage 2a (SR 2a) zum MTA als Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer für die Zeit bis zum 31. August 1988 auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Arbeitsamt K weiterbeschäftigt. Als Befristungsgrund wurde in einem Schreiben der Beklagten vom 31. Juli 1987, auf das die Änderungsvereinbarung Bezug nahm, angegeben, mit dem bevorstehenden Umzug der Leistungsabteilung nach Fertigstellung des Neubaus müßten erhebliche Vorbereitungen getroffen werden. Vor allem die Einführung der neuen Organisation in der Aktenhaltung, Antragsannahme, Auskunft und Leistungsempfängerdatei verlange erhebliche Mehrarbeit. Aus diesen Gründen sei es notwendig, befristet beschäftigte Mitarbeiter, die sich während ihrer bisherigen Tätigkeit bewährt hätten, weiterzubeschäftigen. Eine Beschäftigung über den 31. August 1988 hinaus sei nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis müsse daher zu diesem Termin enden.
Mit ihrer am 18. Dezember 1987 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hält die Klägerin die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. August 1988 für unzulässig. Sie meint, in dem zweiten Vertrag werde nur deshalb der bevorstehende Umzug als Befristungsgrund angegeben, weil eine Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses nach dem BeschFG nicht möglich gewesen sei. Tatsächlich sei sie nicht mit Arbeiten beschäftigt worden, die den Umzug vorbereitet hätten, sondern sie sei nach wie vor als Hilfsbearbeiterin für Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe tätig geworden. Da der Umzug selbst nur zwei Tage in Anspruch genommen habe, sei durch ihn eine merkliche Mehrbelastung nicht entstanden. Auch mit der Aktenhaltung, Antragsannahme, Auskunft und der Leistungsempfängerdatei habe sie nichts zu tun. Ihre Tätigkeit sei durch den Umzug nicht geändert worden; auch die Besetzung ihrer Abteilung sei gleich geblieben. Der von der Beklagten angeführte Befristungsgrund stelle lediglich eine Schutzbehauptung dar. Auch auf die Übernahme von Auszubildenden könne die Beklagte die Befristung nicht stützen, denn im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Vertrages sei völlig unsicher gewesen, ob die Auszubildenden ihre Prüfung ablegen bzw. ob sie überhaupt eine Übernahme verlangen würden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß zwischen den Parteien über den 31. August 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat im wesentlichen vorgetragen, der zweite mit der Klägerin abgeschlossene Arbeitsvertrag sei befristet worden, weil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften bestanden habe, dessen Ende voraussehbar gewesen sei. Im September/Oktober 1987 habe im Arbeitsamt K die Leistungsabteilung mit den Vorbereitungen für die Neuorganisation der Arbeitsgebiete Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe, Fortbildung und Umschulung/Leistungen zur Rehabilitation begonnen. Die Durchführung der Neuorganisation selbst habe erst mit dem Umzug in den Neubau erfolgen sollen, der dann am 29./30. Januar 1988 stattgefunden habe. In der Vorbereitungsphase hätten die Bearbeitungsrückstände bis zum Umzug in den Neubau aufgearbeitet werden müssen, schon dies habe den Einsatz von Zusatzkräften erfordert. Insgesamt seien zehn Aktenverwalter und sieben Hilfsbearbeiter zusätzlich benötigt worden; tatsächlich seien auch 17 befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden, wobei das Auslaufdatum teilweise auch gestaffelt auf den 31. Dezember 1988 festgelegt worden sei. Die Klägerin habe in der Vorbereitungsphase dafür sorgen sollen, daß während dieser Zeit keine Anträge unerledigt geblieben seien. Bis zur Neuorganisation sei die Aktenhaltung, Antragsannahme/Auskunftserteilung, Datenerfassung/Schreibarbeiten für die Leistungsabteilung zentral erfolgt. Dies hätte angesichts der Größenordnung des Arbeitsamts K zu erheblichen Arbeitsverzögerungen geführt. Deshalb seien im Zuge der Neuorganisation objektorientierte Leistungsgruppen gebildet worden. Jede Leistungsgruppe bestehe aus drei Leistungsstellen mit je einem Sachbearbeiter, zwei Bearbeitern und zwei Hilfsbearbeitern. Die Aktenhaltung, Antragsannahme/Auskunftserteilung, Datenerfassung/Schreibarbeiten würden von nun an dezentral in der dafür zuständigen Leistungsgruppe durchgeführt. Modellversuche hätten gezeigt, daß diese Dezentralisierung eine erhebliche Arbeitserleichterung darstelle. Zur effektiven Durchführung der Neuorganisation habe es einer intensiven Schulung des Stammpersonals bedurft. Alle Mitarbeiter, deren Aufgabengebiete sich verändert hätten, seien speziell geschult worden. Da es dem Stammpersonal unmöglich sei, neben der intensiven Schulung gleichzeitig die Bearbeitung in vollem Umfange wahrzunehmen, sei der Einsatz von Zusatzkräften wie der Klägerin erforderlich geworden. Es sei absehbar gewesen, daß die durch die Neuorganisation entstehende Mehrarbeit im wesentlichen mit dem Auslaufen des Vertrages der Klägerin beendet sein werde, so daß im Juli/August 1988, wenn neun Auszubildende ihre Ausbildung beendet hätten und übernommen werden könnten, die Erledigung der anfallenden Aufgaben mit dem Stammpersonal möglich sei. Der Befristungsgrund sei also nicht der Umzug, sondern die vorübergehende Mehrarbeit infolge der Umorganisation gewesen. Die Neuorganisation sei lediglich zeitlich mit dem Umzug verknüpft worden. Mit den Vorbereitungen der Neuorganisation sei schon Anfang 1987 begonnen worden. In dem Abschnitt, in dem die Klägerin tätig sei, seien sechs Mitarbeiter von Umsetzungsmaßnahmen betroffen gewesen. Durch die Umsetzung eingearbeiteter Mitarbeiter in die neu einzurichtende Antragsannahme/Auskunft sowie die dadurch bedingte Umsetzung nicht eingearbeiteter Mitarbeiter in die Sachbearbeitung hätten sich zusätzliche Belastungen ergeben. Da die Klägerin schon eingearbeitet gewesen sei, habe sich an ihrer Arbeit nichts geändert. Dies sei jedoch ohne Belang. Denn die Mehrbelastung habe nur abteilungsübergreifend ausgeglichen werden können, indem für den Übergangszeitraum mehr Mitarbeiter beschäftigt worden seien, um die insgesamt durch Schulungen und dergleichen anfallende Mehrarbeit auszugleichen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 31. August 1988 geendet hat.
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, der sachliche Grund für die Befristung der mit der Klägerin geschlossenen Änderungsvereinbarung vom 31. Juli 1987 habe darin gelegen, daß beim Arbeitsamt K ein zeitlich begrenzter Mehrbedarf an Arbeitskräften bestanden habe. Es habe eine völlige Neuorganisation der Leistungsabteilung durchgeführt werden sollen. Die damit verbundenen Versetzungen hätten Schulungsmaßnahmen in einem Umfang erforderlich gemacht, daß abzusehen gewesen sei, daß mit dem normalen Personalbestand die laufende Arbeit neben diesen Umstellungsmaßnahmen nicht mehr zu bewältigen gewesen sei. Außerdem habe durch die Aufarbeitung von Rückständen vermieden werden sollen, daß in der Umstellungsphase durch Anfragen und dergleichen vermeidbare Mehrarbeit anfallen würde. Nach dem Umzug habe in einer gewissen Einarbeitungsphase sichergestellt werden müssen, daß das neue System reibungslos funktioniere. Bei einer Umorganisation dieses Ausmaßes sei nicht zu erwarten gewesen, daß schon nach wenigen Wochen mit der Stammbesatzung die gleiche Arbeitsmenge wie vorher erledigt werden konnte. Damit habe für einen verständig denkenden Arbeitgeber festgestanden, daß sowohl in der Vorbereitungsphase als auch in der Zeit nach der Umstellung ein nicht unerheblicher Mehrbedarf an Arbeitskräften entstehen würde. Daß die Beklagte ihre Bedarfsprognose abteilungsübergreifend vorgenommen habe, sei nicht zu beanstanden. Denn der Mehrbedarf an Arbeitskräften sei durch die unterschiedlichsten organisatorischen Maßnahmen entstanden. Diese Schwierigkeiten seien erkennbar nicht dadurch lösbar gewesen, daß einzelne Mitarbeiter gezielt als Vertreter jeweils an dem Ort eingesetzt wurden, an dem ein Mehrbedarf entstand. Die verschiedenartigsten Ursachen hätten vielmehr dazu geführt, daß in der Umstellungsphase mit der Stammbesatzung nicht mehr die gleiche Arbeitsleistung wie bisher zu erbringen war. Damit sei es sachgerecht gewesen, vorübergehend die Anzahl der Mitarbeiter insgesamt zu erhöhen. Daher sei unerheblich, daß die Klägerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz mit einer nur geringfügigen Aufgabenerweiterung laufende Verwaltungsaufgaben der Beklagten wahrgenommen habe. Denn grundsätzlich habe das vorhandene Stammpersonal beim Arbeitsamt K zur Erledigung der anfallenden Aufgaben ausgereicht; nur der durch die Neuorganisation auftretende Mehrbedarf sei durch die Einstellung befristeter Arbeitskräfte gedeckt worden. Unerheblich sei schließlich auch, daß die Bedarfsprognose der Beklagten, was die Anzahl der einzustellenden Arbeitnehmer anbelange, weitgehend auf Schätzungen beruht habe. Zwar sei in zahlreichen von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Verknüpfung zwischen der Anzahl der benötigten Arbeitnehmer und der Anzahl der befristet abgeschlossenen Arbeitsverträge deutlicher. Dies führe jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Befristung, denn der Mehrbedarf infolge der Neuorganisation sei nicht anders als durch Schätzung zu ermitteln gewesen. Dabei sei die Beklagte sorgfältig vorgegangen, indem sie von der Anzahl der zu schulenden Mitarbeiter, der Dauer der Schulungsmaßnahmen, der Anzahl der Umsetzungen in der Leistungsabteilung und der voraussichtlichen Dauer der nötigen Einarbeitung ausgegangen sei. Wenn die Beklagte angesichts der voraussehbaren Umstellungsschwierigkeiten von einem Mehrbedarf von etwa 10 % ausgegangen sei und bei einem Stammpersonal von 163 Mitarbeitern 17 Zusatzkräfte eingestellt habe, so sei dies nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die Prognose der Beklagten hinsichtlich der Dauer der erforderlichen Maßnahmen. Zwar sei die Beklagte auch hier naturgemäß auf Schätzungen angewiesen gewesen. Es habe jedoch der Einschätzung eines verständigen Arbeitgebers entsprochen, wenn die Beklagte, nachdem der Umzugstermin nicht sicher festgestanden habe, die Dauer der geplanten Maßnahme auf ca. ein Jahr geschätzt habe. Da diese Einschätzung der Beklagten durch die weitere Entwicklung bestätigt worden sei, zeige sich, daß die von der Beklagten bei Einstellung der Klägerin angestellte Bedarfsprognose von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und sachgerecht vorgenommen worden sei.
2. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Würdigung des Berufungsgerichts, ob ein sachlicher Befristungsgrund vorliegt, unterliegt in der Revisionsinstanz nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung einer Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüft werden kann. Eine nachprüfbare Rechtsverletzung liegt insoweit nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. zuletzt etwa Senatsurteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, m.w.N.).
3. Derartige Rechtsfehler des Berufungsurteils sind weder von der Revision aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr geht das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 der Gründe) rechtsfehlerfrei davon aus, daß ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften als sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages anzuerkennen ist, wenn im Zeitpunkt der Befristung aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs mit dem Auslaufen des befristeten Arbeitsvertrages zu erwarten ist.
Das Landesarbeitsgericht ist aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Voraussetzungen im Entscheidungsfall vorliegen. Gegen die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Revision keine Verfahrensrügen erhoben. Sie wendet im wesentlichen nur ein, dieser vorübergehende Mehrbedarf rechtfertige nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses gerade der Klägerin. Denn der sachliche Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses müsse sich aus einer speziellen, im engen Zusammenhang mit dem befristeten Arbeitsverhältnis durchzuführenden Bedarfsprognose ergeben. Befristungsgrund und -dauer müßten sich am konkreten Arbeitsverhältnis, insbesondere an der danach zu verrichtenden und tatsächlich verrichteten Tätigkeit orientieren. Die Klägerin aber habe Daueraufgaben verrichtet, die auch nach Beendigung des vorübergehenden Mehrbedarfs weiter angefallen seien.
An dieser Argumentation der Revision ist lediglich richtig, daß ähnlich wie im Falle der Vertretung (vgl. dazu BAG Urteil vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) auch die Befristung eines Arbeitsvertrages wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs voraussetzt, daß der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses vorübergehenden Mehrbedarfs eingestellt wird. Der Arbeitgeber darf einen vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften nicht zum Anlaß nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Die Zahl der befristet eingestellten Mitarbeiter muß sich im Rahmen des vorübergehenden Aushilfskräftebedarfs halten und darf ihn nicht überschreiten (vgl. z.B. BAG Urteil vom 18. April 1986 – 7 AZR 583/84 – nicht veröffentlicht).
Im Entscheidungsfall ergibt sich indessen aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, daß die Beklagte bei einem – nach der nicht angegriffenen Würdigung rechtsfehlerfrei geschätzten – vorübergehenden Mehrbedarf von 17 Arbeitnehmern tatsächlich 17 Arbeitskräfte befristet eingestellt hat. Die Beklagte war nun keineswegs gehalten, die befristet eingestellten Arbeitnehmer gerade mit den Tätigkeiten zu betrauen, die durch den vorübergehenden Mehrbedarf anfielen. Vielmehr war die Beklagte ebenso wie im Falle der Vertretung (vgl. BAG Urteil vom 8. Mai 1985, aaO) berechtigt, die anfallenden Arbeiten umzuverteilen, indem sie die Klägerin die sonst von Stammarbeitnehmern verrichteten Daueraufgaben erledigen ließ, damit sich die Stammarbeitnehmer den durch die Neuorganisation erforderlich gewordenen Schulungsmaßnahmen unterziehen konnten. Auch bei dieser Gestaltung ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Neuorganisation und der befristeten Einstellung der Klägerin gegeben, weil die Neuorganisation den vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften (z.B. infolge der erforderlich gewordenen Schulungsmaßnahmen) ausgelöst hat und die Klägerin eingestellt wurde, um das Stammpersonal von Daueraufgaben zu entlasten, damit das Stammpersonal geschult werden konnte.
Die Rechtsansicht der Revision, der vorübergehende Mehrbedarf müsse gerade bei den Tätigkeiten anfallen, die der befristet eingestellte Arbeitnehmer verrichtet, ist deshalb nicht richtig. Jedenfalls wenn der befristet eingestellte Arbeitnehmer die Tätigkeit von Arbeitnehmern übernimmt, die ihrerseits zur Verrichtung der anderen, vorübergehend anfallenden Mehraufgaben eingesetzt werden, ist dieser Mehrbedarf die Ursache für das Bedürfnis, gerade den befristet eingestellten Arbeitnehmer zu beschäftigen. Bei den nur durch Schätzung zu beantwortenden Fragen, in welchem Umfang und für welche Dauer ein Mehrbedarf bestehen werde, hat der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum. Im übrigen würde eine unrichtige Prognose hinsichtlich der Dauer des Mehrbedarfs nur dann zur Unwirksamkeit der Befristung führen, wenn sich aus der gewählten Dauer der Befristung ergeben würde, daß der Sachgrund der Befristung, nämlich der vorübergehende Mehrbedarf, nicht besteht oder nur vorgeschoben wurde (vgl. insbes. Senatsurteil vom 26. August 1988, BAGE 59, 265 = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Hierfür ergibt sich indessen aus der im Entscheidungsfall vereinbarten Befristung auf 13 Monate kein Anhaltspunkt.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Richter Prof. Dr. Becker ist verstorben. Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Dr. Johannsen, Bea
Fundstellen