Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungskosten. Rückzahlungsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Vgl. Urteil vom 16. März 1994 – 5 AZR 339/92 –
Normenkette
BGB § 611; GG Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 09.07.1992; Aktenzeichen 10/13 Sa 563/91) |
ArbG Köln (Urteil vom 19.04.1991; Aktenzeichen 15 Ca 33/91) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juli 1992 – 10/13 Sa 563/91 – insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte verurteilt hat, an den Kläger 15.000,00 DM nebst Zinsen zu zahlen und über die Kosten entschieden hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger die anteiligen Kosten für die Ausbildung auf dem Flugzeugmuster Boeing 737-300 zu tragen hat. Daneben verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Gewinnbeteiligung für 1989.
Der Kläger war seit dem 1. März 1988 bis zum 31. Oktober 1990 bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, als Co-Pilot beschäftigt.
Die Beklagte fliegt ausschließlich Flugzeuge des Typs Boeing 737-300. In Deutschland wird dieses Flugzeugmuster von der Lufthansa, der Condor und der Hapag-Lloyd eingesetzt. Dieses Flugzeugmuster gehört inzwischen zu den meistgeflogenen Verkehrsflugzeugen der westlichen Welt. Die Firma S. setzt die Boeing 757 ein. Für die Musterberechtigung dieses Typs benötigt der Pilot der Boeing 737 eine Ergänzungsprüfung.
Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Anstellung der Beklagten die Musterberechtigung für eine zweimotorige Cessna. Nach dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien war der Kläger als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Boeing 737-300 vorgesehen. Hierfür besaß er keine Musterberechtigung. Im Anstellungsvertrag vom 7. Januar 1988 (AV) war deshalb eine entsprechende Ausbildung des Klägers vereinbart worden. Hierzu heißt es dort u.a.:
„§ 2
Ausbildung
Der Mitarbeiter wird ab ca. 07.3.88 in Seattle, USA durch die Firma Boeing zum Co-Piloten auf dem Flugzeugmuster Boeing 737-300 ausgebildet. Nach Erhalt des Type-Ratings wird der Mitarbeiter auf diesem Flugzeugmuster als Co-Pilot eingesetzt.
Sollte der Mitarbeiter – gleich aus welchem Grunde – vor Ablauf von 3 Jahren nach dem 1. kommerziellen Einsatz aus den Diensten der G. ausscheiden, so hat er die Kosten des Type-Ratings an die Gesellschaft zurückzuzahlen, wobei er jeweils 1/36 des Type-Rating-Betrages je Dienstmonat gutgebracht bekommt.
Der Wert des Type-Ratings ist mit DM 80.000,00 festgesetzt worden.
Ebenso wird der Type-Rating-Betrag zur Rückzahlung fällig, wenn der Mitarbeiter aufgrund mangelnder Vorbereitung und Leistung das Type-Rating nicht bestehen sollte. Das gleiche gilt für den Prof-Check.”
Die Ausbildung für den Erwerb der Musterberechtigung Boeing 737-300 und für das Navigationssystem der Firma Boeing „EFIS” fand in der Zeit vom 10. März bis zum 16. April 1988 bei der Firma Boeing in Seattle/USA statt. Daran schloß sich das Flugtraining mit den vorgeschriebenen Starts und Landungen sowie Supervisionsflüge an. Der abschließende Überprüfungsflug fand am 29. Mai 1988 statt. Danach wurde der Kläger von der Beklagten entsprechend eingesetzt.
Auf einer Pilotenbesprechung im April 1989 sagte die Beklagte den Cockpit-Besatzungen für 1989 die Zahlung einer Gewinnbeteiligung zu. Nach einem an alle Cockpit-Crews gerichteten Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 1989 sollte die Ergebnisbeteiligung 1989 für Co-Piloten 15.000,00 und für Kapitäne 25.000,00 DM betragen. Es heißt dort u.a.:
„Als Ergebnisbeteiligung 1989 werden wir mit dem Dezembergehalt je Kapitän DM 25.000,00 brutto und je Co-Pilot DM 15.000,00 brutto vergüten.
…
Außerdem erhalten nur die Piloten die Ergebnisbeteiligung, die am 31.12.1989 im ungekündigten Arbeitsverhältnis zur G. stehen.
Der Betrag ist in voller Höhe rückzahlbar, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit der G. vor dem 30.06.1990 aufkündigt.”
Die Beklagte zahlte an den Kläger mit dem Dezembergehalt die Ergebnisbeteiligung (Prämie) in Höhe von 15.000,00 DM. Darüber hinaus zahlte sie an Piloten, die über den 30. Juni 1990 hinaus im Arbeitsverhältnis verblieben waren, eine weitere Gewinnbeteiligung in Höhe von 15.000,00 DM. Sie teilte dies den Begünstigten mit Schreiben vom 15. August 1990 mit. Es heißt dort u.a.:
„Wie angekündigt erhalten Sie als weitere Gewinnbeteiligung Geschäftsjahr 1989 DM 15.000,00.
Der Betrag resultiert aus den „eingesparten Beteiligungen” der vor dem 30.06.90 auf eigenen Wunsch ausgeschiedenen Piloten.
Mit einem Teil der ehemaligen Mitarbeiter liegen wir wegen der Rückzahlung der Gewinnbeteiligung im Rechtsstreit. Nach Abschluß der Prozesse könnte eine weitere Beteiligung auf Sie zukommen.”
Der Kläger erhielt weder dieses Schreiben noch die darin angekündigte weitere Zahlung.
Er kündigte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 14. August 1990 zum 30. September 1990, um zur Firma S. zu wechseln. Mit Einverständnis der Firma S. war er bis zum 31. Oktober 1990 bei der Beklagten tätig und begann seine neue Tätigkeit erst am 1. November 1990. Die Firma S., die zu dieser Zeit mehr als 12 Piloten der Beklagten übernommen hatte, vereinbarte mit diesen die Übernahme der im Falle einer Verurteilung an die Beklagte zu zahlenden Ausbildungskosten.
Für Oktober 1990 stand dem Kläger ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von 4.429,42 DM netto zu. Diesen Betrag und eine Zusatzprämie in Höhe von 15.000,00 DM macht er mit der Klage geltend. Die Beklage hat gegenüber dem Anspruch auf Zahlung von 4.429,42 DM netto wegen der von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung von Ausbildungskosten die Aufrechnung erklärt. Die verbleibenden 6.607,68 DM macht sie mit der Widerklage geltend.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die in § 2 AV enthaltene Rückzahlungsklausel sei unwirksam. Sie verstoße insbesondere gegen sein Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes gemäß Art. 12 GG. Sie stelle für ihn eine unzumutbare Belastung dar und entspreche keinem zu billigenden Interesse der Beklagten.
Er habe auch Anspruch auf Zahlung der weiteren Prämie für 1989 in Höhe von 15.000,00 DM. Die Beklagte habe bereits im April 1989 bei der Zusammenkunft der Piloten zugesagt, die Prämie für 1989 danach zu verteilen, wieviele Piloten einen Anspruch auf sie geltend machen könnten. Zur Rückzahlung seien lediglich die Piloten verpflichtet gewesen, die sich bis zum 30. Juni 1990 in gekündigter Stellung befänden. Die Beklagte habe daher eine Betriebstreue nur bis zum 30. Juni 1990 gefordert. Nichts anderes ergebe sich aus dem Schreiben vom 15. August 1990. Sämtliche Piloten und Co-Piloten hätten diese Nachzahlung erhalten, ohne daß es die Einschränkung gegeben habe, das Arbeitsverhältnis müsse zum Zeitpunkt der Auszahlung am 15. August 1990 ungekündigt sein. So habe der Pilot K. die weitere Gewinnbeteiligung erhalten, obwohl er zum 31. Oktober 1990 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.429,42 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Januar 1991 sowie 15.000,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 9. Januar 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Widerklagend hat sie beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an sie 6.607,68 DM nebst 9,75 % Zinsen ab dem 28. Februar 1991 zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der weiteren Ergebnisbeteiligung für 1989. Eine entsprechende Zusage sei ihm nicht gemacht worden. Ende August sei den Piloten, die sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befunden hätten, die weitere Gratifikation gezahlt worden. Es hätten nur die Piloten das Schreiben vom 15. August 1990 erhalten, die sich zum Zeitpunkt der Absendung noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befunden hätten. Die zugesagte Nachzahlung sei auch nur diesen Piloten Ende August 1990 gezahlt worden. Auch der Pilot K. habe sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekündigt gehabt. Er habe erst später ohne ordnungsgemäße Kündigung sein Arbeitsverhältnis beendet. Die Beklagte fordere die Prämie deshalb von ihm zurück. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Zusage der Nachzahlung sein Arbeitsverhältnis bereits gekündigt gehabt.
Hinsichtlich der Ausbildungskosten hat die Beklagte die Auffassung vertreten, § 2 AV sei wirksam. Sie hat gegen die Rechtsprechung des Senats zur Rückzahlung von Ausbildungskosten grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken erhoben und sich gegen die Auffassung gewandt, der Arbeitgeber hätte die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Rückzahlungsklausel darzulegen und zu beweisen. Im übrigen hat sie die Rück Zahlungsklausel auch bei Anwendung der Rechtsprechung des Senats für wirksam gehalten, weil der Kläger mit der Ausbildung einen erheblichen wirtschaftlichen Wert erhalten habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur insoweit begründet, als sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 DM richtet. Im übrigen ist sie unbegründet.
Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten. Daher ist die Klage begründet, soweit sie auf Zahlung der restlichen Vergütung für Oktober 1990 gerichtet ist, und die Widerklage unbegründet. Ob der Kläger auch Anspruch auf die weitere Ergebnisbeteiligung in Höhe von 15.000,00 DM hat, läßt sich dagegen aufgrund der bisherigen Feststellungen noch nicht beurteilen. Daher war der Rechtsstreit insoweit zurückzuverweisen.
A. Der restliche Gehaltsanspruch für Oktober 1990 ist in der geltend gemachten Höhe zwischen den Parteien unstreitig. Das Berufungsgericht hat dem Kläger diesen Anspruch zu Recht zuerkannt (§ 611 BGB). Der Anspruch ist auch nicht durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten erloschen (§§ 388, 387, 389 BGB). Der Beklagten steht gegenüber dem Kläger keine aufrechenbare Gegenforderung zu. Sie hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der anteiligen Ausbildungskosten.
I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind einzelvertragliche Vereinbarungen, wonach Ausbildungskosten, die der Arbeitgeber aufgewendet hat, vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, wenn dieser das Arbeitsverhältnis vor Ablauf bestimmter Fristen beendet, grundsätzlich zulässig. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zahlungsverpflichtungen, die an die vom Arbeitnehmer ausgehende Kündigung anknüpfen, können gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Die Rückzahlungspflicht muß vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigendem Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Der Arbeitnehmer muß mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Insgesamt muß die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen sind aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (BAG Urteil vom 23. Februar 1983, BAGE 42, 48 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; BAG Urteil vom 24. Juli 1991, BAGE 68, 178 = AP Nr. 16 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; vgl. auch BGH Urteil vom 5. Juni 1984 – VI ZR 279/82 – AP Nr. 11 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe).
Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht begründet. Das hat der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil im Parallelrechtsstreit – 5 AZR 339/92 – vom 16. März 1994 im einzelnen ausgeführt. Darauf wird verwiesen. Danach ist die richterliche Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Klauseln, durch die sich der Arbeitnehmer zur Zurückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet, von Verfassungs wegen geboten. § 242 BGB begründet die Befugnis zu einer richterlichen Inhaltskontrolle von Verträgen.
Die vorrangig durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Vertragsfreiheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besteht grundsätzlich nur im Rahmen der Gesetze, die sich ihrerseits in die verfassungsmäßige Ordnung einfügen müssen. Dazu gehören insbesondere auch gesetzliche Vorschriften, die sozialem und wirtschaftlichem Ungleichgewicht entgegenwirken und so die objektiven Grundentscheidungen des Grundrechtsabschnitts und damit zugleich das grundgesetzliche Sozialstaatsprinzip verwirklichen (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG). Sieht der Gesetzgeber von der Schaffung besonderer gesetzlicher Vorschriften ab, so greifen ergänzend die zivilrechtlichen Generalklausel wie die §§ 138, 242, 315 BGB ein, die als Übermaßverbote wirken. Gerade bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Generalklauseln sind die Grundrechte zu beachten. Der entsprechende Schutzauftrag der Verfassung richtet sich hier an den Richter, der den objektiven Grundentscheidungen der Grundrechte in Fällen gestörter Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen hat. In den Fällen der vorliegenden Art ist insbesondere das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes zu beachten, das den einzelnen in seinem Entschluß schützt, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem gewählten Beruf zu ergreifen, beizubehalten oder aufzugeben (BVerfGE 85, 360, 372 f.). Allerdings hat die Rechtsprechung dabei auch der ebenfalls grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.
II.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend Urteil vom 18. August 1976 – 5 AZR 399/75 – BAGE 28, 159 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) hat sich die für die gerichtliche Inhaltskontrolle von Rückzahlungsklauseln erforderliche Interessenabwägung insbesondere daran zu orientieren, ob und inwieweit der Arbeitnehmer mit der Aus- oder Weiterbildung einen geldwerten Vorteil erlangt. Eine Kostenbeteiligung ist ihm umso eher zuzumuten, je größer der mit der Ausbildung verbundene berufliche Vorteil für ihn ist. Die Gegenleistung für die durch die Rückzahlungsklausel bewirkte Bindung kann darin liegen, daß der Arbeitnehmer eine Ausbildung erhält, die ihm auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im Bereich seines bisherigen Arbeitgebers berufliche Möglichkeiten eröffnet, die ihm zuvor verschlossen waren. Auch bei Fortbildungsmaßnahmen erhält der Arbeitnehmer oftmals einen geldwerten Vorteil, der eine Bindung rechtfertigen kann, sei es, daß er bei seinem bisherigen Dienstherrn die Voraussetzungen einer höheren Tarifgruppe erfüllt, sei es, daß die erworbenen Kenntnisse sich auch für anderweitige Arbeitsverhältnisse nutzbar machen lassen.
Die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln kommt namentlich dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch außerhalb des Betriebes des ausbildenden Arbeitgebers verwerten und beruflich aufsteigen kann (BAG Urteil vom 20. Februar 1975 – 5 AZR 240/74 – AP Nr. 2 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 3 der Gründe). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer eine in der Praxis anerkannte Qualifikation erwirbt (Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, S. 23). Demgegenüber scheidet eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers in der Regel dann aus, wenn die Aus- oder Weiterbildung nur innerbetrieblich von Nutzen ist oder es lediglich um die Auffrischung vorhandener Kenntnisse oder die Anpassung dieser Kenntnisse an vom Arbeitgeber veranlaßte neuere betriebliche Gegebenheiten geht (BAG Urteile vom 20. Februar 1975 und vom 18. August 1976, a.a.O.).
2. Der erkennende Senat hat weiter ausgesprochen, daß die Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln auch von der Fortbildungs- und Bindungsdauer abhängt. Beide müssen in angemessenem Verhältnis stehen (vgl. zuletzt Urteil vom 15. Dezember 1993 – 5 AZR 279/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Denn da der Arbeitgeber während der Fortbildung üblicherweise die Vergütung fortzahlt oder einen Unterhaltszuschuß gewährt, hängt von ihrer Dauer im Regelfall die Höhe der Arbeitgeberaufwendungen maßgeblich ab. Entscheidend ist aber, daß die Dauer der Fortbildung ein starkes Indiz für die Qualität der erworbenen Qualifikation ist. Im einzelnen gilt folgendes: Bei einer Lehrgangsdauer von bis zu zwei Monaten ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung kann im Regelfall höchstens eine einjährige Bindung vereinbart werden (BAG Urteil vom 15. Dezember 1993, a.a.O.). Eine Lehrgangsdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr ohne Arbeitsverpflichtung rechtfertigt im Regelfall keine längere Bindung als drei Jahre (BAGE 42, 48, 54 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; BAG Urteil vom 11. April 1984 – 5 AZR 430/82 – AP Nr. 8 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe). Bei einer mehr als zweijährigen Dauer der Fortbildungsmaßnahme ohne Arbeitsleistung hat der Senat eine Bindungsdauer von fünf Jahren für zulässig gehalten (Urteile vom 19. Juni 1974 – 5 AZR 299/73 – und vom 12. Dezember 1979 – 5 AZR 1056/77 – AP Nr. 1, 4 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe). Eine Bindungsdauer von drei Jahren ist also keinesfalls im Regelfall unbedenklich. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert vielmehr weitere Abstufungen.
Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze nur für den Regelfall. Im Einzelfall kann auch bei kürzerer Ausbildungsdauer eine verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, und zwar wenn der Arbeitgeber erhebliche Mittel aufwendet und die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer besondere Vorteile bringt. Hohe Aufwendungen des Arbeitgebers allein können also eine verhältnismäßig lange Bindung in aller Regel nicht rechtfertigen. Vielmehr kommt es auch insoweit in erster Linie darauf an, in welchem Ausmaß sich die beruflichen Chancen des Arbeitnehmers infolge der Fortbildung erhöht haben (Hanau/Stoffels, a.a.O. S. 35, 39; Lipke, Gratifikationen, Tantiemen, Sonderzulagen, 1982, S. 183 f.).
III. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat für Musterberechtigungen zu dem Ergebnis gelangt, daß wegen deren Besonderheiten unabhängig von der Art der Musterberechtigungen und der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten regelmäßig nur eine Bindungsdauer von einem Jahr vereinbart werden darf. Auch insoweit wird auf das im Parallelrechtsstreit – 5 AZR 339/92 – ergangene, zur Veröffentlichung bestimmte Urteil vom 16. März 1994 verwiesen.
Daraus ergibt sich, daß der Beklagten zumindest im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers kein Rückzahlungsanspruch mehr zustand. Denn der Kläger war damals bereits länger als ein Jahr als Co-Pilot für die Beklagte tätig.
IV. Für den Streitfall ergibt sich daraus folgendes: Die im Arbeitsvertrag vom 7. Januar 1988 enthaltene Rückzahlungsklausel ist mindestens insoweit unwirksam, als dort eine Bindungsdauer von mehr als einem Jahr vereinbart wurde. Da der Kläger länger als ein Jahr als Co-Pilot für die Beklagte tätig war, stand der Beklagten am 31. Oktober 1990, als der Kläger ausschied, ein Rückzahlungsanspruch aus § 2 AV nicht mehr zu.
B. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger aber nach den bisherigen Feststellungen zu Unrecht die weitere Gewinnbeteiligung für 1989 in Höhe von 15.000,00 DM zugesprochen.
I. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger nicht die Zahlung der weiteren Gewinnbeteiligung zugesagt. Das Schreiben vom 15. August 1990 hat sie ihm nicht zugesandt. Ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers scheidet daher aus.
II. Das Landesarbeitsgericht hat den klägerischen Anspruch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz hergeleitet. Die Beklagte habe den Piloten, die über den 30. Juni 1990 hinaus im Arbeitsverhältnis verblieben seien, die Nachzahlung in Höhe von 15.000,00 DM zugesagt. Damit sei Zweck dieser Zahlung die Belohnung der Betriebstreue des Arbeitnehmers bis zum 30. Juni 1990, bezogen auf die Kündigungserklärung. Diese Voraussetzung habe der Kläger erfüllt, da er erst am 14. August 1990 gekündigt habe. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung des Klägers könne sich aber nur aus der vom Arbeitgeber verlautbarten Zweckbestimmung der Leistung ergeben. Die Beklagte habe ihn daher willkürlich unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von der begünstigten Gruppe ausgenommen.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht sei nicht ihrem Beweisantritt aus dem Schriftsatz vom 8. Juli 1992 zu der Behauptung nachgekommen, das Schreiben vom 15. August 1990 sowie die zugesagten Nachzahlungen hätten nur die Piloten bekommen, die sich zum Zeitpunkt der Absendung des Schreibens noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befunden hätten. Diese Rüge ist begründet und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer gleichzubehandeln, soweit sie sich in einer vergleichbaren Lage befinden.
Es wird nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern die sachfremde Gruppenbildung verboten (BAG Urteil vom 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – AP Nr. 17 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Bei der Zahlung von Gratifikationen und ähnlichen Sonderzuwendungen ist eine Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen nur dann mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn sie nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG Urteil vom 6. März 1985 – 5 AZR 168/84 – nicht amtlich veröffentlicht). Dabei ist die Frage, ob eine sachgerechte Abgrenzung erfolgt ist, nach dem mit der Leistung vom Arbeitgeber verfolgten Zweck zu beurteilen (BAG Urteil vom 25. Januar 1984, BAGE 45, 86, 89 = AP Nr. 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, unter I 2 der Gründe).
2. Das Landesarbeitsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, daß der durch die Schreiben verlautbarte Zweck der weiteren Gewinnbeteiligung für 1989 mit dem der bereits im Dezember 1989 gezahlten Ergebnisbeteiligung identisch ist. Die Beklagte hat im Schreiben vom 15. August 1990 die Zahlung ausdrücklich als weitere Gewinnbeteiligung für das Geschäftsjahr 1989 zugesagt. Die weitere Zahlung stellt sich danach lediglich als Erhöhung des bereits gezahlten Betrages dar. Das Landesarbeitsgericht folgert daraus, Zweck beider Zahlungen sei die Belohnung der Betriebstreue bis zum 30. September 1990 (Zeitpunkt der Kündigungserklärung) gewesen. Dabei hat es übersehen, daß sich der Zweck einer freiwilligen Leistung auch aus den Gesamtumständen, nämlich u.a. aus der Zusammensetzung des begünstigten und nichtbegünstigten Personenkreises, entnehmen läßt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8. Juli 1992 unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die Zusage der weiteren Gewinnbeteiligung sowie die tatsächliche Zahlung nur den Piloten zukommen lassen, die zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis noch nicht gekündigt hätten. Trifft dies zu, so ergibt sich aus den Umständen, daß die Zahlung der 15.000,00 DM im August 1990 auch den Zweck hatte, die bis zu diesem Zeitpunkt durch Nichtanspruch einer Kündigung erwiesene Betriebstreue zu belohnen. Das kann nicht als willkürlich oder sachwidrig angesehen werden.
Ob dieser Zweck für die Empfänger der Schreiben erkennbar war, ist unerheblich. Denn der Kläger gehörte nicht zum Adressatenkreis.
Das Landesarbeitsgericht wird der Beklagten daher Gelegenheit zu geben haben, ihren Vortrag, sie habe die weitere Gewinnbeteiligung nur den Piloten in ungekündigter Stellung zukommen lassen, hinsichtlich der Namen der begünstigten und nichtbegünstigten Arbeitnehmer zu präzisieren. Gegebenenfalls wird es die angebotenen Beweise zu erheben haben.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Reinecke, Bengs, Buschmann
Fundstellen