Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Fremdsprachenlektor
Orientierungssatz
1. Die Sicherstellung des Aktualitätsbezugs des Sprachunterrichts stellt keinen Sachgrund zur Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Lektor nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG dar.
2. Dies gilt auch für einen aus Taiwan stammenden Lektor, der Kenntnisse der chinesischen Sprache vermittelt.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Oktober 2006 – 14 Sa 942/06 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils zu Nr. 1 lautet:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der in dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarten Befristung am 30. September 2005 geendet hat.
Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 30. September 2005 geendet hat.
Der in Taiwan geborene Kläger war auf Grund eines Arbeitsvertrags vom 2. Januar 2002 seit dem 5. November 2001 befristet bis zum 4. November 2003 bei dem beklagten Land als Lektor im Ostasiatischen Seminar der Universität Köln beschäftigt. Am 20. Oktober 2003 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag. Dieser lautet auszugsweise:
Ҥ 1
Der Obengenannte wird vom 05.11.2003 bis 30.09.2005 beim Ostasiatischen Seminar als Lektor (Lehrkraft für besondere Aufgaben) i.S. des § 54 Abs. 1 Hochschulgesetz – HG – weiterbeschäftigt.
§ 2
…
Für das Beschäftigungsverhältnis gelten weiterhin folgende Vorschriften: … §§ 56, 57a und 57b des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der derzeit geltenden Fassung.”
Mit der am 21. Juli 2005 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Befristung zum 30. September 2005 gewandt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. September 2005 sei mangels eines sie rechtfertigenden Sachgrundes unwirksam. Die Befristung könne nicht auf die hochschulrahmenrechtlichen Bestimmungen gestützt werden. Er übe – unstreitig – keine wissenschaftlichen Tätigkeiten aus, sondern sei ausschließlich mit der Vermittlung von Kenntnissen der chinesischen Sprache beschäftigt.
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Bedeutung – beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien durch Arbeitsvertrag vom 5. November 2003 bis zum 30. September 2005 vereinbarte Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist und über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet zu unveränderten Bedingungen als Lektor im Ostasiatischen Seminar der Universität zu Köln fortbesteht.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht auf Grund der in dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarten Befristung am 30. September 2005 geendet.
I. Die Klage ist zulässig. Sie ist trotz des letzten Halbsatzes des Klageantrags, der auf eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeuten könnte, als Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG auszulegen. Die Parteien streiten ausschließlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der in dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarten Befristung zum 30. September 2005. Weitere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind nicht im Streit. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger mit dem letzten Halbsatz des Klageantrags eine mangels Feststellungsinteresses unzulässige allgemeine Feststellungsklage erhoben hat. Bei dem letzten Halbsatz des Klageantrags handelt es sich daher lediglich um einen unselbständigen und überflüssigen Zusatz im Rahmen des Antrags nach § 17 Satz 1 TzBfG. Dies hat der Senat bei der Formulierung des Tenors klargestellt.
II. Die Klage ist begründet. Die in dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarte Befristung zum 30. September 2005 ist unwirksam. Sie kann weder auf die befristungsrechtlichen Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes gestützt werden, noch ist sie durch einen sachlichen Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt.
1. Das beklagte Land kann die Befristung nicht auf die Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes stützen.
a) In § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. Oktober 2003 ist bestimmt, dass die Vorschriften der §§ 56, 57a und 57b des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der derzeit geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Die hochschulrahmenrechtlichen Vorschriften des am 23. Februar 2002 in Kraft getretenen 5. HRGÄndG waren nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 nichtig (BVerfG 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 – BVerfGE 111, 226, 246, 270, 273). Der Gesetzgeber hat aber durch das am 31. Dezember 2004 in Kraft getretene HdaVÄndG vom 27. Dezember 2004 die zuvor in §§ 57a bis e HRG idF des 5. HRGÄndG getroffenen, nunmehr in §§ 57a bis e HRG idF der HdaVÄndG (im Folgenden: HRG nF) enthaltenen befristungsrechtlichen Vorschriften auch auf Arbeitsverträge für anwendbar erklärt, die in der Zeit zwischen dem 23. Februar 2002 und dem 26. Juli 2004 abgeschlossen wurden (§ 57f Abs. 1 HRG nF). Die zeitliche Rückerstreckung verstößt nicht gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Gebot des Vertrauensschutzes, da nur der Rechtszustand wieder hergestellt wurde, von dem die Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 20. Oktober 2003 ausgehen mussten (vgl. hierzu BAG 21. Juni 2006 – 7 AZR 234/05 – Rn. 37 ff., BAGE 118, 290 = AP HRG § 57a Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 2). Die Voraussetzungen der §§ 57a bis e HRG nF liegen jedoch hinsichtlich der im Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarten Befristung nicht vor, da der Kläger nicht zu dem in § 57a Abs. 1 Satz 1 HRG nF genannten wissenschaftlichen und künstlerischen Personal zählt. Der Kläger war unstreitig nicht mit wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeiten, sondern ausschließlich mit der Vermittlung chinesischer Sprachkenntnisse befasst. Für derartige Tätigkeiten sehen die §§ 57a – e HRG nF keine Befristungsmöglichkeiten vor.
b) Auf § 57b HRG idF des 4. HRGÄndG (im Folgenden: HRG aF) kann das beklagte Land die Befristung nicht stützen, da diese Bestimmung nach § 57f Abs. 1 HRG nF nur für Arbeitsverträge gilt, die vor dem 23. Februar 2002 oder in der Zeit vom 27. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurden. Der hier streitige Arbeitsvertrag wurde am 20. Oktober 2003 abgeschlossen. Im Übrigen hat das beklagte Land die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 57b Abs. 3 iVm. § 57b Abs. 2 HRG aF nicht dargelegt. Auch dem Zitiergebot des § 57b Abs. 5 HRG aF wäre nicht genügt, da sich dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 nicht entnehmen lässt, auf welche Gründe die Befristung gestützt werden soll und welchem Tatbestand des § 57b Abs. 2 HRG aF die Gründe zuzuordnen sein sollen (vgl. hierzu BAG 31. Januar 1990 – 7 AZR 125/89 – BAGE 65, 16 = AP HRG § 57b Nr. 1 = EzA BGB § 620 Nr. 108, zu II 2 der Gründe).
2. Die Befristung zum 30. September 2005 ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Tätigkeit des Klägers als Lektor für die chinesische Sprache keine Eigenarten aufweist, aus denen sich ein berechtigtes Interesse des beklagten Landes ergeben könnte, mit dem Kläger statt eines unbefristeten lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.
a) Der Kläger ist als Lektor mit der Vermittlung von Kenntnissen der chinesischen Sprache befasst. Die Vermittlung von Fremdsprachen ist eine Daueraufgabe der Hochschulen, für die ein ständiger Bedarf an Lehrkräften besteht. Das Hochschulrahmengesetz räumt den Hochschulen wegen der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Freiheit der Wissenschaft aus Gründen der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Forschung die Möglichkeit ein, Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal unter erleichterten Voraussetzungen zu befristen. Diese Gründe treffen auf Dienstleistungen wie diejenigen der Lektoren, die keinen wissenschaftlichen Charakter aufweisen, nicht zu (vgl. etwa BAG 20. September 1995 – 7 AZR 70/95 – AP HRG § 57b Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 135, zu 3 der Gründe).
b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Befristung nicht durch das Erfordernis der Sicherstellung eines aktuellen muttersprachlichen Unterrichts gerechtfertigt ist.
aa) Die Gewährleistung eines aktuellen muttersprachlichen Unterrichts kann die Befristung eines Arbeitsvertrags mit einem Lektor nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Senats nicht rechtfertigen. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs ist die Gefahr, dass der Lektor durch einen längeren Aufenthalt außerhalb seines Heimatlandes den Kontakt mit seiner Muttersprache verliert, angesichts eines intensiven kulturellen Austausches und moderner Kommunikationsmittel als gering einzuschätzen (EuGH 2. August 1993 – C-259/91, C-331/91, C-332/91 – [Allué] EuGHE I 1993, 4309; 20. Oktober 1993 – C-272/92 – [Spotti] EuGHE I 1993, 5185 = AP EWG-Vertrag Art. 48 Nr. 17 = EzA BGB § 620 Nr. 122). Dieser Auffassung hat sich der Senat angeschlossen und ergänzend darauf hingewiesen, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse für die unbewiesene These gibt, dass der Aktualitätsbezug des Unterrichts eines Fremdsprachenlektors bei einem längeren Aufenthalt in Deutschland nicht mehr gewährleistet ist. Der Kontakt mit dem Heimatland und seiner originären Sprache kann auch auf andere Weise als durch Rückkehr, zB durch aktuelle Kommunikationsmittel und Medien, aufrechterhalten werden (BAG 15. März 1995 – 7 AZR 737/94 – BAGE 79, 275 = AP BAT SR 2y § 2 Nr. 10 = EzA BGB § 620 Nr. 132, zu V 3 und 4 der Gründe; 20. September 1995 – 7 AZR 70/95 – AP HRG § 57b Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 135, zu 1c der Gründe). An dieser Rechtsauffassung hat der Senat auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 1996 (– 1 BvR 712/86 – BVerfGE 94, 268 = AP HRG § 57a Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 61, zu B II 2 f der Gründe) zur Vereinbarkeit von § 57b Abs. 3 HRG in der bis zum 24. August 1998 geltenden Fassung mit Art. 9 Abs. 3 GG festgehalten (vgl. etwa BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 31/97 – BAGE 88, 144 = AP HRG § 57b Nr. 15 = EzA BGB § 620 Hochschule Nr. 14, zu B I 1 der Gründe).
bb) Die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs und des Senats, die die Rechtslage vor Inkrafttreten des TzBfG betreffen, gelten gleichermaßen für die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lektoren, die nach Inkrafttreten des TzBfG am 1. Januar 2001 geschlossen wurden. An der Beurteilung, dass die Gewährleistung eines aktualitätsbezogenen Sprachunterrichts keinen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Lektor darstellt, hat sich durch das TzBfG, nach dessen § 14 Abs. 1 die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit nach wie vor eines sachlichen Grundes bedarf, nichts geändert. Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht aus der historischen Entwicklung der befristungsrechtlichen Vorschriften des HRG.
(1) Nach § 57b Abs. 3 HRG in der bis zum 24. August 1998 geltenden Fassung lag ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsvertrags mit einem Lektor rechtfertigte, auch vor, wenn seine Beschäftigung überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolgte. Diese Bestimmung diente der Sicherstellung eines aktualitätsbezogenen Unterrichts (BVerfG 24. April 1996 – 1 BvR 712/86 – BVerfGE 94, 268 = AP HRG § 57a Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 61, zu B II 2 f der Gründe). Nachdem der Europäische Gerichtshof beanstandet hatte, dass die Vorschrift gegen Art. 48 Abs. 2 EWG-Vertrag verstoße, weil sie geeignet sei, Lektoren als ausländische Lehrkräfte für besondere Aufgaben zu diskriminieren, und der Senat sich dieser Auffassung angeschlossen hatte, wurde die Vorschrift durch das am 25. August 1998 in Kraft getretene 4. HRGÄndG dahingehend geändert, dass die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lehrkräften für besondere Aufgaben – somit auch mit Lektoren – nur noch unter den Voraussetzungen des § 57b Abs. 2 HRG zulässig war, dh. mit den Sachgründen, die auch die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal rechtfertigen konnten. Das am 23. Februar 2002 in Kraft getretene 5. HRGÄndG und das am 31. Dezember 2004 in Kraft getretene HdaVÄndG sehen keine besonderen Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverträge mit Lehrkräften für besondere Aufgaben mehr vor.
(2) Aus dieser Gesetzesgeschichte ergibt sich, dass allein die Sicherstellung eines aktualitätsbezogenen Sprachunterrichts nach dem Willen des Gesetzgebers keinen sachlichen Grund mehr für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Lektor darstellt. Dementsprechend verweist die Gesetzesbegründung zum 5. HRGÄndG hinsichtlich der Befristung von Arbeitsverträgen mit Lehrkräften für besondere Aufgaben auf die allgemeinen Regelungen und Grundsätze für befristete Arbeitsverträge (BT-Drucks. 14/6853 S. 30 f.). Daraus kann entgegen der Auffassung des beklagten Landes allerdings nicht geschlossen werden, dass der Aktualitätsbezug des Unterrichts die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Lektor nunmehr nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG rechtfertigen soll. Vielmehr kann der vollständige Verzicht auf eine eigenständige Befristungsregelung für Lektoren nur als Billigung der seit 1995 bestehenden Rechtsprechung des Senats durch den Gesetzgeber verstanden werden. Im Übrigen war der Gesetzgeber durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben an einer Regelung gehindert, die die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lektoren zur Sicherstellung eines aktualitätsbezogenen Unterrichts generell für zulässig erklärt.
cc) Nach diesen Grundsätzen ist die in dem Arbeitsvertrag vom 20. Oktober 2003 vereinbarte Befristung zum 30. September 2005 nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Aus dem Umstand, dass der Kläger Kenntnisse der chinesischen Sprache vermittelt, ergeben sich keine Besonderheiten, die eine gegenüber Lektoren anderer Sprachen abweichende befristungsrechtliche Beurteilung gebieten könnten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger als Lektor für Modernes Chinesisch eingestellt wurde, wie das beklagte Land mit der Revision geltend macht, oder ob er – wie vom Landesarbeitsgericht festgestellt – mit der Vermittlung von Kenntnissen in Altchinesisch, Hochchinesisch und der Literaturübersetzung befasst war. Auch wenn er als Lektor für Modernes Chinesisch eingestellt worden sein sollte, könnte die Sicherstellung des Aktualitätsbezugs des Unterrichts die Befristung nicht rechtfertigen. Aus den vom beklagten Land in den Vorinstanzen dargestellten Umständen ergibt sich nicht, dass die Vermittlung von Sprachkenntnissen in Modernem Chinesisch einen nicht lange zurückliegenden Aufenthalt des Klägers in seinem Heimatland erfordert. Soweit das beklagte Land geltend gemacht hat, wegen der rasanten politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung und des wirtschaftlichen Umbruchs, der in China zur Zeit stattfinde und einen erheblichen Wandel der Sprache mit sich bringe, sowie wegen der ausschließlich “staatskonformen” Berichterstattung in den chinesischen Medien sei zur Erteilung von Fremdsprachenunterricht in der chinesischen Sprache ein ständiger Kontakt zum Mutterland erforderlich, kann das die Befristung nicht rechtfertigen. Die ständige Weiterentwicklung der Sprache auf Grund kultureller, wirtschaftlicher und politischer Fortschritte und Wandlungen ist keine Besonderheit des Chinesischen, sondern charakteristisch für jede lebendige Sprache. Derartige Entwicklungen können nicht nur im Heimatland verfolgt werden, sondern auch im Ausland mit Hilfe von Zeitungen, Internet oder anderer moderner Kommunikationsmittel. Im Übrigen hat das beklagte Land offenbar übersehen, dass der Kläger aus Taiwan stammt und sein Mutterland daher Taiwan ist und nicht die Volksrepublik China. Auch bei einem Aufenthalt in Taiwan könnte der Kläger die Sprachentwicklung in der Volksrepublik China nicht unmittelbar vor Ort verfolgen. Würde die Erteilung von Sprachunterricht in der chinesischen Sprache einen nicht lange zurückliegenden Aufenthalt in der Volksrepublik China als Mutterland des Lektors erfordern, wie das beklagte Land meint, wäre ein aus Taiwan stammender Chinese als Lektor von vornherein ungeeignet. Davon geht das beklagte Land selbst jedoch offensichtlich nicht aus, da es den Kläger ansonsten nicht eingestellt hätte. Deshalb liegt auch der in der Revision erstmals erfolgte Vortrag des beklagten Landes, in Taiwan würden noch immer alte chinesische Schriftzeichen verwendet, wohingegen in China während der kommunistischen Ära die Schriftzeichen vereinfacht worden seien, neben der Sache. Die Weiterentwicklung der Schriftzeichen in der Volksrepublik China könnte der Kläger durch einen längeren Aufenthalt in seinem Mutterland Taiwan nicht besser verfolgen als in Deutschland, wenn diese Schriftzeichen in Taiwan nicht verwendet werden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Koch, Spie, Vorbau
Fundstellen