Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung eines Arbeitsverhältnisses wegen vorübergehenden Mehrbedarfs
Normenkette
BGB § 620; BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1; Manteltarifvertrag für den NDR Ziff. 241.1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Juni 1994 – 2 Sa 658/93 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. Dezember 1992 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war seit dem 1. Februar 1971 als Tontechniker im Bereich des Hörfunks beim „Rundfunk der DDR” und dann bis zum 31. Dezember 1991 bei der „Einrichtung” nach Art. 36 Einigungsvertrag (EV) beschäftigt. Ihm wurde von der „Einrichtung” wegen deren Auflösung zum 31. Dezember 1991 gekündigt.
Am 15. November 1991 schlossen die Parteien einen bis zum 31. Dezember 1992 befristeten Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger ab dem 1. Januar 1992 als gehobener Techniker mit einer monatlichen Grundvergütung von 3.827,66 DM brutto beschäftigt. Zum Befristungsgrund ist in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ausgeführt:
„Zur Aufrechterhaltung des öffentlich-rechtlichen Hörfunks und Fernsehens in Mecklenburg-Vorpommern in Erfüllung des verfassungsmäßig auferlegten Gebots der Grundversorgung muß der NDR das zur Zeit ausgestrahlte Programm in diesem Bundesland vorläufig bis längstens zum 31.12.1992 fortführen. Ihre Beschäftigung ist im Hinblick hierauf befristet.”
Zusätzlich stand nach § 10 Abs. 1 der Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt der Übertragung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkversorgung für Mecklenburg-Vorpommern an die beklagte Sendeanstalt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach § 7 des Arbeitsvertrages der Manteltarifvertrag (MTV) für den NDR Anwendung. Nach dessen Ziff. 241.1 ist ein befristetes Arbeitsverhältnis zulässig,
„… wenn die Eigenart der Tätigkeit, die Besonderheit oder der vorübergehende Bestand des Arbeitsplatzes oder sonstige sachliche Gründe dies erfordern, oder wenn es dem ausdrücklich dargelegten Wunsch des Arbeitnehmers entspricht.”
Entsprechend befristete Arbeitsverträge vereinbarte der Beklagte mit insgesamt 280 Mitarbeitern der „Einrichtung”.
Mit dem am 5. Dezember 1991 verkündeten Gesetz zur übergangsweisen Regelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Mecklenburg-Vorpommern (Vorschaltgesetz) wurde dem Beklagten die Aufgabe übertragen, ab 1. Januar 1992 die Bevölkerung des Landes Mecklenburg-Vorpommern nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Rundfunk und Fernsehen zu versorgen. Nach § 6 des Vorschaltgesetzes sollte das Gesetz mit Inkrafttreten des Staatsvertrages der Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über den Norddeutschen Rundfunk, spätestens jedoch am 31. Mai 1992, außer Kraft treten. Der Staatsvertrag ist zum 1. März 1992 in Kraft getreten.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 1992 wurde dem Kläger mitgeteilt, sein Arbeitsverhältnis ende am 31. Dezember 1992, weil gesundheitliche Bedenken nicht ausgeräumt seien.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei Rechts- bzw. Funktionsnachfolger der „Einrichtung” nach Art. 36 EV. Sein Arbeitsverhältnis sei mit der „Einrichtung” nach § 613 a BGB auf den Beklagten übergegangen. Ein sachlicher Grund für die Befristung liege nicht vor. Mit seiner am 21. Januar 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Dezember 1992 hinaus fortbesteht;
- den Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 31. Dezember 1992 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Befristung des Arbeitsvertrages sei sachlich begründet. Er sei durch das Vorschaltgesetz vom 5. Dezember 1991 beauftragt worden, ab 1. Januar 1992 die Programmversorgung von Mecklenburg-Vorpommern mit Rundfunk und Fernsehen vorläufig sicherzustellen. Erst nach Abschluß des Arbeitsvertrages sei ihm dieser Auftrag verbindlich mit dem am 1. März 1992 in Kraft getretenen Staatsvertrag vom 18. Dezember 1991 auf Dauer übertragen worden. Mit dem Erlaß des Vorschaltgesetzes oder dem Abschluß des Rundfunkstaatsvertrages habe er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht sicher rechnen können. Der ihm erteilte Programmauftrag habe auch nicht kurzfristig mit organisatorischen Strukturen und Inhalten gefüllt werden können. Daher seien die bisherigen Programme vorläufig unter Zugrundelegung des seitherigen Personalbedarfs weiter ausgestrahlt worden. Erst innerhalb Jahresfrist sei es ihm möglich gewesen, Organisation, Programmgestaltung und Technik auf die bei ihm vorhandenen Strukturen umzustellen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien unwirksam ist und dem Kläger ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zusteht.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Arbeitsvertrag vom 15. November 1991 einer gerichtlichen Befristungskontrolle unterzogen und es für unerheblich gehalten, ob die Parteien zuvor in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben. Erweist sich die Befristung wegen Fehlens eines sachlichen Grundes als unwirksam, kann dahinstehen, ob ein mit dem „Rundfunk der DDR” begründetes und von der „Einrichtung” nach Art. 36 EV weitergeführtes, aber zum Jahresende 1991 gekündigtes Arbeitsverhältnis nach § 613 a BGB oder im Wege einer Funktionsnachfolge auf den Beklagten übergegangen ist.
2. Die Zulässigkeit der Befristung ergibt sich nicht aus Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die bei dem Beklagten bestehenden Tarifverträge anzuwenden. Nach Ziff. 241.1 des MTV für den NDR bedarf der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages eines sachlichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes. Solche Gründe werden von der Tarifnorm unabhängig davon verlangt, ob im Einzelfall durch die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwingende kündigungsschutzrechtliche Bestimmungen umgangen werden. Gegenüber Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 macht die Tarifnorm die Zulässigkeit eines befristeten Arbeitsvertrages von strengeren Voraussetzungen abhängig. Sie weicht zugunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Befristungsregelung ab und schließt damit deren Anwendung aus (vgl. BAG Urteile vom 28. Februar 1990, BAGE 64, 220 = AP Nr. 14 zu § 1 BeschFG 1985 und 31. August 1994 – 7 AZR 983/93 – AP Nr. 163 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
3. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 15. November 1991 war unwirksam. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts hat ein sachlicher Grund im Sinne der maßgeblichen Tarifnorm nicht vorgelegen.
a) Bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung einer Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegt. Die Würdigung des Berufungsgerichts zum Vorliegen eines Sachgrundes kann nur auf eine Verkennung von Rechtsbegriffen oder Verletzung von Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen oder daraufhin überprüft werden, ob wesentliche Umstände des Einzelfalles übersehen worden sind (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 1 der Gründe, m.w.N.). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht die an den Sachgrund einer wirksamen Befristung zu stellenden Anforderungen verkannt. Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts wirkt sich jedoch auf das angegriffene Urteil nicht aus. Seine Entscheidung erweist sich aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
b) Das Landesarbeitsgericht hat eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei dem Beklagten vorhandene Ungewißheit über die dauerhafte Übertragung der öffentlich-rechtlichen Programmversorgung für Mecklenburg-Vorpommern als Sachgrund genügen lassen. Dennoch hat es die Wirksamkeit der Befristung verneint, weil es einen gesonderten sachlichen Grund für die Dauer der Befristung nicht feststellen konnte.
Mit dieser Rechtsauffassung steht das Landesarbeitsgericht im Widerspruch zu der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats. Danach bedarf es zur wirksamen Befristung eines Arbeitsvertrages außer einem sachlichen Grund für die Befristung nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung der gewählten Befristungsdauer (BAG Urteil vom 26. August 1988, BAGE 59, 265 = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die von den Parteien vereinbarte Vertragsdauer erlaubt es nur, Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob der Sachgrund für die Befristung tatsächlich vorliegt oder nur vorgeschoben ist. Spricht sie nicht gegen das Vorliegen eines Sachgrundes, führt eine nur fehlerhaft gewählte Laufzeit des Vertrages nicht zur Umgehung des kündigungsschutzrechtlichen Bestandsschutzes, weil der Arbeitnehmer auch im Falle einer an sich zutreffenden Vertragszeit nur in einem befristeten und damit nicht bestandsgeschützten Arbeitsverhältnis gestanden hätte.
c) Die von den Parteien vereinbarte einjährige Befristungsdauer läßt sich nicht mit den von dem Beklagten angegebenen Sachgründen erklären. Das läßt zusammen mit weiteren Umständen darauf schließen, daß der behauptete Sachgrund einer Ungewißheit hinsichtlich der dauerhaften Übertragung des Programmversorgungsauftrages für Mecklenburg-Vorpommern ebensowenig vorgelegen hat wie ein nur vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften bis zur Anpassung an die bei dem Beklagten bestehenden Programmstrukturen und Einführung neuer Techniken.
aa) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, daß ein vorübergehender zusätzlicher Bedarf an Arbeitskräften oder das bevorstehende Absinken des Arbeitskräftebedarfs aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Dazu muß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs mit dem Auslaufen der befristeten Arbeitsverträge zu erwarten sein. Die hierzu erforderliche Prognose des Arbeitgebers muß auf konkrete Anhaltspunkte gestützt werden können. Dagegen reicht die Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs weder in der Privatwirtschaft noch in den Bereichen des öffentlichen Dienstes als Sachgrund für eine Befristung aus. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, Arbeitnehmer nur befristet einzustellen, weil er etwa den Umfang künftiger Auftragseingänge nicht übersehen kann. Diese Unsicherheit gehört zu seinem unternehmerischen Risiko, das er nicht durch den Abschluß befristeter Arbeitsverträge auf die Arbeitnehmer übertragen kann (BAG Urteile vom 3. Dezember 1986, BAGE 54, 10 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und 10. August 1994 – 7 AZR 695/93 – AP Nr. 162 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
bb) Der Beklagte hat sich zunächst zur Rechtfertigung der Befristung auf eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandene Ungewißheit über die dauerhafte Übertragung des Programmversorgungsauftrages für Mecklenburg-Vorpommern berufen. Abgesehen davon, daß ein derartiger Ungewißheitstatbestand als Sachgrund nach den Grundsätzen der Befristungskontrolle nicht anzuerkennen ist (BAG Urteil vom 10. August 1994, a.a.O.), widerspricht die gewählte Vertragsdauer dem angegebenen Befristungsgrund. Das läßt darauf schließen, daß der von dem Beklagten in Anspruch genommene Sachgrund auch nicht vorliegt. Ein vernünftiger, verantwortungsbewußter Arbeitgeber (vgl. BAG Urteil vom 10. August 1994, a.a.O., zu I 4 der Gründe) wird nicht in der bloßen Erwartung künftiger Aufträge und eines damit verbundenen erhöhten Arbeitskräftebedarfs eine Vielzahl an befristeten Arbeitsverträgen mit einjähriger Laufzeit abschließen. Vielmehr wird er neue Arbeitsverhältnisse erst dann eingehen, wenn ein weiterer Bedarf an Arbeitskräften außer Zweifel steht. So hat sich auch der Beklagte verhalten. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 15. November 1991 konnte er davon ausgehen, ab dem 1. Januar 1992 mit der öffentlich-rechtlichen Programmversorgung für Mecklenburg-Vorpommern beauftragt zu werden. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 EV wurde der „Rundfunk der DDR” bis spätestens 31. Dezember 1991 weitergeführt und sollte gem. Art. 36 Abs. 6 EV nach Maßgabe der föderalen Struktur des Rundfunks durch gemeinsamen Staatsvertrag der neuen Länder aufzulösen oder in Anstalten des öffentlichen Rechts einzelner oder mehrerer Länder zu überführen sein. Sollte der Staatsvertrag bis zum 31. Dezember 1991 nicht zustande kommen, war die „Einrichtung” mit Ablauf dieser Frist aufgelöst. Auf Grund der durch den Einigungsvertrag geschaffenen Rechtslage bestand für den Landesgesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern bis zum 31. Dezember 1991 ein unabweisbarer Handlungsbedarf, die künftige Versorgung des Landes mit öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen sicherzustellen. Nach dem Vorbringen des Beklagten war bereits im ersten Halbjahr 1991 der Abschluß eines Staatsvertrages mit den Ländern Brandenburg und Berlin über die Bildung eines nordostdeutschen Rundfunks am Widerspruch des Landesgesetzgebers gescheitert. Das galt auch für die im zweiten Halbjahr 1991 angestrebte Gründung einer eigenständigen Rundfunkanstalt oder der Einrichtung eines Nachrichtenkanals. Demzufolge heißt es auch im Gesetzesentwurf zur übergangsweisen Regelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Mecklenburg-Vorpommern vom 28. November 1991 (Drucks, 1/1045), daß zur Übertragung des Programmversorgungsauftrags an den NDR keine Alternative besteht. Das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Vorschaltgesetz vom 5. Dezember 1991 sollte es dem Beklagten ermöglichen, bis zum Inkrafttreten eines Staatsvertrages die öffentlich-rechtliche Rundfunkversorgung für Mecklenburg-Vorpommern durchzuführen. Auch wenn die gesetzliche Grundlage für die Übertragung des Programmversorgungsauftrages an den Beklagten kurz nach Abschluß des Arbeitsvertrages erst geschaffen wurde, konnte für ihn bei Vertragsabschluß die Erteilung des Sendeauftrags nicht mehr zweifelhaft sein. Das macht auch verständlich, weshalb er nicht nur mit dem Kläger, sondern mit weiteren 279 Mitarbeitern der früheren „Einrichtung” auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen hat. Letzten Zweifeln an der tatsächlichen Übertragung des Programmversorgungsauftrags ist der Beklagte ohnehin mit einer besonderen Vertragsgestaltung begegnet. Nach § 10 des Arbeitsvertrages vom 15. November 1991 war das Zustandekommen des Vertrages von der Übertragung des Programmversorgungsauftrages abhängig. Aus welchen Gründen es zusätzlich einer einjährigen Befristung bedurfte, wurde nicht ersichtlich, zumal Anhaltspunkte dafür, daß der Programmauftrag bis 31. Dezember 1992 beendet sein sollte, dem Vortrag der beklagten Sendeanstalt nicht zu entnehmen sind.
cc) Auch aus dem weiteren Vorbringen des Beklagten zu einem zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften bis zur Schaffung neuer Programmstrukturen und -inhalte sowie dem Einsatz moderner Rundfunktechniken wird ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht ersichtlich. Zwar darf ein Arbeitgeber auch einen vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften zum Anlaß nehmen, den Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu beschäftigen. Das setzt eine auf konkrete und gerichtlich nachprüfbare Tatsachen gestützte Prognose voraus, daß die Arbeitskraft des befristet eingestellten Arbeitnehmers nach Ablauf der Vertragszeit nicht mehr benötigt wird (BAG Urteil vom 10. Juni 1992 – 7 AZR 346/91 – EzA § 620 BGB Nr. 116). Eine Unsicherheit über die künftige Auslastung des Arbeitnehmers besteht regelmäßig bei jeder Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Sie rechtfertigt als solche keine Befristungen, weil sie dem Arbeitnehmer den durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen nehmen würde. Andererseits führen Prognosefehler des Arbeitgebers hinsichtlich des exakten Wegfalls des Mehrbedarfs nur dann zur Unwirksamkeit der Befristung, wenn sie den Sachgrund der Befristung selbst in Frage stellen.
Konkrete Tatsachen, wie sich die Einführung moderner Rundfunktechniken oder die Schaffung neuer Programminhalte und -strukturen auf den Arbeitsplatz des Klägers auswirken würden, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Er hat sich mit allgemeinen Ausführungen zu den inhaltlichen, technischen und personellen Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des kurzfristig übertragenen Sendeauftrags beschränkt. Eine aus der besonderen Situation des Betriebes resultierende Ungewißheit über Arbeitsanfall und Arbeitskräftebedarf kann jedoch keine Befristung rechtfertigen (BAG Urteil vom 10. August 1994, a.a.O.). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß die drei Hörfunkhäuser in Rostock, Schwerin und Neubrandenburg zu einem Landesfunkhaus in Schwerin zusammengefaßt werden sollten. Auch insoweit hat der Beklagte keine Tatsachen dafür vorgetragen, inwieweit sich dieser Strukturwandel auf das Arbeitsverhältnis des Klägers oder das anderer Tontechniker auswirkt, zumal die Arbeitsvertragsparteien als Beschäftigungsort Schwerin vereinbart und sich der Beklagte in § 2 Abs. 6 des Arbeitsvertrages ohnehin ein Umsetzungsrecht vorbehalten hatte.
4. Der Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung ist ebenfalls begründet. Nachdem das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt ist, kann der Kläger einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 259 ZPO geltend machen. Die danach mögliche Klage auf künftige Leistung setzt die Besorgnis voraus, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Dafür genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß der Arbeitgeber nicht erklärt, er werde den Arbeitnehmer nach einem für diesen günstigen Ausgang des Revisionsverfahrens weiterbeschäftigen (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 – 2 AZR 410/84 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Eine solche Erklärung hat der Beklagte nicht abgegeben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zugleich für den durch Erkrankung verhinderten Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Weller Steckhan, Schmidt, Johannsen, Straub
Fundstellen