Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekostenvergütung. Monatliche Pauschale. Tarifauslegung. Tarifrecht. Tarifrecht öffentl. Dienst
Orientierungssatz
- Auf die Bestimmung in Nr. 11 der Sonderregelungen für Straßenbauarbeiter nach § 2 Abschn. B Abs. 1 Buchst. a (SR 2a MTArb-O), nach der die Höhe einer dem Arbeitnehmer zustehenden monatlichen Reisekostenpauschale ein Vielfaches (hier: das Fünffache) des vollen Tagegeldes der Reisekostenstufe A nach dem Bundesreisekostengesetz beträgt, kann für Straßenwärter in Thüringen nach der mit Wirkung zum 1. Januar 1997 erfolgten Änderung des § 8 ThürRKG ein Anspruch nicht mehr gestützt werden.
- Durch das in diesem Zeitpunkt in Kraft getretene Jahressteuergesetz 1997 wurde die Regelung über Reisekostenstufen und damit auch über die Reisekostenstufe A ersatzlos aus dem Bundesreisekostengesetz gestrichen. Die dadurch entstandene Tariflücke können die Gerichte für Arbeitssachen nicht schließen.
Normenkette
Thüringer Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter (Thüringer Reisekostengesetz – ThürRKG –) vom 10. März 1994 § 8; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2; TVG § 1 Auslegung
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine pauschale Reisekostenvergütung des Klägers für die Monate Januar 1997 bis April 1998.
Der Kläger ist seit September 1979 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Straßenwärter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts für Arbeiter an den MTArb (MTArb-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung. § 38 MTArb-O lautet auszugsweise wie folgt:
“Entschädigung bei Dienstreisen, Abordnungen und Dienstgängen
(1) Für die Erstattung von
a) Auslagen für Dienstreisen und Dienstgänge (Reisekostenvergütung),
…
sind die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden: …”
Nr. 11 der Sonderregelungen für Straßenbauarbeiter nach § 2 Abschn. B Abs. 1 Buchst. a (SR 2a MTArb-O) lautet auszugsweise:
“Zu § 38 – Entschädigung bei Dienstreisen, Abordnungen und Dienstgängen
(1) Der Arbeiter erhält ein Wegegeld für jeden Tag, an dem
a) eine Rückkehr an den Wohnort möglich ist,
b) der Weg in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst. a zur Wärterstrecke, im übrigen zum Sammelplatz oder zum Arbeitsplatz außerhalb der Arbeitszeit zurückgelegt wird und
c) die kürzeste befahrbare Wegstrecke von der Mitte des Wohnortes in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst. a bis zur Wärterstrecke, im übrigen bis zum Sammelplatz oder Arbeitsplatz fünf Kilometer überschreitet.
…
(4) Der Arbeiter erhält für jeden Tag, an dem sein Arbeitsplatz so weit von seiner Wohnung entfernt ist, daß er das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen kann und die Überbringung an den Arbeitsplatz nicht zumutbar ist, ein Zehrgeld von 4,49 DM.
…
(6) Die Ansprüche der ständigen Lastkraftwagenfahrer, der ständigen Beifahrer, der ständigen Bedienungsmannschaften wandernder maschineller Geräte, der ständigen Angehörigen von Unterhaltungstrupps (Kolonnenarbeiter), der Streckenwarte (Verkehrssicherheitswarte, motorisierten Straßenwarte), der ständigen Baumwarte, der ständigen Bauaufseher sowie der ständigen Meßgehilfen auf Reisekostenvergütung für Dienstreisen und Dienstfahrten einschließlich Zehrgeld werden durch eine monatliche Pauschvergütung abgegolten. Die Pauschvergütung beträgt das Fünffache des vollen Tagegeldes der Reisekostenstufe A. … Daneben wird Wegegeld nach den Absätzen 1 und 2 gezahlt. Wird aus dienstlichen Gründen eine Übernachtung erforderlich, so wird daneben das Übernachtungsgeld nach den Reisekostenvorschriften gezahlt. Bei mehr als fünf Übernachtungen im Kalendermonat erhöht sich die Pauschvergütung um je ein Zehntel für die sechste und jede weitere Übernachtung. …”
§ 8 des für die Beamten des Freistaates Thüringen geltenden Thüringer Gesetzes über die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter (Thüringer Reisekostengesetz – ThürRKG –) vom 10. März 1994 lautete bis zum 31. Dezember 1996 auszugsweise wie folgt:
“
Tagegeld
(1) Das Tagegeld beträgt für eine Dienstreise, die nicht mehr als |
einen Kalendertag dauert |
28 Deutsche Mark. |
Bei einer Reisedauer bis zu zwölf Stunden gilt Absatz 3. |
(2) Bei einer mehrtägigen Dientreise beträgt das Tagegeld |
für den vollen Kalendertag |
39 Deutsche Mark |
Für den Tag des Antritts und den Tag der Beendigung einer mehrtägigen Dienstreise gilt Absatz 3. |
(3) Für eine Dienstreise, die keinen vollen Kalendertag beansprucht, oder für den Tag des Antritts und den Tag der Beendigung einer mehrtägigen Dienstreise beträgt das Tagegeld bei einer Dauer der Dienstreise von |
mehr als sechs bis acht Stunden |
drei Zehntel des vollen Satzes |
von mehr als acht bis zwölf Stunden |
fünf Zehntel des vollen Satzes |
von mehr als zwölf Stunden |
den vollen Satz |
Bei mehreren Dienstreisen an einem Kalendertag wird jede Reise für sich berechnet; es wird jedoch zusammen nicht mehr als ein volles Tagegeld gewährt. |
… |
”
Die bis 31. März 1994 geltende Vorgängerregelung dieses Gesetzes hatte entsprechend § 9 BRKG aF nach Reisekostenstufen unterschieden, enthielt also auch die in Nr. 11 SR 2a zu § 38 MT Arb-O bezeichnete Reisekostenstufe A.
Bis zum 31. Dezember 1996 erhielt der Kläger eine monatliche Pauschalvergütung in Höhe von zuletzt 140,00 DM.
Mit Wirkung zum 1. Januar 1997 wurde das Thüringer Reisekostengesetz auf Grund des Thüringer Haushaltssicherungsgesetzes 1997 (ThürHSG 1997) vom 16. Dezember 1996 geändert. § 8 ThürRKG erhielt danach folgende Fassung:
“Tagegeld
Die Höhe des Tagegeldes für Mehraufwendungen für die Verpflegung des Dienstreisenden bestimmt sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes.”
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG lautet:
“Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt
- 24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 46,00 Deutsche Mark,
- weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 20,00 Deutsche Mark,
- weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 10,00 Deutsche Mark
- abzuziehen; eine Tätigkeit, die nach 16 Uhr begonnen und vor 8 Uhr des nachfolgenden Kalendertags beendet wird, ohne daß eine Übernachtung stattfindet, ist mit der gesamten Abwesenheitsdauer dem Kalendertag der überwiegenden Abwesenheit zuzurechnen.”
Seit dem 1. Januar 1997 zahlt die Beklagte an den Kläger einen monatlichen Pauschalbetrag von 50,00 DM. Mit der Klage fordert der Kläger Zahlung weiterer je 180,00 DM für die Monate Januar 1997 bis April 1998.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, wegen der tarifvertraglichen Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften stehe ihm seit 1. Januar 1997 ein monatlicher Pauschbetrag in Höhe des Fünffachen des Tagesgeldes von 46,00 DM, also 230,00 DM zu. Durch die grundlegende Änderung der für die Beamten geltenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen, auf die der Tarifvertrag verweise, sei eine nachträgliche Tariflücke entstanden. Diese sei vom Gericht durch systemkonforme ergänzende Auslegung zu schließen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.440,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Dezember 1997 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 720,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Januar 1998 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 720,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Mai 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die tarifliche Regelung enthalte hinsichtlich des monatlichen Pauschbetrags eine dynamische Verweisung auf die beamtenrechtlichen Bestimmungen. Nach Wegfall der ursprünglichen Reisekostenregelungen im Thüringer Reisekostengesetz sei sie nicht mehr verpflichtet, eine Tagegeldpauschale an den Kläger zu zahlen. Die entstandene Tariflücke könne von den Gerichten für Arbeitssachen nicht geschlossen werden, weil es mehrere Möglichkeiten gebe, die Höhe der monatlichen Tagegeldpauschale zu regeln. Die Entscheidung darüber sei allein von den Tarifvertragsparteien zu treffen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen.
Für den Klageanspruch besteht seit dem 1. Januar 1997 keine Rechtsgrundlage mehr. Der Kläger hat nach § 38 Abs. 1 MTArb-O iVm. Nr. 11 SR 2a zu § 38 MTArb-O im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Pauschalbetrages von 230,00 DM.
- Nach § 38 Abs. 1 Buchst. a MTArb-O sind für die Entschädigung bei Dienstreisen und Dienstgängen (Reisekostenvergütung) die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen mit bestimmten, in der Tarifnorm genannten Maßgaben sinngemäß anzuwenden. Dies sind hier die Regelungen des Thüringer Reisekostengesetzes. Durch den Wegfall der Reisekostenstufe A und der übrigen Reisekostenstufen, die § 9 BRKG vorsah, ist seit 1. April 1994 die Bezugsgröße für die Berechnung der monatlichen Pauschvergütung entfallen. Die Reisekostenvergütung der Beamten des Freistaats Thüringen richtet sich seitdem nicht mehr nach Reisekostenstufen; vielmehr errechnet sie sich für alle Beamten einheitlich nach der Dauer der Abwesenheit von der Wohnung bzw. dem Tätigkeitsmittelpunkt. Mit der Änderung des Thüringer Reisekostengesetzes durch das Thüringer Haushaltssicherungsgesetz vom 16. Dezember 1996 mit Wirkung zum 1. Januar 1997 und der Bezugnahme auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Wegfall der Reisekostenstufen fortgeführt worden.
Wegen dieser Änderung des Thüringer Reisekostengesetzes ließ sich die Höhe der monatlichen Pauschvergütung des Klägers bereits seit dem 1. April 1994 nicht mehr allein auf Grund des Tarifwortlauts bestimmen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die tarifliche Regelung nicht dahingehend auszulegen, daß seit 1. Januar 1997 der niedrigste der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG genannten Beträge, dh 10,00 DM, als Bezugsgröße für die Berechnung der monatlichen Pauschvergütung zugrunde zu legen ist. Einer solchen Auslegung steht bereits der Tarifwortlaut entgegen, der eindeutig auf das – nicht mehr gesetzlich geregelte – volle Tagegeld der Reisekostenstufe A verweist. Außerdem ist der Betrag von 10,00 DM in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG mit dem früheren vollen Tagegeld der Reisekostenstufe A strukturell nicht vergleichbar, anders als der Betrag von 28,00 DM, den die Beklagte bis zum 31. Dezember 1996 der tariflichen Leistung zugrundegelegt hat.
Zwar haben die Tarifvertragsparteien bei Abschluß des Tarifvertrags den vollen Tagessatz der niedrigsten Reisekostenstufe nach den damals für Beamte gelten den Reisekostenbestimmungen als Bezugsgröße für die Berechnung der monatlichen Pauschvergütung vereinbart. Eine vergleichbare Bezugsgröße gibt es in dem seit dem 1. April 1994 geltenden Thüringer Reisekostengesetz jedoch nicht. Diese enthält keine betragsmäßige Staffelung der Reisekostenvergütung nach Besoldungsgruppen; vielmehr ist die Höhe des Tagegeldes ausschließlich abhängig von der Dauer der Abwesenheit. Zwar war auch nach § 8 ThürRKG in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung die Dauer der Abwesenheit für die Höhe des Tagegeldes von Bedeutung. Es galten aber andere Abwesenheitszeiten als nach der jetzigen Regelung. Nach § 8 ThürRKG aF war das volle Tagegeld bereits bei einer Abwesenheit von mehr als 12 Stunden bis zu 24 Stunden zu zahlen. Bei einer Abwesenheit von acht bis 12 Stunden betrug das Tagegeld 5/10, bei einer Abwesenheit von sechs bis acht Stunden 3/10 des vollen Satzes. Nach § 8 ThürRKG nF iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG besteht Anspruch auf das volle Tagegeld von 46,00 DM nur bei einer Abwesenheit von 24 Stunden, bei einer Abwesenheit von 14 bis 24 Stunden beträgt das Tagegeld 20,00 DM, bei einer Abwesenheit von acht bis 14 Stunden 10,00 DM. Damit haben sich die Anspruchsvoraussetzungen für die Reisekostenvergütung der Beamten des Freistaats Thüringen grundlegend geändert. Das niedrigste Tagegeld nach § 8 ThürRKG nF iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG ist mit dem früheren vollen Tagegeld der Reisekostenstufe A schon deshalb nicht vergleichbar, weil jenes für eine Abwesenheit zwischen acht und 14 Stunden gezahlt wird, dieses hingegen für eine Abwesenheit von 12 bis 24 Stunden gezahlt wurde. Auch das volle Tagegeld nach § 8 ThürRKG nF iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG entspricht nicht dem früheren vollen Tagegeld der Reisekostenstufe A, denn es setzt eine Abwesenheit von 24 Stunden voraus, während dieses bereits bei einer Abwesenheit von mehr als 12 Stunden gezahlt wurde. Die seit dem 1. Januar 1997 für die Beamten des Freistaats Thüringen geltenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen sind daher mit den bis dahin geltenden Regelungen nicht vergleichbar. Deshalb läßt sich auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der tariflichen Regelung, bestimmten Arbeitnehmergruppen eine pauschale Reisekostenvergütung zu gewähren, die sich am vollen Tagegeld der Reisekostenstufe A orientiert, die Höhe der monatlichen Pauschvergütung nach der Gesetzesänderung nicht mehr bestimmen.
Die zum 1. Januar 1997 eingetretene Änderung in dem für die Beamten des Freistaats Thüringen geltenden Reisekostenrecht war für die Tarifvertragsparteien bei Abschluß des Tarifvertrags nicht absehbar. Zwar mußten sie mit Veränderungen der Höhe des Tagegeldes der Reisekostenstufe A rechnen. Solche Veränderungen haben sie auch bewußt und gewollt in Kauf genommen, wie die dynamische Verweisung zeigt. Mit einer vollständigen Änderung der für die Beamten geltenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen, insbesondere dem Wegfall der Reisekostenstufe A, konnten und mußten sie jedoch nicht rechnen. Durch die Änderung der in Bezug genommenen reisekostenrechtlichen Bestimmungen für die Beamten des Freistaats Thüringen ist daher nachträglich eine Regelungslücke im Tarifvertrag entstanden. Diese kann, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, nicht im Wege ergänzender Auslegung durch das Gericht geschlossen werden.
- Zwar sind auch tarifvertragliche Regelungen grundsätzlich einer ergänzenden Auslegung zugänglich, jedenfalls dann, wenn der Tarifvertrag – wie hier – nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte die Möglichkeit und Pflicht, die Lücke, ggf. unter Rückgriff auf eine artverwandte und vergleichbare Regelung, zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, wie die Tarifvertragsparteien den Sachverhalt bei Kenntnis der Lücke geregelt hätten (BAG 23. Januar 1980 – 4 AZR 105/78 – BAGE 32, 364, 369; 24. Februar 1988 – 4 AZR 614/87 – BAGE 57, 334; 10. Dezember 1986 – 5 AZR 517/85 – BAGE 54, 30, 35; 3. November 1998 – 3 AZR 432/97 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 41 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 31; 20. Mai 1999 – 6 AZR 451/97 – AP TVAL II § 42 Nr. 7 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 4, zu B I 2 der Gründe). Diese Auslegung scheidet allerdings aus, wenn verschiedene Möglichkeiten bestehen, die Lücke zu schließen. In diesem Fall muß es allein den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben zu entscheiden, welche Lösungsmöglichkeit gewählt werden soll. Eine Ausfüllung der Lücke durch das Gericht würde einen unzulässigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie bedeuten (BAG 10. Dezember 1986, aaO; 3. November 1998, aaO; 20. Mai 1999, aaO; Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 817; vgl. auch Löwisch/Rieble TVG § 1 Rn. 424 ff., 428; Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. Grundlagen Rn. 334 und 335).
- Die Regelungslücke in Nr. 11 Abs. 6 SR 2a zu § 38 MTArb-O kann auf verschiedene Weise geschlossen werden. Die Tarifvertragsparteien könnten zB als Bezugsgröße statt der bisherigen Reisekostenstufe A einen der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG genannten Beträge wählen und diesen mit einem Multiplikator versehen, der nicht unbedingt mit dem bisherigen übereinstimmen müßte. Denkbar wäre auch, daß sich die Tarifvertragsparteien bezüglich der Höhe der monatlichen Pauschvergütung von den für die Beamten geltenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen lösen und diese eigenständig im Tarifvertrag beziffern. Es gibt daher eine Vielzahl von Möglichkeiten, die entstandene Tariflücke sachgerecht zu schließen. In Anbetracht der bestehenden Tarifautonomie muß die Neuregelung den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (vgl. auch BAG 20. Juli 2000 – 6 AZR 347/99 – NZA 2001, 559 und – 6 AZR 64/99 – ZTR 2001, 182).
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Hinsch, G. Helmlinger
Fundstellen
Haufe-Index 892465 |
FA 2001, 348 |