Entscheidungsstichwort (Thema)
Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis des Verwalters einer Professorenstelle
Orientierungssatz
Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 30.11.1984 7 AZR 511/83 = BAGE 47, 275; Urteil vom 13.03.1985 7 AZR 12/84 = nicht zur Veröffentlichung bestimmt) stehen, soweit die Hochschulgesetze der Länder nichts anderes bestimmen, Verwalter einer Professorenstelle jedenfalls dann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, wenn es durch eine einseitige Maßnahme begründet worden und im wesentlichen öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 24.05.1984; Aktenzeichen 6 Sa 140/83) |
ArbG Hannover (Entscheidung vom 26.05.1983; Aktenzeichen 5 Ca 580/82) |
Tatbestand
Der 1941 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur. Durch Schreiben vom 29. März 1977 beauftragte ihn der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst (MWK), ab 1. April 1977 bis zum Ablauf des Sommersemesters 1977 die Stelle eines ordentlichen Professors für "Raumplanung mit dem Schwerpunkt Wohnungswesen" an der Universität O zu verwalten. Dieses Schreiben lautet wie folgt:
"Verwaltung der Stelle eines ordentlichen Professors
für "Raumplanung mit dem Schwerpunkt Wohnungswesen"
an der Universität O.
Sehr geehrter Herr P]
Hiermit beauftrage ich Sie, vom 1. April 1977 ab zunächst
bis zum Ablauf des Sommersemesters 1977 die
Stelle eines ordentlichen Professors für "Raumplanung
mit dem Schwerpunkt Wohnungswesen" an der Universität
O zu verwalten.
Für die Wahrnehmung dieses Verwaltungsauftrages erhalten
Sie eine pauschale Vergütung in Höhe des
Grundgehalts aus der Besoldungsgruppe AH 4 nach
Maßgabe eines von der Universität O noch
festzusetzenden fiktiven Besoldungsdienstalters zuzüglich
eines Betrages in Höhe des für diese Besoldungsgruppe
maßgebenden Ortszuschlages entsprechend
den besoldungsrechtlichen Bestimmungen. Für den Fall
einer Erhöhung der Dienstbezüge der Beamten des Landes
erhöht sich die Vergütung für diesen Verwaltungsauftrag
entsprechend. Die Gewährung von Kindergeld
richtet sich nach den Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes
- BKGG - in der Fassung der Bekanntmachung
vom 31.1.1975 (BGBl. I S. 412).
Sie erhalten ferner eine besondere monatliche Zuwendung
in Höhe eines Zwölftels der einem ordentlichen
Professor zustehenden Kolleggeldpauschale von jährlich
3.000,-- DM unter der Voraussetzung, daß die
Verwaltungsvorschriften für die Gewährung einer
Kolleggeldpauschale bzw. einer Lehrzulage erfüllt
sind.
Die Auszahlung der Vergütung und der besonderen
Zuwendung wird durch die Universität O
veranlaßt werden."
Durch drei weitere Schreiben des MWK wurde der dem Kläger erteilte Verwaltungsauftrag jeweils um ein Semester, zuletzt bis zum 31. März 1979, verlängert.
Durch Schreiben des MWK vom 29. März 1979 wurde der Kläger beauftragt, vom 1. April 1979 bis 30. September 1979 die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 4) für "Stadtplanung" im Fachbereich III - Gesellschaftswissenschaften - an der Universität O zu verwalten. Dieser Verwaltungsauftrag wurde durch sechs weitere Schreiben jeweils um ein weiteres Semester, zuletzt bis zum 30. September 1982, verlängert.
Im September 1982 wurde der Ruf auf die Stelle "Stadtplanung" dem Professor S erteilt; dieser nahm den Ruf an. Da Professor S von seiner Universität nicht vorzeitig zum Wintersemester 1982/1983 freigegeben wurde, wurde der Kläger durch Schreiben vom 20. Oktober 1982 beauftragt, die Stelle vom 11. Oktober 1982 bis zum 14. Februar 1983 zu verwalten.
Am 21. Oktober 1982 ging die vorliegende Klage beim Arbeitsgericht ein. Daraufhin vertrat der MWK mit Schreiben vom 2. November 1982 die Rechtsauffassung, daß der Verwaltungsauftrag des Klägers am 30. September 1982 geendet habe; vorsorglich kündigte er in diesem Schreiben dem Kläger zum 31. Dezember 1982. Durch Schreiben vom 20. Dezember 1982 sprach der MWK vorsorglich eine ordentliche Kündigung "zum 31. März 1982" (gemeint ist unstreitig der 31. März 1983) aus.
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen, das auch durch die Kündigungen nicht beendet worden sei.
Er hat beantragt
1. festzustellen, daß das Dienstverhältnis zwischen
den Parteien über den 30. September 1982
hinaus unbefristet fortbesteht;
2. das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger
über den 30. September 1982 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen;
sowie hilfsweise
3. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien durch die Kündigung des beklagten
Landes vom 2. November 1982, eingegangen am
18. November 1982, nicht aufgelöst ist,
4. das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger
über den 31. Dezember 1982 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen,
und weiter hilfsweise
5. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien durch die Kündigung des beklagten
Landes vom 20. Dezember 1982 nicht aufgelöst ist,
6. das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger
über den 31. Januar 1983 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nachdem es im ersten Rechtszug noch selbst die Auffassung vertreten hatte, daß der Verwaltungsauftrag im Arbeitsverhältnis ausgeführt worden sei, hat es im Berufungsverfahren die Ansicht vertreten, der Kläger sei in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis besonderer Art tätig gewesen, so daß die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig seien. Abgesehen davon sei die vom Kläger wahrgenommene Vertretungstätigkeit nicht auf Dauer angelegt gewesen, sondern habe die Stellenvakanz überbrücken und das Lehrangebot für die Studenten sicherstellen sollen. Die Befristungen seien daher sachlich gerechtfertigt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei jeweils rechtswirksam befristet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei arbeitnehmerähnliche Person. Daher seien zwar die Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, nicht aber das Kündigungsschutzgesetz auf den Kläger anwendbar. Eine Unwirksamkeit der Befristungen wegen objektiver Umgehung zwingender Kündigungsschutzvorschriften komme daher nicht in Betracht; überdies habe für die Befristungen jeweils ein sachlicher Grund vorgelegen. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf seien die ausgesprochenen Kündigungen gegenstandslos. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.
In seiner Revisionsschrift vom 20. Juli 1984, die innerhalb der Revisionsfrist bei Gericht einging, hat der Kläger als Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz des beklagten Landes Herrn Rechtsanwalt E angegeben, dem die Revisionsschrift am 30. Juli 1984 zugestellt wurde. Rechtsanwalt E war jedoch nicht Prozeßbevollmächtigter des beklagten Landes, sondern hatte in der zweiten Instanz den Kläger vertreten. Dem Prozeßbevollmächtigten des beklagten Landes wurde die Revisionsschrift erst am 15. August 1984 zugestellt; am 23. Juli 1984 war die Revisionsfrist abgelaufen.
Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine bisherigen Klageanträge weiter, wobei allerdings seine Revisionsanträge bei der Wiedergabe seiner vorinstanzlichen Klageanträge 1 und 2 an die Stelle des Datums 30. September 1982 das Datum 14. Februar 1983 setzen. Vorsorglich beantragte er die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht O. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er erklären lassen, ihm gehe es um die Feststellung gerade eines Arbeitsverhältnisses; hierfür seien allein die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. Der Verweisungsantrag werde deshalb nur vorsorglich für den Fall gestellt, daß der Senat den eingeschlagenen Rechtsweg nicht für zulässig halte. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist zulässig.
1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, daß in der Revisionsschrift der Prozeßbevollmächtigte des Revisionsbeklagten (beklagtes Land) falsch angegeben und damit keine zur Zustellung geeignete ladungsfähige Anschrift des Prozeßgegners genannt wurde. Die hieraus hergeleiteten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Revision (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 12. Oktober 1984 - 6 AZR 132/84 - AP Nr. 9 zu § 554 a ZPO) bestehen nicht mehr. Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts hat durch den zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß vom 16. September 1986 (GS 4/85) entschieden, daß im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Rechtsmittelschrift auch dann ordnungsgemäß ist, wenn sie nicht die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten oder seines Prozeßbevollmächtigten enthält. Auf der Grundlage dieses Beschlusses, durch den der Große Senat die bisher ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geändert hat, läßt sich die Ansicht nicht mehr aufrechterhalten, eine offenkundig falsche Angabe des Prozeßbevollmächtigten des Rechtsmittelbeklagten führe zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.
2. Der Zulässigkeit der Revision steht auch nicht entgegen, daß der Kläger seine Revisionsanträge gegenüber den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen insoweit geändert hat, daß er an die Stelle des Datums 30. September 1982 das Datum 14. Februar 1983 gesetzt hat. Bei diesen neuen Anträgen handelt es sich nicht um eine Klageänderung, die im Revisionsverfahren unzulässig wäre, sondern um eine gebotene Klarstellung. Der Kläger ist, was auch das Landesarbeitsgericht im Berufungsurteil bereits behandelt hat, vom beklagten Land aufgrund eines neuen Verwaltungsauftrags vom 20. Oktober 1982 noch für die Zeit vom 11. Oktober 1982 bis 14. Februar 1983 beschäftigt worden. Der Streit der Parteien ging daher schon im Berufungsverfahren darum, ob das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien über den 14. Februar 1983 hinaus fortbestand. So hat es auch bereits das Landesarbeitsgericht gesehen und die Berechtigung dieser letzten Befristung ebenfalls geprüft. Lediglich die Formulierung der Anträge im Berufungsverfahren hatte dem nicht Rechnung getragen.
II. Die Revision ist unbegründet, denn die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben. Der Kläger begehrt - wie er in der Revisionsverhandlung noch einmal ausdrücklich klargestellt hat - mit seiner Klage die Feststellung des Fortbestehens gerade eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien. Es geht ihm um die Feststellung seines Status als Arbeitnehmer und um die gerade aus diesem Status von ihm hergeleiteten Rechtsfolgen. Es handelt sich mithin um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG, für die die Arbeitsgerichte zuständig sind (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 9/84 - zu B II 1 der Gründe, n.v.).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet; denn der Kläger steht nicht in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Die Rechtsbeziehungen der Parteien waren öffentlich-rechtlicher Art.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Senatsurteil vom 30. November 1984 - 7 AZR 511/83 - BAGE 47, 275 = AP Nr. 43 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; unveröffentlichtes Senatsurteil vom 13. März 1985 - 7 AZR 12/84 -) stehen, soweit die Hochschulgesetze der Länder nichts anderes bestimmen, Verwalter einer Professorenstelle jedenfalls dann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, wenn es durch eine einseitige Maßnahme begründet worden und im wesentlichen öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Insbesondere das angeführte Senatsurteil vom 30. November 1984 betraf einen gleichgelagerten Fall, in dem es ebenfalls um die Verwaltung einer Professorenstelle an einer Niedersächsischen Hochschule ging. Der Senat hat damals im wesentlichen ausgeführt, daß die Bestimmungen des Niedersächsischen Hochschulgesetzes keinen zwingenden Schluß auf die Rechtsnatur des Dienstverhältnisses zulassen, und deshalb im wesentlichen darauf abgestellt, daß das Dienstverhältnis nicht durch einen Vertrag, sondern durch einen (wenn auch mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsakt des beklagten Landes begründet worden war und die Vertragsbedingungen in Anlehnung an ein Beamtenverhältnis öffentlich-rechtlich ausgestaltet waren. Wegen des gleichgelagerten Sachverhalts sind deshalb auch die Rechtsbeziehungen des Klägers zum beklagten Land ihrer wahren Natur nach ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis.
Auch die Revision hat gegen diese Würdigung keine neuen Gesichtspunkte vorzubringen vermocht. Sie hat lediglich darzulegen versucht, daß der vorliegende Sachverhalt jedenfalls in Einzelheiten von der Fallgestaltung abweiche, die dem Senatsurteil vom 30. November 1984 zugrundelag. Dies trifft jedoch nicht zu. Auch im damaligen Fall waren die Parteien vorprozessual und im ersten Rechtszug übereinstimmend davon ausgegangen, zueinander in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Hierbei handelt es sich jedoch entgegen der Auffassung der Revision lediglich um eine unzutreffende, den Senat nicht bindende Rechtsansicht der Parteien. Insbesondere liegt in der Vertretung dieser Rechtsansicht im Prozeß entgegen der Ansicht der Revision kein Geständnis, sondern eine rechtliche Bewertung, die keinen Schluß auf den Inhalt des bei Vertragsabschluß Vereinbarten zuläßt, weil allein die wahre Rechtsnatur des Vereinbarten für die rechtliche Qualifizierung maßgeblich bleibt. Auch von der Sozialversicherungspflichtigkeit des Klägers waren schon die Parteien des damaligen Rechtsstreits ausgegangen. Auch mit dieser Frage hat sich der Senat bereits eingehend im angeführten Urteil vom 30. November 1984 auseinandergesetzt und ausgeführt, daß hieraus nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses geschlossen werden kann.
Da mithin die vom Kläger begehrte Feststellung des Fortbestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wegen des alleinigen Vorliegens eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nicht getroffen werden kann, fehlt es auch für die vom Kläger gestellten Hilfsanträge an einer Rechtsgrundlage, so daß die Revision insgesamt mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen war.
Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan
Neumann Dr. Blaeser
Fundstellen