Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahme auf Tarifvertrag durch Arbeitsvertrag. Auslegung. arbeitsvertragliche Gleichstellungsabrede. Änderungsvertrag. Anforderungen an Neuvertrag
Leitsatz (amtlich)
Bei Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (“Altverträge”), kommt es bei einer Vertragsänderung nach dem 1. Januar 2002 für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist.
Orientierungssatz
1. Zur Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung, die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen angewendet wird, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden.
2. Bei Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (“Altverträge”), kommt es bei einer Vertragsänderung nach dem 1. Januar 2002 für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 7 Sa 582/07) |
ArbG Chemnitz (Urteil vom 31.07.2007; Aktenzeichen 10 Ca 1354/07) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. April 2008 – 7 Sa 582/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über eine tarifliche Zulage für die Monate August 2006 bis Mai 2007 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 334,30 Euro brutto.
Rz. 2
Die Klägerin war seit 1982 zunächst bei der Stadt C… als Krankenpflegerin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 12. Februar 1992 zwischen der Klägerin und der dem Kommunalen Arbeitgeberverband S… e.V. (KAV) angehörenden Stadt, in dem zur Eingruppierung die Vergütungsgruppe Kr… IV der Anlage 1b zum BAT-O angegeben war, heißt es in § 2:
“Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.”
Rz. 3
Die Beklagte, die im Jahre 1994 das Krankenhaus, in dem die Klägerin beschäftigt ist, übernommen hat, war bis zum 31. Dezember 2005 ebenfalls Mitglied im KAV.
Rz. 4
Am 17. Juli 2002 unterschrieben beide Parteien ein mit “Änderungsvertrag” überschriebenes Dokument, in dem verschiedene Möglichkeiten zur Vertragsänderung zum Ankreuzen und Ausfüllen vorformuliert waren. Die Parteien machten von einer dieser Möglichkeiten durch Ankreuzen und Lückenausfüllung wie folgt Gebrauch:
“In § 4 des Arbeitsvertrages werden mit Wirkung vom 24.06.2002 […] die Worte ‘Vergütungsgruppe Kr… IV’ durch die Worte ‘Vergütungsgruppe Kr… V’ ersetzt.”
Rz. 5
In einem gleichen Formular vereinbarten die Parteien am 26. September 2002 erneut eine der vorformulierten Möglichkeiten wie folgt:
“In § 4 des Arbeitsvertrages werden mit Wirkung vom 25.09.2002 […] die Worte ‘Vergütungsgruppe Kr… V’ durch die Worte ‘Vergütungsgruppe Kr… IV’ ersetzt.”
Rz. 6
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die Zahlung monatlicher Zulagen in Höhe von jeweils 33,43 Euro für den Zeitraum von August 2006 bis Mai 2007 nach dem zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft geschlossenen Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 1. August 2006 zu dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K) – vom 13. September 2005 (ÄndTV-BT-K). Dessen Anwendung ergebe sich aus der dynamischen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag, die jedenfalls nach Abschluss der Änderungsverträge vom 17. Juli und 26. September 2002 nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung auszulegen sei. Im Übrigen fehle dem nach der neueren Rechtsprechung des Senats gewährten Rückwirkungsschutz für Altverträge die rechtliche Grundlage.
Rz. 7
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 334,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 33,43 Euro seit dem 1. September 2006 sowie aus jeweils weiteren 33,43 Euro seit dem 1. Oktober 2006, dem 1. November 2006, dem 1. Dezember 2006, dem 1. Januar 2007, dem 1. Februar 2007, dem 1. März 2007, dem 1. April 2007, dem 1. Mai 2007 sowie dem 1. Juni 2007 zu zahlen.
Rz. 8
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es handele sich um einen Vertrag aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002, für den die Senatsrechtsprechung zu Altverträgen gelte. Die beiden Änderungsverträge beträfen lediglich die Vergütungsgruppe und hätten den Vertrag im Übrigen einschließlich der ursprünglich vereinbarten Verweisungsklausel unberührt gelassen.
Rz. 9
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen.
Rz. 11
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass es sich bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung handele, weshalb nach dem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite statische Tarifgeltung eintrete. Die beiden Änderungsverträge seien zwar nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden, berührten jedoch diese Gleichstellungsabrede nicht. In ihnen sei lediglich ein Punkt des bestehenden Arbeitsvertrages geregelt worden, nämlich die Eingruppierung. Es sei keinerlei Bezugnahme auf die anzuwendenden Tarifverträge, auf die vor dem 1. Januar 2002 vereinbarte Bezugnahmeklausel oder überhaupt auf den Arbeitsvertrag des Jahres 1992 enthalten.
Rz. 12
II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten tariflichen Zulage.
Rz. 13
1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung des ÄndTV-BT-K wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit. Bei Abschluss des ÄndTV-BT-K am 1. August 2006 war die Beklagte nicht mehr Mitglied im KAV.
Rz. 14
2. Die Anwendbarkeit des ÄndTV-BT-K folgt weder aus der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages vom 12. Februar 1992 noch iVm. den Änderungsverträgen vom 17. Juli 2002 und 26. September 2002. Das Landesarbeitsgericht hat diese Verweisungsklausel zu Recht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung ausgelegt. Da die Beklagte aufgrund ihres Austritts aus dem KAV zum 31. Dezember 2005 nicht an den ÄndTV-BT-K gebunden ist, wird dieser von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst.
Rz. 15
a) Der Arbeitsvertrag der Parteien sowie die Änderungsverträge sind Formularverträge. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 22. April 2009 – 4 AZR 100/08 – mwN).
Rz. 16
b) § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 12. Februar 1992 ist eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats.
Rz. 17
(1) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen (vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 881/07 – Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – Rn. 12 ff., BAGE 116, 326; 1. Dezember 2004 – 4 AZR 50/04 – Rn. 15 ff., BAGE 113, 40; 21. August 2002 – 4 AZR 263/01 – Rn. 16 ff., BAGE 102, 275, jew. mwN). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Austritts anzuwenden sind.
Rz. 18
(2) Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 26. August 2009 – 4 AZR 285/08 –).
Rz. 19
(3) Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 26. August 2009 ausführlich begründet hat, ergibt sich aus dem so gewährten Vertrauensschutz kein Widerspruch zu den Grundsätzen der Auslegung von Willenserklärungen und auch kein Wertungswiderspruch zu der Regelung in Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB. Tragfähige Vorbehalte dagegen ergeben sich des Weiteren nicht aus einer Verletzung der Grundrechte nach Art. 12 und 14 GG. Schließlich trifft das Argument der Revision nicht zu, Vertrauensschutz sei bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil es außerhalb des öffentlichen Dienstes keine gefestigte Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gegeben habe (vgl. BAG 26. August 2009 – 4 AZR 285/08 – zu II 3c der Gründe).
Rz. 20
(4) Der am 12. Februar 1992 geschlossene Arbeitsvertrag ist folglich nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Danach ist die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war. Bei der Regelung handelt es sich um eine typische Bezugnahmeklausel, die der Senat wiederholt als Gleichstellungsabrede ausgelegt hat (vgl. zB BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 881/07 – Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – Rn. 12 ff., BAGE 116, 326; 19. März 2003 – 4 AZR 331/02 – zu I 2c der Gründe, BAGE 105, 284).
Rz. 21
c) Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist auch nach Abschluss der Änderungsverträge vom 17. Juli 2002 und 26. September 2002 als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen. Hierdurch ist der ursprüngliche Arbeitsvertrag mit seiner Bezugnahmeklausel nicht zu einem Neuvertrag iSd. Senatsrechtsprechung geworden. Die Parteien haben die Bezugnahmeklausel nicht zum Gegenstand ihrer auf den Abschluss der Änderungsverträge gerichteten Willensbildung gemacht.
Rz. 22
(1) Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (“Neuverträge”), wendet der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht an. Die Auslegung von Verweisungsklauseln in diesen Arbeitsverträgen hat sich in erster Linie an deren Wortlaut zu orientieren. Soweit ein Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele verfolgt, können diese danach nur in die Auslegung eingehen, wenn sie für den anderen Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird – “unbedingte zeitdynamische Verweisung” – (BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – Rn. 26, 28; BAGE 122, 74).
Rz. 23
(2) Bei Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (“Altverträge”), kommt es bei einer Vertragsänderung nach dem 1. Januar 2002 für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist.
Rz. 24
(a) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind aber auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (st. Rspr., ua. BAG 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07 – Rn. 14 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39). Vorformulierte Arbeitsvertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 4. Juni 2008 – 4 AZR 308/07 – Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 64).
Rz. 25
(b) Diese Grundsätze gelten auch für arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln im Rahmen von Vertragsänderungen. Nur wenn die jeweilige Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist, ist sie von der Vertragsänderung erfasst. Ob dazu ein pauschaler Verweis auf den Altvertrag ausreicht, kann offenbleiben. Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass “alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben” (vgl. für die Bewertung dieses Regelungsbeispiels BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines “Altvertrages” und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.
Rz. 26
(3) Danach sind die von den Parteien im Jahr 2002 vereinbarten Änderungen im Hinblick auf die bestehende arbeitsvertragliche Verweisungsklausel keine Neuvertragsabschlüsse. Diese Änderungen beinhalten keinerlei ausdrücklichen noch sonst sich erschließenden Abänderungs- oder Neufassungsgehalt hinsichtlich der bestehenden vertraglichen Bezugnahmeklausel. Einziger Änderungsgegenstand ist jeweils die – wegen der Tarifautomatik des in Bezug genommenen Tarifwerks ohnehin nur deklaratorisch zu verstehende – Vergütungsgruppenzuordnung in § 2 des Vertrages. Alle übrigen Haupt- und Nebenleistungspflichten bleiben unerwähnt. Der Inhalt der bestehenden Vertragsbeziehung wird nicht erneut zum Inhalt der Vereinbarung.
Rz. 27
(4) Dagegen trägt der Einwand der Klägerin nicht, durch Verwendung des Änderungsformulars für unter den BAT/BAT-O fallende Angestellte sei im Jahre 2002 eine dynamische arbeitsvertragliche Verweisungsklausel vereinbart worden. Dies folgt weder aus dem einleitenden Text – “in Abänderung des Arbeitsvertrages vom […] wird folgendes vereinbart” –, noch aus dem Fußnotentext zur Überschrift – “Anzuwenden für Angestellte, die unter den BAT/BAT-O […] fallen und für die entsprechende Arbeitsvertragsformulare für Angestellte verwendet wurden” –. Abgesehen davon, dass mit “in Abänderung des Arbeitsvertrages vom” nicht der Vertrag vom 12. Februar 1992 genannt wird, sondern zwei Arbeitsverträge aus den Jahren 1982 und 1991, zu denen das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen hat, wird dadurch lediglich eine Verknüpfung zum ursprünglichen Arbeitsvertrag hergestellt, ohne dessen Inhalt in die rechtsgeschäftliche Willensbildung einzubeziehen. Der Fußnotentext ist lediglich ein Gebrauchshinweis für Formularverwender und hat keinerlei rechtsgeschäftliche Qualität. Sonstige Umstände, die für eine abweichende Auslegung sprechen könnten, sind nicht erkennbar.
Rz. 28
d) Durch § 2 des Arbeitsvertrages, auch iVm. den Änderungsverträgen vom 17. Juli 2002 und 26. September 2002, wird die Klägerin daher, was Ansprüche aus dem in Bezug genommenen Tarifvertrag angeht, nur so gestellt wie an diesen Tarifvertrag gebundene Arbeitnehmer. Diese können aber nach dem Austritt der Beklagten aus dem KAV zum 31. Dezember 2005 mangels Tarifgebundenheit der Beklagten an den ÄndTV-BT-K aus diesem keine Ansprüche herleiten.
Rz. 29
III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Bepler, Treber, Winter, Schmalz, Rupprecht
Fundstellen
Haufe-Index 2283995 |
BAGE 2011, 261 |
BB 2010, 308 |
DB 2010, 396 |