Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Vorrang der SR 2a MTA vor Art. 1 § 1 BeschFG 1985
Leitsatz (redaktionell)
Vorrang der SR 2a MTA vor Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985; ergänzende Vertragsauslegung bei Nichteinigung der Arbeitsvertragsparteien über die nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA zu vereinbarende tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1; BGB §§ 620, 133, 157; Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der SR 2a
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 22.12.1988; Aktenzeichen 17 Sa 818/88) |
ArbG Bocholt (Urteil vom 11.03.1988; Aktenzeichen 2 Ca 1913/87) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Dezember 1988 – 17 Sa 818/88 – insoweit aufgehoben, als über den Feststellungsantrag und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist.
Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten sich darüber, ob das zuletzt zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis über den 30. November 1987 hinaus unbefristet fortbesteht.
Der im Jahre 1958 geborene Kläger ist Groß- und Außenhandelskaufmann. In diesem Beruf war er zunächst bis zum 31. März 1982 tätig. Danach war er bis zum 2. Oktober 1983 erstmals arbeitslos gemeldet.
Vom 3. Oktober 1983 bis zum 14. Mai 1984 stand der Kläger zum ersten Mal in einem befristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten und war dabei beim Arbeitsamt in Coesfeld eingesetzt. Danach war der Kläger vorübergehend vom 16. Mai 1984 bis zum 31. Dezember 1984 bei einer Privatfirma im erlernten Beruf tätig und danach bis zum 3. März 1985 wieder arbeitslos gemeldet. Vom 4. März bis 31. Dezember 1985 befand sich dann der Kläger in einem zweiten befristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten, wobei er wiederum beim Arbeitsamt C. beschäftigt war. Im Dezember 1985 wurde der Kläger Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV). Nachdem der Kläger zunächst vom 1. Januar bis 31. Mai 1986 erneut arbeitslos war, nahm er zum 1. Juni 1986 ein drittes Arbeitsverhältnis zur Beklagten beim Arbeitsamt C. auf.
In diesem dem dritten Arbeitsverhältnis der Parteien zugrunde liegenden schriftlichen Arbeitsvertrag vom 2. Juni 1986 ist unter § 1 aufgenommen, daß der Kläger ab dem 1. Juni 1986 als vollbeschäftigter Angestellter gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) als Zeitangestellter für die Zeit bis zum 30. November 1987 eingestellt wird. Nach § 4 des Vertrages ist der Kläger in die Vergütungsgruppe VII MTA eingruppiert. In § 2 des Vertrages heißt es:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der BA vom 21. April 1961 (MTA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung; die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2a gilt nicht. Außerdem finden die für die BA jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.”
Die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA hat folgenden Wortlaut:
„Zeitangestellte dürfen nur eingestellt werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen.”
Der Kläger wurde beim Arbeitsamt C. in der Leistungsabteilung auf einer Leistungsstelle für Winterbauförderung/Kurzarbeitergeld/Vorruhestandsgeld (WF/Kug/VOG) als Hilfsbearbeiter eingesetzt. Der letzten befristeten Einstellung des Klägers lag nach der Behauptung der Beklagten der folgende Sachverhalt zugrunde: Die bisher als Bearbeiter in der Leistungsstelle für WF/Kug/VOG des Arbeitsamtes C. tätigen Mitarbeiter R. und B. nahmen ab dem 1. April 1986 bzw. 23. Juni 1986 an einem neunmonatigen Fortbildungslehrgang der Beklagten zum Sachbearbeiter teil. Nach erfolgreichem Abschluß eines solchen Lehrganges wird den Teilnehmern der höherwertige Dienstposten eines Sachbearbeiters übertragen, und zwar zunächst für sechs Monate auf Probe. Nach Bewährung als Sachbearbeiter erfolgt die Übertragung dieser Tätigkeit auf Dauer.
Der bisher als Hilfsbearbeiter in der Leistungsstelle für WF/Kug/VOG beim Arbeitsamt C. eingesetzte Mitarbeiter Be. wurde bis zum 6. November 1987 mit der Vertretung der Mitarbeiter R. bzw. B. beauftragt. Nachdem zunächst dem Mitarbeiter R. zum 15. Juni 1987 und danach dem Mitarbeiter B. zum 6. Oktober 1987 nach erfolgreichem Abschluß des Lehrgangs und Bewährung die Tätigkeiten eines Sachbearbeiters auf Dauer beim Arbeitsamt C. übertragen worden waren, wurde die Vertretungsbeauftragung des Mitarbeiters Be. am 6. November 1987 von der Beklagten widerrufen. Seitdem ist der Beschäftigte Be. wieder als Hilfsbearbeiter der Leistungsstelle für WF/Kug/VOG beim Arbeitsamt C. eingesetzt. Die von den Mitarbeitern R. und B. vor ihrer Lehrgangsteilnahme innegehabten Bearbeiterstellen wurden anderweitig besetzt.
Zur Erledigung der Hilfsbearbeiteraufgaben des Beschäftigten Be. während seiner Vertretung der Bearbeiter R. und B. wurde der Kläger von der Beklagten eingestellt. Dabei ist unstreitig, daß der aufgezeigte Hintergrund seiner befristeten Einstellung dem Kläger seitens der Beklagten anläßlich des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 nicht aufgezeigt wurde.
Mit der am 16. November 1987 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der mit ihm vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 1987 geltend gemacht. Außerdem hat er seine Weiterbeschäftigung durch die Beklagte über den 30. November 1987 hinaus begehrt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er stehe bei der Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, da nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA eine Befristung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte nur aus den dort genannten Gründen zulässig sei. Derartige Gründe hätten jedoch bei Vertragsabschluß nicht vorgelegen. Zwar sei die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA in § 2 seines Arbeitsvertrages ausgeschlossen. Dieses sei aber unerheblich, da diese tarifliche Regelung aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der ÖTV kraft zwingender Tarifbindung auf sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten anzuwenden sei. Soweit Art. 1 § 1 BeschFG 1985 bei einer Neueinstellung wie bei ihm eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zu 18 Monaten zulasse, gehe die tarifliche Regelung in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA vor, da sie für ihn günstiger sei.
Insoweit die Beklagte nunmehr die Vertretung des Hilfsbearbeiters Be. als sachlichen Grund für die Befristung seines Arbeitsverhältnisses nachschiebe, sei sie hieran schon nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA gehindert. Stehe er aber in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten, sei diese verpflichtet, ihn zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß zwischen den Parteien aufgrund des Arbeitsvertrages vom 2. Juni 986 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestellt und die Beklagte verpflichtet ist, ihn über den 30. November 1987 hinaus unbefristet weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA stelle keine eigenständige Tarifnorm dar. Sie wiederhole nur in deklaratorischer Weise die geltende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge. Deswegen sei es zulässig gewesen, den Kläger nach der Regelung für Neueinstellungen in Art. 1 § 1 BeschFG 1985 befristet für die Zeit vom 1. Juni 1986 bis zum 30. November 1987 einzustellen.
Aber selbst wenn es sich bei der Regelung in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA um eine eigenständige Tarifnorm handeln sollte, sei dieser dadurch genügt, daß der Kläger nach Art. 1 § 1 BeschFG 1985 befristet eingestellt worden sei. Denn dort sei gesetzlich als Sachgrund für den Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses die „Beschäftigungsförderung” anerkannt worden. Schließlich sei die Befristung des letzten Arbeitsverhältnisses zum Kläger auch wegen der Vertretung ihres Mitarbeiters Be. sachlich gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Weiterbeschäftigungsantrag auf gerichtlichen Hinweis mit Zustimmung der Beklagten dahin richtiggestellt, daß er beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Seit dem 5. Mai 1988 wird der Kläger in der Leistungsabteilung des Arbeitsamts C. von der Beklagten weiterbeschäftigt.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, den Kläger bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das Landesarbeitsgericht über den Feststellungsantrag entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung war der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Vertretungsgründen wirksam bis zum 30. November 1987 befristet worden ist.
I. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 1987 sei aus tarifrechtlichen Gründen unwirksam, da die Beklagte weder Gründe in der Person noch sachliche Gründe i. S. der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA vorgetragen habe und es ihr nach Nr. 2 SR 2a MTA verwehrt sei, die Befristung auf die von ihr dargelegten Vertretungsgesichtspunkte zu stützen. Dem Senat ist allerdings eine abschließende Entscheidung verwehrt, denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen zu der Frage, ob und gegebenenfalls welche tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses die Parteien vereinbart haben.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ausgangspunkt darin zu folgen, daß im Streitfall nur der letzte Arbeitsvertrag einer gerichtlichen Befristungskontrolle unterliegt. Dies entspricht der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. grundlegend das Urteil des Senats vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73, 78 ff. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; BAGE 51, 319, 323 f. = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I der Gründe). Danach kommt es für die Frage, ob die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist, grundsätzlich nur auf den zwischen den Parteien zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag an. Denn wollen die Arbeitsvertragsparteien im Anschluß an einen befristeten Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis noch für eine bestimmte Zeit fortsetzen und schließen sie deshalb vorbehaltlos einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag ab, so bringen sie damit jedenfalls regelmäßig zum Ausdruck, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangenen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses aufrechterhalten wollten. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen einander aus. Der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages neben einem schon bestehenden unbefristeten Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann Sinn, wenn die Vertragsparteien über die Wirksamkeit der Befristung des früheren Vertrages im Zweifel sind und sie infolgedessen den weiteren befristeten Vertrag nur für den Fall abschließen, daß sie nicht bereits aufgrund des vorangegangen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Fehlt es – wie hier – an einem solchen Vorbehalt, so tritt der neu abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag an die Stelle eines früheren unbefristeten Arbeitsvertrages.
2. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zu Recht angenommen, daß der im Arbeitsvertrag vom 2. Juni 1986 enthaltene Ausschluß der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Sonderregelungen der Anlage 2a des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) unwirksam ist. Diese Protokollnotiz, bei der es sich um eine tarifvertragliche Abschlußnorm handelt, gilt im Streitfall wegen der beiderseitigen Tarifgebundenheit der Parteien bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daß es sich trotz der bis zum 31. Dezember 1985 vereinbarten Befristung des zweiten Arbeitsverhältnisses bei dem Abschluß des dritten Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 mangels Vorliegens eines engen sachlichen Zusammenhanges um eine „Neueinstellung” i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1985 gehandelt hat, gelangt die gesetzliche Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 im Streitfall nicht zur Anwendung, denn die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA stellt gegenüber der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 für den Arbeitnehmer eine günstigere Tarifnorm dar, weil sie die Zulässigkeit befristeter und deshalb vom zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzrecht ausgenommener Arbeitsverträge von strengeren Voraussetzungen abhängig macht als das Gesetz.
a) Der Senat hat im Urteil vom 15. März 1989 (– 7 AZR 449/88 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) im Anschluß an die Senatsentscheidung vom 25. September 1987 (BAGE 56, 155 = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985) entschieden, daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA als für den Arbeitnehmer günstigere Tarifnorm der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 vorgeht. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest. Dies gilt ebenso für die Qualifikation dieser Protokollnotiz als eigenständige tarifvertragliche Abschlußnorm i. S. des § 4 Abs. 1 TVG (Senatsurteil vom 15. März 1989, a.a.O., unter II 2 der Gründe). Bei fehlender Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages können daher die Arbeitsvertragsparteien wirksam die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA ausschließen.
b) Die inhaltliche Kollision der hier streitigen Protokollnotiz mit der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 hat das Landesarbeitsgericht zutreffend mittels eines normativen Günstigkeitsvergleiches gelöst.
Vergleicht man den objektiven Regelungsgehalt des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 mit dem Inhalt der hier streitigen Protokollnotiz, so ergibt sich, daß die tarifliche Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist als die gesetzliche. Die gesetzliche Regelung läßt in dem dort festgelegten Rahmen befristete und damit nicht bestandsgeschützte Arbeitsverhältnisse zu, ohne daß ein sachlicher Grund für die Befristung vorzuliegen braucht, während die Tarifnorm die Wirksamkeit der Befristung vom Vorliegen eines sachlichen oder eines in der Person des Angestellten liegenden Grundes abhängig macht. Die hier streitige Protokollnotiz stellt somit für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge strengere Voraussetzungen auf als das Gesetz, indem sie dem Arbeitnehmer einen größeren Schutz für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses bietet.
c) Wegen der bei Abschluß des Arbeitsvertrages (2. Juni 1986) bestehenden beiderseitigen Tarifbindung konnten die Parteien die für den Kläger gegenüber Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 günstigere Befristungsregelung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA einzelvertraglich nicht wirksam ausschließen (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Der in § 2 des Arbeitsvertrages enthaltene Ausschluß der hier streitigen Protokollnotiz ist daher unwirksam.
3. Soweit das Landesarbeitsgericht weiterhin angenommen hat, der Beklagten sei es im Hinblick darauf, daß der Kläger gemäß § 1 des Arbeitsvertrages als „Zeitangestellter” eingestellt worden sei, nach Nr. 2 SR 2a MTA verwehrt, sich zur sachlichen Rechtfertigung auf die von ihr geltend gemachten Vertretungsgründe zu berufen, kann dem nicht gefolgt werden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne nähere Begründung angenommen, daß die in § 1 des Arbeitsvertrages enthaltene Formulierung, nach der der Kläger „als vollbeschäftigter Angestellter gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) als Zeitangestellter für die Zeit bis zum 30. November 1987 beim Arbeitsamt C. eingestellt” wird, dahin zu verstehen sei, daß damit die Arbeitsvertragsparteien die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsvertrages i. S. der Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA festgelegt hätten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Regelung in § 1 des Arbeitsvertrages um eine typische oder untypische Klausel handelt. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß hier eine untypische Regelung vorliegt, darf das Revisionsgericht auch bei untypischen Willenserklärungen die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung jedenfalls dann selbst vornehmen, wenn es um die Auslegung einer Vertragsurkunde geht und besondere Umstände des Einzelfalls, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, ausscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteile vom 9. März 1972 – 5 AZR 246/71 – AP Nr. 12 zu § 622 BGB, zu 2 der Gründe und vom 26. März 1986, BAGE 51, 319, 327 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 3 b der Gründe).
b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, zwischen den Parteien sei unstreitig, daß die Beklagte den Kläger bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 nicht auf die von ihr zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung vorgebrachten Vertretungsgründe hingewiesen hat. An diese Tatsachenfeststellung ist der Senat mangels Verfahrensrügen gebunden (§ 561 Abs. 1 ZPO).
Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es weder aus tarifrechtlichen noch aus Gründen des staatlichen Rechts einer Einigung der Parteien über einen bestimmten Befristungsgrund.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 8. Dezember 1988 – 2 AZR 308/88 – (AP Nr. 6 zu § 1 BeschFG 1985, unter 2 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) klargestellt, daß es bei einer Zeitbefristung (im Unterschied zur Zweckbefristung), soweit nicht tarifvertragliche Formvorschriften dies erfordern, weder einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über den Befristungsgrund noch eines entsprechenden Hinweises seitens des Arbeitgebers bedarf (ebenso KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 151 m.w.N.). Das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist eine objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses (ständige Rechtsprechung seit BAGE GS 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C der Gründe). Befristungen des Arbeitsverhältnisses sind unzulässig, wenn sie als Gestaltungsmittel objektiv funktionswidrig verwendet werden. Das ist anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer der durch die Kündigungsbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund entzogen wird.
Soweit der Senat in dem Urteil vom 30. September 1981 (BAGE 36, 229, 234 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter 5 der Gründe) für den Fall eines befristeten Probearbeitsverhältnisses ausnahmsweise eine Einigung der Parteien über den Sachgrund der Erprobung gefordert hat, hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
c) Auch aus tarifrechtlichen Gründen bedurfte es im Streitfall bei Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages (2. Juni 1986) weder eines Hinweises der Beklagten auf bestimmte Befristungsgründe noch einer Einigung der Parteien über die Maßgeblichkeit bestimmter Befristungsgründe. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA ist im Arbeitsvertrag lediglich die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, und zwar in der Weise, daß anzugeben ist, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Welche Ausdrucksweise dabei zu verwenden ist, ist nicht vorgeschrieben. Die Regelung in § 1 des Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986, nach der der Kläger „gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 als Zeitangestellter für die Zeit bis zum 30. November 1987” eingestellt wird, läßt sich nicht dahin verstehen, daß die Arbeitsvertragsparteien damit die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses i. S. der Festlegung des in Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA geregelten Grundtyps vereinbaren wollten. Für das Fehlen einer Einigung über den tarifvertraglichen Grundtyp des befristeten Arbeitsverhältnisses spricht, daß in § 1 des Arbeitsvertrages der tarifvertragliche Begriff des „Zeitangestellten” nicht unter Bezugnahme auf entsprechende Regelungen in Nr. 1 Buchst. a bzw. in Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 SR 2a MTA verwendet wird. Die Formulierung, nach der der Kläger „gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 als Zeitangestellter” eingestellt wird, deutet vielmehr darauf hin, daß die Arbeitsvertragsparteien den Begriff „Zeitangestellter” i. S. des allgemeinen Sprachgebrauchs und nicht im tarifvertraglichen Sinne benutzen wollten. Den Hinweis auf die gesetzliche Befristungsregelung konnte der Kläger nur dahin verstehen, daß die Beklagte ihn nicht unbefristet, sondern im Rahmen eines nach Maßgabe des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigen wollte.
Daß die Arbeitsvertragsparteien den Begriff des „Zeitangestellten” nicht im tarifvertraglichen Sinne verstanden haben, ergibt sich weiterhin daraus, daß sie in § 2 des Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 die Geltung der entsprechenden Protokollnotiz (Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA) ausgeschlossen haben. Der – wegen beiderseitiger Tarifbindung zwar unwirksame – Ausschluß der mit der Nr. 1 Buchst. a SR 2a MTA im systematischen Zusammenhang stehenden Protokollnotiz spricht für die Annahme, daß die Parteien die tarifvertraglich gebotene Festlegung des Grundtyps des befristeten Arbeitsverhältnisses für entbehrlich gehalten haben. Ansonsten wäre es nicht zu verstehen, wieso die Parteien gerade diejenige tarifvertragliche Regelung, für die eine Festlegung des tarifvertraglichen Grundtyps des befristeten Arbeitsverhältnisses von Bedeutung ist, nämlich die für „Zeitangestellte” geltende Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA in § 2 des Arbeitsvertrages ausgeschlossen haben.
d) Haben sich die Parteien somit nicht über die nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA erforderliche Angabe der tarifvertraglichen Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses geeinigt, liegt eine Vertragslücke vor. Im Streitfall sind die Parteien offensichtlich davon ausgegangen, daß es wegen der Bezugnahme auf Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 und wegen des – allerdings unwirksamen – Ausschlusses der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA nicht erforderlich war, sich über die maßgebliche Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses i. S. der Nr. 2 Abs. 1 SR 2a MTA zu einigen.
Die Lücke in einem Vertrag, die durch die Unwirksamkeit einer Klausel entsteht, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden (BGH Urteil vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83 – BGHZ 90, 69, 74; BGH Urteil vom 30. Oktober 1974 – VIII ZR 69/73 – BGHZ 63, 132, 136; BAG Urteil vom 8. November 1972 – 4 AZR 15/72 – AP Nr. 3 zu § 157 BGB; BAG Urteil vom 16. November 1979 – 2 AZR 1052/77 – AP Nr. 1 zu § 154 BGB). Die ergänzende Vertragsauslegung geht der von der Revision befürworteten Anwendung der Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage vor (BGHZ 90, 69, 74; BGHZ 81, 135, 143; Larenz. Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl., § 29 I S. 545; Ulmer, BB 1982, 1125, 1130). Die mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung ermöglichte Durchführung des Regelungsplanes der Vertragsparteien hat Vorrang vor einer bei Wegfall der Geschäftsgrundlage unter Umständen notwendigen Korrektur der vertraglichen Abreden.
Eine ergänzende Vertragsauslegung führt im Streitfall zu dem Ergebnis, daß die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit des vertraglichen Ausschlusses der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2a MTA sich über die Begründung eines befristeten Aushilfsarbeitsverhältnisses i. S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2a MTA geeinigt hätten. Für eine derartige Annahme spricht, daß sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung von vornherein nur auf Vertretungsgründe berufen hat. Mit sonstigen Befristungsgründen, die einer anderen tarifvertraglichen Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses zuzuordnen sind, ist die Beklagte daher aus tariflichen Gründen ausgeschlossen.
II. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus den von der Beklagten vorgebrachten Vertretungsgesichtspunkten sachlich gerechtfertigt ist. Da hierzu noch entsprechende Tatsachenfeststellungen notwendig sind, bedurfte es insoweit einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Da nicht abzusehen ist, zu welchen Tatsachenfeststellungen das Berufungsgericht gelangen wird, sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.
III. Der Kläger ist jedenfalls für die Dauer des weiteren Berufungsverfahrens weiterzubeschäftigen, da in der ersten Instanz das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30. November 1987 hinaus festgestellt worden ist und besondere Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers ergeben könnte, nicht ersichtlich sind.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Becker, Breier, Straub
Fundstellen