Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Hochschule. Rückwirkung
Leitsatz (amtlich)
Die zeitliche Rückerstreckung der §§ 57a ff. HRG durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 27. Dezember 2004 (HdaVÄndG) auf die in der Zeit zwischen dem 23. Februar 2002 bis 27. Juli 2004 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen ist verfassungsgemäß.
Orientierungssatz
- Der Bundesgesetzgeber hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12, Art. 72 Abs. 2 GG die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung des Zeitvertragsrechts des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen.
- Das 6. HRGÄndG bedurfte nicht wegen der dort zunächst enthaltenen obligatorischen Einführung der Studierendenschaft (§ 41 HRG) der Zustimmung des Bundesrats nach Art. 84 Abs. 1 GG. § 41 HRG idF des 6. HRGÄndG enthielt kein unmittelbar dem Verwaltungsvollzug der Länder zugängliches Recht.
- § 57f Abs. 2 HRG idF des 6. HRGÄndG ermöglichte bis zum 28. Februar 2005 den sachgrundlosen Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen mit dem bereits vor In-Kraft-Treten der §§ 57a ff. HRG idF des 5. HRGÄndG an den Hochschulen beschäftigten Personenkreis, bei dem die Höchstbefristungsdauer nach den §§ 57a ff. HRG idF des 5. HRGÄndG durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen in der Vergangenheit bereits ausgeschöpft war.
- Die zeitliche Rückerstreckung der §§ 57a ff. HRG durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) auf die in der Zeit zwischen dem 23. Februar 2002 bis 27. Juli 2004 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen verstößt nicht gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Gebot des Vertrauensschutzes. Das HdaVÄndG stellt nur die Rechtslage wieder her, von der die Parteien beim Abschluss des Arbeitsvertrags in diesem Zeitraum ausgehen mussten.
- § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG idF des 6. HRGÄndG genügt wegen der dort enthaltenen Höchstbefristungsdauer den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG vom 28. Juni 1999.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12, Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, Art. 84 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 2005 – 1 Sa 777/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine auf das Hochschulrahmengesetz gestützte Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger, ein seit 1989 promovierter und seit 1997 habilitierter Mathematiker, war bei dem beklagten Land an der Universität in Kaiserslautern zunächst vom 1. April 1987 bis zum 31. März 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und danach als wissenschaftlicher Assistent unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit beschäftigt. Seit dem 1. April 1997 wurde der Kläger als Zeitangestellter auf Grundlage des Vertrags vom 7. März 1997 im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt, für die die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrags vereinbart war. Die zuletzt vereinbarten Befristungen betrafen den Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. März 2003 und vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004.
Der letzte, von den Parteien unter dem 5. Februar 2003 unterzeichnete Arbeitsvertrag lautete auszugsweise wie folgt:
Ҥ 1
Das Arbeitsverhältnis des Angestellten als wissenschaftlicher Mitarbeiter i.S.d. § 53 Abs. 1 UG wird bis zum 31.03.2004 befristet verlängert.
§ 2
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses bestimmt sich nach den Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes.”
Mit der am 31. März 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Er hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, er sei kein wissenschaftlicher Mitarbeiter, so dass alle Befristungen seit 1997 unwirksam seien. Die letzte Befristung könne nicht auf § 57f Abs. 2 HRG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) gestützt werden, weil er bei Abschluss des Vertrags in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden habe. Bereits die vorletzte Befristung sei unwirksam gewesen. In der zweiten Instanz hat der Kläger zusätzlich gemeint, das beklagte Land könne sich auf die Bestimmungen der §§ 57a ff. HRG idF des 5. und 6. HRGÄndG nicht mehr berufen, da diese nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 nichtig seien.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung vom 5. Februar 2003 beendet worden ist.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Befristung nach § 57b HRG iVm. § 57f HRG idF des 5. und 6. HRGÄndG für wirksam gehalten. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Befristung sei auf Grund der rückwirkenden Inkraftsetzung der Befristungsbestimmungen des HRG im Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) vom 27. Dezember 2004 nach diesen Vorschriften wirksam.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter, während das beklagte Land die Zurückweisung der Revision beantragt. Der Kläger vertieft sein Vorbringen und meint, die Befristung des letzten Arbeitsvertrags habe nicht auf § 57f Abs. 2 HRG idF des 6. HRGÄndG gestützt werden können, da die Vorschrift voraussetze, dass das Arbeitsverhältnis nach den §§ 57a ff. HRG in der bis zum 23. Februar 2002 geltenden Fassung noch hätte befristet werden können. Daneben könne § 57f Abs. 2 HRG idF des 6. HRGÄndG die Befristung nicht rechtfertigen, da diese Norm wegen der fehlenden Zustimmung des Bundesrats verfassungswidrig sei. Die rückwirkende Änderung der §§ 57a ff. HRG durch das HdaVÄndG sei wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot unzulässig. Schließlich genüge § 57f Abs. 2 HRG nicht den Anforderungen der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage gegen die im letzten Arbeitsvertrag vom 5. Februar 2003 vereinbarte Befristung zum 31. März 2004 zu Recht abgewiesen. Die Befristung ist nach § 57a Abs. 1 Satz 1, § 57b Abs. 1, § 57f Abs. 1 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes idF des HdaVÄndG vom 27. Dezember 2004 (HRG nF) iVm. § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG idF des 6. HRGÄndG vom 8. August 2002 (HRG Zwischenfassung II [ZF II]) gerechtfertigt. Zwar lagen die hochschulrahmenrechtlichen Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vor. Die §§ 57a ff. HRG idF des 5. HRGÄndG (HRG Zwischenfassung I [ZF I]), auf die § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II Bezug nimmt, waren nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 nichtig (– 2 BvF 2/02 – BVerfGE 111, 226, 246, 270, 273). Das HdaVÄndG hat die §§ 57a ff. HRG idF des 5. HRGÄndG aber rückwirkend wieder in Kraft gesetzt. Hierdurch ist nachträglich die hochschulrahmenrechtliche Rechtsgrundlage für die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien geschaffen worden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der die Befristung tragenden Normen bestehen nicht. Der Bund hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz für das Zeitvertragsrecht des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das 6. HRGÄndG bedurfte nicht nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrats, da es kein unmittelbar dem Verwaltungsvollzug der Länder zugängliches Recht enthielt. Die zeitliche Rückerstreckung der §§ 57a ff. HRG nF auf die in der Zeit zwischen dem 23. Februar 2002 bis 27. Juli 2004 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen verstößt nicht gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Gebot des Vertrauensschutzes. Das HdaVÄndG stellt nur die Rechtslage wieder her, von der beide Parteien beim Abschluss des Arbeitsvertrags am 5. Februar 2003 ausgehen mussten. § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II genügt schließlich den für die Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen geltenden gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass nur die im letzten Arbeitsvertrag vom 5. Februar 2003 vereinbarte Befristung der gerichtlichen Befristungskontrolle unterliegt. Dies wird von dem Kläger in der Revisionsinstanz nicht mehr in Zweifel gezogen.
II. Die von den Parteien im Vertrag vom 5. Februar 2003 für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 vereinbarte Befristung bedurfte keines sachlichen Grundes. Sie ist nach § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II iVm. § 57a Abs. 1 Satz 1, § 57b Abs. 1 HRG nF gerechtfertigt.
1. Nach § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II war der Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitern, die bereits vor dem 23. Februar 2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis ua. zu einer Hochschule standen, mit einer Laufzeit bis zum 28. Februar 2005 zulässig, selbst wenn die Befristungshöchstdauer nach § 57b Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG nF bereits durch Vorbeschäftigungen mit Sachgrund ausgeschöpft war. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Nach § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF sind die §§ 57a ff. HRG nF auf den unter dem 5. Februar 2003 abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag anzuwenden. Der Kläger war nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wissenschaftlicher Mitarbeiter iSd. § 57a Abs. 1 Satz 1 HRG nF an einer Hochschule und stand als solcher seit dem 1. April 1997 durchgängig in einem befristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Zwar durfte der seit 1989 promovierte Kläger nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG nF nur bis zu einer Dauer von 6 Jahren im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden. Die mit Wirkung zum 15. August 2002 in das HRG eingefügte Übergangsregelung des § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II ermöglichte aber bis zum 28. Februar 2005 den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auch über die 6-jährige Befristungshöchstdauer des § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG nF hinaus.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II nicht dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift lediglich befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal ermöglichte, deren Arbeitsverhältnisse bei einer Fortgeltung des HRG aF nach dem 23. Februar 2002 noch befristet werden konnten.
Eine solche Einschränkung enthält der Wortlaut des § 57f Abs. 2 HRG ZF II nicht. Sie ist auch mit dem Charakter der Bestimmung als Übergangsvorschrift zur Erleichterung des Übergangs von dem sachgrundorientierten Zeitvertragsrecht des HRG aF auf das nach Zeitdauer begrenzte Befristungsrecht des HRG ZF I nicht zu vereinbaren. Durch § 57f Abs. 2 HRG ZF II sollte der Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen mit dem bereits vor In-Kraft-Treten der §§ 57a ff. HRG ZF I an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen beschäftigten Personenkreis, bei dem die Höchstbefristungsdauer nach den §§ 57a ff. HRG ZF I durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen in der Vergangenheit bereits ausgeschöpft war, bis zum 23. Februar 2005 ohne Sachgrund ermöglicht werden. Der Gesetzgeber ging zunächst bei In-Kraft-Treten des 5. HRGÄndG von der Möglichkeit aus, dass Arbeitsverträge mit dem bereits beschäftigten wissenschaftlichen Personal zum Zweck der Beendigung ihrer laufenden wissenschaftlichen Qualifikation, zur Durchführung von Forschungsprojekten oder in der Bewerbungsphase auf eine Professur nach den Vorschriften des TzBfG befristet werden konnten. Da im TzBfG Sachgründe nur beispielhaft und abstrakt genannt werden und wegen seines In-Kraft-Tretens zum 1. Januar 2001 noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu vorlag, bestand nach der Einschätzung des Gesetzgebers bei den betroffenen Wissenschaftlern und zum Teil bei den Personalverantwortlichen in den Hochschulen eine Rechtsunsicherheit über die Tragfähigkeit der in Betracht kommenden Befristungsgründe. Nach der Begründung des erst in den Ausschussberatungen zum 6. HRGÄndG eingefügten § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II sollte wegen dieser Rechtsunsicherheit ausdrücklich klargestellt werden, dass wissenschaftliches Personal, das seine Tätigkeit im zeitlichen Geltungsbereich des HRG aF aufgenommen hatte und dessen Befristungshöchstdauer nach dem neuen Zeitvertragsrecht bereits ausgeschöpft war, noch bis zum 28. Februar 2005 befristet beschäftigt werden konnte, um den Übergang vom alten auf das neue Befristungsrecht für alle Beteiligten zu erleichtern (BT-Drucks. 14/8878 S. 8).
3. Schließlich ist auch das Zitiergebot des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG nF eingehalten. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des HRG beruht. Diese Anforderungen erfüllt der Hinweis auf die “Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes” in § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. Februar 2003. Eine Zitierung der einzelnen Befristungsnormen ist nicht erforderlich.
III. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der die Befristung tragenden Vorschriften bestehen nicht. Die §§ 57a bis 57f HRG nF, § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II sind nicht verfassungswidrig. Das Zeitvertragsrecht des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen wird von dem Recht des Bundesgesetzgebers zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts umfasst (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG iVm. Art. 72 Abs. 2 GG). Das 6. HRGÄndG bedurfte nicht nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrats, da es keine unmittelbar geltende Regelung über die Einrichtung von Behörden getroffen hat. Die in § 57f Abs. 1 Satz 1 und 3 HRG nF enthaltene Erstreckung der §§ 57a ff. HRG nF auf die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 26. Juli 2004 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge stellt keine mit Art. 12 Abs. 1 GG iVm. mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbare Rückwirkung dar.
1. Der Bundesgesetzgeber hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung des Zeitvertragsrechts des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen. Auch die sich aus Art. 72 Abs. 2 GG für die konkurrierende Gesetzgebung ergebenden Anforderungen an das Gesetzgebungsrecht des Bundes sind erfüllt.
a) Nach der ständigen Rechtssprechung des Senats folgte die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der Vorschriften der §§ 57a ff. HRG aF aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (28. Januar 1998 – 7 AZR 677/96 – BAGE 87, 362 = AP HRG § 57a Nr. 3 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 15, zu II 5 der Gründe; 14. Februar 1996 – 7 AZR 613/95 – BAGE 82, 173 = AP HRG § 57c Nr. 4 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 4, zu I 2 der Gründe; 30. März 1994 – 7 AZR 229/93 – BAGE 76, 204 = AP HRG § 57a Nr. 1 = EzA BGB § 620 Nr. 124, zu III 1 der Gründe). An dieser Auffassung, von der bisher auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen ist (vgl. 24. April 1996 – 1 BvR 712/86 – BVerfGE 94, 268, 284 = AP HRG § 57a Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 61), hält der Senat für die im Streitfall zu beurteilende Neuregelung der §§ 57a ff. HRG durch das 6. HRGÄndG und das HdaVÄndG fest.
b) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers für die Neuregelung der §§ 57a ff. HRG beruht auf dem sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ergebenden Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die Gesetzgebungskompetenz ist nicht auf eine Befugnis zum Erlass von Rahmenvorschriften beschränkt. Das Zeitvertragsrecht für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen betrifft nicht die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG).
aa) Die Abgrenzung und der Inhalt der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes und der Länder werden ausschließlich durch die Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 70 ff. GG) bestimmt, wobei es auf den Gegenstand des Gesetzes und nicht auf dessen Anknüpfungspunkt ankommt. Die einzelnen, in Art. 74 und 75 GG aufgezählten Materien der Gesetzgebung sind nicht jeweils für sich in abstrakter Deutung zu bestimmen; ihre gegenseitige Abgrenzung ergibt sich vielmehr aus dem Gesamtgefüge der grundgesetzlichen Kompetenzvorschriften. Bei der Auslegung der Art. 70 ff. GG kommt ferner dem geschichtlichen Zusammenhang der deutschen Gesetzgebung besondere Bedeutung zu. Daneben gewinnen Entstehung und Staatspraxis für die Auslegung besonderes Gewicht (vgl. BVerfG 12. Dezember 1984 – 1 BvR 1249/83 ua. – BVerfGE 68, 319, 327 f.).
bb) Das Zeitvertragsrecht der §§ 57a ff. HRG ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.
Die Vorschrift begründet eine umfassende Kompetenz für die Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und erstreckt sich sowohl auf privatrechtliche als auch auf öffentlich-rechtliche Bestimmungen über Arbeitsverhältnisse (BVerfG 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62, 132 f.). Die Regelungen über die befristeten Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen gehören zu den privatrechtlichen Bestimmungen des Arbeitsrechts. Sie sind Teil des Systems, das der Bundesgesetzgeber zur Konkretisierung des grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Bestandschutzes von Arbeitsverhältnissen geschaffen hat. Dieser wird insbesondere durch die als Bundesgesetze geltenden Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes weiter ausgestaltet. Das Zeitvertragsrecht für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen zählt historisch betrachtet durchgängig zum Arbeitsrecht iSd. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und ist stets durch bundesgesetzliche Regelungen ausgestaltet worden. Es ist seit 1985 als unmittelbar geltendes Recht Bestandteil des HRG und des zwischenzeitlich aufgehobenen Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vom 14. Juni 1985 (BGBl. I S. 1065).
cc) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ist nicht durch die hochschulrechtliche Rahmenkompetenz aus Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG beschränkt. Die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens werden durch die Neufassung der §§ 57a ff. HRG durch das 6. HRGÄndG und das HdaVÄndG nicht betroffen.
Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG hat der Bund das Recht, unter den Voraussetzungen des Art. 72 GG Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu erlassen. Die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens werden schwerpunktmäßig berührt, wenn die dienstrechtlichen Vorschriften die personelle und sachliche Organisation der Hochschule, deren Selbstverwaltung und innere Gliederung, die Ausgestaltung der Bedingungen für freie Lehre und Forschung sowie die Ordnung des Studiums grundlegend verändern sollen. Derartige grundlegende Umstrukturierungen des Hochschulwesens sind am Kompetenztitel des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG zu messen (BVerfG 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 – BVerfGE 111, 226, 258). Danach ist die Rahmenkompetenz aus Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GG erst einschlägig, wenn die gesetzliche Regelung grundlegende Strukturveränderungen an den Hochschulen zum Gegenstand hat (Dieterich/Preis NZA 2004, 1241, 1244; Kortstock ZTR 2004, 558, 561 f.). Eine lediglich hochschulrechtliche Prägung (Scheel/Schenk ZTR 2004, 614, 616) bzw. der hochschulrechtliche Charakter (Löwisch NZA 2005, 321, 322) des Zeitvertragsrechts ist hingegen zur Begründung der nur bundesgesetzlichen Rahmenkompetenz auf dem Gebiet des Hochschulwesens nicht ausreichend.
Derartig grundlegende Umstrukturierungen, die an Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG zu messen wären, wollte der Bundesgesetzgeber mit den Änderungen des Zeitvertragsrechts für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen nicht vornehmen. Insbesondere mit der durch das HdaVÄndG erfolgten Wiederinkraftsetzungen der bereits im 5. HRGÄndG enthaltenden Änderungen der §§ 57a ff. HRG aF wird zwar den Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses Rechnung getragen. Die sachliche Organisation, Selbstverwaltung und innere Gliederung der Hochschulen sowie die Ausgestaltung der Bedingungen für freie Lehre und Forschung werden durch die Umstellung des Zeitvertragsrechts aber nicht grundlegend verändert. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Wiederinkraftsetzung der §§ 57a ff. HRG ZF I auch keine grundlegende Umgestaltung der bisherigen personellen Organisation der Hochschulen. Die Neuregelung baut auf den vorhandenen personellen Strukturen und Personalkategorien des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals auf und lässt sie unverändert. Ebenso bleibt die Wahlmöglichkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen erhalten, ob sie das wissenschaftliche und künstlerische Personal in befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigen. Das bisherige System der kasuistischen Sachgrundbefristung wird lediglich zur Erhöhung der Transparenz und zur Gewährleistung der notwendigen Fluktuation des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals (Preis NJW 2004, 2782, 2783) durch ein System der sachgrundlosen Befristung mit einer Höchstdauerregelung ersetzt.
c) Die im 6. HRGÄndG und HdaVÄndG enthaltenen Änderungen des Befristungsrechts genügen den Anforderungen, die nach Art. 72 Abs. 2 GG idF des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3146) an eine bundesgesetzliche Regelung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung gestellt werden. Danach hat der Bund in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machen. Die bundeseinheitliche Regelung des Zeitvertragsrechts für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit iSd. Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich.
aa) Die Wahrung der Wirtschaftseinheit iSv. Art. 72 Abs. 2 GG liegt im gesamtstaatlichen Interesse, wenn es um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtsetzung geht, wenn also Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten. Erfordernisse der Wirtschaftseinheitlichkeit können eine bundesgesetzliche Regelung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts rechtfertigen. Die Wirtschaftseinheit im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG ist nicht auf den Bereich des “Rechts der Wirtschaft” in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG beschränkt, sondern betrifft alle Materien der konkurrierenden und der Rahmengesetzgebung (vgl. BVerfG 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62, 146 f.). Zur Wahrung der Wirtschaftseinheit kann ein Bundesgesetz erforderlich sein, wenn gerade durch unterschiedliches Recht in den Ländern eine Gefahrenlage entsteht. Das wäre etwa der Fall, wenn sich die Lebensverhältnisse zwischen den Ländern in einer unerträglichen Weise auseinander entwickeln oder ein beruflicher Wechsel von einem Land der Bundesrepublik Deutschland in ein anderes erheblich erschwert oder gar praktisch ausgeschlossen wäre (BVerfG 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 – BVerfGE 111, 226, 265). Bei der Beurteilung, ob die Rechtfertigungsgründe aus Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen, steht dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Sein Entscheidungsraum (BVerfG 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 – BVerfGE 111, 226, 255) kann verfassungsrechtlich auf seine methodischen Grundlagen sowie seine Schlüssigkeit hin überprüft werden. Das Prognoseergebnis ist daraufhin zu kontrollieren, ob die die prognostische Einschätzung tragenden Gesichtspunkte mit hinreichender Deutlichkeit offen gelegt worden sind oder ihre Offenlegung jedenfalls im Normenkontrollverfahren möglich ist und ob in die Prognose keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind (BVerfG 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 – aaO). Schließlich ist der Bundesgesetzgeber nach der Soweit-Klausel des Art. 72 Abs. 2 GG auf den geringst möglichen Eingriff in das Gesetzgebungsrecht der Länder verwiesen (BVerfG 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62, 149). Die Länder können im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung von der Gesetzgebung nur in dem Umfang ausgeschlossen sein, wie das Gesetzgebungsrecht des Bundes reicht.
bb) Danach konnte der Bundesgesetzgeber davon ausgehen, dass die Beibehaltung einer bundesgesetzlichen Regelung des Zeitvertragsrechts für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet erforderlich ist. Seine Annahme, dass nur eine bundeseinheitliche Regelung die notwendige Fluktuation zwischen den Bildungseinrichtungen im Geltungsbereich des HRG gewährleistet, hält sich im Rahmen der dem Bundesgesetzgeber zustehenden Einschätzungsprärogative und ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Die Prognose genügt den formellen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat die Neuregelung ausdrücklich auf die Schaffung transparenter Beschäftigungsbedingungen und das Erfordernis der Mobilität des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals zwischen den von §§ 57a ff. HRG nF erfassten Bildungseinrichtungen der unterschiedlichen Rechtsträger gestützt (BT-Drucks. 15/4132 S. 12).
(2) Der Gesetzgeber konnte insbesondere zur Sicherung der Mobilität des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals eine bundeseinheitliche Regelung für erforderlich halten. Die Befristungsregelungen gelten länderübergreifend und betreffen nicht nur die Hochschulen der Länder oder die nach Landesrecht anerkannten Einrichtungen. Sie gelten auch für Privatdienstverträge (§ 57c HRG nF) und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen nach Maßgabe des § 57d HRG nF. Das durch die §§ 57a ff. HRG nF geschaffene sachgrundlose Zeitvertragssystem mit einer einheitlichen Höchstbefristungsdauer löst das bisherige einrichtungsbezogene System der kasuistischen, nur schwer gegeneinander abgrenzbaren Befristungstatbestände sowie der sachwidrigen Kombination von Befristungsgrund und -höchstgrenze (Dieterich/Preis Befristete Arbeitsverhältnisse in Wissenschaft und Forschung S. 12 ff.) ab. Die in § 57b Abs. 1 Satz 1 und 2 HRG nF enthaltene und für alle Einrichtungen im Geltungsbereich der §§ 57a ff. HRG nF geltende Höchstbefristungsdauer erfordert demgegenüber keine weitere Prüfung eines Befristungsgrundes. Die Einschätzung des Bundesgesetzgebers, dass im Bund und den Ländern geltende Befristungssysteme mit unterschiedlichen Anforderungen den notwendigen länderübergreifenden Austausch von Wissenschaftlern verhindern oder zumindest erheblich erschweren würden, ist danach nicht zu beanstanden. Zwar können die Länder die Befristungsmöglichkeiten für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an ihren Hochschulen landesspezifisch ausgestalten. Jedoch ist prognostizierbar, dass bereits der Wechsel eines wissenschaftlichen Assistenten oder einer wissenschaftlichen Hilfskraft zwischen den Befristungssystemen des HRG aF und denen des HRG nF kaum rechtssicher gestaltet werden kann, sofern nicht detaillierte Anrechnungs- bzw. Übergangsregelungen die Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigen (ebenso Dieterich/Preis NZA 2004, 1241, 1245). Schließlich kann die Prognose auf die Bewährung des bisherigen bundeseinheitlichen Hochschulbefristungsrechts in der Vergangenheit gestützt werden.
Die Neuregelung genügt schließlich den Anforderungen der Soweit-Klausel des Art. 72 Abs. 2 GG. Den Ländern bleibt der notwendige Raum für eigene Rechtssetzung. Das Zeitvertragssystem der §§ 57a ff. HRG nF ist in seiner Geltung auf die gegenwärtig an den Hochschulen bestehenden Personalkategorien beschränkt. Es steht möglichen Änderungen der Personalstrukturen im Bereich des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen der Länder nicht entgegen.
2. § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II verstößt nicht gegen Art. 84 Abs. 1 GG. Das 6. HRGÄndG bedurfte nicht der Zustimmung des Bundesrats.
a) Der Kläger hat sich in der Revisionsinstanz die von den antragstellenden Landesregierungen im Normenkontrollverfahren zur Verfassungsmäßigkeit des 6. HRGÄndG (BVerfG 26. Januar 2005 – 2 BvF 1/03 – BVerfGE 112, 226) vertretene Auffassung zu Eigen gemacht, wonach das 6. HRGÄndG wegen der beabsichtigten obligatorischen Einrichtung einer Studierendenschaft (§ 41 HRG ZF II) nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrats bedurft hätte. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ua. die als Art. 1 Nr. 4 im 6. HRGÄndG enthaltene Änderung des § 41 HRG ZF II für nichtig erklärt, seinen Unvereinbarkeitsausspruch jedoch nur auf einen Verstoß gegen die Art. 70, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 iVm. mit Art. 72 Abs. 2 GG und damit auf die fehlende Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes gestützt (26. Januar 2005 – 2 BvF 1/03 – BVerfGE 112, 226, 227, 242, 254).
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll das Zustimmungserfordernis des Art. 84 Abs. 1 GG die Grundentscheidung der Verfassung über die Verwaltungszuständigkeit der Länder zugunsten des föderativen Staatsaufbaues absichern und verhindern, dass Verschiebungen im bundesstaatlichen Gefüge im Wege der einfachen Gesetzgebung über Bedenken des Bundesrats hinweg herbeigeführt werden (8. April 1987 – 2 BvR 909/82 ua. – BVerfGE 75, 108, 150). Ausgehend von diesem Zweck des Art. 84 Abs. 1 GG wird ein Gesetz nicht bereits dadurch zustimmungsbedürftig, dass es die Länder in ihrer Ausführungskompetenz berührt, indem es deren Verwaltungshandeln auf einem bestimmten Gebiet auslöst oder beendet. Vielmehr setzt das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrats eine bundesgesetzliche Regelung über die Einrichtung und das Verfahren von Landesbehörden voraus. Eine Einrichtungsregelung liegt nicht nur vor, wenn ein Bundesgesetz neue Landesbehörden vorschreibt, sondern auch, wenn es den näheren Aufgabenkreis einer Landesbehörde festlegt (BVerfG 8. April 1987 – 2 BvR 909/82 ua. – BVerfGE 75, 108, 150). Das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrats erstreckt sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das ganze Gesetz als gesetzgebungstechnische Einheit, also auch auf an sich nicht zustimmungsbedürftige Normen (vgl. 10. Dezember 1980 – 2 BvF 3/77 – BVerfGE 55, 274, 319). Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt offen gelassen, ob an der Einheitsthese angesichts der dagegen im Schrifttum erhobenen Kritik festzuhalten ist (17. Juli 2002 – 1 BvF 1/01, 2/01 – BVerfGE 105, 313, 339).
c) Danach bedurfte das 6. HRGÄndG keiner Zustimmung des Bundesrats nach Art. 84 Abs. 1 GG. Es kann dahinstehen, ob die obligatorische Einführung der Studierendenschaft überhaupt als Einrichtung einer Behörde iSd. Art. 84 Abs. 1 GG anzusehen ist. § 41 HRG ZF II enthält nur Rahmenrecht und damit kein unmittelbar dem Verwaltungsvollzug der Länder zugängliches Recht.
Die Art. 83 ff. GG gelten grundsätzlich nur für Bundesgesetze, die auf der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 73, 74, 74a GG) beruhen. Deren Ausführung ist den Ländern auf Grund der in Art. 83 GG enthaltenen Zuständigkeitsvermutung und vorbehaltlich der im Grundgesetz enthaltenen Einzelregelungen als eigene Angelegenheit übertragen. Zu den vom Grundsatz des Art. 83 GG abweichenden Vorschriften zählt auch Art. 84 Abs. 1 GG. Danach regeln die Länder bei der Ausführung von Bundesgesetzen die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrats etwas anderes bestimmen. Ein auf Grund der Rahmenkompetenz des Bundes nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 GG erlassenes Gesetz unterliegt jedoch nur der Zustimmung des Bundesrats nach Art. 84 Abs. 1 GG, wenn es unmittelbar geltende und damit dem Verwaltungsvollzug der Länder fähige Vorschriften über die Behördeneinrichtung oder das Verwaltungsverfahren enthält (Blümel in Isensee/Kirchhof HdbStR Bd. IV 2. Aufl. § 101 Rn. 22; Maunz in Maunz-Dürig GG Stand August 2005 Art. 75 Rn. 18; v. Broß in Münch/Kunig GG 5. Aufl. Art. 84 Rn. 6). Rahmenregelungen, die vom Bundesgesetzgeber nicht als unmittelbar geltendes Recht ausgestaltet sind, stellen keinen Einbruch in die durch die Art. 83 ff. GG geschützte Verwaltungszuständigkeit der Länder dar. Da sie erst noch einer Umsetzung durch den Landesgesetzgeber bedürfen, fehlt ihnen der die Zustimmungspflicht des Art. 84 Abs. 1 GG auslösende Regelungscharakter. Danach unterlag das 6. HRGÄndG wegen der in § 41 HRG ZF II enthaltenen obligatorischen Bildung von Studierendenschaften nicht der Zustimmung des Bundesrats. Durch § 41 HRG ZF II hat der Bundesgesetzgeber keine Behörde iSd. Art. 84 Abs. 1 GG errichtet. Die Vorschrift enthielt kein unmittelbares, dem Verwaltungsvollzug der Länder zugängliches Recht, sondern musste von den Bundesländern binnen drei Jahren nach In-Kraft-Treten des 6. HRGÄndG in Landesrecht umgesetzt werden (§ 72 Abs. 1 Satz 8 HRG ZF II).
3. § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG iVm. dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Rückwirkungsverbot unwirksam. § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF enthält zwar eine echte Rückwirkung. Der Gesetzgeber konnte aber ohne Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes den zeitlichen Geltungsbereich der §§ 57a ff. HRG nF auf Befristungsabreden erstrecken, die bis zur Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 vereinbart wurden. Durch die Nichtigkeitserklärung des gesamten 5. HRGÄndG bestand für die nach dem 23. Februar 2002 geschlossenen und bis zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht bestandskräftig abgewickelten befristeten Verträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal eine Regelungslücke. Schutzwürdiges Vertrauen der Vertragsparteien, das die rückwirkende Regelungskompetenz des Gesetzgebers begrenzt hat, konnte in der Zeit zwischen der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bis zum In-Kraft-Treten des § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF nicht entstehen.
a) Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung einer belastenden Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, sog. echte Rückwirkung) ist grundsätzlich unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtslage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung (sog. unechte Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung “ins Werk gesetzt” worden sind. Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (BVerfG 3. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97 – BVerfGE 97, 67, 79 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann sich der Gesetzgeber bei der Anordnung der Rückwirkung falltypisch auf Rechtfertigungsgründe berufen. Diese sind Ausprägungen des Grundgedankens, dass neben dem sog. Bagatellvorbehalt (23. März 1971 – 2 BvL 2/66 ua. – BVerfGE 30, 367, 389) allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht oder nicht mehr vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots zugunsten der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers rechtfertigen oder gar erfordern können (14. Mai 1986 – 2 BvL 2/83 – BVerfGE 72, 200, 258). Im Grundsatz des Vertrauensschutzes findet das Rückwirkungsverbot nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Das Rückwirkungsverbot gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Das ist namentlich dann der Fall, wenn entweder die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht mit dem Fortbestand der Regelungen rechnen konnten, die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste oder wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (25. Mai 1993 – 1 BvR 1509/91, 1648/91 – BVerfGE 88, 384, 404).
Liegt in diesem Sinne ein Grund vor, der es von Verfassungs wegen rechtfertigt, das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen, so darf diese Durchbrechung gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz der Lebenssachverhalte verletzen, welche von dem Eingriff – sei es durch die nachträgliche Änderung der Rechtsfolgen, sei es durch die rückanknüpfenden Tatbestandsmerkmale – betroffen sind. Grundlage der verfassungsrechtlichen Prüfung ist daher das Grundrecht, das von der mit Rückwirkung belegten Norm betroffen ist (BVerfG 14. Mai 1986 – 2 BvL 2/83 – BVerfGE 72, 200, 257 f.). Ein selbständiges Rückwirkungsverbot stellt das Grundgesetz nur für das Strafrecht auf (BVerfG 25. Mai 1993 – 1 BvR 1509/91, 1648/91 – BVerfGE 88, 384, 403). Da das Zeitvertragsrecht den arbeitsrechtlichen Bestandsschutz ausgestaltet, darf den Arbeitnehmern der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebende Mindestschutz nicht durch die Anordnung einer Rückwirkung entzogen werden.
b) Danach verstößt § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot. Zwar entzog die Vorschrift dem Kläger die Möglichkeit, die Unwirksamkeit der Befristung mit Erfolg geltend zu machen. Die rückwirkende Erstreckung der Norm auf das Arbeitsverhältnis der Parteien war aber wegen der durch die Nichtigkeit der §§ 57a ff. HRG ZF I entstandenen Regelungslücke zulässig.
aa) Ohne die in § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF enthaltene Befristungsmöglichkeit wäre das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die im Vertrag vom 5. Februar 2003 vereinbarte Befristung beendet worden. Auf Grund der vom Kläger rechtzeitig erhobenen Befristungskontrollklage war die Befristungsabrede nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes zu prüfen, da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht gegeben waren. Auf die §§ 57a ff. HRG ZF I konnte die Befristung vom beklagten Land nicht gestützt werden, da diese Vorschriften durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 für nichtig erklärt worden sind. Damit fanden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die §§ 57a ff. HRG aF Anwendung auf das Vertragsverhältnis der Parteien. Das beklagte Land hat weder einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG noch nach den §§ 57a ff. HRG aF dargelegt. Überdies hätte die Befristung nach den letztgenannten Vorschriften auf Grund der ungenügenden Angabe des Befristungsgrunds im Arbeitsvertrag wegen des Zitiergebots des § 57b Abs. 5 HRG aF nicht auf die Tatbestände der §§ 57a ff. HRG aF gestützt werden können. Schließlich konnte die Befristung nicht mit der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit in § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II gerechtfertigt werden, da die Vorschrift wegen der Nichtigkeit der in Bezug genommenen Vorschriften des 5. HRGÄndG zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne Anwendungsbereich war.
bb) Durch § 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF hat der Gesetzgeber in einen bei Verkündung des Gesetzes am 27. Dezember 2004 bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingriffen. Insoweit liegt ein Fall echter Rückwirkung vor. Das Vertragsverhältnis der Parteien war zu diesem Zeitpunkt bereits beendet. Die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 unwirksame Befristung des Arbeitsvertrags wurde durch die Neuregelung nachträglich geheilt. Dem rückwirkenden Eingriff in das Vertragsverhältnis steht ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nicht entgegen.
Bei Abschluss des Vertrags am 5. Februar 2003 mussten beide Vertragsparteien von der Wirksamkeit der vereinbarten Befristungsabrede ausgehen. Anhaltspunkte dafür, dass die §§ 57a ff. HRG ZF I im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Juniorprofessur für nichtig erklärt werden würden, bestanden nicht. Die Vorstellungen der Parteien über die Wirksamkeit der Befristung haben sich erst mit der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2004 als unrichtig erwiesen. Folglich ist durch die §§ 57a ff. HRG nF nur die Rechtslage wieder hergestellt worden, von der beide Parteien bei Vertragsschluss ausgegangen sind. Der Kläger konnte nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf den Fortbestand der für ihn günstigen Rechtslage vertrauen. Er musste damit rechnen, dass der Gesetzgeber die Wirksamkeit der Befristungsabreden in den bis zum 27. Juli 2004 geschlossenen Verträgen mit dem Ziel neu regeln würde, die Unwirksamkeit der bis zu diesem Zeitpunkt vereinbarten Befristungsabreden zu vermeiden. Von der Nichtigkeit der §§ 57a ff. HRG ZF I war eine große Anzahl von Verträgen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen (Preis NJW 2004, 2782, 2783 geht von mehreren tausend Verträgen aus) betroffen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch einer Befristungskontrolle zugänglich waren. Diese Arbeitnehmer hätten die Möglichkeit gehabt, die Entfristung ihrer Arbeitsverhältnisse mit Erfolg geltend zu machen, wodurch die von ihnen besetzten Stellen für Neueinstellungen im Bereich des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals auf längere Zeit nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Mit einer Neuregelung ist zeitnah begonnen worden. Nach einer Ankündigung der damaligen Bundesministerin für Bildung und Forschung vom 23. September 2004 (Pressemitteilung des BMBF 207/2004) hat die Bundesregierung am 27. Oktober 2004 den Entwurf des HdaVÄndG beschlossen, der dann am 9. November 2004 von den seinerzeitigen Regierungsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht worden ist (BT-Drucks. 15/4132).
§ 57f Abs. 1 Satz 1 HRG nF ordnet mit der notwendigen Eindeutigkeit die rückwirkende Erstreckung der §§ 57a ff. HRG nF auf die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 27. Juli 2004 geschlossenen Arbeitsverträge an. Damit hat der Gesetzgeber entgegen der Auffassung des Klägers zugleich die sich aus § 16 Satz 1 TzBfG ergebende Fiktionswirkung beseitigt.
IV. § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II genügt schließlich den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 28. Juni 1999 (ABl. EG 1999 L 175 S. 43).
Die Befristungsrichtlinie und die Rahmenvereinbarung verlangen von den Mitgliedstaaten nur die Ergreifung einer der drei in § 5 Abs. 1 Buchst. a) bis c) der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge. Durch die Regelung in § 57f Abs. 2 Satz 1 HRG ZF II hat sich der nationale Gesetzgeber für das Erfordernis der Höchstbefristungsdauer (§ 5 Abs. 1 Buchst. b) der Rahmenvereinbarung) entschieden.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Koch, R. Schiller, M. Zwisler
Fundstellen
Haufe-Index 1559369 |
BAGE 2007, 290 |
BB 2006, 2088 |