Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug bei einem Fortbildungsvertrag
Normenkette
BGB §§ 615, 812; ZPO § 717 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 15.03.1996; Aktenzeichen 9 (6) Sa 1567/95) |
AG Oberhausen (Urteil vom 12.10.1995; Aktenzeichen 1 Ca 1221/95) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. März 1996 – 9 (6) Sa 1567/95 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger (das Land) nimmt den Beklagten auf Zahlung von 62.494,90 DM nebst Zinsen in Anspruch. Streitig ist, ob der Beklagte hiergegen rechtswirksam mit Ansprüchen aus Annahmeverzug aufgerechnet hat.
Der im Jahr 1936 geborene Beklagte war bis Anfang 1970 als angestellter Ingenieur und Architekt tätig. Im Rahmen der Sonderaktion des Landes zur Ausbildung von Absolventen höherer Fachschulen zum Lehramt an berufsbildenden Schulen wurde er auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 17./31. März 1970 als Aushilfslehrer im Berufsschuldienst zur Erprobung eingestellt. Vereinbarungsgemäß nahm er nach erfolgreichem Abschluß der Erprobung zum 1. Oktober 1970 das Hochschulstudium für das Lehramt an berufsbildenden Schulen auf. Das Land hatte sich verpflichtet, für die Dauer des Studiums und der erforderlichen Prüfungszeit Vergütung nach VergGr. V b BAT zu zahlen. Im Jahr 1974 kam es zu einer Auseinandersetzung über die Dauer der Förderung. Das Land vertrat die Auffassung, der Beklagte müsse spätestens bis 31. März 1975 die erste Staatsprüfung abgelegt haben. Sollte der Beklagte diesen Termin nicht einhalten, werde die Zahlung der Vergütung eingestellt und die bisher gezahlte Vergütung zurückgefordert. Der Beklagte verwies demgegenüber auf die Mindeststudienzeit von acht Semestern und die vorgegebene Prüfungsdauer von 12 Monaten. Im Juli 1974 meldete sich der Beklagte nicht zur regulären ersten Staatsprüfung an; er legte kein Examen ab. Das Land stellte mit April 1975 seine Vergütungszahlung ein. Der Beklagte nahm seine frühere berufliche Tätigkeit wieder auf.
Durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. November 1992 – 11 Sa 320/92 – war das Land verurteilt worden, an den Beklagten als Schadensersatz für die vom 1. Januar 1987 bis 31. Dezember 1990 entgangene Vergütung 64.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. November 1991 zu zahlen. Zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung zahlte es am 12. Mai 1993 58.619,84 DM und am 15. Juni 1993 weitere 3.875,56 DM an den Beklagten. Auf die Revision des klagenden Landes ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts durch Urteil des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 29. September 1994 – 8 AZR 86/93 – aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das klageabweisende Teilurteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 22. Januar 1992 – 4 Ca 2453/91 – zurückgewiesen worden.
Das Land hat den Beklagten vergeblich zur Rückzahlung aufgefordert.
Das Land hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an das klagende Land 62.494,90 DM zuzüglich 4 % Zinsen von 58.619,34 DM vom 12. Mai 1993 bis 14. Juni 1993 und 4 % Zinsen von 62.494,90 DM seit dem 15. Juni 1993 sowie 3,00 DM Mahnauslagen zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gegenüber der Klageforderung mit vermeintlichen Vergütungsansprüchen aus dem Zeitraum Januar 1991 bis Oktober 1993 sowie hilfsweise für den Zeitraum vom 1. November 1993 bis zum 31. Dezember 1994 die Aufrechnung erklärt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme der verlangten Mahnauslagen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet er sich mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Das Land bittet um deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Beklagten ist unbegründet.
Das Land hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung erbrachten Leistungen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit § 717 Abs. 3 ZPO. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 818 Abs. 4, 291, 288 BGB i.V. mit § 717 Abs. 3 ZPO.
II. Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung mit Vergütungsansprüchen für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis Oktober 1993 und hilfsweise für die sich anschließende Zeit bis Dezember 1994 hat das Erlöschen der Forderung des Landes nicht bewirkt. Dem Beklagten stehen die behaupteten Gegenansprüche aus Annahmeverzug nicht zu.
1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Auffassung im wesentlichen damit begründet, das Land sei nicht verpflichtet gewesen, den Beklagten als Lehrer im Berufsschuldienst einzusetzen. Mit der Annahme der Dienste des Beklagten sei es deshalb nicht in Verzug geraten.
Die Revision greift diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Sie rügt vielmehr, das Landesarbeitsgericht habe den Sachvortrag des Beklagten verkannt. Sein Angebot einer Tätigkeit als „Aushilfslehrer” und „gemäß dem Arbeitsvertrag” habe auch den Prüfungsabschnitt umfaßt, für dessen Dauer er zu Recht die Vergütung verlangt habe.
2. Die Revision ist auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens unbegründet. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich.
a) Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.
Die Leistung ist nach § 294 BGB tatsächlich so anzubieten, wie sie zu bewirken ist. Das Angebot muß also zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise erfolgen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Beklagte hat die von ihm geschuldete Leistung nicht zur rechten Zeit angeboten. Spätere Leistungsangebote konnten das Land nicht mehr in Annahmeverzug setzen.
b) Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag enthielt für die Zeit ab 1. Oktober 1970 eine Fortbildungsvereinbarung. Auch wenn die Vertragspflichten des Beklagten nicht im einzelnen festgeschrieben wurden, ergibt sich aus der Zielsetzung des Sonderprogramms, daß der Beklagte nicht nur zur Aufnahme des Studiums verpflichtet war, sondern auch zum zügigen Lernen. Er hatte die nach dem Studiengang für die erste Staatsprüfung vorgeschriebenen Anforderungen zu erfüllen und mußte sich nach dem achten Semester regulär zur ersten Staatsprüfung melden. Nur für die Dauer des Studiums und der sich anschließenden Prüfungszeit von 12 Monaten war das Land zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet. Der Beklagte hätte das Land nur dadurch in Annahmeverzug versetzen können, daß er sich bei dem zuständigen Prüfungsamt ordnungsgemäß nach dem achten Semester zur regulären ersten Staatsprüfung anmeldete. Das hat er indessen unterlassen und zwar grundlos, wie der Achte Senat bereits zutreffend erkannt hat.
III. Der Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Reinecke, Schwarz, Busch
Fundstellen