Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Das billige Ermessen der Ausübung des Direktionsrechts bei der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 BAT muß sich auf die Tätigkeitsübertragung „an sich” und die „Nicht-Dauerhaftigkeit” der Übertragung beziehen.

 

Normenkette

BGB § 315; BAT § 24

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 21.06.2001; Aktenzeichen 11 (12) Sa 388/01)

 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Juni 2001 – 11 (12) Sa 388/01 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Vergütung des Klägers.

Der Kläger steht seit dem 5. Februar 1977 als Angestellter im Versorgungsamt D in den Diensten des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Der Kläger wurde anfänglich nach VergGr. VIII, ab 1986 nach VergGr. VII BAT und ab 1995 wegen Bewährungsaufstiegs nach VergGr. VI b BAT vergütet. Seit Ende 1997 verrichtete der Kläger Tätigkeiten in der Abteilung 2 A OV (Orthopädische Versorgung).

Ab dem 8. Juni 1998 wurde der Kläger auf Grund wiederholter Anordnungen vorübergehend höherwertig als Sachbearbeiter des mittleren Dienstes in der Abteilung 2 A OV eingesetzt. Zu den einzelnen Übertragungen wurde dem Kläger ua. folgendes mitgeteilt:

Mit Schreiben vom 8. Juni 1998:

„Mit sofortiger Wirkung werden Sie zur Vertretung der RAI'in T als Sachbearbeiter des mittleren Dienstes in der Abteilung 2 A OV eingesetzt.

Gemäß § 24 Abs. 2 BAT wird bei einer vertretungsweisen Übertragung der höherwertigen Tätigkeit, die länger als drei Monate dauert, nach Ablauf dieser Frist eine persönliche Zulage für den letzten Kalendermonat der Frist und für jeden folgenden vollen Kalendermonat der weiteren Vertretung bis zum Ausscheiden der Frau T gewährt.”

Mit Schreiben vom 30. September 1998:

„Mit Wirkung vom 30. Juni 1998 wurden Sie vertretungsweise mit der Tätigkeit eines Sachbearbeiters des mittleren Dienstes in der Abteilung 2 A OV betraut.

Nachdem Sie die vertretungsweise übertragene höherwertige Tätigkeit nach der VergGr. V c, Fallgr. 1 a BAT länger als drei Monate ausgeübt haben, erhalten Sie in Anwendung des § 24 Abs. 2 BAT für den letzten Kalendermonat der Frist, das ist der Monat September 1998, und für jeden folgenden vollen Kalendermonat der weiteren Vertretung (längstens bis zum 31. Januar 2000) eine persönliche Zulage.”

Mit Schreiben vom 3. November 1999:

„Für die Dauer der Vertretung der Regierungsamtsinspektorin T wird Ihnen die persönliche Zulage gem. § 24 Abs. 2 BAT vom 1. Februar 2000 bis längstens 31. Juli 2000 weitergezahlt.”

Der zu vertretenden Arbeitnehmerin Frau RAI'in T wurde mit Schreiben vom 11. November 1994 Urlaub ohne Dienstbezüge ab dem 1. Februar 1995 bis zum Beginn des Ruhestandes gewährt mit dem Hinweis, dass einer Rückkehr aus dem Urlaub nur zugestimmt werden könne, wenn ihr die Fortsetzung des Urlaubs nicht zugemutet werden könne. Die Versetzung in den Ruhestand kam bei Frau T – wie sich aus einem internen Vermerk des Versorgungsamtes D vom 24. August 1999 ergibt – nach der Übergangsvorschrift in § 45 Abs. 5 LBG frühestens mit Ablauf des 62. Lebensjahres, dh. Ende Januar 2002 in Betracht. Der frühere Ruhestand mit Ablauf des 60. Lebensjahres als Schwerbehinderte gem. § 45 Abs. 4 LBG war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten, weil Frau T den Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zwar gestellt, aber wieder zurückgenommen hatte.

Auf Grund der Anordnung vom 11. September 2000 wurde der Kläger mit Wirkung vom 12. September 2000 als Assistenzkraft in der Abteilung 4 (BErzGG) eingesetzt. Wegen der „vorerst” nicht erteilten Zustimmung des Personalrats und nach einem Personalgespräch über den Einsatz des Klägers in der Abteilung 4 unter Beteiligung eines Mitglieds des Personalrats wurde der Kläger durch Verfügung vom 15. Januar 2001 wieder in die Abteilung 2 A OV als Assistenzkraft rückversetzt. Nach dem erstinstanzlichen Urteil wurde der Kläger ab 23. Januar 2001 vorläufig als Sachbearbeiter im mittleren Dienst in der Abteilung 2 A OV beschäftigt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass er seit dem 8. Juni 1998 nach VergGr. V c BAT zu vergüten sei. Er hat die Meinung vertreten, für die Anwendung des § 24 BAT fehle es an einem sachlichen Grund. Das beklagte Land habe diese Vorschrift in rechtsmissbräuchlicher Weise verwendet. Die angeblich vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit diene nur dazu, ihm die Tätigkeit nicht auf Dauer übertragen und ihm damit auch nicht höher eingruppieren zu müssen. Ihm sei in dem Schreiben des Versorgungsamtes D vom 8. Juni 1998 durch die Gewährung der Zulage nach § 24 BAT „bis zum Ausscheiden von Frau T” zugleich zugesagt worden, dass die Übertragung der Vertretungstätigkeit für die Dauer des Ausfalls von Frau T, dh. bis Januar 2002, übertragen werde.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, dass er seit dem 8. Juni 1998 aus der VergGr. V c BAT zu vergüten ist;
  2. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, den Anordnungen der Versetzungsanordnung vom 11. September 2000 Folge zu leisten.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit sei nicht auf Dauer, sondern nur innerhalb der Grenzen des § 24 BAT vorübergehend ab dem 8. Juni 1998 erfolgt. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 3. November 1999 ausdrücklich bekannt gemacht worden, dass die Gewährung der persönlichen Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT längstens bis zum 31. Juli 2000 weitergezahlt würde. Der sachliche Grund habe im Vertretungsfall „T” bestanden. Eine dauerhafte Übertragung der Tätigkeiten der Frau T auf den Kläger sei nicht möglich gewesen, da diese weiterhin Stelleninhaberin gewesen sei und eine Rückkehr aus dem Sonderurlaub bei objektiver Betrachtungsweise möglich gewesen wäre. Der Grund für die Befristung bis zum 31. Juli 2000 sei gewesen, dass Ende Juli 2000 die Regierungssekretärin z. A. V zur Laufbahnprüfung angestanden habe und in den mittleren Dienst beim Versorgungsamt D habe einmünden sollen. Sie sei mit Amtsanordnung vom 28. Juli 2000 nach Bestehen ihrer Prüfung mit Wirkung vom 28. Juli 2000 der Abteilung 2 A OV als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes zugewiesen worden. Dem Kläger, der 15 Jahre in der Gruppe OV und davon 13 Jahre als Zuarbeiter/Assistenzkraft gearbeitet habe, sei auch ohne besondere Anordnung klar gewesen, dass er nach dem 31. Juli 2000 wieder entsprechend seiner Eingruppierung als Assistenzkraft eingesetzt werde. Ende Juli 2000 habe ihm sein zuständiger Abteilungsleiter K anlässlich der Zuweisung von Frau V erklärt, dass er nunmehr keine Sachbearbeitertätigkeiten mehr ausüben dürfe, weil seine Vertretungstätigkeit beendet sei. Nachdem Herr K feststellt habe, dass der Kläger dieser Weisung nicht nachgekommen sei, habe er ihm am 14. August 2000 erneut die Ausübung von Sachbearbeitertätigkeiten untersagt und ihn auf die von ihm nunmehr zu verrichtenden Zuarbeitertätigkeiten hingewiesen. Gleichzeitig habe Herr K dem Kläger mitgeteilt, es sei beabsichtigt, ihn in eine andere Abteilung umzusetzen. Der Kläger sei im August 2000 lediglich vom 1. bis 3. August und am 14., 15. und 17. August im Dienst und sodann ab 18. August bis einschließlich 3. September 2000 im Urlaub gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist begründet.

Den zulässigen Feststellungsanträgen kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, so dass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist.

1. Auf das Arbeitsverhältnis sind auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden.

2. Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT setzt die von dem Kläger erstrebte Eingruppierung voraus, dass in seiner Gesamtarbeitszeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von ihm in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllen. Dabei kommt es auf die vom Kläger nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT).

Die dem Kläger übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Dies war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.

3. Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, dass bereits die mit Schreiben vom 8. Juni 1998 erfolgte vertretungsweise Übertragung der höherwertigen Tätigkeit sachlich nicht gerechtfertigt sei. Es hätten sich bereits bei dieser Übertragung erhebliche Zweifel daran aufdrängen müssen, ob die beurlaubte Mitarbeiterin T, die zu diesem Zeitpunkt bereits über drei Jahre beurlaubt gewesen sei, ihre Arbeit wieder aufnehmen würde, was auch tatsächlich nicht erfolgt sei. Somit stehe dem Kläger seit dem 8. Juni 1998 Vergütung nach VergGr. V c BAT zu. Das hält der Revision nicht stand.

4. Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht von dem damaligen Stand der Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach galt eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmissbräuchlich verwendet worden sei. Rechtsmissbrauch lag nach dieser Rechtsprechung vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).

5. Diese Rechtsprechung zur Rechtsmissbrauchskontrolle bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum hat der Senat nach nochmaliger Prüfung in mehreren Entscheidungen vom 17. April 2002 aufgegeben. Vielmehr muss der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – (AP BAT § 24 Nr. 23, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausführlich begründet. Darauf nimmt er Bezug.

a) Danach ist bei der „vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit” nach § 24 BAT zu unterscheiden zwischen einer „vorübergehenden” Übertragung nach § 24 Abs. 1 BAT und der „vertretungsweisen” Übertragung der Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT. Letztere bildet einen speziell geregelten Sonderfall der vorübergehenden (interimistischen) Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit.

Um eine Vertretung iSv. § 24 Abs. 2 BAT handelt es sich nur dann, wenn der eigentliche Arbeitsplatzinhaber vorübergehend die ihm dauernd übertragene Tätigkeit nicht wahrnimmt (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand März 2002 § 24 Rn. 53). Die Billigkeit einer vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT folgt schon aus dem Übertragungsgrund. Denn nach Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers auf seinen Arbeitsplatz besteht kein Bedürfnis für die Beschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz. Die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit der Verhinderung des Vertretenen entspricht daher regelmäßig billigem Ermessen (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – aaO). Ist die Stelle, auf der der Angestellte – vorübergehend – beschäftigt wird, noch nicht besetzt, weil sie z.B. für einen Beamten freigehalten wird, liegt kein Vertretungsfall, sondern eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit iSd. § 24 Abs. 1 BAT vor (Senat 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1). Daher ist vom Arbeitgeber kein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Angestellten, der vorübergehend eingesetzt worden ist, und der nach dem Zugang vom Beamtenanwärter zu erbringenden Tätigkeit darzulegen. Zu prüfen ist die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle im Zeitpunkt der Übertragung. Hierzu hat der Arbeitgeber vorzutragen.

b) Ist bei nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, dass die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, so kann dies zur Folge haben, dass diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Ob die zeitlich nachfolgenden interimistischen Übertragungen derselben oder einer gleichermaßen höherwertigen Tätigkeit ihrerseits billigem Ermessen entsprechen, ist rechtlich unerheblich, wenn die vorherige Übertragung als auf Dauer erfolgt anzusehen ist (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – aaO).

6. Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen, vom Landesarbeitsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob die Übertragungsanordnung vom 8. Juni 1998 billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht.

a) Der vom Landesarbeitsgericht als maßgeblich angesehene Gesichtspunkt, dass sich dem beklagten Land bereits zum Zeitpunkt der Übertragungsverfügung vom 8. Juni 1998 erhebliche Zweifel daran hätten aufdrängen müssen, ob die schon seit dem 1. Februar bis zum Beginn des Ruhestandes ohne Dienstbezüge beurlaubte Frau T ihre Tätigkeit überhaupt wieder aufnehmen würde, rechtfertigt allein nicht den Schluss, dass die Übertragungsanordnung vom 8. Juni 1998 billigem Ermessen widerspricht. Denn auch wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die beurlaubte Mitarbeiterin T nicht zurückkehren würde, schließt das nicht aus, dass es in Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen entspricht, dass das beklagte Land dem Kläger diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend übertragen hat.

Der diesbezügliche Vortrag des beklagten Landes beschränkt sich im wesentlichen darauf, dass nach § 78e Abs. 2 Satz 3 LBG eine Rückkehr aus dem Urlaub zugelassen werden könne, wenn die Fortsetzung des Urlaubs dem Beamten nicht zumutbar sei und dienstliche Belange nicht entgegenstünden. Deshalb sei eine Rückkehr von Frau T bei objektiver Betrachtungsweise möglich, deren Arbeitsplatz sei somit nicht frei gewesen. Das reicht zur Begründung der interimistischen Übertragung nicht aus. Denn die abstrakte Möglichkeit der Rückkehr von Frau T hat auch noch bestanden, als das beklagte Land nach Ende der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Kläger diese der Regierungssekretärin aA V auf Dauer übertragen hat. Andererseits ergibt sich nicht bereits aus dem Inhalt der Übertragungsanordnungen ein Verstoß gegen billiges Ermessen. Dass die Dauer der Übertragung in der Anordnung vom 8. Juni 1998 hinsichtlich des Zeitpunkts – „bis zum Ausscheiden der Frau T” – noch unbestimmt war und dass die Befristung bis zum 31. Januar 2000 erst in dem Schreiben vom 30. September über die Gewährung der Zulage gem. § 24 Abs. 2 BAT festgelegt war, lässt sich ohne weiteres mit der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Unsicherheit erklären, wann Frau T in den Ruhestand versetzt werden würde. Die Verlängerung der Übertragung der Tätigkeit an den Kläger über den 31. Januar 2000 hinaus bis zum 31. Juli 2000 mit dem Schreiben vom 3. November 1999 hat das beklagte Land mit dem beabsichtigten Zugang von Frau V begründet.

b) Den Parteien ist in diesem besonders gelagerten Fall Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze zu den konkreten Umständen und Interessen und deren Abwägung zum Zeitpunkt der Übertragungsanordnungen vom 8. Juni 1998 und vom 3. November 1999 ergänzend vorzutragen. Gelangt das Landesarbeitsgericht unter Würdigung des bisherigen und des zu erwartenden Vorbringens zu dem Ergebnis, dass die beiden Übertragungsanordnungen billigem Ermessen entsprechen, wird es zu prüfen haben, ob sich aus den Umständen nach Ablauf der interimistischen Übertragungen seit dem 1. August 2000 eine konkludente Übertragung der höherwertigen Aufgaben auf Dauer ergeben könnte. Auch hierzu scheinen noch nicht alle wesentlichen Gesichtspunkte vorgetragen zu sein.

 

Unterschriften

Schliemann, Friedrich, Wolter, Kiefer, Seifner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1480142

ZTR 2003, 514

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