Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch. Verfahrensverletzung
Normenkette
ZPO § 286; BGB § 823
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.05.1990; Aktenzeichen 5 Sa 349/89) |
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 09.04.1990; Aktenzeichen 5 Sa 349/89) |
ArbG Kiel (Urteil vom 19.06.1989; Aktenzeichen 5a Ca 1317/88) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das entweder am 9. April 1990 oder am 18. Mai 1990 verkündete Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein – 5 Sa 349/89 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter im Konkurs über das Vermögen der T. GmbH & Co. KG. Diese hatte die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) in erster und zweiter Instanz auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Im Berufungs- und Revisionsverfahren streiten die Parteien noch über einen Betrag von 50.020,48 DM.
Die 1969 von den Zeugen L. und S. gegründete frühere T. GmbH & Co. KG. die jetzige Gemeinschuldnerin, betrieb ein Handelsgeschäft mit Teppichen und Heimtextilien. Vertretungsberechtigt waren die Geschäftsführer L. und S. gemeinsam. Nach dem Ausscheiden S. im Jahre 1983 war L. Alleingeschäftsführer der Komplementär-GmbH.
1971 stellte die Gemeinschuldnerin den Beklagten zu 2) zur Unterstützung der Geschäftsleitung ein. Sein Aufgabengebiet umfaßte gemäß Dienstvertrag die Leitung des Rechnungswesens einschließlich der Kostenrechnung und Statistik sowie die Beratung der Geschäftsleitung auf dem Gebiet des Organisations- und Finanzwesens. 1972 erteilte die Gemeinschuldnerin dem Beklagten zu 2) Prokura. Sein Arbeitsverhältnis endete 1984 durch Aufhebungsvertrag.
Die Beklagte zu 1) arbeitete von 1971 bis Mitte 1984 bei der Gemeinschuldnerin als Sekretärin und zur Unterstützung der Buchhaltung. Ihr oblag es unter anderem die sog. „kleine Kasse” und das dazugehörende Kassenbuch zu führen. Aus der „kleinen Kasse” wurden kleinere Geldbeträge für Postalia, Aushilfslöhne, Fahrtkosten, Reisekosten usw. bezahlt. Ferner vertrat die Beklagte zu 1) die Kassiererin in Pausen- und Urlaubszeiten und führte in diesem Zusammenhang das sog. „Tapetenbuch”, in das sie die von Kunden nicht verbrauchten und zurückgegebenen Waren eintrug. In dem Tapetenbuch wurde die Kassenbelegnummer, das Datum und der Gegenstand der Rückgabe sowie der zurückzuzahlende Betrag vermerkt, den der betreffende Kunde im Buch selbst quittierte.
Anläßlich der Umstellung der Buchhaltung auf eine firmeninterne EDV-Anlage ab Januar 1985 stellte die Klägerin Unregelmäßigkeiten (Fehlbeträge und Kontendifferenzen) in der früheren Buchhaltung fest. Im selben Zeitraum waren bei der Klägerin Gehaltsbestandteile, Urlaubs- und Überstundenabgeltungen von Mitarbeitern teilweise nicht über die Lohnbuchhaltung abgerechnet, sondern „schwarz”, etwa in Form von Fahrtkostenerstattung, gezahlt und verbucht worden.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte zu 1) Buchungsmanipulationen ausschließlich zur Verdeckung dieser Schwarzgeldzahlungen und mit Wissen und auf Veranlassung des Geschäftsführers L. vorgenommen hat oder ob sie sich durch die nicht vorschriftsgemäße Führung der „kleinen Kasse” und des „Tapetenbuchs” auch selbst bereichert hat.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte zu 1) habe Betriebsausgaben vorgetäuscht und Belege gefälscht, um sich zu bereichern. Die Gemeinschuldnerin hat in der Klageschrift und in einem weiteren Schriftsatz vom 11. November 1988 im einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, in welcher Form die Manipulationen vollzogen worden seien und wie sich ihre Forderung zusammensetzt.
Hinsichtlich des Beklagten zu 2) hat sie geltend gemacht, dieser hafte für den von der Beklagten zu 1) hinterzogenen Betrag als Gesamtschuldner mit, weil er in seiner Stellung als Verwaltungsleiter von deren Unterschlagungen gewußt und diese gedeckt habe. Er sei eigens zur Unterstützung und Entlastung des damaligen Geschäftsführers S. der für die Bereiche Finanzen und Verwaltung zuständig gewesen sei, eingestellt worden. Da letzterer sich wegen anderer Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend um die Verwaltungsgeschäfte der Klägerin habe kümmern können (unstreitig), seien diese Aufgaben, insbesondere auch die Finanzplanung und -kontrolle, dem Beklagten zu 2) zugefallen. Mit dem Beklagten zu 2) hätten einzelne Mitarbeiter etwaige, nicht ordnungsgemäß zu verbuchende „Sonderleistungen” für Urlaubsabgeltung, Fahrtkostenerstattung, Überstundenvergütung etc. vereinbart. Der Geschäftsführer L. habe von solchen Schwarzgeldzahlungen nichts gewußt. Er sei ausschließlich für die Bereiche Einkauf, Verkauf und Marketing (Außenbereich) zuständig gewesen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 45.818,86 DM nebst auf 397,07 DM
14 % Zinsen vom 01.01.1981 bis 31.12.1981; auf 16.330,21 DM
14 % Zinsen seit dem 01.01.1982 bis 21.03.1982;
23,5 % Zinsen vom 22.03.1982 bis 19.05.1982;
13 % Zinsen vom 20.05.1982 bis 30.05.1982;
12,75 % Zinsen vom 01.06.1982 bis 31.08.1982;
12,25 % Zinsen vom 01.09.1982 bis 29.10.1982;
11,25 % Zinsen vom 10.10.1982 bis 09.12.1982;
10,25 % Zinsen vom 10.12.1982 bis 31.12.1982; auf 34.114,14 DM
10,25 % Zinsen vom 01.01.1983 bis 06.01.1983;
10 % Zinsen vom 07.01.1983 bis 10.03.1983;
9,5 % Zinsen vom 11.03.1983 bis 31.03.1983;
8,75 % Zinsen vom 01.04.1983 bis 30.04.1983;
8,25 % Zinsen vom 01.05.1983 bis 31.05.1983;
7,0 % Zinsen vom 01.06.1983 bis 31.12.1983; auf 42.979,31 DM
7,0 % Zinsen vom 01.01.1984 bis 31.12.1984; auf 45.818,86 DM
7,0 % Zinsen vom 01.01.1985 bis 31.05.1989;
7,75 % Zinsen vom 01.06.1985 an zu zahlen;
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 7.900,– DM nebst
14 % Zinsen vom 01.01.1982 bis 21.03.1982;
13,5 % Zinsen vom 22.03.1982 bis 19.05.1982;
13 % Zinsen vom 20.03.1982 bis 30.05.1982;
12,75 % Zinsen vom 01.06.1982 bis 29.10.1982
11,25 % Zinsen vom 30.10.1982 bis 09.12.1982
10,25 % Zinsen vom 10.12.1982 bis 06.01.1983
10 % Zinsen vom 07.01.1983 bis 10.03.1983;
9,5 % Zinsen vom 11.03.1983 bis 31.03.1983;
8,75 % Zinsen vom 01.04.1983 bis 30.04.1983;
8,25 % Zinsen vom 01.05.1983 bis 31.05.1983;
7 % Zinsen vom 01.06.1983 bis 31.05.1985;
7,5 % Zinsen vom 01.06.1985 an zu zahlen.
Die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat im Vortrag zu einzelnen Positionen im wesentlichen bestritten, der Gemeinschuldnerin einen Schaden zugefügt zu haben. Hinsichtlich weiterer Positionen hat sie sich darauf berufen, die ihr zur Last gelegten Manipulationen im Kassenbuch der „kleinen Kasse” habe sie auf Veranlassung des Geschäftsführers L. vorgenommen, damit Ansprüche auf Urlaubsgeld, Überstundenvergütung etc. ohne Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben an einzelne, jeweils benannte Mitarbeiter hätten ausgezahlt werden können. Ihr sei es überlassen geblieben, diese Zahlungen durch entsprechende Manipulationen zu verbuchen. Über die Belegumschreibungen habe sie eine Kladde geführt. Aus den von ihr vorgelegten Quittungen ergebe sich, an welche Mitarbeiter einzelne der eingeklagten Beträge als Schwarzgeldzahlungen geflossen seien.
Das „Tapetenbuch” habe sie nicht manipuliert, um Hinterziehungen zu verdecken. Es sei vielmehr üblich gewesen, daß Kunden mit verschiedenen Kaufbelegen erschienen seien, wobei zur Vereinfachung nur eine der Barverkaufsnummern notiert worden sei. Die Kunden hätten die jeweils quittierten Beträge erhalten.
Der Beklagte zu 2) hat im wesentlichen vorgetragen, es habe nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört, die Buchhaltung der Beklagten zu 1) zu kontrollieren. Er hat sich darauf berufen, die gesamte Buchhaltungstechnik und -abwicklung habe dem Buchhalter P. obgelegen. Dieser habe eigenverantwortlich auch den Aufgabenbereich der Beklagten zu 1) geleitet und das uneingeschränkte Vertrauen der Geschäftsleitung genossen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu 1) nach Beweisaufnahme verurteilt, an die Klägerin 3.698,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. September 1988 (Klagezustellung) zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die alleinige Berufung der Gemeinschuldnerin erneut Beweis erhoben. Im Anschluß an eine mündliche Verhandlung, die ausweislich der Terminierung und Protokollierung am 18. Mai 1990 stattgefunden hat, hat es die Berufung der Gemeinschuldnerin zurückgewiesen. Die Urteilsabschrift enthält folgenden Vermerk:
„Verkündet lt. Sitzungsprotokoll am 9. April 1990.”
Im Urteilseingang heißt es:
„… hat die V. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 1990 …”
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene und auf Verfahrensrügen gestützte Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung der angefochtenen Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe jede einzelne Schadensposition voll zu beweisen. Durch Verzicht auf eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Buchführung habe die Gemeinschuldnerin eine Lage mitverursacht, die eine Rekonstruktion der tatsächlichen Gegebenheiten in weiten Teilen unmöglich mache. Der damalige Geschäftsführer L. habe alle Geldangelegenheiten selbst geprüft. Dies ergebe sich aus der Aussage des damaligen Mitgeschäftsführers S., der in erstinstanzlichem Verfahren als Zeuge gehört worden sei. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis nicht erbracht. Demzufolge bestehe auch keine Haftung des Beklagten zu 2). Ein Überwachungsverschulden hätte nur zum Tragen kommen können, wenn festgestanden hätte, daß die Beklagte zu 1) die Gemeinschuldnerin bei der Führung der „kleinen Kasse” geschädigt hätte.
II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Das Urteil ist schon deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht gegen § 286 ZPO verstoßen hat.
a) § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO verlangt die Angabe der tragenden Gründe durch das Gericht. Allgemeine Formeln oder leere Redensarten genügen nicht. Die richterliche Begründungspflicht ist die Basis jeder Überprüfung der Entscheidung durch die Parteien und das Rechtsmittelgericht (vgl. MünchKomm/Prütting, ZPO, § 286 Rz 20 f., m.w.N.).
b) Das Landesarbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt: „Die Klägerin hat nicht den Nachweis erbringen können, daß ihr die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten zustehen.” Später heißt es, die Klägerin habe nicht den Nachweis erbracht, daß ihr durch die Führung des „Tapetenbuches” und der „kleinen Kasse” ein Schaden entstanden sei. Das ist keine ausreichende Begründung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Formulierung „… hat den Nachweis eines Schadens nicht erbracht …” ist eine nichtssagende Redensart, die eine Begründung nicht ersetzt und einer fehlenden Begründung gleichsteht. Der Begriff „Nachweis” läßt nicht erkennen, ob der Vortrag der – früheren – Klägerin bezüglich des Schadenseintritts unschlüssig war, ob die Klägerin beweis fällig geblieben ist oder ob die stattgefundene Beweisaufnahme (u.a. Zeugen H. und P. !) die Darlegungen der Klägerin nicht bestätigt haben. War die Beweisaufnahme zweiter Instanz nicht überflüssig, fehlt überdies jegliche Beweiswürdigung.
c) Eine ausreichende Begründung ist auch nicht durch Inbezugnahme des arbeitsgerichtlichen Urteils gem. § 543 Abs. 1 ZPO erfolgt. Danach kann das Berufungsgericht auch in revisiblen Urteilen von der Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt. Erforderlich ist daß das Berufungsgericht ausdrücklich und unmißverständlich feststellt, daß es den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt. Denn eine Inbezugnahme des arbeitsgerichtlichen Urteils ist auch hinsichtlich eines Teiles der Begründung zulässig („soweit”; vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 543 Rz 6).
Wenn das Landesarbeitsgericht einleitend bemerkt, in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil sei die Berufungskammer der Auffassung, daß der – früheren – Klägerin über den zuerkannten Betrag hinaus weitere Zahlungsansprüche gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) nicht zuerkannt werden könnten, so hat es damit unmißverständlich nur eine Übereinstimmung mit dem Ergebnis des angefochtenen Urteils zum Ausdruck gebracht. Unklar bleibt im folgenden, ob das Landesarbeitsgericht dem Arbeitsgericht in der Begründung ganz oder nur teilweise folgen will. Wenn es auf Seite 13 des Berufungsurteils heißt, mit dem erstinstanzlichen Urteil gehe die Berufungskammer davon aus, daß die – frühere – Klägerin jede einzelne Schadensposition voll beweisenmüsse, ist damit lediglich die Übereinstimmung mit einem Teil der Begründung, der Beweislastverteilung, nicht aber auch der Würdigung des klägerischen Vortrags und der erhobenen Beweise, zum Ausdruck gebracht. Eine solche, neuerliche Bezugnahme auf das angefochtene Urteil wäre überflüssig, wenn bereits mit der vorangegangenen Feststellung die gesamten Gründe des mit der Berufung angefochtenen Urteils eindeutig in Bezug genommen worden wären.
d) Das Berufungsgericht hat weiter, wie in der Revision zulässig gerügt worden ist, angebotene Beweise nicht erhoben. Es hat zu Recht angenommen, die Gemeinschuldnerin müsse Beweis erbringen. Es hat aber die angebotenen Beweismittel nicht beachtet. Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Landesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen H. und P. völlig unberücksichtigt gelassen, obwohl es zuvor selbst darauf hingewiesen hatte, die Klägerin müsse jede Schadensposition beweisen. Die Rüge des Klägers ist ordnungsgemäß erhoben. Die Revision benennt jede der einzelnen übergangenen Schadenspositionen unter Angabe des entsprechenden Schriftsatzes, der Seitenzahl und der Anlage. Sie verdeutlicht, daß und was die Zeugen H. und P. ausgesagt haben und benennt das entsprechende Protokoll. Schließlich legt sie dar, daß es – auch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts – auf die jeweilige Darlegung eines Schadens ankam, das Urteil also bei Berücksichtigung der außer acht gelassenen Umstände hätte anders ausfallen können.
Die Rüge ist begründet. Nachdem das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen ist, die – frühere – Klägerin habe jede einzelne Schadensposition zu beweisen, hätte es begründen müssen, warum ihr dieser Beweis nicht gelungen ist. Indem es das unterlassen hat, hat es gegen die Begründungspflicht des § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstoßen. Der Kläger hat in der Revisionsbegründung im einzelnen dargetan, daß hinsichtlich folgender Positionen, deren Bezeichnung sich nach der Klageschrift richtet, Beweisantritte unbeachtlich geblieben sind: B I 3 f; B I 3 i; B I 3 j; B I 3 k; B I 3 1; B I 4: Additionsfehler; B I 5 bis 10.
e) Das Berufungsurteil beruht auf dem Begründungsmangel. Bei Berücksichtigung der Zeugenaussagen und des übergangenen klägerischen Vortrages wäre die Möglichkeit einer anderen Sachentscheidung nur dann ausgeschlossen, wenn etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu 1) verfallen, verjährt oder verwirkt wären. Dies ist nicht der Fall, wie die Vorinstanzen ohne Rechts fehler angenommen haben.
2. Angesichts dieser zulässigen und begründeten Verfahrensrügen kann es dahinstehen, ob das Urteil nicht bereits deshalb aufzuheben ist, weil die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist, § 551 Nr. 7 ZPO. Die Voraussetzungen nach § 551 Nr. 7 ZPO sind erfüllt, wenn die Entscheidungsgründe zu wesentlichen Streitpunkten fehlen, unverständlich oder inhaltsleer sind (Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl., § 551 Rz 12). Obwohl noch am 18. Mai 1990 verhandelt worden ist, ist ausweislich des Urteilseingangs der Tatsachenstoff, der nach dem 9. April 1990 in den Prozeß eingeführt worden ist, vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt worden: Außerdem lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Beweiswürdigung nicht erkennen, daß es die erhobenen Beweise überhaupt hinreichend gewürdigt hat.
III. Das Landesarbeitsgericht wird bei der erneuten Entscheidung zu beachten haben, daß es ausweislich der Behauptungen des Klägers zu jeder einzelnen Position zu überprüfen hat, ob unter Berücksichtigung eines schlüssigen Vortrages und der dazu benannten Zeugen und Gegenzeugen der Beweis erbracht ist. Soweit das Berufungsgericht darauf abgestellt haben sollte, die Gemeinschuldnerin und der jetzige Kläger müßten sich ein Verhalten des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH der Gemeinschuldnerin zurechnen lassen, wird auf die entgegenstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 19. April 1974 (– 3 AZR 379/73 – AP Nr. 75 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) verwiesen. Anhaltspunkte dafür, daß im Wege des Anscheinsbeweises oder im Wege der Umkehr der Beweislast vorgegangen werden konnte, liegen bisher nicht vor. Sowohl bei vertraglichen (positive Forderungsverletzung) als auch bei deliktischen Ansprüchen (§ 823 BGB in Verbindung mit §§ 243, 266 StGB) ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen für die anspruchsbegründende Voraussetzung des Schadenseintritts darlegungs- und beweisbelastet. Um ein Kassenmanko zu beweisen, muß der Kläger somit grundsätzlich substantiiert darlegen, wie sich die von ihm behauptete Vermögenseinbuße im einzelnen darstellt. Die Behauptung eines buchmäßigen Schadens reicht nicht aus (vgl. Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 1, 2. Aufl., § 611 Rz 29). Nachdem bisherigen Sachvortrag fehlen auch Anhaltspunkte dafür, daß der Arbeitnehmer, der mit der Kassenführung betraut war, diesen Gefahrenbereich allein beherrscht habe (vgl. dazu BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 292/81 – AP Nr. 1 zu § 11 a TV Ang Bundespost, mit weiteren Nachweisen).
Unterschriften
Michels-Holl, Dr. Ascheid, Dr. Müller-Glöge, Plenge, Hannig
Fundstellen