Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Änderungsangebot zur Lage der Arbeitszeit einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin, das im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten gegen § 2 BeschFG verstößt, führt zur Sozialwidrigkeit der entsprechenden Änderungskündigung.
2. Zur sog freien Unternehmerentscheidung bei der Arbeitszeitgestaltung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem 1. Juli 1971 zunächst als Vollzeitkraft und ab 1986 als Teilzeitkraft bei der Beklagten, die in Witten ein Einzelhandelskaufhaus betreibt, beschäftigt, zuletzt gegen eine Vergütung von etwa 2.000,– DM brutto monatlich. Sie war in der Abteilungsgruppe Modeschmuck/Propaganden, Echtschmuck, Uhren, Konsum-Körperpflege, Kosmetik, Parfümerie-Accessoires und Strümpfe (Kostenstellen 601, 602, 603, 621, 622, 623, 435) tätig. In dem zuletzt gültigen Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1993 ist ihre Arbeitszeit mit Wirkung vom 1. November 1993 wie folgt festgelegt: Montags und mittwochs von 9.30 Uhr bis 18.30 Uhr und donnerstags von 10.00 Uhr bis 18.30 Uhr (mit Kaufabend von 12.00 Uhr bis 20.30 Uhr), was bei einer täglichen Pause von einer Stunde eine wöchentliche Arbeitszeit von 23,5 Stunden (= 62,47 % der jeweiligen tariflichen Arbeitszeit) ausmacht; außerdem ist vereinbart, die Klägerin habe an den vier langen Samstagen vor Weihnachten gegen zusätzliche Vergütung zu arbeiten. Nachdem in der Abteilung der Klägerin per 30. September 1994 die Mitarbeiterin Z aufgrund Sozialplans ausgeschieden war, strebte die Beklagte eine Neuregelung der Arbeitszeitstruktur in der Abteilung der Klägerin an. Es galt dabei, die durch den Weggang der Frau Z entstandene Besetzungslücke auszugleichen; Frau Z hatte folgende Arbeitszeiten: dienstags, mittwochs und freitags von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr, donnerstags von 12.00 Uhr bis 18.30 Uhr (mit Kaufabend von 14.00 Uhr bis 20.30 Uhr) und samstags von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr, an langen Samstagen bis 16.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr. In der Abteilung der Klägerin sind außer der vollzeitbeschäftigten Substitutin Frau D noch die Volltagskräfte Frau A, Frau S und Frau K beschäftigt. Die Volltagskräfte arbeiten von 9.25 Uhr bis 18.30 Uhr, am Donnerstag mit Kaufabend von 11.00 Uhr bis 20.30 Uhr und samstags; für sie gilt aufgrund einer Betriebsvereinbarung ein System des vorwärtsrollierenden Freizeittages, d. h. jede Woche erhalten sie entsprechend dem Wochenturnus fortschreitend jeweils an einem anderen Tag – einschließlich samstags – einen freien Tag. Neben den Volltagskräften sind ferner die Teilzeitkräfte Frau F, Frau B und Frau Fr mit jeweils unterschiedlicher Teilzeit beschäftigt. Schließlich sind noch die Auffüllerinnen Frau Zi und Frau G tätig.
Nach Anhörung des Betriebsrats laut Mitteilungsschreiben vom 23. September 1994 – der Betriebsrat ließ die Wochenfrist verstreichen – kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 der Klägerin das Arbeitsverhältnis mit einem Angebot zur Arbeitszeitänderung fristgemäß zum 30. Juni 1995 auf, wonach die neue Arbeitszeit montags, dienstags und mittwochs von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr, donnerstags von 12.00 Uhr bis 18.30 Uhr (mit Kaufabend von 14.00 Uhr bis 20.30 Uhr) und samstags von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr (an langen Samstagen von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr) – bei 30 Minuten Pause – betragen sollte. Hieraus ergibt sich eine geringfügig angehobene wöchentliche Teilzeitarbeit von etwa 26,5 Stunden, was 68,22 % der jeweiligen tariflichen Arbeitszeit ausmacht. Zusätzlich sollte – wie bisher – an den vier langen Samstagen vor Weihnachten gearbeitet werden.
Die Klägerin hat das Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt angenommen, sondern geltend gemacht, ein betriebliches Erfordernis für die Abänderung der einzelvertraglich festgelegten Arbeitszeit bestehe nicht. Es sei nicht einzusehen, daß sie an jedem Samstag ihre Arbeitsleistung erbringen müsse; dies gelte nicht einmal für die Vollzeitkräfte. Falls überhaupt ein Bedürfnis für die Änderung der Arbeitszeiten bestehe, habe die Beklagte die übrigen Teilzeit- und auch Vollzeitkräfte anders einsetzen können. Wenn die Stelle der Frau Z nicht mehr benötigt wurde, also ein Überhang bestand, habe keine Besetzungslücke auftreten können. Es sei auch widersprüchlich, wenn die Beklagte noch ein Jahr vor dem Ausscheiden der Frau Z mit ihr, der Klägerin, die Arbeitszeiten vormittags ab 8.30 Uhr festgelegt habe, jetzt aber geltend mache, die Kundenfrequenz sei in den Vormittagsstunden nicht so stark wie nachmittags. Jedenfalls für die Tage Montag und Mittwoch werde bestritten, daß es vormittags zu einem geringeren Umsatz komme. Schließlich sei nicht ersichtlich, daß ihre Arbeitskraft während der vereinbarten Zeiten nicht mehr erforderlich sei. Die Änderungskündigung entbehre jeder Proportionalität; sie, die Klägerin, habe jedenfalls – wie die Vertragsgestaltung zeige – nicht jeden Wochentag mit Ausnahme des Freitags arbeiten wollen.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 ausgesprochene Kündigung nicht beendet wird,
- die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, weiterhin zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen als Verkäuferin zu beschäftigen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, wegen der seit 1993 anhaltend schlechten Ertragslage habe sie Personal reduzieren müssen, so daß es aufgrund des Sozialplans auch zu dem betriebsbedingten Ausscheiden der Frau Z per 30. September 1994 gekommen sei. Die hierdurch entstandene Besetzungslücke habe mit Hilfe einer neuen Arbeitszeitstruktur ausgeglichen werden müssen; insofern bestehe ein dringendes betriebliches Interesse an einer Festlegung von Nachmittags- und Samstagsarbeit, weil es sich hierbei um die umsatzstärksten Zeiten handele. Insofern sei es eine freie Unternehmerentscheidung, die Arbeitszeiten in der Abteilung zu ändern, wobei nur eine Mißbrauchs- und Willkürkontrolle möglich sei. Es sei aber nicht willkürlich, wenn die Klägerin insgesamt wöchentlich nur ca. 2 Stunden habe mehr arbeiten sollen und statt um 9.30 Uhr um 12.00 Uhr anfangen müsse. Ein anderer freier Arbeitsplatz, der den Arbeitszeitvorstellungen der Klägerin genüge, sei nicht vorhanden. Jedenfalls müßten die rein privaten Gründe der Klägerin an der Beibehaltung ihrer Arbeitszeit hinter den betrieblichen Interessen zurückstehen.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt, während auf die Berufung der Beklagten das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die der Klägerin ausgesprochene Kündigung vom 20. Oktober 1994 sozial nicht gerechtfertigt ist, §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG.
I.
Das Landesarbeitsgericht hat seine – entgegenstehende – Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die Änderung der Arbeitszeiten nur Teilzeitkräfte betroffen habe und aufgrund des Ausscheidens der Mitarbeiterin Z die dadurch entstandene Besetzungslücke habe ausgeglichen werden müssen. Für eine Arbeitszeitänderung sei nur die Klägerin in Frage gekommen, da sie nur montags und mittwochs sowie im Wechsel donnerstags tätig gewesen sei und zu Zeiten gearbeitet habe, an denen kein großer Bedarf bestanden habe. Es liege damit eine Unternehmerentscheidung vor, bei der die Beklagte eine personelle Konzeption vorgegeben habe, nämlich den Arbeitsplatz der ausgeschiedenen Mitarbeiterin Z nicht neu zu besetzen, sondern die durch den Wegfall dieses Arbeitsplatzes entstehende Besetzungslücke dergestalt auszugleichen, daß für die Nachmittagsarbeit auf Teilzeitkräfte zurückgegriffen werde. Da die Kundenfrequenz vormittags sehr niedrig sei, bestehe im übrigen kein Interesse der Beklagten, die Klägerin schon morgens vor 12.00 Uhr einzusetzen; außerdem habe wegen Wegfalls der Samstagsarbeit der Frau Z die Klägerin an Samstagen eingesetzt werden müssen. Demgegenüber komme es nicht darauf an, ob das Bedürfnis nach der Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den alten Bedingungen – wie das Arbeitsgericht meine – entfallen sei. Schließlich sei auch die soziale Auswahl nicht zu beanstanden und die Kündigung sei gerechtfertigt, da dem billigenswerte Interessen der Klägerin nicht entgegenstünden.
II.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts folgt der Senat nicht. Das angefochtene Urteil hält hinsichtlich der Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision rügt zutreffend, das Berufungsgericht habe Inhalt und Reichweite einer bindenden Unternehmerentscheidung im Rahmen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG verkannt.
1. Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3 KSchG vorliegen. Hierbei ist zunächst die soziale Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung zu überprüfen, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, zu B I der Gründe, m.w.N.).
Dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG können dann vorliegen, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer überhaupt oder unter Zugrundelegung des Vertragsinhalts für den bisherigen Einsatz entfällt (BAGE 28, 131, 133 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe). Liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, so ist diese selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6, aaO, zu II 1 b der Gründe; BAGE 32, 150, 155 f. = AP Nr. 8, aaO, zu II 2 der Gründe; BAGE 55, 262, 269 f. = AP Nr. 42, aaO, zu III 2 der Gründe).
2. Von dieser Rechtsprechung ausgehend, hat zwar das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend erwogen, ob hierbei eine bindende Unternehmerentscheidung der Beklagten vorliegt. Diese hat es zunächst zutreffend darin gesehen – und dies entspricht auch der Darstellung der Beklagten –, es liege eine personelle Konzeption vor, wonach eine durch das Ausscheiden der Mitarbeiterin Z entstandene Besetzungslücke durch Neuordnung der Arbeitszeitstruktur in der Abteilung der Klägerin auszugleichen sei. Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden (Urteil vom 20. Februar 1986 - 2 AZR 212/85 - AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969, zu B II 2 b der Gründe), das unternehmerische Ermessen sei ein normativer Begriff, der keinen für alle Fälle feststehenden Inhalt habe, sondern stets im Hinblick auf den Zusammenhang, in dem er jeweils stehe, zu bestimmen sei; es gehe insoweit um die „Bestimmung der der Geschäftsführung zugrundeliegenden Unternehmenspolitik”. Dementsprechend könnten die Gerichte für Arbeitssachen diese Entscheidung des Unternehmers über die Leitung des Unternehmens nicht auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur auf Willkürlichkeit und offenbare Unrichtigkeit überprüfen. Außerdem darf die unternehmerische Maßnahme nicht allein in der Kündigung als solcher bestehen (Senatsurteil vom 20. Februar 1986 - 2 AZR 212/85 - AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969).
a) Richtig ist, daß vorliegend von einer unternehmerischen Entscheidung auszugehen ist, wonach die Beklagte mit dem noch vorhandenen Personal die vorhandene Arbeitsmenge bewältigen wollte. Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Beklagten, daß das Konzept nicht nur in der Änderung der Arbeitszeit der Klägerin bestand.
Es gehört zur Organisation und Gestaltung des Betriebes, neben der Anschaffung von Maschinen, Gerätschaften sowie Vorrichtungen und der Gestaltung der Arbeitsabläufe, die Stärke der Belegschaft, mit der das Betriebsziel erreicht werden soll, festzulegen. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Kapazität an Arbeitskräften und an Arbeitszeit und wie diese Kapazität – vorliegend auf die Ladenöffnungszeiten – verteilt werden soll. Dabei kann die Unternehmerentscheidung auch darin liegen, künftig auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten (ebenso Hillebrecht, ZfA 1991, 107, 110; Tenczer/Stahlhacke in Anm. zu LAGE § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 16; von Hoyningen-Huene, NZA 1994, 1009, 1011). Soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintritt, wird sie als Konzept gewollt und dadurch notwendig werdende Änderungen sind in Kauf genommen; der rationelle Einsatz des Personals ist Sache der Unternehmerentscheidung. So hat auch der Senat bereits entschieden (BAGE 73, 151, 161 f. = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969, zu II 2 e bb der Gründe), es liege in der unternehmerischen Entscheidung, mit welcher Anzahl von Arbeitskräften der Arbeitgeber nach Durchführung des innerbetrieblichen Organisationsaktes die verbleibende Arbeitsmenge durchführen lasse; so gehöre die Bestimmung zum Bereich der Unternehmenspolitik, ob ein umfangmäßig konkretisierter Dienstleistungsbedarf z. B. nur mit Volltags- oder teilweise auch mit Halbtagsbeschäftigungen abgedeckt werden solle.
b) Der Senat geht nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts davon aus, daß die Beklagte die Abteilungsgruppe Modeschmuck usw. mit den Vollzeitarbeitnehmerinnen D, A, S und K sowie mit den Teilzeitkräften F, B, Fr und der Klägerin sowie den Auffüllerinnen Zi und G nach einem bestimmten, den Ladenöffnungszeiten angepaßten, „Stundenplan” betreiben wollte. Dieses Konzept ist eine Unternehmerentscheidung, die nach den dargelegten Grundsätzen von den Gerichten nur beschränkt überprüfbar ist.
aa) Die Umsetzung des Konzeptes braucht die Klägerin jedoch, was die für sie bestimmte Arbeitszeitgestaltung angeht, nicht billigerweise hinzunehmen, §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG (vgl. BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, zu B I der Gründe, m.w.N.). Dies ergibt sich schon daraus, daß die Klägerin im Unterschied zu den Volltagskräften – insbesondere im Vergleich zu der mit ihr in der Parfümerie arbeitenden Frau A – durchgehend die umsatzstärksten Zeiten und vor allem die Samstagsarbeit abdecken soll. Während nach dem rollierenden Freizeitsystem jedenfalls die Volltagsangestellten in jeder sechsten Woche samstags frei haben, sieht das neue Arbeitszeitkonzept der Beklagten dies für die Klägerin nicht vor. Darin liegt ein Verstoß gegen § 2 BeschFG, wonach der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln darf, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung im Vergleich u.a. zu Frau A hat die Beklagte nicht angeführt, obwohl die Klägerin in beiden Tatsacheninstanzen deutlich darauf hingewiesen hat, nicht einmal die Vollzeitkräfte, u. a. Frau D und Frau A, arbeiteten jeden Samstag, so daß nicht einzusehen sei, warum sie durchgehend samstags arbeiten solle. Die Beklagte darf die Klägerin schon, was die Samstagsarbeit angeht, nicht ohne sachlichen Grund schlechter stellen als die Volltagsarbeitskräfte, wenn dies nicht – wie teilweise bei den anderen beschäftigten Teilzeitkräften – in deren Einverständnis geschieht. Während die Volltagskräfte nach dem rollierenden Freizeitsystem jeweils in der 6. Woche samstags/sonntags und sonntags/montags an zwei zusammenhängenden Tagen frei haben, soll die Klägerin bei unveränderter Arbeitszeit an 5 fest bestimmten Werktagen mit Ausnahme des Freitags arbeiten und kommt deshalb nie in den Genuß einer zusammenhängenden Freizeit von zwei Tagen. Das braucht sie nicht hinzunehmen.
aa) Der unterschiedliche Arbeitsumfang rechtfertigt keine arbeitsrechtliche Sonderbehandlung der Teilzeitarbeitnehmer, wenn hierfür keine sachlichen Gründe gegeben sind. Das hat das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit u.a. zu Entgeltfragen (vgl. zuletzt BAG Urteile vom 1. November 1995 - 5 AZR 880/94 - und - 5 AZR 84/94 - AP Nr. 46 und 45 zu § 2 BeschFG 1985, letzteres zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), zur Anerkennung von Bewährungszeiten im BAT (BAG Urteil vom 9. März 1994 - 4 AZR 301/93 - BAGE 76, 90 = AP Nr. 31 zu § 23 a BAT) und der Beihilfefähigkeit (Urteil vom 17. Juni 1993 - 6 AZR 620/92 - BAGE 73, 262 = AP Nr. 32 zu § 2 BeschFG), zum generellen Ausschluß vom Bewährungsaufstieg (BAG Urteil vom 25. September 1991 - 4 AZR 33/91 - AP Nr. 14 zu § 2 BeschFG 1985), aber auch zur anteiligen Arbeitszeitverkürzung (Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 AZR 518/90 - AP Nr. 18, aa0) entschieden, bisher allerdings zur Lage der Arbeitszeit offengelassen (Urteil vom 1. Dezember 1994 - 6 AZR 501/94 - BAGE 78, 396 = AP Nr. 41, aa0). Das gesetzliche Benachteiligungsverbot erfaßt jedenfalls alle Arbeitsbedingungen (ebenso GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 85). Das gilt auch für die Möglichkeit der Freizeitgestaltung an Wochenenden, weil die zusammenhängende Freizeit an den Wochentagen Samstag/Sonntag ganz allgemein als erstrebenswert und vorteilhaft angesehen wird. Sachliche Gründe, die Klägerin als Teilzeitkraft davon generell auszuschließen, sind nicht ersichtlich. Das hierauf zielende Vertragsänderungsangebot verstieße, wenn die Klägerin es unter Vorbehalt angenommen hätte, gegen § 2 BeschFG und führt damit zur Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung.
bb) Die Unangemessenheit des Änderungsangebots wird außerdem dadurch belegt, daß die Klägerin statt früher an drei Tagen nach dem neuen Konzept nur noch an einem Tag (freitags) pro Woche frei haben soll, während z. B. die teilzeitbeschäftigte Frau F nach wie vor zwei freie Tage (montags und freitags) hat. Schließlich soll die Klägerin anders als die anderen Teilzeitkräfte durchgehend von montags bis donnerstags in der Zeit ab 12.00 Uhr und in den umsatzstärksten Zeiten eingesetzt werden (einschließlich samstags), während andere Teilzeitbeschäftigte – so Frau F und Frau Fr – auch vormittags ab 9.30 Uhr wie früher auch die Klägerin eingesetzt werden.
cc) Bei alledem geht es nicht um einen Vorgriff auf die im Falle der Betriebsbedingtheit weiter zu prüfende Frage einer ausreichenden sozialen Auswahl, die auch bei der Änderungskündigung vorzunehmen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 1993 - AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969, zu II 3 d der Gründe), sondern um die Frage, ob die von der Beklagten herausgestellte „neue Arbeitszeitstruktur in der Abteilungsgruppe” von der Klägerin billigerweise hinzunehmen ist. Das läßt sich u. a. im Vergleich mit der für die anderen Mitarbeiter geltenden Arbeitszeit überprüfen und ist hier zu verneinen.
3. Die Beklagte ist allerdings nicht etwa allein schon aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (ultima-ratio-Prinzip) verpflichtet, die anstehende Neuverteilung der Arbeit als milderes Mittel durch eine weniger die Interessen der Klägerin beeinträchtigende Arbeitszeitgestaltung (z. B. nur Arbeit montags bis freitags oder nur donnerstags bis samstags) oder statt einer so gravierenden Änderungskündigung durch drei weniger einschneidende Änderungskündigungen gegenüber mehreren Arbeitnehmerinnen (vgl. dazu Urteil vom 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969) zu vermeiden. Denn damit würde in die aufgrund der Unternehmerfreiheit bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten eingegriffen und dem Arbeitgeber vom Gericht ein bestimmtes anderes Konzept vorgeschrieben, was nach der eingangs zu II 1 wiedergegebenen Rechtsprechung zu beurteilen – bis zur Grenze der Willkürlichkeit – gerade nicht Sache der Arbeitsgerichte ist. Deshalb bleibt es der Beklagten überlassen, wie sie ihre freie Unternehmerentscheidung zur Arbeitszeitstruktur in anderer Weise durchsetzen will.
4. Ist die (Änderungs-)Kündigung als unwirksam anzusehen, braucht nicht auf die Frage der Sozialauswahl und die formelle Rüge der Klägerin eingegangen zu werden, das Landesarbeitsgericht gehe entgegen ihrem erstinstanzlichen Bestreiten unzutreffend davon aus, die Kundenfrequenz sei jedenfalls an ihren bisherigen Arbeitstagen montags und mittwochs vormittags erheblich niedriger als nachmittags, was das Landesarbeitsgericht entgegen seinem eigenen Tatbestand in den streitigen Behauptungen (Urteil S. 16) in den Entscheidungsgründen (S. 28) als unstreitig angesehen und prozeßentscheidend zu ihren Lasten bewertet hat.
5. Mit der rechtskräftigen Entscheidung des Senats über den Feststellungsantrag hat sich auch der auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Antrag der Klägerin erledigt.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Hayser, Dr. Roeckl
Fundstellen
BAGE 00, 00 |
BAGE, 358 |
BB 1997, 1104 (Kurzwiedergabe) |
DB 1997, 1776-1777 (Leitsatz 1-2 und Gründe) |
DB 1997, 985 (Kurzwiedergabe) |
DStR 1997, 1585 (Kurzwiedergabe) |
NJW 1998, 179 |
NWB 1997, 1637 |
BuW 1997, 440 (Kurzwiedergabe) |
BuW 1997, 719 (Kurzwiedergabe) |
EBE/BAG 1997, 126 (Leitsatz 1-2 und Gründe) |
ARST 1997, 145 (Kurzwiedergabe) |
ASP 1997, Nr 5/6, 62 (Kurzwiedergabe) |
EWiR 1997, 947 (red. Leitsatz) |
JR 1998, 44 |
NZA 1997, 1047 |
ZAP, EN-Nr 417/97 (Kurzwiedergabe) |
AP 00, (demnächst) |
ArbuR 1997, 249 (Kurzwiedergabe) |
ArbuR 1997, 372 (Leitsatz 1) |
AuA 1997, 206 (Kurzwiedergabe) |
AuA 1998, 285 |
EBE/BAG Beilage 1997, Ls 177/97 (Leitsatz 1-2) |
EzA-SD 1997, Nr 15, 11 (Leitsatz 1-2) |
EzA-SD 1997, Nr 16, 3-5 (Leitsatz 1-2 und Gründe) |
EzA-SD 1997, Nr 9, 4 (Kurzwiedergabe) |
MDR 1997, 947 |
MDR 1997, 947-948 (Leitsatz und Gründe) |
NJ 1997, 297 |