Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung wegen Nichtübernahme im Hochschuldienst

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 13, 20 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1; Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 2 bis 3; Hochschulrahmengesetz § 44; Hochschulrahmengesetz §§ 75, 75a; KSchG § 1; BGB §§ 242, 315; GG Art. 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 08.08.1994; Aktenzeichen 5 Sa 470/93)

ArbG Stralsund (Urteil vom 04.05.1993; Aktenzeichen 11 Ca 311/92)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. August 1994 – 5 Sa 470/93 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, die der Beklagte auf Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 2 bis 3 der Anlage I zum Einigungsvertrag (künftig: Abs. 4 Ziff. 2 bis 3 EV) stützt.

Der im Jahre 1949 geborene Kläger war seit 1972 an der E. Universität in G. beschäftigt. Seit 1986 war er als Hochschuldozent am Institut für deutsche Philologie mit dem Fachgebiet „Deutsche Sprache der Gegenwart” tätig.

Der Kläger hat das Ehrenverfahren nach § 2 Hochschulerneuerungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom 18. März 1992 (HEG) durchlaufen. Mit Bescheid vom 20. Mai 1992 wurde er in die mitgliedschaftsrechtliche Stellung eines Professors im Sinne von § 44 Hochschulrahmengesetz („HRG-Professor”) übergeleitet.

Ab dem Frühjahr 1992 wies der Beklagte die Stellen für das wissenschaftliche Personal an den Hochschulen neu aus. Die Stellen wurden unabhängig davon, ob sie besetzt waren, hochschulintern und bei Fehlen geeigneter eigener Bewerber auch öffentlich ausgeschrieben.

Für das Fachgebiet des Klägers waren im Stellenplan keine Hochschuldozentenstellen ausgewiesen. Stattdessen waren mehrere C 3- und C 4-Professorenstellen ausgewiesen, von denen eine dieselbe Fachbezeichnung trug wie die Dozentenstelle des Klägers („Deutsche Sprache der Gegenwart”).

Der Kläger bewarb sich um drei zu besetzende Stellen, nämlich um die Stellen:

  • C 4-Professur für Germanistische Sprachwissenschaft (Stellen-Nr. 12–400–36),
  • C 3-Professur für Deutsche Sprache der Gegenwart (Stellen-Nr. 12–400–42),
  • C 3-Professur für Deutsch als Fremdsprache (Stellen-Nr. 12–400–39).

Der Kläger blieb bei der Besetzung aller drei Stellen unberücksichtigt. Die C 4-Stelle und die C 3-Stelle für Deutsch als Fremdsprache wurden vom beklagten Land anderweitig besetzt. Die C 3-Stelle für „Deutsche Sprache der Gegenwart” wurde „mangels geeigneter Kandidaten” nicht besetzt und in der Folgezeit bundesweit ausgeschrieben.

Zur Bewerbung des Klägers auf die C 3-Stelle „Deutsche Sprache der Gegenwart” hat die vom beklagten Land eingesetzte Übernahmekommission votiert, daß eine Übernahme des Klägers auf diese Stelle nicht empfohlen werden könne. Sie halte den Kläger „gegenwärtig noch nicht für geeignet, die Anforderungen an diese Professur zu erfüllen”.

Mit Schreiben vom 25. September 1992 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 31. Dezember 1992 wegen mangelnden Bedarfs und wegen Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung.

Mit der am 30. September 1992 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Er habe entsprechend dem Überleitungsbescheid einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Professor. Dieser Anspruch sei auch realisierbar, weil es eine Reihe unbesetzter C 3- bzw. C 4-Stellen gäbe. Seine Nichtberücksichtigung auf der C 3-Stelle „Deutsche Sprache der Gegenwart” könne nur auf sachwidrigen Erwägungen beruhen, weil ihm diese Stelle durch seine bisherige Tätigkeit wie auf den Leib geschnitten sei.

Der Kläger hat – soweit in der Revision von Bedeutung – beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 25. September 1992 nicht aufgelöst worden sei, sondern über den 31. Dezember 1992 hinaus fortbestehe.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und vorgetragen, der Aufbau der Hochschule habe sich wesentlich verändert. Die bisherige Verwendung des Klägers sei nicht mehr möglich, weil es die Stelle eines Hochschuldozenten innerhalb der neuen Personalstruktur nicht mehr gebe. Eine anderweitige Verwendung des Klägers sei ebenfalls nicht möglich, weil keine anderen für ihn geeigneten Stellen vorhanden gewesen seien. Aus der mitgliedschaftsrechtlichen Überleitung zum HRG-Professor folge kein Rechtsanspruch auf Übernahme. Die Auswahl im Übernahmeverfahren sei nach Leistungsgesichtspunkten vorgenommen worden. Der Kläger habe sich für keine Stelle, für die er sich beworben habe, als geeignet plazieren können. Die Überleitungskommission habe die Auffassung vertreten, daß der Kläger in seinen fachspezifischen Fähigkeiten „eine gewisse thematische Enge” aufweise, so daß seine Übernahme nicht empfohlen werden könne. Die Kündigung des Klägers sei daher nicht zu vermeiden gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar. Sein Arbeitsplatz sei weggefallen, da der Haushaltsgesetzgeber die Stelle gestrichen und das zuständige Kultusministerium in Zusammenarbeit mit der Hochschule entschieden habe, den derzeitigen Stelleninhaber nicht durch haushaltsrechtliche Maßnahmen auf einer anderen Stelle fortzuführen. Eine Hochschuldozentenstelle für „Deutsche Sprache der Gegenwart” sei nicht mehr ausgewiesen. Bei der neu ausgewiesenen C 3-Professur für Deutsche Sprache der Gegenwart handele es sich nicht um die bisherige Stelle des Klägers. Dazu seien die Anforderungen an den jeweiligen Stelleninhaber zu unterschiedlich. Allein die statusrechtlichen Unterschiede zwischen einem Hochschuldozenten einerseits und einem C 3-Professor andererseits verböten die Annahme, die C 3-Professur sei im Grunde nur eine neue Bezeichnung für die alte Stelle des Klägers. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die nach dem Haushalt zugewiesenen Stellen im Rahmen der Hochschulerneuerung so aufzuteilen, daß bisherige Stelleninhaber nach Möglichkeit weiter tätig bleiben könnten. § 75 Abs. 3 Satz 2 HRG eröffne lediglich die Möglichkeit, Stellen alten Typs für den Zeitraum ihrer derzeitigen Besetzung als solche weiterzuführen; ein arbeitsrechtlicher Bestandsschutz zugunsten des vorhandenen Personals sei damit nicht verbunden.

Einen freien Arbeitsplatz, auf dem der Kläger hätte eingesetzt werden können, habe es nicht gegeben. Die Weiter Verwendung komme nur bei ausreichender fachlicher Qualifikation und bei Eignung für die betreffende Stelle in Betracht. Bei der Eignungsbeurteilung bestehe ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum. Der Kläger habe entsprechende Entscheidungsdefizite nicht vorgetragen. Rechtsfehler bei der Besetzung der von ihm genannten Stellen seien nicht ersichtlich. Hinsichtlich der C 3-Stelle „Deutsch als Fremdsprache” weise der Kläger keine besonderen Eignungsmerkmale auf. Es sei daher nicht ersichtlich, daß die Entscheidung gegen ihn ohne sachlichen Grund erfolgt sein könne. Sachwidrige Erwägungen bei der Nichtberücksichtigung auf der C 4-Stelle seien ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich. Schon die statusrechtlichen Unterschiede zwischen der bisherigen Stellung des Klägers und der angestrebten C 4-Professur sprächen gegen eine sachwidrige Benachteiligung des Klägers. Auch die Nichtberücksichtigung des Klägers auf der C 3-Stelle „Deutsche Sprache der Gegenwart” lasse keinen Rechtsfehler erkennen. In der abschließenden Stellungnahme der Übernahmekommission werde die negative Empfehlung mit „einer gewissen thematischen Enge” der Arbeit des Klägers begründet. Zu dieser Aussage sei die Kommission gelangt, obwohl ihr die komplette Veröffentlichungsliste des Klägers vorgelegen habe.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

1. Der Kläger ist aufgrund seiner durchgehenden Beschäftigung als Hochschuldozent in G. Angehöriger des öffentlichen Dienstes im Sinne von Art. 20 Abs. 1 EV. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, findet auf das Arbeitsverhältnis Abs. 4 EV Anwendung. Dieses Sonderkündigungsrecht bleibt von der Überleitungsregelung des Hochschulrahmengesetzes und von darauf beruhendem Landesrecht unberührt (vgl. § 75 a Satz 2 Halbs. 2 HRG).

2. Gemäß Abs. 4 Ziff. 2 und 3 EV ist eine ordentliche Kündigung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist oder die bisherige Beschäftigungsstelle ersatzlos aufgelöst wird oder bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaues der Beschäftigungsstelle die bisherige oder eine anderweitige Verwendung nicht mehr möglich ist.

a) Diese Regelung verdrängt den allgemeinen Kündigungsschutz des § 1 KSchG, soweit ihr Regelungsgehalt reicht (vgl. BAGE 71, 221 = AP Nr. 3 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX). Bei Vorliegen der angeführten gesetzlichen Tatbestände ist eine darüber hinausgehende Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung gem. § 1 KSchG entbehrlich. Anwendbar bleiben sonstige Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes wie auch die Regelungen des Personalvertretungsrechts, die die Wirksamkeit einer Kündigung von der ordnungsgemäßen Beteiligung der Personalvertretung abhängig machen (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 262/92 – AP Nr. 9 zu Art. 20 Einigungsvertrag, m.w.N.).

b) Abs. 4 Ziff. 2 und 3 EV stellt auf die weitere „Verwendbarkeit” des Arbeitnehmers ab. Bei einem wegen Personalüberhangs mangelnden Bedarf ist zur Beantwortung der Frage, welcher von mehreren an sich geeigneten Arbeitnehmern nicht mehr verwendbar ist, eine Auswahlentscheidung zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1995 – 8 AZR 914/93 – BAGE 79, 128 = AP Nr. 12 zu Art. 13 Einigungsvertrag, zu B III 1 der Gründe). Entsprechendes gilt bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaues der Beschäftigungsstelle, solange ein Arbeitsplatz für eine mögliche Verwendung der an sich geeigneten Arbeitnehmer zur Verfügung steht.

c) Der Arbeitgeber ist im Falle einer Bedarfskündigung nach dem Einigungsvertrag nicht an die Grundsätze der sozialen Auswahl gem. § 1 Abs. 3 KSchG gebunden. Die zu treffende Auswahlentscheidung darf jedoch nicht willkürlich erfolgen, sondern ist gem. § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen und muß, um nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu verstoßen, ohne Vorrang der dienstlichen Interessen soziale Belange angemessen berücksichtigen (Senatsurteil vom 19. Januar 1995, a.a.O., zu B III 2 der Gründe; dem folgend BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 1019/94 – AP Nr. 55 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX und BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 1026/94 – AP Nr. 35 zu Art. 20 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

3. a) Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn im Zuge der Erneuerung des Hochschulwesens keine Stellen fortgeführt, sondern alle nach dem Haushalt vorgesehenen Stellen aus dem Kreis der bisherigen Beschäftigten neu besetzt werden (BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 1019/94 – a.a.O.; dem folgend Senatsurteil vom 13. Juni 1996 – 8 AZR 392/94 – n.v.). Waren die nach der Organisationsentscheidung des Landes vorgesehenen Stellen besetzt und verlief das im Zuge der Besetzung der vorhandenen Stellen erforderliche Auswahlverfahren rechtmäßig, so bestand für die weitere Verwendung der nicht zum Zuge gekommenen Arbeitnehmer kein Bedarf mehr. Seiner Verantwortung für eine willkürfreie, mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbare Auswahlentscheidung im Besetzungsverfahren kann sich das Land nicht dadurch entziehen, daß es Besetzungsvorschläge der zuständigen Kommissionen ungeprüft übernimmt. Die jeweilige Auswahlentscheidung ist gleichwohl daraufhin gerichtlich überprüfbar, ob objektiv die Grenzen der §§ 315 Abs. 1, 242 BGB gewahrt wurden (Senatsurteil vom 29. August 1996 – 8 AZR 505/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II der Gründe).

b) § 75 a in Verbindung mit § 75 Abs. 3 Satz 2 HRG, wonach das Hochschulpersonal, das nicht in ein Amt der neuen Personalstruktur übernommen wird, in seinem bisherigen Dienstverhältnis verbleibt, schafft keinen arbeitsrechtlichen Bestandsschutz zugunsten des vorhandenen Personals. Durch die §§ 75, 75 a HRG und die darauf beruhenden Gesetze der Länder ist eine Änderung der nach dem Einigungsvertrag bestehenden kündigungsrechtlichen Situation nicht eingetreten. Die Überleitungsvorschriften stellen insofern lediglich klar, daß bei den weiterbeschäftigten Professoren eine dienstrechtliche Alternative besteht: zum einen Übernahme in die Personalstruktur nach dem Hochschulrahmengesetz und damit verbunden die Einstufung in die Besoldungsgruppe C, zum anderen Verbleiben im bisherigen Dienstverhältnis eines Angestellten. Ob dagegen das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden muß oder wegen fehlender Verwendungsmöglichkeit gekündigt werden kann, richtet sich allein nach den kündigungsrechtlichen Bestimmungen, die durch die Überleitungsregelungen nicht eingeschränkt worden sind (Senatsurteil vom 29. August 1996, a.a.O.).

c) Der Landesgesetzgeber und die Hochschulen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsautonomie sind vor dem Hintergrund der erforderlichen und verfassungsrechtlich gerechtfertigten Erneuerung der Hochschulen (Art. 5 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 EV) frei, Fächer und Fachbereiche neu zu strukturieren und zu organisieren und in diesem Zusammenhang auch festzulegen, welche fachlichen Anforderungen an die Besetzung der neu strukturierten Stellen zu knüpfen sind. Welches konkrete Anforderungsprofil eine zu besetzende Stelle kennzeichnet und welche Anforderungen hierfür entsprechend an einen Bewerber hinsichtlich fachlicher Qualifikation und Eignung zu stellen sind, ist arbeitsgerichtlich allenfalls im Rahmen einer Mißbrauchskontrolle überprüfbar (Senatsurteil vom 29. August 1996, a.a.O., zu B III 3 der Gründe).

d) Der öffentliche Arbeitgeber kann ausgeschriebene Stellen auch mit externen Bewerbern besetzen. Er kann aber gerade hieraus eine fehlende Verwendungsmöglichkeit für einen Bewerber aus der Hochschule (Beschäftigungsstelle), der dem Anforderungsprofil der Stelle genügt, nicht herleiten. Werden bei einer Verringerung der Zahl der Arbeitsplätze und/oder Änderung der Anforderungen auf Arbeitsstellen Kündigungen notwendig, so erlaubt Abs. 4 Ziff. 2, 3 EV eine Auswahl der zu Kündigenden ohne den strengen Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG. Er ermöglicht dem Arbeitgeber jedoch nicht, über den mangelnden Bedarf hinaus oder ohne Rücksicht auf die Strukturänderung zusätzliche Kündigungen auszusprechen, die allein auf Neueinstellungen beruhen. Das liefe auf eine unzulässige Austauschkündigung hinaus, die einzig dem Zweck diente, vorhandene geeignete Arbeitnehmer durch etwa noch besser geeignete zu ersetzen (vgl. näher Senatsurteil vom 20. März 1997 – 8 AZR 829/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 4 b der Gründe). Eine Auswahl danach, wer am besten für die Stelle qualifiziert ist, ist allein unter den Bewerbern aus der Beschäftigungsstelle zulässig.

e) Die aufgezeigten Maßstäbe für die Stellenbesetzung bestehen unabhängig davon, ob die ausgeschriebene Stelle mit einer bisherigen Stelle identisch ist oder ob es sich um eine „neue” Stelle mit einem bisher nicht vorhandenen Anforderungsprofil handelt.

Allerdings wird die grundsätzliche Eignung anzunehmen sein, wenn sich der Inhaber einer Stelle wieder auf diese bewirbt. Bei der neu strukturierten Stelle eines Wissenschaftlers hat die für die Besetzung zuständige Person oder Kommission einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum, ob der Bewerber dem Anforderungsprofil entspricht (Senatsurteil vom 20. März 1997, a.a.O., zu II 4 c der Gründe).

4. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, der Kläger sei wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar gewesen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler ausgeführt, daß der Arbeitsplatz des Klägers im Zuge der Hochschulerneuerung weggefallen ist. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, der Haushaltsgesetzgeber habe die Stelle des Klägers gestrichen, eine Hochschuldozentenstelle für „Deutsche Sprache der Gegenwart” bestehe am Philologischen Institut nicht mehr, über eine Weiterbeschäftigung im bisherigen Rechtsverhältnis sei negativ entschieden worden. Damit lag der Kündigung ein mangelnder Bedarf im Sinne von Abs. 4 Ziff. 2 EV zugrunde.

b) Aus dem Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers und dem Fehlen eines entsprechenden Arbeitsplatzes folgt, daß der Kläger nicht mehr wie bisher verwendbar war. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, selbst bei etwaigen Überschneidungen zwischen der Tätigkeit des Klägers als Hochschuldozent und der des Lehrstuhlinhabers für „Deutsche Sprache der Gegenwart” handele es sich schon wegen der statusrechtlichen Unterschiede um Stellen mit verschiedenen Anforderungsprofilen (vgl. Senatsurteil vom 29. August 1996, a.a.O., zu B III 4 a der Gründe).

c) Der Kläger war auch nicht anderweitig verwendbar.

aa) Die anderweitige Verwendung setzte zwar entgegen dem Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts nicht notwendig einen freien für den Kläger geeigneten Arbeitsplatz voraus; denn der Beklagte hatte alle Stellen für das wissenschaftliche Personal, auch die besetzten Stellen, ausgeschrieben. Deshalb war der Kläger auf eine entsprechende Bewerbung angewiesen. Er konnte sich nicht darauf beschränken, im Prozeß das Fehlen anderer geeigneter Stellen – noch dazu pauschal – zu bestreiten. Es hätte demnach genügt, wenn er im Rahmen seiner Bewerbungen für eine ausgeschriebene Stelle zu berücksichtigen gewesen wäre.

bb) Der Kläger mußte nicht schon deshalb mit seiner Bewerbung für eine ausgeschriebene Stelle berücksichtigt werden, weil er, wie dies § 3 Abs. 3 Satz 1 HEG als Voraussetzung für eine Übernahme festlegt, zum „HRG-Professor” im Sinne von § 44 HRG übergeleitet wurde. Mit der Überleitung eines Mitglieds der Hochschule in die Rechtsstellung eines Professors nach dem Hochschulrahmengesetz wird nur die mitgliedschaftsrechtliche Stellung des Hochschulangehörigen in der Gruppenuniversität des Hochschulrahmengesetzes geregelt. Die Überleitung qualifiziert die jeweiligen Personen lediglich abstrakt, sich zukünftig an dem freien Wettbewerb um Professorenstellen zu beteiligen. Im Übernahmeverfahren wird dagegen – ähnlich wie im Verfahren der Berufung eines Professors (vgl. §§ 6 ff. HEG) – der nach dem Anforderungsprofil der konkreten Stelle bestgeeignete Kandidat aus der Reihe der abstrakt qualifizierten und für die Stelle geeigneten Antragsteller auserkoren. Die Überleitung ist daher nur eine notwendige, aber allein nicht hinreichende Bedingung zur Übernahme auf eine bestimmte Professorenstelle, wie § 3 Abs. 3 Satz 1 HEG insofern zutreffend zum Ausdruck bringt („setzt … voraus”). Mit ihr ist noch nicht entschieden, ob der Antragsteller den besonderen Anforderungen einer konkreten Stelle gerecht wird (vgl. Urteil des Senats vom 29. August 1996 – 8 AZR 505/95 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 2 der Gründe).

cc) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht die Nichtberücksichtigung des Klägers bei der Besetzung der Stellen, für die er sich beworben hatte, gebilligt. Der Kläger war bei keiner seiner Bewerbungen als „geeignet” auf die Auswahlliste gekommen.

Diese Eignungsprüfung hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nur darauf überprüft, ob wesentliche Umstände verkannt, allgemeine Beurteilungsspielräume mißachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden.

Bei der C 3-Professur „Deutsche Sprache der Gegenwart” spricht zunächst für den Kläger, daß er die gleichbezeichnete Dozentenstelle hatte. Auch war er durch Bescheid vom 20. Mai 1992 in die mitgliedschaftsrechtliche Stellung eines Professors im Sinne von § 44 HRG übergeleitet worden. Durch diese Überleitung war er abstrakt als qualifiziert angesehen worden, sich an dem freien Wettbewerb um Professorenstellen zu bewerben. Über die Eignung für eine konkrete Stelle war damit aber keine Entscheidung getroffen. Der Beklagte hat den Kläger – gestützt auf eine Beurteilung der Übernahme komm ission – als „gegenwärtig noch nicht geeignet, die Anforderungen an diese Professur zu erfüllen” angesehen. Der Beklagte hat diese Beurteilung mit der Aussage der Übernahmekommission begründet, „die Arbeit des Klägers weise eine gewisse thematische Enge aus”. Der Übernahmekommission lag die komplette Veröffentlichungsliste des Klägers vor. Sachfremde Erwägungen sind nicht ersichtlich.

War somit im Rahmen eines nur beschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums die mangelnde Eignung des Klägers für das konkrete Anforderungsprofil der C 3-Professur „Deutsche Sprache der Gegenwart” anzunehmen, so war es nicht zu beanstanden, daß diese Professur vom Beklagten zunächst nicht besetzt und bundesweit ausgeschrieben wurde. Die bundesweite Ausschreibung wäre nur dann zu beanstanden, wenn der Kläger für die betreffende Professur grundsätzlich als geeignet angesehen worden wäre. Aus der Ausschreibung der Stelle für externe Bewerber kann nämlich keine fehlende Verwendungsmöglichkeit für einen Bewerber hergeleitet werden, der dem Anforderungsprofil der Stelle genügt (vgl. Senatsurteil vom 20. März 1997, a.a.O., zu II 4 b der Gründe).

Hinsichtlich der Professuren „Germanistische Sprachwissenschaft” und „Deutsch als Fremdsprache”, die an der Hochschule anderweitig besetzt wurden, hat der Kläger nichts vorgetragen, was seine Beurteilung durch den Beklagten als für diese Stelle „nicht geeignet ausgewiesen” und damit ungeeignet als sachwidrig bewerten könnte.

III. Steht danach rechtskräftig fest, daß die Kündigung des Beklagten vom 25. September 1992 nicht rechtsunwirksam ist, sondern das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit der Frist des § 55 Abs. 2 AGB-DDR entsprechend der Kündigungserklärung zum 31. Dezember 1992 aufgelöst hat, so ist über den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers nicht mehr zu entscheiden. Dieser Antrag war erkennbar nur für den Fall des Obsiegens im Kündigungsrechtsstreit und nur für die Zeit bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß gestellt.

IV. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Mikosch, Iskra, Umfug

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086609

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