Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigung einer Nebentätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein als Hörfunk-Sprecher tätiger Angestellter, auf dessen Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für den Norddeutschen Rundfunk (NDR-MTV) anwendbar ist, hat Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu einer Nebentätigkeit bei einem anderen Anbieter von Rundfunk- und Fernsehsendungen, wenn nicht zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit die Interessen des NDR beeinträchtigt werden.
2. Diese Besorgnis besteht, wenn der Angestellte bei einem anderen im publizistischen und finanziellen Wettbewerb mit dem NDR stehenden Anbieter von Fernsehprogrammen Nachrichtentexte aus dem „Off” sprechen soll.
Normenkette
Manteltarifvertrag für den Norddeutschen Rundfunk Textziffer 391; Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) §§ 1, 4 S. 1, § 5 Abs. 1 Sätze 1-2, § 6 Abs. 1 S. 1, § 31 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1, § 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 39 Abs. 1 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1; BPersVG § 69 Abs. 1; ZPO § 256; BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. August 1997 – 2 Sa 16/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger ist bei dem Beklagten als „Erster Sprecher” im Hörfunkprogramm beschäftigt. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger die Zustimmung zu einer Nebentätigkeit als Sprecher bei einem privaten Fernsehsender verweigern durfte.
In § 11 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 15. Juli 1982 heißt es:
„…
Im übrigen gelten die Bestimmungen des jeweils vom NDR angewandten Tarifvertrages und die beim NDR geltenden Ordnungen, Dienstanweisungen, Grundsätze und Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung.”
Textziffer 391 des für den Beklagten geltenden Manteltarifvertrags (NDR-MTV) trifft Regelungen über die Nebentätigkeit. Sie lautet:
„Im Hinblick auf ihre/seine vertraglichen Verpflichtungen darf die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer einem Nebenerwerb, einer Nebenbeschäftigung oder einer nebenberuflichen Tätigkeit gegen Entgelt nur mit schriftlicher Zustimmung der Anstalt nachgehen. Die Zustimmung ist rechtzeitig zu beantragen. Sie kann mit Auflagen verbunden sein oder aus wichtigen Gründen widerrufen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit die Interessen der Anstalt beeinträchtigt werden.”
In der Vergangenheit genehmigte der Beklagte, der auch Fernsehsendungen produziert, dem Kläger antragsgemäß Nebentätigkeiten als Sprecher aus dem „Off”, dh. nicht im Bild erscheinend, für kommerzielle Fernsehanbieter. In der Direktorensitzung am 12. Februar 1996 entschied der Beklagte, daß Anträge auf Zustimmung zu Nebentätigkeiten festangestellter Mitarbeiter abzulehnen seien, soweit diese Tätigkeiten kommerzielle Konkurrenten beträfen. Der Kläger beantragte mit einem am 14. Februar 1996 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben vom 31. Januar 1996 die Genehmigung für eine Tätigkeit als Sprecher von ca. vier bis fünf Kommentaren unter Bild (Nachrichten) für die von dem privaten Fernsehsender „VOX” produzierte Fernsehsendung „Spiegel-TV” am 17. und 18. Februar 1996. Der Kläger sollte für diese Tätigkeit ein Honorar von insgesamt 800,00 DM zzgl. 15 % Mehrwertsteuer erhalten. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14. Februar 1996 mit:
„…
Vorbehaltlich der Zustimmung des Personalrates teilen wir Ihnen bereits jetzt mit, daß wir nicht beabsichtigen, Ihnen diese nebenberufliche Tätigkeit zu genehmigen. Durch die von Ihnen beantragte Tätigkeit für einen kommerziellen Anbieter sieht sich der NDR in seinen Interessen beeinträchtigt.
Wir weisen darauf hin, daß wir diese nebenberufliche Tätigkeit nicht genehmigen und werden Ihnen unsere endgültige Entscheidung mitteilen, sobald der Personalrat zu unserem Antrag Stellung genommen hat.
…”
Mit Schreiben vom 16. Februar 1996 beantragte der Beklagte bei dem Personalrat die Zustimmung zur Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung. Der Personalrat verweigerte mit Schreiben vom 27. März 1996 seine Zustimmung. Durch Spruch vom 27. August 1996 entschied die Einigungsstelle zugunsten des Beklagten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe ihm die beantragte Nebentätigkeit nicht versagen dürfen. Textziffer 391 NDR-MTV, auf die der Beklagte seine Entscheidung stütze, verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 GG und gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Ein tarifvertragliches Nebentätigkeitsverbot sei nur in Ausnahmefällen und nur bei genauer tatbestandsmäßiger Abgrenzung zulässig. Diese Voraussetzungen erfülle die Tarifbestimmung nicht. Sie rechtfertige eine Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung nicht schon dann, wenn es sich um eine Tätigkeit als Sprecher für einen kommerziellen Fernsehsender handele. Soweit der Beklagte verhindern wolle, daß kommerzielle Rundfunkanbieter von den Berufserfahrungen der bei ihm beschäftigten Sprecher profitieren, stehe dem das Recht der Arbeitnehmer aus Art. 12 GG entgegen. Der Beklagte habe den Begriff der Beeinträchtigung der Interessen der Anstalt iSd. Textziffer 391 NDR-MTV in langdauernder Praxis dahingehend ausgelegt, daß Nebentätigkeiten, wie die beantragte, die Interessen der Anstalt nicht beeinträchtigen. Dadurch sei der Beklagte gebunden.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 800,00 DM zzgl. 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
festzustellen, daß dem Kläger außerdienstliche Nebentätigkeiten als Sprecher nicht allein deshalb verweigert werden dürfen, weil der Kläger diese außerdienstliche Nebentätigkeit für einen kommerziellen Fernsehsender erbringen will;
hilfsweise,
festzustellen, daß die Weigerung des Beklagten, dem Kläger die nebenberufliche Tätigkeit zu genehmigen, als Off-Sprecher in den von „Spiegel-TV” produzierten Fernsehnachrichten des privaten kommerziellen Fernsehsenders VOX ca. vier bis fünf Kommentare unter Bild (Nachrichten) am 17. und 18. Februar 1996 zu erbringen, rechtswidrig ist.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, er habe ein berechtigtes Interesse daran, nicht unmittelbar die Attraktivität von Programmen zu fördern, deren Veranstalter bemüht seien, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verzichtbar erscheinen zu lassen. Es gebe auch keine betriebliche Übung, daß grundsätzlich die Nebentätigkeit für einen anderen Rundfunksender genehmigt werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
I. Mit dem Klageantrag zu 1) begehrt der Kläger Schadensersatz wegen der ihm entgangenen Einnahmen in Höhe von 800,00 DM aus der Nebentätigkeit, die er ausüben wollte. Insoweit ist die Klage unbegründet. Der Beklagte hat dadurch, daß er die Zustimmung zu dieser Nebentätigkeit verweigert hat, seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger nicht verletzt. Nach Textziffer 391 NDR-MTV, die gemäß § 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, war der Beklagte zu dieser Entscheidung berechtigt.
1. Die Voraussetzungen einer Versagung der Zustimmung zu der beantragten Nebentätigkeit und Textziffer 391 Satz 3 NDR-MTV waren erfüllt. Die Interessen des Beklagten waren betroffen, und es war zu besorgen, daß sie durch die Nebentätigkeit des Klägers beeinträchtigt würden.
a) Der Begriff der „Interessen der Anstalt” ist grundsätzlich im weitesten Sinne zu verstehen (vgl. auch dazu Senatsurteil 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 –, ZTR 1990, 379, zu II 2 b der Gründe). Erfaßt sind alle Umstände, die für den Bestand und die Verwirklichung der Ziele der Anstalt von Bedeutung sein können. Ob diesen Interessen dann gegenüber dem grundgesetzlich geschützten Interesse des Arbeitnehmers an der Ausübung der Nebentätigkeit der Vorrang einzuräumen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit zu entscheiden.
Für eine „Besorgnis” der Interessenbeeinträchtigung hat der Senat im Urteil vom 7. Dezember 1989 (– 6 AZR 241/88 –, aaO) bei Auslegung des gemäß § 11 BAT sinngemäß anzuwendenden, mit Textziffer 391 NDR-MTV insoweit wortgleichen § 83 LBG Baden-Württemberg im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt, daß eine Interessenbeeinträchtigung bei verständiger Würdigung der im Zeitpunkt der Entscheidung erkennbaren Umstände und unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung wahrscheinlich sein muß. Danach ist bei der Entscheidung eine Prognose aufzustellen, wobei einerseits die bloße nicht auszuschließende Möglichkeit einer fernliegenden Gefahr der Beeinträchtigung nicht als ausreichend anzusehen ist, andererseits aber auch eine im hohen Maße bestehende Wahrscheinlichkeit einer solchen Beeinträchtigung in absehbarer Zeit nicht erforderlich ist (Senatsurteil 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 –, aaO).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall halten die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
aa) Als Interessen der Anstalt sind anzuerkennen das Bestreben, im Verhältnis zu und im Wettstreit mit anderen Rundfunk- und/oder Fernsehanbietern durch Qualität und Vielfalt des Programms einen möglichst hohen Publikumsanteil für sich zu gewinnen und zu diesem Zwecke die eigene Finanzierung nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch durch Werbeeinnahmen zu gewährleisten.
Diese Interessen des Beklagten ergeben sich unmittelbar aus dem am 17./18. Dezember 1991 unterzeichneten Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) (im folgenden: Staatsvertrag). Nach dessen § 1 ist der NDR eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts zur Veranstaltung von Rundfunksendungen in den Ländern Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Sendegebiet). Gem. § 4 Satz 1 Staatsvertrag veranstaltet und verbreitet der NDR Rundfunk als Medium und Faktor des Prozesses freier Meinungsbildung und als Sache der Allgemeinheit. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Staatsvertrag hat der NDR den Rundfunkteilnehmern einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, nationale und länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sein Programm soll der Information und Bildung sowie der Beratung und Unterhaltung dienen. Ausweislich § 6 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag kann der NDR in Wahrnehmung seiner Aufgaben im bisherigen Umfang Hörfunk- und Fernsehprogramme veranstalten. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag hat der NDR die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen regelmäßigen Einnahmen vorrangig aus Rundfunkgebühren, in zweiter Linie aus Werbung und außerdem aus laufenden Erträgen seines Vermögens zu beschaffen. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag dürfen diese Einnahmen nur für die im Staatsvertrag bestimmten Aufgaben verwendet werden. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Staatsvertrag hat der NDR bei seiner Wirtschaftsführung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Diese Interessen und Aufgaben des Beklagten widersprechen entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Stellung und Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im dualen System, sondern sie stehen im Einklang damit. Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß zwischen einem öffentlich-rechtlichen und einem in demselben Sendegebiet tätigen kommerziellen Rundfunkanbieter ein publizistischer Wettbewerb nicht nur stattfindet, sondern daß die Konkurrenzfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieters auch erhalten werden muß, wenn nicht die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfehlt werden sollen (BVerfG 6. Oktober 1992 – 1 BvR 1586/87 und 487/92 – BVerfGE 87, 181, 203).
Das Erreichen einer möglichst hohen Zuschauerquote ist im Hinblick auf §§ 1, 4, 5 und 6 Staatsvertrag bereits für sich genommen ein anerkennenswertes Interesse des Beklagen. Darüber hinaus hat dieser im Hinblick auf die im Staatsvertrag bestimmte Mischfinanzierung ein schutzwürdiges Interesse daran, sich – auch – durch Werbeeinnahmen zu finanzieren. Damit steht der Beklagte im publizistischen und im finanziellen Wettbewerb zu anderen Programmanbietern, auch zu denen, die nicht öffentlich-rechtlich verfaßt sind.
Der Beklagte befindet sich demgemäß im publizistischen Wettbewerb mit dem ua. in demselben Sendegebiet tätigen kommerziellen Fernsehsender „VOX”, für den der Kläger die streitige Nebentätigkeit ausüben wollte. Auch der Beklagte produziert Fernsehsendungen. Er befindet sich auch mit diesem Sender im Wettbewerb um Werbeeinnahmen. Dabei ist es entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich, ob die Zeiten, zu denen der Beklagte Werbung aussenden darf, stärkeren Beschränkungen als die Werbezeiten des kommerziellen Konkurrenten unterliegen. Denn Werbekunden sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht von vornherein auf bestimmte Uhrzeiten festgelegt, sondern plazieren ihre Werbung im Zusammenhang mit den ihnen am attraktivsten erscheinenden Programmen.
bb) Diese Interessen des Beklagten wären durch die Nebentätigkeit des Klägers der Gefahr der Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen.
Dem Landesarbeitsgericht ist zu folgen, daß es nicht darauf ankommt, ob ein sog. „Imagetransfer” festgestellt werden kann. Entscheidend ist, daß der Kläger durch seine Tätigkeit den Erfolg und die Attraktivität des kommerziellen Konkurrenten „VOX” fördern könnte. Auf welche konkrete Art und Weise der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsfeld seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten durch die Nebentätigkeit unterstützt, ist unerheblich, sofern nicht der Nebentätigkeit von vornherein jegliche unterstützende Wirkung abgesprochen werden kann, was nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein wird.
Die Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung berücksichtigte ausreichend das Interesse des Klägers an der freien Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Der Beklagte muß in Zeiten immer schärfer werdenden Wettbewerbs im Medienbereich seine Interessen wirksam durchsetzen können, während der Kläger seine beruflichen Fähigkeiten als Sprecher nebenberuflich auch in Bereichen einsetzen kann, in denen keine Konkurrenz zum Beklagten zu befürchten ist, zB in anderen Sendegebieten oder im Bereich der Produktion von Tonträgern.
2. Die Tarifbestimmung Textziffer 391 NDR-MTV ist nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Dies hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden.
Tarifliche Regelungen über Nebentätigkeiten betreffen Arbeitsbedingungen iSv. Art. 9 Abs. 3 GG. Sie können deshalb grundsätzlich Gegenstand von Tarifnormen sein (Senatsurteil 18. Januar 1996 – 6 AZR 314/95 – AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 25 = EzA BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 5, zu III 2 der Gründe). Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen in Art. 9 Abs. 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraum jedoch, wenn die tarifliche Regelung in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art. 12 GG, der Nebentätigkeiten beruflicher Natur erfaßt, eingreift. Eine Einschränkung dieses Schutzbereichs ist bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes insoweit unbedenklich, als zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (Senatsurteil 25. Juli 1996 – 6 AZR 683/95 – BAGE 83, 311, 319) bzw. bei sonstigen Arbeitnehmern insoweit, als betriebliche Belange berührt sein können (MünchArbR/Blomeyer § 53 Rn. 24 mwN). Dementsprechend hat der Senat eine Regelung, nach der die Genehmigung zu versagen ist, wenn zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden, verfassungskonform dahin ausgelegt, daß dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber kein Ermessensspielraum zusteht, vielmehr ein Rechtsanspruch auf Genehmigung besteht, wenn nicht der Versagungsgrund „Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen” vorliegt (Senatsurteil 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 – aaO, mwN). Auch vertragliche Regelungen, die eine Genehmigungspflicht für jede Nebentätigkeit vorsehen, sind im Hinblick auf Art. 12 GG dahin auszulegen, daß dem Arbeitnehmer für solche Nebentätigkeiten ein Anspruch auf Genehmigung zusteht, bei deren Ausübung eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers nicht zu erwarten ist (BAG 26. August 1976 – 2 AZR 377/75 – EzA BGB § 626 nF Nr. 49 = AP BGB § 626 Nr. 68; mit zustimmender Anm. von Löwisch/Röder, zu I 3 b der Gründe; ähnlich Senatsurteil 13. November 1979 – 6 AZR 934/77 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 5 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 6; zu III 1 der Gründe; vgl. dazu auch ErfK/Dieterich GG Art. 2 Rn. 33).
3. Der Anspruch auf Genehmigung der Nebentätigkeit für den 17./18. Februar 1996 ergab sich auch nicht aus betrieblicher Übung.
Zu Recht hat das Berufungsgericht auf die für Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes geltenden Grundsätze verwiesen, nach denen davon auszugehen ist, daß der Arbeitgeber im Zweifel nur die von ihm zu beachtenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Normen vollziehen will. Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts nicht zu überschreiten und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muß dementsprechend grundsätzlich davon ausgehen, daß ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen dieser rechtlich verpflichtet ist. Ohne besondere Anhaltspunkte darf der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes deshalb auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen des Arbeitgebers überschreiten, nicht darauf vertrauen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unbefristet fortgesetzt.
Auch der Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts gehört zu den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes in diesem Sinne. Er ist gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 Staatsvertrag an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden und unterliegt gem. § 31 Abs. 2 Satz 3 Staatsvertrag in seiner Wirtschaftsführung der Finanzordnung, einer mehrjährigen Finanzplanung, dem Entwicklungsplan und dem jährlichen Wirtschaftsplan. Besondere Anhaltspunkte, aus denen geschlossen werden könnte, der Beklagte habe auf Dauer auf seine Rechte aus Textziffer 391 NDR-MTV verzichtet, hat der Kläger nicht vorgetragen.
4. Der Kläger kann für den Anspruch auf Schadensersatz auch nichts daraus herleiten, daß der Beklagte ihm die Absicht, die Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen, mit Schreiben vom 14. Februar 1996 mitteilte, obwohl der Personalrat weder an diesem Tag, noch im Zeitraum bis zum 17./18. Februar 1996 die Zustimmung zur Versagung der Genehmigung mitgeteilt hatte.
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag finden für den Beklagten das Bundespersonalvertretungsgesetz und die dazu ergangenen Rechtsverordnungen nach Maßgabe der für die Rundfunkanstalten des Bundesrechts geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 7 BPersVG hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter bei Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit. Gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG kann eine Maßnahme, soweit sie der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, nur mit dessen Zustimmung getroffen werden. Aus der Verletzung dieser Bestimmungen folgt aber kein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn darauf – wie hier – nach dem Tarifvertrag kein Anspruch besteht.
II. Die Klage ist in ihrem Hauptantrag zu 2) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bereits unzulässig. Nach § 256 ZPO muß für eine Feststellungsklage Gegenstand des Rechtsstreits die Feststellung eines Rechtsverhältnisses sein. Hieran fehlt es.
Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache. Kein Rechtsverhältnis sind bloße Tatfragen oder abstrakte Rechtsfragen (Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 256 Rn. 3; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 58. Aufl. § 256 Rn. 5 ff. und 11 f.). Die begehrte Feststellung, daß der Beklagte dem Kläger Nebentätigkeiten nicht allein aus einem bestimmten, näher beschriebenen Grund verweigern darf, betrifft eine Vorfrage, jedoch nicht eine aus einem konkreten Sachverhalt sich ergebende Beziehung des Klägers zum Beklagten. Sie bezieht sich auf eine abstrakte Rechtsfrage, die bei der Prüfung künftiger Ansprüche auf Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen vorab zu prüfen ist. § 256 ZPO bezweckt aber nicht, Rechtsgutachten über Vorfragen mit Rechtskraftwirkung herbeizuführen.
III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage, soweit sie den Hilfsantrag des Klägers betrifft als unzulässig abgewiesen. Über das Begehren auf Feststellung, daß die Weigerung des Beklagten rechtswidrig war, ist bereits durch die Abweisung des Klageantrags zu 1) entschieden. Auch wenn man den Hilfsantrag als auf die Feststellung gerichtet ansähe, daß der Kläger einen Anspruch auf Genehmigung der näher beschriebenen Nebentätigkeit am 17. und 18. Februar 1996 hatte, wäre er unzulässig. Er beträfe ein – vergangenes – Rechtsverhältnis. Die Zulässigkeit der Klage würde in diesem Falle daran scheitern, daß sich aus dem Vortrag des Klägers Ansprüche für die Zukunft nicht ableiten lassen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, R. Kamm, Söller
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.06.1999 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 2000, 728 |
DB 2000, 1336 |
FA 2000, 132 |
ZTR 2000, 220 |
AP, 0 |
AfP 2000, 399 |
AUR 2000, 198 |