Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwicklung. Sektion Freundschaftspionierleiter

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 13, 20; Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 2 und 3

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 02.03.1994; Aktenzeichen 6 (2) Sa 148/92)

ArbG Dresden (Urteil vom 05.08.1992; Aktenzeichen 6 Ca 509/91)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 2. März 1994 – 6 (2) Sa 148/92 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß Art. 20 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 (fortan: Abs. 2 EV) ab 1. Januar 1991 geruht und mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet hat.

Die 1949 geborene Klägerin war seit 1982 als Lehrerin im Hochschuldienst in der Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter und seit 1986 als Lektorin in dieser Sektion der Pädagogischen Hochschule Dresden tätig. Nach der Wende entfiel im März 1990 die Freundschaftspionierleiterausbildung und der verbliebene Teil der Sektion wurde zunächst als „Institut für Pädagogik und Psychologie” fortgeführt.

Am 11. Dezember 1990 entschied der Beklagte durch Kabinettsbeschluß, die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter an der Pädagogischen Hochschule Dresden abzuwickeln. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1990 teilte der Rektor der PH Dresden der Klägerin mit, daß ihr Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 1991 ruhe und mit Ablauf des 30. Juni 1991 ende.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Institut für Pädagogik und Psychologie der PH Dresden sei nicht aufgelöst und abgewickelt, sondern in Wirklichkeit überführt worden. Sie hat vorgetragen, das Institut bestehe mit einst von ihr betreuten Lehrveranstaltungen fort. Dementsprechend werde die überwiegende Zahl der Lehrkräfte mit Zeitverträgen weiterbeschäftigt; drei Hochschullehrer (aus den alten Bundesländern) seien neu eingestellt worden. Der Kabinettsbeschluß vom 11. Dezember 1990 habe sich auf eine schon nicht mehr existente Sektion bezogen und insoweit lediglich eine bereits im März 1990 mit Zustimmung des Ministeriums getroffene und durchgeführte Entscheidung bestätigt. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 30. Juni 1992 die Differenz zwischen der bei unverändertem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses geschuldeten Vergütung und der gewährten Vergütung sowie den Leistungen der Arbeitsverwaltung geltend gemacht und beantragt:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht seit dem 1. Januar 1991 ruhe, sondern über den 30. Juni 1991 hinaus fortbesteht.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Lektorin weiterzubeschäftigen.
  3. Der Beklagte wird verurteilt, an sie 3.586,02 DM (brutto) nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 1. Juli 1991 zu zahlen.
  4. Der Beklagte wird verurteilt, an sie 29.499,54 DM (brutto) abzüglich 8.706,40 DM (netto) nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Restnettobetrag ab 1. März 1992 zu zahlen.
  5. Der Beklagte wird verurteilt, an sie 3.432,00 DM (brutto) nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 1. Juli 1992 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter sei eine in sich geschlossene organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit gewesen. Ihre Abwicklung ergebe sich schon daraus, daß sie nicht ausdrücklich durch positive Entscheidung übernommen worden sei. Vorliegend sei die Abwicklung durch Kabinettsbeschluß entschieden und durchgeführt worden. Ihr Ziel sei die Neugestaltung der Universitäts- und Hochschullandschaft gewesen. Dabei habe eine inhaltliche Abwicklung im Vordergrund stehen müssen, d.h. die Beendigung der Lehrtätigkeit und der Ausbildung alten Inhalts. Die Notwendigkeit der Beendigung begonnener Studiengänge habe sich aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber den in der Ausbildung befindlichen Studenten ergeben; dafür seien aus der Warteschleife heraus Zeitverträge abgeschlossen worden. Daß sich die Beendigung begonnener Studiengänge über einen längeren Zeitraum erstrecke, liege in der Natur der Sache. Während die Einrichtung bzw. Teileinrichtung, in der die Klägerin beschäftigt gewesen sei, den Zielstellungen und Interessen des ehemaligen sozialistischen DDR-Staates angepaßt gewesen sei, sollten die teilweise im Neuaufbau befindlichen Fakultäten und Wissenschaftsbereiche den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßt werden. Der Neuaufbau von diesbezüglichen Einrichtungen solle gewährleisten, daß gerade nicht nach alten Mustern die Besetzung durch parteigesteuerte Weisungen der Verwaltung vorgenommen werden. Die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter der PH Dresden sei in besonderem Maße durch das Staats- und Gesellschaftssystem der DDR geprägt gewesen, weshalb ihre Abwicklung gerechtfertigt sei. Zum 30. September 1992 sei dann gemäß § 8 des Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzes vom 25. Juli 1991 die gesamte PH Dresden aufgelöst worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe ab dem 1. Januar 1991 geruht und mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet, weil der Beklagte die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter aufgelöst und abgewickelt habe. Daran ändere sich auch dadurch nichts, daß zur Fortführung der laufenden ständigen Ausbildung zwei Studienprogramme mit dem Ziel eingerichtet worden seien, den Studenten einen akademischen Abschluß zu ermöglichen.

Für eine Abwicklung spreche der Abschluß befristeter Arbeitsverträge mit Teilen des wissenschaftlichen Personals. Es sei Sache der Klägerin gewesen, im einzelnen darzulegen und unter Beweis zu stellen, daß das „Institut für Pädagogik und Psychologie” über eine geregelte Abwicklung hinausgehend in seiner bisherigen Struktur unverändert fortgeführt und in die neue Verwaltung eingegliedert worden sei, etwa daß in die Studien- bzw. Lehrprogramme nicht nur Studenten zum Zweck der geregelten Beendigung ihres laufenden Studiums, sondern auch Studenten neu in ein entsprechendes Studium aufgenommen worden seien.

B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Der Senat hat die Voraussetzungen des Ruhens und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen nach Abs. 2 EV wie folgt konkretisiert:

1. Gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2 EV regelt die zuständige Landesregierung oder die zuständige oberste Bundesbehörde die Überführung oder Abwicklung der Verwaltungsorgane und sonstigen der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienenden Einrichtungen. Zu diesen Einrichtungen gehören u.a. auch solche der Wissenschaft und der Kultur, deren Rechtsträger die öffentliche Verwaltung ist (Art. 13 Abs. 3 EV). Soweit Einrichtungen ganz oder teilweise auf den Bund überführt werden, bestehen die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer zum Bund. Entsprechendes gilt bei Überführung auf bundesunmittelbare Körperschaften. Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Arbeitsverhältnisse der übrigen Arbeitnehmer ruhen ab dem Tage des Wirksamwerdens des Beitritts oder eines um bis zu drei Monate hinausgeschobenen Zeitpunkts. Wird der Arbeitnehmer nicht innerhalb von sechs Monaten weiterverwendet, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf dieser Frist; hat der Arbeitnehmer am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts das 50. Lebensjahr vollendet, beträgt die Frist neun Monate (Abs. 2 EV).

2.a) Die Überführung einer Einrichtung gemäß Art. 13 EV bedurfte einer auf den verwaltungsinternen Bereich zielenden Organisationsentscheidung der zuständigen Stelle. Diese Überführungsentscheidung war mangels außenwirksamer Regelung kein Verwaltungsakt (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92BAGE 71, 147 = AP Nr. 1 zu Art. 13 Einigungsvertrag; BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992 – 7 C 5/92 – ZIP 1992, 1275). Sie konnte formfrei ergehen, also auch konkludent verlautbart werden. Diese Überführungsentscheidung konnte eine Einrichtung als ganze oder als eine Teileinrichtung betreffen, die ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte (BAG Urteil vom 3. September 1992, a.a.O.).

Eine überführungsfähige Teileinrichtung war gegeben, wenn sie ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte. Dies setzte eine organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus. Die Organisationsentscheidung nach Art. 13 EV war weder personen- noch arbeitsplatzbezogen. Sie betraf funktionsfähige Organisationseinheiten, die vor dem 3. Oktober 1990 die Fähigkeit zu aufgabenbezogener Eigensteuerung und selbständiger Aufgabenerfüllung besaßen.

Bei der Feststellung einer organisatorischen Abgrenzbarkeit der Teileinrichtung ist nicht abzustellen auf die für Behörden typischen internen Untergliederungen wie Abteilung, Referat oder Dezernat, die lediglich zu Zwecken der Geschäftsverteilung gebildet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß der betroffene Teil als organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit auch nach außen mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit handeln konnte, ohne daß ihm damit gleich eigene Rechtspersönlichkeit oder Behördencharakter zukommen müßte. Auf eine entsprechende organisatorische Eigenständigkeit lassen eine eigene interne Geschäftsverteilung sowie eine zumindest teilweise selbständige Wahrnehmung von Dienst- und Organisationsangelegenheiten innerhalb des der betroffenen Einheit zugewiesenen Aufgabenbereiches schließen. Insofern ist die Verwaltungsorganisation der DDR zu beurteilen.

b) Eine Einrichtung oder Teileinrichtung wurde im Sinne von Art. 13 EV überführt, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung die Einrichtung unverändert fortführte oder er sie unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sächlichen Mitteln in die neue Verwaltung eingliederte (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92BAGE 72, 176 = AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag). Die Überführung erforderte eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit. Wurde die Einrichtung nur vorläufig mit dem Ziele der Auflösung fortgeführt, lag hierin keine Überführung im Sinne von Art. 13 EV (BAG Urteil vom 28. Januar 1993, a.a.O.). Bedeutsam sind die Übernahme der Grundstücke, der Büro- und Diensträume, der Arbeitsmittel, der Arbeitsergebnisse, der Leitungsstrukturen sowie der Aufgaben, die der alten Einrichtung das Gepräge gaben. Dies können in der Regel nur konkrete Aufgaben sein. Ob die jeweiligen Rechtsgrundlagen des Verwaltungshandelns der Einrichtung das Gepräge geben, ist im Einzelfall festzustellen.

c) Gesetzliche Folge der Nichtüberführung war die Abwicklung. Es bedurfte hierzu keiner besonderen Abwicklungsentscheidung (BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992, a.a.O.). Weil die Abwicklung immer dann eintrat, wenn es an einer positiven, ggf. auch konkludenten Überführungsentscheidung fehlte, war nur durch sie die Abwicklung der Einrichtung zu verhindern. Folglich trat die Abwicklung auch dann ein, wenn wegen negativer Kompetenzkonflikte sich kein neuer Träger öffentlicher Verwaltung berufen fühlte, (rechtzeitig) eine Entscheidung gem. Art. 13 EV zu fällen. Die Abwicklung einer Einrichtung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit keiner Bekanntgabe. Jedoch konnte sich der neue Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Verhältnis zum einzelnen Arbeitnehmer auf das Ruhen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses erst ab Bekanntgabe der gesetzlichen Ruhensfolge berufen. Einer besonderen Form bedurfte diese Bekanntgabe nicht.

d) Die Abwicklung war auf die Liquidation der Einrichtung gerichtet. In diesem Falle ruhten die Arbeitsverhältnisse der in der abzuwickelnden Einrichtung Beschäftigten gemäß Abs. 2 oder 3 EV grundsätzlich ab dem 3. Oktober 1990. Dieser Ruhensbeginn konnte um bis zu drei Monate hinausgeschoben werden. Die Kündigungsvorschriften des Mutterschutzrechtes durften allerdings nicht durchbrochen werden. Die ruhenden Arbeitsverhältnisse endeten kraft Gesetzes nach Ablauf von sechs bzw. neun Monaten Wartezeit, wenn nicht der einzelne Arbeitnehmer weiterverwendet wurde (BAG Urteil vom 3. September 1992, a.a.O.).

e) Macht ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR geltend, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß Abs. 2 Satz 1 EV auf den neuen Träger öffentlicher Verwaltung übergegangen und bestehe als aktives fort, hat er die Überführung seiner Beschäftigungs(teil-)einrichtung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BAG Urteil vom 15. Oktober 1992 – 8 AZR 145/92BAGE 71, 243 = AP Nr. 2 zu Art. 13 Einigungsvertrag; BAG Urteil vom 28. Januar 1993, a.a.O.).

II. Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter PH Dresden nicht in seine Trägerschaft überführt, sondern als Teileinrichtung abgewickelt. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig entschieden.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter als eine überführungsfähige Teileinrichtung gemäß Art. 13 EV angesehen. Die Hochschulen in der ehemaligen DDR waren in Sektionen gegliedert (§ 20 der Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970, GBl.-DDR II S. 189). Die Sektion hatte eine eigene Leitung durch einen Direktor. Dieser war für die Erfüllung der Aufgaben, die der Sektion übertragen waren, verantwortlich und dem Rektor rechenschaftspflichtig (§ 26 Abs. 1 der Verordnung vom 25. Februar 1970). Dementsprechend hat der Senat die Sektion Philosophie der Universität Leipzig (Urteil vom 4. August 1994 – 8 AZR 641/92 – n. v., zu B II 1 der Gründe) und die Sektion Marxismus-Leninismus der Pädagogischen Hochschule Erfurt (Urteil vom 16. März 1995 – 8 AZR 263/93 – n. v., zu B II 1 der Gründe) als überführungsfähige Teileinrichtungen angesehen. Auch die im Streitfall zu beurteilende Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter erfüllt die Voraussetzungen einer selbständig abwicklungsfähigen Teileinrichtung. Darüber besteht zwischen den Parteien in der Revision auch kein Streit mehr.

2. Der Beklagte hat die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter weder durch ausdrückliche noch durch konkludente Organisationsentscheidung überführt.

a) Die Auslegung des Kabinettsbeschlusses vom 11. Dezember 1990 ergibt, daß die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter insgesamt abgewickelt werden sollte. Die Sektion wurde von der Überführung der Pädagogischen Hochschule ausdrücklich ausgenommen. Sie sollte abgewickelt werden, weil ihre „bisherigen Aufgabenstellungen hinfällig geworden sind”. Wie der Beklagte hinreichend dargelegt hat, war diese Teileinrichtung der Pädagogischen Hochschule im besonderen Maße durch das Staats- und Gesellschaftssystem der DDR geprägt. Dies zeigt schon die auf das SED-System bezogene Ausbildung der Freundschaftspionierleiter, die völlig weggefallen ist. Zur Fortführung der laufenden studentischen Ausbildung der Pädagogik-Studenten wurde die Einführung zweier Studienprogramme

„Allgemeine Theorie und Geschichte der Pädagogik” „Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie”

beschlossen.

b) Die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter wurde nicht durch die bereits vor der Abwicklungsentscheidung erfolgte Einstellung der Ausbildung der Freundschaftspionierleiter und Umbenennung in das „Institut für Pädagogik und Psychologie” im März 1990 aufgelöst. Es ist zunächst nicht ersichtlich, daß eine, kompetente Behörde von einer ihr übertragenen Aufgabe Gebrauch gemacht hat. Die Klägerin hat außerdem nicht vorgetragen, daß zu diesem Zeitpunkt bereits Organisationsstrukturen und maßgebliche Aufgabenstellungen der Sektion geändert worden seien. Soweit bereits im Frühjahr 1990 die Ausbildung der Freundschaftspionierleiter eingestellt wurde, liegt hierin auch keine teilweise Abwicklung der Sektion. Abwicklungsfähig war nur die Sektion als Ganzes, nicht unselbständige Teile davon. Die Vergabe einer neuen Bezeichnung führte nicht zum Untergang der Organisationseinheit der Sektion. Im übrigen hat der Kabinettsbeschluß als Stichtag für die Bezeichnung der betroffenen Struktureinheit auf den 9. Oktober 1989 abgestellt und auf die Unerheblichkeit ungenehmigter Umbenennungen und Strukturveränderungen hingewiesen (Kabinettsbeschluß, TOP 5 b Nr. 2).

c) Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß der Beklagte entgegen der Abwicklungsentscheidung vom 11. Dezember 1990 die Sektion Pädagogik/Psychologie/Freundschaftspionierleiter in den bisherigen Organisationsstrukturen und maßgeblichen Aufgabenstellungen tatsächlich in seine Trägerschaft überführt habe. Die Fortführung bisher schon von der Sektion angebotener Vorlesungen reicht hierzu nicht aus, zumal zu einer geregelten Abwicklung auch die ordentliche Beendigung begonnener Ausbildungen gehört (vgl. Urteil des Senats vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/93 – AP Nr. 4 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 b der Gründe). Auch die Weiterbeschäftigung mehrerer und Neueinstellungen einiger Hochschullehrer spricht nicht gegen eine tatsächliche Abwicklung der Sektion, zumal diesen lediglich Zeitverträge angeboten wurden. Ebenso kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß bis zum Sommersemester 1992 Immatrikulationen an der PH Dresden stattfanden. Die PH Dresden wurde unstreitig in die Trägerschaft des Beklagten überführt und bestand bis 30. September 1992 fort. Erst danach ist sie gemäß § 8 des Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzes vom 25. Juli 1991 aufgelöst worden.

3. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat gemäß Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 EV kraft Gesetzes ab dem 1. Januar 1991 geruht. Das Ruhen der Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten an nicht überführten Einrichtungen trat zwar grundsätzlich am 3. Oktober 1990 ein, doch konnte der Ruhensbeginn noch nachträglich hinausgeschoben werden. Nach der Fußnote zu Abs. 2 Satz 2 EV konnte der Zeitpunkt des Ruhens der Arbeitsverhältnisse um bis zu drei Monate hinausgeschoben werden, wenn eine Entscheidung nach Art. 13 Abs. 2 EV bis zum 3. Oktober 1990 nicht möglich war. Diese Regelung ist für den Bereich der Länder gemäß Abs. 3 EV nicht unmittelbar, sondern kraft der Bezugnahme in Abs. 3 lediglich entsprechend anzuwenden. Diese entsprechende Anwendung von Abs. 2 im Bereich der erst mit dem Wirksamwerden des Beitritts neu entstandenen Länder bedeutete für das Hinausschieben des Ruhensbeginns gemäß der Fußnote zu Abs. 2, daß die zuständigen Organe der Länder diese die Beschäftigten begünstigende Maßnahme notwendigerweise erst nach dem 2. Oktober 1990 treffen konnten. Insofern ermöglichte die „entsprechende” Anwendung der Fußnote ein nachholendes Hinausschieben des Ruhensbeginns (Urteil des Senats vom 20. Juni 1995 – 8 AZR 450/93 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte wirksam Gebrauch gemacht, indem er der Klägerin mitteilte, ihr Arbeitsverhältnis ruhe ab dem 1. Januar 1991.

4. Damit endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 30. Juni 1991, weil sie nicht im Sinne von Abs. 2 Satz 5 EV „weiterverwendet” wurde.

C. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Schömburg, Hannig

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093204

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