Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Berufung. Nachträgliche Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht. Nachträgliche Entscheidung über Berufungszulassung durch das LAG
Leitsatz (amtlich)
Das Landesarbeitsgericht ist auch dann nicht befugt, eine vom Arbeitsgericht nicht nach § 64 Abs. 3, Abs. 3a ArbGG zugelassene Berufung „nachträglich” zuzulassen, wenn nach seiner Auffassung ein Zulassungsgrund nach § 64 Abs. 3 ArbGG vorgelegen hat.
Orientierungssatz
1. Das Arbeitsgericht hat – jedenfalls in einem Urteil über einen Zahlungsanspruch, auch wenn er 600,00 Euro übersteigt – die gesetzliche Verpflichtung, zu prüfen und zu entscheiden, ob die Berufung gegen das Urteil zugelassen wird. Diese Entscheidung ist im Tenor des Urteils auszusprechen.
2. Unterlässt das Arbeitsgericht die gesonderte Entscheidung über die Berufungszulassung, können die Parteien eine solche Entscheidung nach § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG durch einen Antrag auf Urteilsergänzung erzwingen.
3. Hat das Arbeitsgericht die Berufung nicht zugelassen, obwohl einer der Zulassungsgründe des § 64 Abs. 3 ArbGG vorgelegen hat, ist es dem Landesarbeitsgericht verwehrt, die Berufung „nachträglich zuzulassen”. Soweit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Berufung vor den ordentlichen Zivilgerichten eine solche nachträgliche Entscheidung gem. § 511 Abs. 4 ZPO für möglich oder gar für geboten hält, ist sie wegen der grundsätzlich eigenständigen Regelung in § 64 ArbGG nicht auf das arbeitsgerichtliche Verfahren übertragbar.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 3, 3a; ZPO § 511
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 13.07.2015; Aktenzeichen 2 Sa 440/15) |
ArbG Köln (Urteil vom 02.12.2014; Aktenzeichen 14 Ca 2983/14) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 – 2 Sa 440/15 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 2. Dezember 2014 – 14 Ca 2983/14 – als unzulässig verworfen wird.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendung von Tarifverträgen für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen auf ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Vergütungsdifferenzen.
Die Klägerin ist seit dem 1. August 2000 bei der Beklagten, die in K ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, zuletzt in Vollzeit beschäftigt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in die „Vergütungsgruppe G1, 6. Bj.” eingruppiert.
Die Beklagte, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bis 2013 die tariflichen Erhöhungen aus Vergütungstarifverträgen für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen auch im Falle der Klägerin jeweils weitergegeben hatte, lehnte dies für den Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 von weiteren 2,1 % vorsah, ab und erhöhte die Vergütung der Klägerin zum 1. Januar 2014 lediglich um 2 %.
Mit ihrer Klage und einer während des Rechtsstreits vorgenommenen Klageerweiterung hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum von August 2013 bis Juni 2014 Differenzvergütungsansprüche in – rechnerisch unstreitiger – Höhe von insgesamt 565,24 Euro brutto geltend gemacht. Sie hat dazu die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf das jeweilige Tarifentgelt, da ihr Arbeitsvertrag die Tarifverträge des nordrhein-westfälischen Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme.
Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 379,08 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Januar 2014 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 186,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 22,04 Euro seit dem 1. April 2014, aus 22,04 Euro seit dem 1. Mai 2014, aus 71,04 Euro seit dem 1. Juni 2014 sowie aus 71,04 Euro seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte lediglich eine statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, ohne die Berufung im Urteilstenor zuzulassen. Den Streitwert hat es auf 698,46 Euro festgesetzt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen als unbegründet zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende arbeitsgerichtliche Urteil ist unzulässig.
I. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsbedingung (BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 230/14 – Rn. 9 mwN). Ist die Berufung unzulässig, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen (BAG 25. Februar 2015 – 5 AZR 849/13 – Rn. 14, BAGE 151, 66; vgl. auch 18. Mai 2011 – 4 AZR 552/09 – Rn. 12; 29. November 2001 – 4 AZR 729/00 – zu I 1 der Gründe). Ob das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist insoweit ohne Bedeutung (BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 230/14 – Rn. 9 mwN; 9. Juli 2003 – 10 AZR 615/02 – zu 1 der Gründe).
II. Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.
1. Nach § 64 Abs. 2 ArbGG kann gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts über einen Zahlungsanspruch nur dann Berufung eingelegt werden, wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist (Buchst. a) oder wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt (Buchst. b).
2. Die Berufung der Beklagten ist unzulässig, weil keine der beiden Voraussetzungen vorliegt.
a) Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 600,00 Euro nicht.
aa) Die Summe der in den beiden Klageanträgen geltend gemachten Zahlungsansprüche beträgt 565,24 Euro. Eine weiter gehende Beschwer macht die Beklagte nicht geltend; sie ist auch nicht ersichtlich.
bb) Die Tatsache, dass das Arbeitsgericht in dem Tenor seines Urteils den Streitwert auf 698,46 Euro festgesetzt hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das hat auch das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der vom Arbeitsgericht nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzte Streitwert jedenfalls grundsätzlich vom Landesarbeitsgericht zugrunde zu legen, wenn es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung feststellt, ob der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt und deshalb die Berufung statthaft ist. Diese Bindung an den vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwert entfällt nur dann, wenn die Streitwertfestsetzung offensichtlich unrichtig ist (BAG 19. Februar 2008 – 3 AZR 744/05 – Rn. 14; 16. Mai 2007 – 2 AZB 53/06 – Rn. 5 mwN zur st. Rspr. des BAG und zur Lit.; krit. BCF/Creutzfeldt ArbGG 5. Aufl. § 61 Rn. 20, gegen jede Bedeutung der arbeitsgerichtlichen Streitwertfestsetzung für die Beschwer des Berufungsklägers).
(2) Der im Streitfall vom Arbeitsgericht festgesetzte Streitwert ist offensichtlich unrichtig. Der richtigerweise festzusetzende Wert des Streitgegenstands ergibt sich aus der Addition der Zahlungsbeträge aus Ziff. 1 und Ziff. 2 des Urteilstenors (vgl. § 5 ZPO) und beträgt 565,24 Euro. Er übersteigt damit nicht den Betrag von 600,00 Euro. Entgegen der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung ergibt sich die Offensichtlichkeit der Fehlerhaftigkeit bereits aus einer flüchtigen Sicht auf die beiden zu summierenden Klagebeträge. Die Summe eines Betrags von nicht mindestens 400,00 Euro und eines von nicht mindestens 200,00 Euro kann unter keinen Umständen 600,00 Euro übersteigen.
b) Die Berufung ist im Urteil des Arbeitsgerichts nicht zugelassen worden.
aa) Nach § 64 Abs. 3a ArbGG ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Zulassung der Berufung in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Nach Verstreichen dieser Frist scheidet die Berufungsfähigkeit des Urteils nach § 64 Abs. 2 Buchst. a ArbGG aus (GK-ArbGG/Vossen Stand Dezember 2016 § 64 Rn. 62a mwN).
bb) Der Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils enthält keine gesonderte Zulassung der Berufung. Eine entsprechende Ergänzung ist auch nicht beantragt worden. Dass das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, „Gründe, die Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, [seien] nicht ersichtlich”, ist dabei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, da eine Entscheidung – negativer oder positiver Art – über die Berufungszulassung in den Entscheidungsgründen oder der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ohnehin nicht genügt (GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 64 Rn. 29).
c) Die Statthaftigkeit der Berufung folgt auch nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht einen Zulassungsgrund nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG als gegeben angesehen hat.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist – wie der Senat – davon ausgegangen, dass die Beschwer der Beklagten 600,00 Euro nicht übersteigt und deshalb eine gesetzliche Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 2 Buchst. a ArbGG nicht vorliegt. Es hat aber angenommen, die Berufung der Beklagten hätte „bei richtiger Beurteilung … zugelassen werden müssen”, weil ein Zulassungsgrund nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG vorgelegen habe.
bb) Dies ist rechtsfehlerhaft. Die nachträgliche Zulassung der vom Arbeitsgericht nicht zugelassenen Berufung durch das Landesarbeitsgericht ist gesetzlich nicht vorgesehen.
(1) Hat das Arbeitsgericht die Berufung nicht zugelassen, obwohl einer der Zulassungsgründe des § 64 Abs. 3 ArbGG vorgelegen hat, kann eine Berufung nicht eingelegt werden. Insoweit ist eine Prüfungs- und Entscheidungskompetenz des Berufungsgerichts nicht gegeben; eine nachträgliche Zulassung der Berufung analog derjenigen der Revision (§ 72a ArbGG) ist nicht möglich. Deshalb ist es auch unerheblich, dass das Landesarbeitsgericht die Revision gegen sein Berufungsurteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zugelassen hat (BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 230/14 – Rn. 16).
(2) Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2007 (– VIII ZR 340/06 –), wonach das Berufungsgericht die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind, nachholen muss, wenn das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen hat, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600,00 Euro festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, das Berufungsgericht diesen Wert jedoch nicht für erreicht hält. Diese zu § 511 ZPO ergangene Entscheidung ist auf den Streitfall nicht übertragbar. Das folgt bereits aus der insoweit vom sonstigen Zivilprozess abweichenden Struktur des arbeitsgerichtlichen Verfahrens.
(a) Der vom Arbeitsgericht im Tenor des erstinstanzlichen Urteils nach § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Streitwert erfasst – anders als der Gerichtskostenstreitwert nach § 63 GKG oder der Rechtsanwaltsgebührenstreitwert nach §§ 23, 33 RVG – den Wert derjenigen Streitgegenstände, über die die erstinstanzliche Entscheidung abschließend ergeht. Nur aus diesem Grund ist im Arbeitsgerichtsverfahren überhaupt eine Heranziehung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung zur möglichen Begrenzung des Beschwerdewerts einer Berufung verständlich. Eine vergleichbare erstinstanzliche Entscheidung ist im sonstigen Zivilprozess nicht vorgesehen. Bereits grundsätzlich prüft das Gericht die Frage, ob – außerhalb des für die Kosten und Gebühren nach § 63 GKG erforderlichen Beschlusses – eine Wertfestsetzung erfolgen soll, nach freiem Ermessen (vgl. nur PG/Gehle ZPO 8. Aufl. § 3 Rn. 13). Soweit es über einen Streitwert außerhalb von § 63 GKG, §§ 23, 33 RVG entscheidet, geschieht dies regelmäßig allenfalls in einem die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit nach § 23 Nr. 1 GVG begründenden Zwischenurteil (§ 303 ZPO) oder Verweisungsbeschluss (§ 281 ZPO). Folgerichtig ist für die Feststellung der Erreichung des Beschwerdewerts für die Berufung gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in der Regel das Berufungsgericht zuständig (Stein/Jonas/Herbert Roth ZPO 23. Aufl. § 2 Rn. 56; Wieczorek/Schütze/Kruis ZPO 4. Aufl. § 3 Rn. 25), das die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen hat. Soweit das erstinstanzliche Gericht einen Wert festgesetzt hat, betrifft dieser nicht den Wert des Beschwerdegegenstands nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, sondern die Beschwer der Partei durch das erstinstanzliche Urteil (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). An diese Festsetzung ist das Berufungsgericht im allgemeinen Zivilprozess nicht gebunden, sondern setzt den Wert nach eigenem freiem Ermessen fest (st. Rspr., vgl. nur BGH 9. Juli 2004 – V ZB 6/04 – zu II 2 a der Gründe mwN).
(b) § 64 ArbGG sieht – anders als § 511 ZPO – vor, dass sowohl die positive als auch die negative Entscheidung über die Berufungszulassung in den Tenor des erstinstanzlichen Urteils aufzunehmen ist, was durch die Regelung in § 64 Abs. 3a ArbGG nunmehr klargestellt ist (GMP/Germelmann § 64 Rn. 29; O/K/S/Künzl 5. Aufl. Rn. 469; GK-ArbGG/Vossen § 64 Rn. 56 bis 60; so auch schon die Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/11289 S. 10). Das Arbeitsgericht hat also – jedenfalls in einem Urteil über einen Zahlungsanspruch – stets, und auch dann, wenn die Beschwer einer Partei durch das Urteil 600,00 Euro übersteigt, die gesetzliche Verpflichtung, zu prüfen, ob die Berufung gesondert zuzulassen ist oder nicht (instr. Stock NZA 2001, 481). § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO dagegen bestimmt ausdrücklich, dass über eine Zulassung der Berufung nur dann – und zwar nach Maßgabe der Zulassungsgründe gem. § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO – zu entscheiden ist, wenn die Voraussetzung einer Beschwer von lediglich 600,00 Euro oder weniger gegeben ist.
(c) Unterlässt das Arbeitsgericht die gesonderte Entscheidung über die Berufungszulassung, haben die Parteien die Möglichkeit, eine solche Entscheidung zu erzwingen. Nach § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG kann innerhalb von zwei Wochen nach der Verkündung eine entsprechende Ergänzung des Urteilstenors beantragt werden, worüber die Kammer des Arbeitsgerichts dann entscheiden muss. Nehmen die Parteien diese Gelegenheit nicht wahr, ist eine weitere Korrekturmöglichkeit auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. ErfK/Koch 17. Aufl. § 64 ArbGG Rn. 6; GMP/Germelmann § 64 Rn. 48; GK-ArbGG/Vossen § 64 Rn. 62).
(d) Im Übrigen wäre die Berufung im Streitfall nicht einmal nach Maßgabe der vom Bundesgerichtshof angenommenen Voraussetzungen gem. § 511 ZPO durch das Berufungsgericht nachträglich zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hat seine Auffassung in der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung damit begründet, dass das erstinstanzliche Gericht aufgrund einer fehlerhaften Annahme über das Erreichen des Beschwerdewerts nicht für notwendig gehalten habe, eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung zu treffen. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall, da das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen ausdrücklich ausgeführt hat, dass „Gründe, die Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, nicht ersichtlich sind”.
Damit ist davon auszugehen, dass sich das Arbeitsgericht mit den möglichen Zulassungsgründen nach § 64 Abs. 3 ArbGG abschließend befasst und das Vorliegen von deren Voraussetzungen verneint hat (vgl. zur Annahme einer vom Berufungsgericht nicht abzuändernden „konkludenten” Nichtzulassungsentscheidung des Erstgerichts auch BGH 10. Februar 2011 – III ZR 338/09 – Rn. 14 ff. mwN).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Creutzfeldt, Klose, Rinck, Die ehrenamtliche Richterin Pfeil ist wegen Ablaufs ihrer Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert. Creutzfeldt, Mayr
Fundstellen
Haufe-Index 10968305 |
BAGE 2017, 75 |
BB 2017, 1779 |