Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlußfrist und Lohnfortzahlungsanspruch
Orientierungssatz
1. Für die Rechtswirksamkeit einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlußfrist ist darauf abzustellen, ob sie inhaltlich ausgewogen ist, gleichermaßen auf beide Parteien des Arbeitsverhältnisses Anwendung findet und nicht Rechte des Arbeitnehmers einseitig beschneidet.
2. Eine Vereinbarung, wonach der Lohnfortzahlungsanspruch ausgeschlossen wird, ist unwirksam. Eine Ausschlußfrist bringt zwar einen Anspruch, wenn er nicht innerhalb der vorgeschriebenen Form und Frist geltend gemacht wird, zum Erlöschen. Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem Verzicht oder einer Beschränkung des Anspruchs.
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 25.01.1982; Aktenzeichen 11 Sa 546/81) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.02.1981; Aktenzeichen 7 Ca 238/80) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger aus dem inzwischen beendeten Arbeitsverhältnis noch Ansprüche auf Lohnfortzahlung und auf Erstattung von Reisekosten zustehen.
Der Kläger war vom 19. April 1979 bis 31. Mai 1980 als Eisenflechter-Polier auf einer Baustelle der Beklagten in Tabuk in Saudi-Arabien beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag begann das Arbeitsverhältnis mit dem Tag der Ausreise aus dem Heimatland und endete mit dem Tag, zu dem die Kündigung ausgesprochen wurde. Als Grundvergütung erhielt der Kläger 2.675,- DM sowie eine Auslandszulage in Höhe von 1.165,-- SR (Saudi Rial). Mit diesen Bezügen war nach dem Arbeitsvertrag eine normale Arbeitszeit von monatlich 173 Stunden, arbeitstäglich also 6 3/4 Stunden, abgegolten. Für die Zeit ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sollte die Grundvergütung und die Auslandszulage fortgezahlt werden. Die Kosten der Hinreise des Mitarbeiters wurden von der Firma vorgelegt. Für den Fall, daß das Dienstverhältnis vom Mitarbeiter gekündigt wird, war vereinbart, daß die von der Firma vorgelegten Kosten für die Hinreise und die Rückreisekosten wie folgt vom Mitarbeiter zu tragen sind:
"Wird die Kündigung innerhalb der ersten zwölf
Monate nach Vertragsbeginn ausgesprochen zu
100 %, wird die Kündigung zwischen dem 13. und
24. Monat nach Vertragsbeginn ausgesprochen
zu 50 %. Der entsprechende Betrag wird sofort
fällig und kann bei der Lohn-/Gehaltsendab-
rechnung in Abzug gebracht werden."
Der Arbeitsvertrag enthält ferner folgende "Verfallfristen":
"Alle beiderseitigen Ansprüche aus diesem Ar-
beitsvertrag und solche, die mit ihm in Ver-
bindung stehen, verfallen, wenn sie nicht
innerhalb von drei Monaten nach der Fällig-
keit gegenüber der anderen Vertragspartei
schriftlich erhoben werden. Lehnt diese den
Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht inner-
halb von zwei Wochen nach der Geltendmachung
des Anspruches, so verfällt dieser wenn er
nicht innerhalb von drei Monaten nach der
Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich
geltend gemacht wird."
Der Kläger reiste am 19. April 1979 aus der Bundesrepublik zur Baustelle in Tabuk an und nahm dort seine Arbeit auf. Am 30. April 1979 erlitt er einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen er bis zum 10. Mai 1979 arbeitsunfähig war. Für diese elf Tage bezahlte die Beklagte dem Kläger den Normalstundenlohn für 6 3/4 Stunden pro Arbeitstag.
Mit einem am 29. März 1980 bei der Baustellenleitung der Beklagten in Tabuk eingegangenen Schreiben kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 1980. Am 25. Mai 1980 kehrte der Kläger in die Bundesrepublik zurück. Für die restliche Zeit bis zum 31. Mai 1980 hatte er Urlaub.
Am 20. Mai 1980 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Endabrechnung über sein auf der Baustelle in Tabuk geführtes persönliches Konto. Darin waren die Kosten des Flugtickets von Hamburg nach Tabuk und zurück zu Lasten des Klägers berücksichtigt. Am 18. Juni 1980 erstellte die Beklagte eine Endabrechnung über die offenen Lohnansprüche des Klägers. Hierin sind die Ansprüche des Klägers auf Grundvergütung für die Monate April und Mai 1980, seine Ansprüche auf Überstundenvergütung für die Monate März, April und Mai 1980 sowie eine Urlaubsabgeltung für 27 Urlaubstage enthalten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Kläger monatlich eine Überstundenvergütung zwischen 3.500,-- und 4.000,-- DM erhalten hat.
Mit der am 23. Juli 1980 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit vom 30. April 1979 bis 10. Mai 1979 restliche Lohnfortzahlung in Höhe von 1.401,43 DM und, soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung, die Erstattung der Hälfte der von der Beklagten verauslagten und in Abzug gebrachten Reisekosten in Höhe von 1.820,98 DM begehrt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit auch Lohnfortzahlung für die Überstunden zu leisten, die er ohne die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in dieser Zeit geleistet hätte. Er hat vorgetragen, er habe arbeitstäglich mindestens 14 Stunden gearbeitet. Da die normale Arbeitszeit 6 3/4 Stunden betrage, seien täglich 7 1/4 Überstunden angefallen. Bei einem Stundenlohn von 19,33 DM pro Überstunde ergebe sich für die elf Tage der Arbeitsunfähigkeit noch eine Forderung von 1.401,43 DM.
Diesen Anspruch habe er rechtzeitig geltend gemacht, denn die im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlußfrist sei unwirksam. Sie habe zudem erst zu laufen begonnen, als ihm am 18. Juni 1980 die Endabrechnung über seine Vergütung erteilt worden sei. Erst hieraus habe er erkennen können, daß die Beklagte ihm die durch Krankheit im April und Mai 1979 ausgefallenen Überstunden nicht bezahlen wolle. Schließlich verstoße die Beklagte auch gegen Treu und Glauben, wenn sie sich auf Ausschlußfrist berufe. Hierzu hat der Kläger behauptet, er habe seine fristlose Entlassung befürchten müssen, wenn er es gewagt hätte, ausgefallene Überstundenvergütung für seine Krankheitszeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.
Der Kläger ist darüber hinaus der Auffassung, die Beklagte habe ihn nicht mit den gesamten Reisekosten belasten dürfen. Die in dem Arbeitsvertrag enthaltene Rückzahlungsklausel sei unwirksam. Jedenfalls sei die Vertragsbestimmung dahin auszulegen, daß die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Reisekosten zurückzuzahlen, um 50 % zu kürzen sei, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung zwar vor Ablauf von zwölf Monaten seit Arbeitsantritt ausspreche, die Kündigungsfrist aber erst nach Ablauf der zwölf Monate wirksam werde. Die Beklagte könne daher allenfalls die Hälfte der entstandenen Reisekosten, die der Kläger mit 1.820,98 DM ansetzt, von ihm zurückverlangen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.222,41 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Juli 1980 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der vom Kläger geltend gemachte Lohnfortzahlungsanspruch sei aufgrund der vertraglich vereinbarten Ausschlußfrist verfristet. Der Kläger habe auch spätestens Ende Juni 1980 feststellen können, daß die Beklagte nicht gewillt sei, ihm für die Krankheitszeit Überstunden zu vergüten. Zu dieser Zeit habe er die Lohnabrechnung für den Monat Mai 1979 erhalten, in der auch die Überstundenvergütung für diesen Monat abgerechnet worden sei.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, daß der Kläger die von der Beklagten vorgelegten Reisekosten in voller Höhe zu ersetzen habe, weil er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von zwölf Monaten gekündigt habe. Nach dem Wortlaut des Vertrags komme es auf den Ausspruch der Kündigung und nicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist an.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit der Kläger einen restlichen Lohnfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 30. April 1979 bis 10. Mai 1979 geltend macht, ist dieser wegen Ablaufs der vertraglich vereinbarten Ausschlußfrist erloschen (I). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf restliche Lohnzahlung in Höhe von 1.820,98 DM. Die Beklagte war aufgrund der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen berechtigt, die für den Kläger verauslagten Reisekosten zurückzufordern. Mit diesem Anspruch hat sie wirksam gegen die noch offenstehende Lohnforderung aufgerechnet (II).
I. Das Berufungsgericht hat es dahingestellt sein lassen, ob der Kläger für die wegen Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Überstunden Lohnfortzahlung beanspruchen kann. Es hat zu Recht angenommen, ein etwaiger Anspruch sei aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlußklausel verfallen.
1. Die Ausschlußklausel erfaßt nach ihrem Wortlaut alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag. Dazu gehört auch der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
2. Die einzelvertraglich vereinbarte Ausschlußklausel ist wirksam. Bedenken hiergegen ergeben sich insbesondere nicht aus § 9 LohnFG.
a) Nach dieser Vorschrift ist der Lohnfortzahlungsanspruch unabdingbar; von ihm kann, abgesehen von den Fällen des § 2 Abs. 3 LohnFG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Eine Vereinbarung, wonach der Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers ganz oder teilweise ausgeschlossen wird, wäre demnach unwirksam. Eine Ausschlußfrist bringt zwar einen Anspruch, wenn er nicht innerhalb der vorgeschriebenen Form und Frist geltend gemacht wird, zum Erlöschen. Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem Verzicht oder einer Beschränkung des Anspruchs.
Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß auch unabdingbare Ansprüche unter tarifliche Ausschlußfristen fallen. Dies wurde zunächst damit gerechtfertigt, daß das Unabdingbarkeitsprinzip lediglich die Entstehung und Durchführung der Ansprüche sichere, nicht aber wie lange sie geltend gemacht werden können (vgl. BAG 10, 1 = AP Nr. 6 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; BAG 11, 150 und BAG 13, 57 = AP Nr. 27 und 28 zu § 4 TVG Ausschlußfristen).
Der Dritte Senat hat die Anwendbarkeit tariflicher Ausschlußfristen auf unabdingbare Ansprüche zusätzlich mit der Ordnungsfunktion der Ausschlußfristen begründet (vgl. Urteil vom 12. März 1971 - 3 AZR 224/70 - BAG 23, 248 = AP Nr. 9 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG Berlin).
Für den Lohnfortzahlungsanspruch hat der erkennende Senat die Wirksamkeit tariflicher Ausschlußfristen ebenfalls bejaht (Urteil vom 24. Mai 1973 - 5 AZR 21/73 - AP Nr. 52 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu 1 der Gründe und Urteil vom 15. November 1973 - 5 AZR 226/73 - AP Nr. 53 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu 1 und 2 der Gründe).
b) Vorliegend handelt es sich zwar nicht um eine tarifliche Ausschlußfrist, sondern um eine solche, die von den Parteien für das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis einzelvertraglich vereinbart worden ist. Einer solchen einzelvertraglichen Ausschlußfrist kommt jedoch dieselbe Ordnungsfunktion zu wie der Ausschlußklausel eines Tarifvertrages. Zwar mögen tarifvertragliche Ausschlußklauseln grundsätzlich eine größere Gewähr dafür bieten, daß die Interessen der Parteien des Arbeitsverhältnisses besser ausgewogen sind und insbesondere dem Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers Rechnung getragen ist. Doch folgt daraus noch nicht, daß eine individuell vereinbarte Ausschlußklausel, die sich auf unabdingbare Rechte des Arbeitnehmers bezieht, in jedem Falle unwirksam wäre. Auch bei einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlußfrist ist vielmehr darauf abzustellen, ob sie inhaltlich ausgewogen ist, gleichermaßen auf beide Parteien des Arbeitsverhältnisses Anwendung findet und nicht Rechte des Arbeitnehmers einseitig beschneidet.
c) Das ist bei der vorliegend vereinbarten Ausschlußklausel nicht der Fall. Sie umfaßt alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag, also gleichermaßen Ansprüche des Arbeitgebers wie des Arbeitnehmers. Die Ausschlußklausel lehnt sich in ihrem Wortlaut an die in § 16 BRTV-Bau enthaltene Ausschlußklausel an. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche ist in der hier vertraglich vereinbarten Klausel sogar einen Monat länger angesetzt, nämlich auf drei Monate. Anhaltspunkte dafür, daß die Ausschlußklausel eine einseitige Benachteiligung des Arbeitnehmers enthält und daher nach § 138 BGB als sittenwidrig anzusehen wäre, sind nicht ersichtlich.
3. Der Kläger hat diese Ausschlußfrist versäumt. Er verlangt Lohnfortzahlung für Überstunden, die er in der Zeit vom 30. April bis 10. Mai 1979 wegen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht leisten konnte. Diese Ansprüche waren spätestens Ende Juni 1979 fällig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnte der Kläger durch die ihm erteilten monatlichen Abrechnungen bereits zu diesem Zeitpunkt erkennen, daß die Beklagte ihm für die krankheitsbedingt ausgefallenen Überstunden keine Lohnfortzahlung gewährt hat. Als der Kläger diese Ansprüche erstmals mit der im Juli 1980 erhobenen Klage schriftlich geltend machte, war die Ausschlußfrist abgelaufen.
4. Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte die Lohnfortzahlung mit dem Hinweis auf den Ablauf der Ausschlußfrist verweigert. Das Berufungsgericht hat es nicht als bewiesen angesehen, daß der Kläger gehindert war, diese Ansprüche früher geltend zu machen, weil er seine fristlose Entlassung befürchten mußte.
II. Die Beklagte war auch berechtigt, die für den Kläger vorgelegten Reisekosten von dem restlichen Lohnanspruch im Wege der Aufrechnung einzubehalten.
1. Der Arbeitnehmer hat die An- und Abreisekosten zum Arbeitsort grundsätzlich selbst zu tragen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Reisekosten zu der Arbeitsstelle zu übernehmen, an der der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Es ist vielmehr Sache des Arbeitnehmers, zu diesem Erfüllungsort zu gelangen und die hierfür notwendigen Kosten zu tragen (vgl. BAG Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 134/80 - BAG 41, 123 = AP Nr. 58 zu § 616 BGB). Der Kläger war nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Arbeit in Tabuk/-Saudi-Arabien anzutreten. Die Kosten dieser Reise gingen daher zu seinen Lasten.
Die Beklagte hatte die Anreisekosten zunächst darlehensweise übernommen, sich jedoch vorbehalten, den vorgelegten Betrag in voller Höhe von den Lohnansprüchen des Klägers einzubehalten, wenn der Kläger innerhalb der ersten zwölf Monate nach Vertragsbeginn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausspricht; bei einer Kündigung zwischen dem 13. und 24. Monat nach Vertragsbeginn konnte der Darlehensbetrag in Höhe von 50 % einbehalten werden.
2. Diese Rückzahlungsvereinbarung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 GG).
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Klauseln, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Umzugskosten und dergleichen verpflichten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt kündigt, dann unwirksam, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten sind und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus keinem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entsprechen (vgl. insbesondere BAG Urteil vom 24. Februar 1975 - 5 AZR 235/74 - AP Nr. 50 zu Art. 12 GG). Bindungsklauseln dieser Art dürfen den Arbeitnehmer nicht unzumutbar belasten und ihr Inhalt muß durch begründete und zu billigende Interessen des Arbeitgebers gedeckt sein.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die in dem Arbeitsvertrag der Parteien enthaltene Rückzahlungsklausel diesen Grundsätzen entspricht. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft nur den Arbeitnehmer, der erstmals eine Arbeitsstelle bei dem Arbeitgeber antritt. Sie bezieht sich nicht auf solche Arbeitnehmer, die von der Firma von einem Arbeitsplatz in der Bundesrepublik auf einen im Ausland liegenden Tätigkeitsort versetzt werden. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, daß der Arbeitnehmer für eine längere Dauer auf der im Ausland liegenden Arbeitsstelle verbleibt; denn einerseits führen gerade die hohen Reisekosten zu außergewöhnlichen finanziellen Aufwendungen, andererseits benötigt der Arbeitnehmer wegen der anderen Arbeits- und Lebensbedingungen eine längere Einarbeitungszeit als bei einer Arbeitsstelle im Inland. Die daraus den Arbeitnehmern erwachsende Belastung ist zumutbar. Die Tätigkeit im Ausland wird in der Regel erheblich höher vergütet als eine vergleichbare Tätigkeit im Inland. Die Übernahme einer solchen Arbeitsstelle liegt somit auch im Interesse des Arbeitnehmers.
Die Rückzahlungsklausel ist auch hinsichtlich der Höhe der Rückzahlungen nicht zu beanstanden. Sie sieht eine Staffelung vor, die sich im Rahmen der Rechtsprechung des erkennenden Senats hält (BAG Urteil vom 24. Februar 1975, aaO).
3. Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger die von der Beklagten vorgelegten Reisekosten in vollem Umfang zu erstatten hat, sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat die Kündigung am 29. März 1980 und damit innerhalb der ersten zwölf Monate nach Vertragsbeginn ausgesprochen.
a) Das Berufungsgericht hat die Rückzahlungsvereinbarung in dem Arbeitsvertrag dahin ausgelegt, daß es auf den Ausspruch der Kündigung ankommt und nicht darauf, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet wird. Diese Auslegung ist, entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht den in §§ 133, 157 BGB enthaltenen Auslegungsgrundsätzen. Der Wortlaut der Rückzahlungsvereinbarung stellt eindeutig darauf ab, wann die Kündigung ausgesprochen wird. Anhaltspunkte dafür, daß es sich hierbei um ein redaktionelles Versehen handelt und es auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommen soll, wie die Revision annimmt, sind nicht ersichtlich.
b) Das von der Revision angeführte Beispiel ist nicht geeignet, eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung zu rechtfertigen. Die Revision meint, es sei aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen nicht überzeugend, daß jemand, der von vornherein nur drei Jahre bei der Beklagten arbeiten wolle und daher bereits im ersten Jahr zum Ablauf des dritten Jahres kündige, die Reisekosten in vollem Umfang zu tragen habe, während der Arbeitnehmer, der zwei Jahre arbeite und dann kündige, die Reisekosten nicht zu erstatten brauche. Abgesehen davon, daß eine solche Fallgestaltung im Arbeitsleben selten vorkommen dürfte, hat das Landesarbeitsgericht diesen Bedenken in dem angefochtenen Urteil Rechnung getragen. Es hat darauf hingewiesen, daß etwas anderes allenfalls dann gelten könnte, wenn ein Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der ersten zwölf Monate zu einem bestimmten Zeitpunkt ausspreche, obwohl er denselben Beendigungszeitpunkt auch noch durch eine nach Ablauf der ersten zwölf Monate auszusprechende Kündigung einhalten könnte.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat am 19. April 1979 begonnen. Durch eine nach dem 19. April 1980 ausgesprochene Kündigung hätte der Kläger das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Mai 1980 beenden können. Sollte das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt enden, mußte die Kündigung spätestens am 14. April 1980, also vor Ablauf von zwölf Monaten seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden. Der Kläger hat die Kündigung am 29. März 1980 und damit in den ersten zwölf Monaten seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Der Beklagten stand daher ein 100 %iger Rückforderungsanspruch auf die vorgelegten Reisekosten zu.
Michels-Holl Schneider Dr. Peifer
Schleinkofer Fischer
Fundstellen
NV, (amtlich nicht veröffentlicht) |