Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhegeldanpassung – Essener Verband
Leitsatz (amtlich)
1. Der am 1. Januar 1997 in Kraft getretene § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Essener Verbandes hat die Bindungswirkung von Anpassungsbeschlüssen des Vorstandes eingeschränkt und die Versorgungsberechtigten mit nicht insolvenzgesicherten Risiken belastet. Diese Änderung ist unwirksam, weil die für einen solchen Eingriff erforderlichen branchenbezogenen triftigen Änderungsgründe nicht vorgelegen haben.
2. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Neufassung der Leistungsordnung A. des Essener Verbandes hat die Anpassung der laufenden Betriebsrenten wirksam von der Anpassung der Gruppenbeträge abgekoppelt.
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 2 Abs. 1, 5, § 16; BGB §§ 139, 315; Satzung des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung § 5 Abs. 1; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1986 geltenden Fassung § 6 Abs. 1; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1986 geltenden Fassung § 7 Abs. 1; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1986 geltenden Fassung § 11 Abs. 6; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1986 geltenden Fassung § 18c; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung § 3; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung § 8; Leistungsordnung A des Essener Verbandes in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung § 12
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Juli 1999 – 13 (10) Sa 1634/98 – werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Revisionen haben der Kläger zu 8/15 und die Beklagte zu 7/15 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang und nach welchen Kriterien die laufende Betriebsrente des Klägers anzupassen ist.
Der Kläger war vom 4. April 1960 bis zum 30. Juni 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Sie gehört dem Essener Verband an. In Nr. 7 des Anstellungsvertrages vom 1. Februar 1971 hatten die Parteien vereinbart:
„Hinsichtlich der Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den Satzungen des Essener Verbandes bei der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft ist Herr Dr. K in Gruppe „E” (Gruppenendbetrag z.Z. DM 1.100,00) angemeldet. …”
Im Dezember 1987 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. Die Beklagte wies in ihrem Bestätigungsschreiben vom 11. Dezember 1987 darauf hin, daß „aufgrund struktureller Veränderung im L-Bereich eine einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses erforderlich” sei. In Nr. 2 des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger „aus sozialen Gründen, insbesondere unter Berücksichtigung des Verlustes des Arbeitsplatzes, gemäß § 3 Ziff. 9 EStG, § 10 KSchG, eine Abfindung in Höhe von DM 55.000,00 brutto” zu zahlen. Nr. 4 des Aufhebungsvertrages enthält folgende Vereinbarungen zu Übergangsbezügen und zur betrieblichen Altersversorgung:
„Sie erhalten mit Wirkung vom 01.07.1988 bis 30.12.1992 Übergangsbezüge durch den Essener Verband ihn Höhe von DM 3.700,00 brutto pro Monat.
Nach Vorlage ihres Rentenbescheides und Vollendung ihres 63. Lebensjahres, ab dem 01.01.1993, erfolgt die endgültige Berechnung ihrer Versorgungsbezüge aus dem Essener Verband gemäß Leistungsordnung Gruppe „J 1” (z.Z. DM 3.025,00).
Von der Anwendung des § 3 Abs. 7 der Leistungsordnung des Essener Verbandes, der eine 0,5 %ige monatliche Kürzung bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Versorgung vorsieht, wird Abstand genommen.”
Die Beklagte zahlte dem Kläger die versprochenen Übergangsbezüge. Seit dem 1. Januar 1993 gewährt sie ihm das volle Altersruhegeld der Gruppe J 1. Bei Rentenbeginn ging sie von den damals geltenden Gruppenbeträgen aus. Am 16. Januar 1995 beschloß der Vorstand des Essener Verbandes, die Gruppenbeträge zum 1. Januar 1995 um 3 % zu erhöhen. An diesen Beschluß sollten laut Niederschrift über die 87. Vorstandssitzung vom 16. Januar 1995 die Mitgliedsunternehmen nicht gebunden sein, „wenn und soweit deren schwierige wirtschaftliche Situation eine derartige Erhöhung nicht zuläßt”. Damals schrieb § 5 Abs. 1 der Satzung des Essener Verbandes vor:
„Die Mitglieder sind verpflichtet, die Satzung, die Leistungsordnungen und die Beschlüsse der Organe des Verbandes einzuhalten sowie die festgestellten Leistungen zu erbringen, es sei denn, daß dies einem Mitglied aufgrund nachhaltiger wesentlicher Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr zugemutet werden kann.”
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, daß ihre wirtschaftliche Situation keine Erhöhungen der Versorgungsleistungen erlaube. Der Vorstand des Essener Verbandes beschloß zum 1. Juli 1995 und 1. Juli 1996 weitere Anhebungen der Gruppenbeträge. In den Niederschriften über diese Erhöhungsbeschlüsse war von einer Einschränkung der Bindungswirkung nicht mehr die Rede. Die Beklagte paßte weder zum 1. Juli 1995 noch zum 1. Juli 1996 das Ruhegeld des Klägers an. Sie berief sich weiterhin auf ihre schwierige wirtschaftliche Lage.
In der Sitzung vom 19. September 1996 änderte der Vorstand des Essener Verbandes mit Wirkung vom 1. Januar 1997 sowohl die Satzung als auch die Leistungsordnung A (LO A). Dem § 5 Abs. 1 der Satzung wurden folgende neue Sätze 2 und 3 angefügt:
„Von den Beschlüssen der Organe des Verbandes über die Anpassung von Gruppenbeträgen für Anwärter und von Zahlbeträgen für laufende Leistungen darf ein Unternehmen abweichen, wenn ihm die Anpassung aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zugemutet werden kann. Das Unternehmen hat den Vorstand des Essener Verbandes hierüber zu informieren.”
Durch Änderungen des § 3 der Satzung sowie der §§ 3, 8 und 12 LO A wurde die Anpassung der laufenden Betriebsrenten mit Wirkung vom 1. Januar 1997 von der Anpassung der Gruppenbeträge abgekoppelt. Die Zahlbeträge der laufenden Leistungen werden nunmehr eigenständig überprüft und gegebenenfalls den veränderten Verhältnissen angepaßt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine nach Teil I der LO A dynamisierte Betriebsrente zu. Sie erhöhe sich in demselben Umfang wie der Gruppenendbetrag J 1. Die Beklagte sei an die vom Vorstand des Essener Verbandes beschlossenen Erhöhungen gebunden gewesen. Der Vorstand des Essener Verbandes habe in den Jahren 1995 und 1996 die Bindungswirkung seiner Anpassungsbeschlüsse nicht oder jedenfalls nicht wirksam eingeschränkt. § 5 Abs. 1 der Satzung des Essener Verbandes in der damals geltenden Fassung habe eine wirtschaftliche Notlage vorausgesetzt. Sie habe nicht vorgelegen. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene getrennte Änderung der LO A, die eine getrennte Anpassung der Gruppenbeträge für Versorgungsanwartschaften und der Zahlbeträge für laufende Ruhegelder vorsehe, gelte jedenfalls nicht für den Kläger. Seine Versorgungsbedingungen seien im Aufhebungsvertrag festgeschrieben worden. Die Abkoppelung der laufenden Betriebsrenten von den Gruppenbeträgen sei ein rechtswidriger Eingriff in seine vertraglichen Versorgungsrechte.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.661,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus jeweils 104,25 DM brutto monatlich fortlaufend seit dem 1. Februar 1995 bis 1. Juli 1995, aus jeweils 175,83 DM brutto monatlich fortlaufend seit dem 1. August 1995 bis 1. Juli 1996 und aus jeweils 212,34 DM brutto monatlich fortlaufend seit dem 1. August 1996 bis 1. Januar 1998 zu zahlen,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Februar 1998 ein Altersruhegeld in Höhe des jeweils gültigen Gruppenendbetrages „J 1” des Essener Verbandes zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei nach Teil II der LO A nur zu einer Anpassung gemäß § 16 BetrAVG verpflichtet. Wegen ihrer wirtschaftlichen Lage habe sie von einer Anpassung der Betriebsrenten absehen dürfen. Im übrigen habe der Vorstand des Essener Verbandes in den Jahren 1995 und 1996 die Bindungswirkung seiner Anpassungsbeschlüsse eingeschränkt. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit Wirkung vom 1. Januar 1997 sei eine entsprechende klarstellende Regelung auch in die Satzung des Essener Verbandes aufgenommen worden. Zumindest müsse der Kläger die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Neuregelung der Anpassung laufender Betriebsrenten hinnehmen. Diese Änderung sei wirksam. Die Leistungsordnung sei nach den vertraglichen Vereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen und der Leistungsklage im wesentlichen stattgegeben. Zinsen hat es dem Kläger nicht aus den Bruttobeträgen, sondern aus den sich daraus ergebenden Nettobeträgen zugesprochen. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung beider Parteien zurückgewiesen. Der Kläger möchte mit seiner Revision erreichen, daß seiner Klage – abgesehen von den Zinsen – in vollem Umfang stattgegeben wird. Die Beklagte strebt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung an.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen beider Parteien sind unbegründet. Dem Kläger stehen nur die von den Vorinstanzen zuerkannten Anpassungsansprüche zu. Die Beklagte ist verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers bis zum 31. Dezember 1996 entsprechend der Erhöhung der Gruppenbeträge und seit dem 1. Januar 1997 entsprechend der Erhöhung der Zahlbeträge für die laufenden Ruhegelder anzupassen.
I. Die Beklagte hat dem Kläger die für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis einschließlich 31. Dezember 1997 eingeklagten Differenzbeträge zu zahlen. Die vom Vorstand des Essener Verbandes zum 1. Januar 1995, 1. Juli 1995 und 1. Juli 1996 beschlossenen Erhöhungen der Gruppenbeträge binden auch die Beklagte. Die seit dem 1. Januar 1997 beschlossenen Steigerungen der Zahlbeträge der laufenden Betriebsrenten sind nicht Gegenstand der Leistungsklage.
1. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, haben die Parteien im Aufhebungsvertrag vereinbart, daß dem Kläger eine nach Teil I der LO A dynamisierte Betriebsrente zusteht. Das Berufungsgericht hat den Aufhebungsvertrag rechtsfehlerfrei ausgelegt.
a) Ob die im Aufhebungsvertrag enthaltenen Abreden zur betrieblichen Altersversorgung individuell ausgehandelt worden waren oder ob es sich um typisierte, in einer Vielzahl von Fällen gleichlautend verwandte Vereinbarungen handelte, kann dahinstehen. Bei nichttypischen Verträgen hat das Revisionsgericht nur zu überprüfen, ob das Tatsachengericht gesetzliche Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer acht gelassen hat(ständige Rechtsprechung, vgl. ua. BAG 2. Juni 1987 – 3 AZR 626/85 – BAGE 55, 309, 314; 7. Oktober 1993 – 2 AZR 260/93 – AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr.9, zu II 1 a der Gründe mwN). Typische Verträge unterliegen einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle(vgl. ua. BAG 17. Dezember 1960 – 3 AZR 125/59 – BAGE 10, 271, 277 f.; 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77 – BAGE 32, 6, 9 f.; 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Ausgleichsquittung Nr. 1, zu B I 2 der Gründe). Die Auslegung des Aufhebungsvertrages durch das Landesarbeitsgericht hält auch einer derartigen Überprüfung stand.
b) Ebenso wie in dem vom Senat mit Urteil vom 9. November 1999(– 3 AZR 361/98 – AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62, zu B I der Gründe) entschiedenen Fall ergibt sich die Dynamisierungszusage aus dem Wortlaut und dem Zweck der versorgungsrechtlichen Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag.
aa) Im Bestätigungsschreiben vom 11. Dezember 1987 begründete die Beklagte den Abschluß des Aufhebungsvertrages damit, daß aus betrieblichen Gründen eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich gewesen sei. Die Beklagte wollte demnach eine betriebsbedingte Kündigung vermeiden. Der Kläger hatte bei Vertragsschluß das 57. Lebensjahr vollendet. Sein Arbeitsverhältnis bestand seit 27 Jahren und die Zusage einer Versorgung nach der LO A seit 16 Jahren. Bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung hätte ihm eine Betriebsrente nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LO A aF zugestanden. Diese Vorschrift lautete bis zum 31. Dezember 1996 wie folgt:
„Kündigt das Mitglied einem Angestellten, der mit Ablauf der Kündigungsfrist das 50. Lebensjahr vollendet hat, vom Tage der Anmeldung an mindestens zehn Jahre ununterbrochen bei demselben Mitglied tatsächlich verbracht und keinen Grund zu einer fristlosen Entlassung gesetzt hat, und dem für den Verlust des Arbeitsplatzes Leistungen von anderer Seite nicht gewährt werden, wird … nach Vollendung des 65. Lebensjahres die volle jeweils in Betracht kommende Leistung auf der Grundlage der mit Ablauf der Kündigungsfrist zu berücksichtigenden Dienstjahre gewährt; sofern der Angestellte das Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in voller Höhe in Anspruch nimmt, kann auf seinen Wunsch eine vorzeitige Zahlung der Leistung unter Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 3 Abs. 7 in Betracht kommen.”
Der Versorgungsanspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LO A aF wird nicht entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitratierlich gekürzt. Er ist auch, anders als der im Teil II der LO A geregelte Versorgungsanspruch vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer, dynamisiert.
(1) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LO A aF steht dem Arbeitnehmer „die volle jeweils in Betracht kommende Leistung” zu. Diese Formulierung zeigt, daß die Bemessungsgrundlagen im Gegensatz zu § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht festgeschrieben werden sollen. Die weitere Entwicklung der Gruppenbeträge ist zu berücksichtigen. Folgerichtig ist der Ruhegeldanspruch nach § 6 LO A aF im Teil I enthalten. Für diese Betriebsrente gelten nicht die Regelungen des Teils II, sondern die des Teils I und die gemeinsamen Vorschriften des Teils III.
(2) Ältere Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit, die durch Arbeitgeberkündigung vor Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne einen Grund zu einer fristlosen Kündigung gesetzt zu haben, sind damit vor betriebsrentenrechtlichen Nachteilen eines vorzeitigen Ausscheidens weitgehend geschützt. Sie verlieren nur die Chance, durch weitere Dienstjahre den maßgeblichen Prozentsatz zu steigern. Ist wie im vorliegenden Fall die Dienstzeit von 25 Jahren und damit der Höchstsatz bereits erreicht, so erleiden sie keine Verluste.
bb) Ob § 6 LO A auf Aufhebungsverträge entsprechend anzuwenden ist, kann offenbleiben. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b in Verbindung mit den Vorschriften des Teils I der LO A aF zumindest kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbar. Diese Abrede war nach § 7 Abs. 1 LO A auch verbandsintern zulässig. Ausnahmeregelungen nach § 7 LO A müssen nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Es genügt, daß sie sich durch Auslegung den vertraglichen Vereinbarungen entnehmen lassen. Aus dem Aufhebungsvertrag ergibt sich, daß der Kläger jedenfalls nicht schlechter gestellt werden sollte, als er nach § 6 LO A aF bei einer betriebsbedingten Kündigung gestanden hätte. Der Aufhebungsvertrag enthielt sogar Verbesserungen gegenüber § 6 LO A aF.
(1) Nach Nr. 4 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages sollte der Kläger „nach Vollendung seines 63. Lebensjahres, ab dem 01.01.1993, … Versorgungsbezüge aus dem Essener Verband gemäß Leistungsordnung der Gruppe J 1” erhalten. Auf den in § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b in Verbindung mit § 3 Abs. 7 LO A vorgesehenen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von 0,5 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme des Altersruhegeldes hatte die Beklagte in Nr. 4 Abs. 3 des Aufhebungsvertrages ausdrücklich verzichtet. Für die Zeit bis zum Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand verpflichtete sich die Beklagte zu einer weitergehenden Zahlung von Übergangsbezügen als in § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LO A aF vorgesehen. Diese Verbesserungen stellten einen Anreiz zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Da sowohl das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis als auch die vorzeitige Inanspruchnahme des Altersruhegeldes im Interesse der Beklagten lagen, sollten dem Kläger daraus keine versorgungsrechtlichen Nachteile erwachsen.
(2) Nr. 4 des Aufhebungsvertrages geht erkennbar davon aus, daß dem Kläger nicht lediglich eine statische Betriebsrente nach Teil II der LO A zusteht, sondern eine nach Teil I LO A dynamisierte. Der maßgebliche Gruppenbetrag wurde im Aufhebungsvertrag nicht festgeschrieben. Es wird lediglich darauf hingewiesen, daß der Gruppenbetrag zur Zeit 3.025,00 DM betrage. Auch in Nr. 7 des Anstellungsvertrages vom 1. Februar 1971 wurde die Dynamisierung der Versorgungsrechte mit der Formulierung „z.Z.” zum Ausdruck gebracht. Die in Nr. 4 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages vorgeschriebene Berechnung der Betriebsrente sollte „nach Vorlage des Rentenbescheides und der Vollendung des 63. Lebensjahres” erfolgen. Auf die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse bei Eintritt in den Ruhestand kommt es nur bei einer nach Teil I LO A dynamisierten Betriebsrente an. Dagegen spielen sie bei einer nach Teil II LO A berechneten Betriebsrente auf Grund der Veränderungssperre des § 11 Abs. 6 LO A aF keine Rolle. Denn diese Veränderungssperre gilt „auch für die Bemessungsgrundlagen anderer Versorgungsbezüge, die bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen sind”. § 11 Abs. 6 Satz 1 LO A aF stellt ebenso wie § 2 Abs. 5 BetrAVG bei der Anrechnung der Sozialversicherungsrente auf den Zeitpunkt des Ausscheidens ab.
(3) Der Aufhebungsvertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, daß die vereinbarte Abfindung versorgungsrechtliche Nachteile ausgleichen sollte. Nach dem Wortlaut der Nr. 2 des Aufhebungsvertrages zahlte die Beklagte die Abfindung „aus sozialen Gründen insbesondere unter Berücksichtigung des Verlustes des Arbeitsplatzes gemäß § 3 Ziff. 9 EStG, § 10 KSchG”. Obwohl sich der Zweck der vereinbarten Abfindung und der Zweck von Übergangsbezügen überschneiden, übernahm die Beklagte eine über § 6 LO A aF hinausgehende Verpflichtung zur Zahlung von Übergangsbezügen. Dies zeigt, daß der Kläger unabhängig von der Abfindung keine Einbußen, gemessen an § 6 LO A aF, erleiden sollte. Bei der Betriebsrente fehlen sogar die zwischen Übergangsgeld und Abfindung bestehenden Gemeinsamkeiten.
2. Die Beklagte ist verpflichtet, die vom Vorstand des Essener Verbandes zum 1. Januar 1995, 1. Juli 1995 und 1. Juli 1996 beschlossenen Anpassungen der Gruppenbeträge zu beachten. Trotz ihrer damaligen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist sie an diese Anpassungsbeschlüsse gebunden.
a) Der Vorstand des Essener Verbandes konnte Mitgliedsunternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht von der Bindungswirkung seines Anpassungsbeschlusses vom 16. Januar 1995 ausklammern. Nur Unternehmen in einer wirtschaftlichen Notlage mußten den Anpassungsbeschluß nicht umsetzen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß diese Voraussetzung bei ihr erfüllt war.
aa) Laut Niederschrift der 87. Vorstandssitzung vom 16. Januar 1995 sollte die Gruppenbetragserhöhung um 3 % zum 1. Januar 1995 Mitgliedsunternehmen nicht binden, „wenn und soweit deren schwierige wirtschaftliche Situation derartige Erhöhungen nicht zuläßt”. Dabei handelte es sich um eine Einschränkung der Bindungswirkung und nicht lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die ohnehin geltenden Ausnahmeregelungen in § 18c LO A und § 5 Abs. 1 der Satzung aF. Nach diesen Vorschriften muß ein Mitgliedsunternehmen die Anpassungsbeschlüsse des Essener Verbandes dann nicht einhalten, wenn dies dem Unternehmen „auf Grund nachhaltiger wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht mehr zugemutet werden kann”. Damit wurde der steuerunschädliche Notlagenvorbehalt des Abschnitts 41 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a der Einkommenssteuerrichtlinien übernommen. Die darin beschriebenen Voraussetzungen waren arbeitsrechtlich für einen Widerruf der Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage erforderlich(vgl. Blomeyer/Otto BetrAVG 2. Aufl. Einl. Rn. 569; Griebeling Betriebliche Altersversorgung Rn. 835; Höfer BetrAVG Stand: Januar 1999 ART Rn. 383). Die vom Vorstand des Essener Verbandes am 16. Januar 1995 verwandte Formulierung stellt geringere Anforderungen. Dies war kein Versehen. Die Wortwahl orientiert sich erkennbar an § 16 BetrAVG. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber eine Anpassung verweigern, wenn seine wirtschaftliche Lage die an sich gebotene Rentenerhöhung nicht zuläßt(vgl. ua. BAG 14. Februar 1989 – 3 AZR 191/87 – BAGE 61, 94, 97).
bb) Die vom Vorstand des Essener Verbandes am 16. Januar 1995 beabsichtigte, über § 18c LO A und § 5 Abs. 1 der Satzung aF hinausgehende Einschränkung der Bindungswirkung war unwirksam.
(1) Der Essener Verband ist ebenso wie der Bochumer Verband ein sogenanntes Konditionenkartell. Es dient der Vereinheitlichung der Versorgungsleistungen für die angeschlossenen Unternehmen. Dieser Verbandszweck erlaubt nur branchenbezogene Unterscheidungen bei der Festsetzung der Gruppenbeträge. § 5 der Satzung regelt unter welchen Voraussetzungen die Vereinheitlichungsinteressen des Verbandes bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des einzelnen Mitgliedsunternehmens ausnahmsweise zurücktreten sollen. Bis zum 31. Dezember 1996 sollte nur eine wirtschaftliche Notlage zu einer Einschränkung der Bindungswirkung führen. Ohne Änderung der Satzung war der Vorstand des Essener Verbandes nicht befugt, das Konditionenkartell zu relativieren.
(2) Auf das Urteil des Senats vom 27. August 1996(– 3 AZR 466/95 – BAGE 84, 38, 42 ff.) kann sich die Beklagte nicht berufen. Die Argumentation in dieser Entscheidung spricht nicht für, sondern gegen sie. Der Senat hatte darüber zu entscheiden, ob der Bochumer Verband unterschiedliche Anpassungssätze für die steinkohleproduzierenden Bergbauunternehmen einerseits und die übrigen Mitgliedsunternehmen andererseits beschließen durfte. Diese differenzierte, aber brancheneinheitliche Anpassung hat der Senat für zulässig gehalten, weil das Konditionenkartell unangetastet bleibt, wenn allgemein nach Branchen unterschieden wird(BAG 27. August 1996 – 3 AZR 466/95 – BAGE 84, 38, 47 f.). Davon zu unterscheiden sind Differenzierungen nach der wirtschaftlichen Lage des einzelnen Mitgliedsunternehmens. Das auch vom Essener Verband verfolgte Ziel, die Bedingungen der betrieblichen Altersversorgung zu koordinieren, schließt eine unternehmensbezogene Betrachtung aus(vgl. BAG 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 382).
(3) Die Unwirksamkeit der Ausnahmeregelung führt nach § 139 BGB nicht dazu, daß die Anpassungsentscheidung als solche unwirksam ist. Die verletzte Norm dient der Herstellung einheitlicher Versorgungsbedingungen. Diesem Zweck entspricht es, daß lediglich die Ausnahmeregelung entfällt und die getroffene Entscheidung für alle Mitgliedsunternehmen gilt. Der Essener Verband soll möglichst zeitnah branchenweite Anpassungsentscheidungen treffen. Auf die Interessen einzelner Mitgliedsunternehmen kommt es nicht an.
b) Die Anpassungsbeschlüsse zum 1. Juli 1995 und 1. Juli 1996 enthalten die in der Vorstandssitzung vom 16. Januar 1995 protokollierte Einschränkung der Bindungswirkung nicht mehr. Laut Niederschrift der 87. Vorstandssitzung vom 16. Januar 1995 bezog sich die Einschränkung der Bindungswirkung auf den „Beschluß einer Gruppenbetragserhöhung ab 1. Januar 1995 um 3 %”. Nach dieser Formulierung handelte es sich lediglich um eine Ausnahmeregelung für diese konkrete Anpassungsentscheidung. Selbst wenn der Vorstand des Essener Verbandes am 16. Januar 1995 auch eine Einschränkung der Bindungswirkung künftiger Anpassungsentscheidungen beschlossen hatte, war diese Ausnahmeregelung aus den bereits ausgeführten Gründen unwirksam.
c) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß der Essener Verband mit Wirkung vom 1. Januar 1997 § 5 seiner Satzung geändert hat. Nach dem neu eingefügten § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung darf ein Mitgliedsunternehmen von den Vorstandsbeschlüssen über die Anpassung von Gruppenbeträgen für Anwärter und von Zahlbeträgen für laufende Leistungen abweichen, wenn ihm die Anpassung auf Grund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zugemutet werden kann. Dabei handelt es sich um keine bloße Klarstellung, sondern um eine einschneidende inhaltliche Änderung, die erst für die Anpassungsentscheidungen ab 1. Januar 1997 gelten soll. Die Versorgungsrechte des Klägers sind durch § 5 Abs. 1 Satz 2 der neugefaßten Satzung nicht wirksam eingeschränkt worden.
aa) Für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften hat der Senat ein dreiteiliges Prüfungsschema entwickelt(ständige Rechtsprechung seit dem Urteil vom 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – BAGE 49, 57, 66 ff.). Es ist jedoch auf Versorgungsanwartschaften zugeschnitten und nicht ohne weiteres auf Betriebsrenten übertragbar(vgl. ua. BAG 16. Juli 1996 – 3 AZR 398/95 – BAGE 83, 293, 299; 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14, zu II 3 a der Gründe). Wenn nicht die Höhe der Versorgungsanwartschaft, sondern eine andere Rechtsposition der Versorgungsberechtigten betroffen ist, kommt es auf die hinter dem Prüfungsprogramm stehenden allgemeinen Prinzipien des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit an(BAG 26. August 1997 – 3 AZR 235/96 – BAGE 86, 216, 223). Auch die Änderungen, die sich auf die Anpassung laufender Versorgungsleistungen auswirken, bedürfen tragfähiger Gründe. Wie gewichtig die Gründe sein müssen, läßt sich allerdings nicht schematisch beantworten, sondern hängt von den Nachteilen ab, die den Versorgungsberechtigten durch die konkrete Änderung entstehen(BAG 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 366). Für den Eingriff in die Versorgungsrechte, der sich aus der Einschränkung der Bindungswirkung der Anpassungsentscheidungen des Essener Verbandes ergibt, fehlen ausreichende Änderungsgründe.
bb) Bisher galt die Anpassungsentscheidung branchenweit für alle Mitgliedsunternehmen. Auf die wirtschaftliche Lage des einzelnen Unternehmens kam es grundsätzlich nicht an. Nur wenn sich das Mitgliedsunternehmen in einer wirtschaftlichen Notlage befand und deshalb zu einem Widerruf der Versorgungszusage berechtigt war, mußte es die Anpassungsentscheidung nicht einhalten. Bei einem Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage hatte jedoch der Pensions-Sicherungs-Verein nach § 7 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung für die Dynamisierungspflicht einzustehen(vgl. BAG 8. Juni 1999 – 3 AZR 39/98 – AP BetrAVG § 7 Nr. 92 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 60, zu II der Gründe mwN). Damit spielten die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens für den Betriebsrentner keine Rolle. Er nahm an den branchenbezogenen Anpassungen auf jeden Fall teil. Darin bestand der besondere Wert der bisherigen Dynamisierungspflicht und der wesentliche Unterschied zur Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG.
Die in § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung vorgesehene Einschränkung der Bindungswirkung hat die unternehmensübergreifende Betrachtung weitgehend beseitigt. Ebenso wie bei § 16 BetrAVG soll nunmehr auch bei Versorgungsleistungen nach Teil I der LO A des Essener Verbandes die Anpassungspflicht des einzelnen Mitgliedsunternehmens von seiner wirtschaftlichen Belastbarkeit abhängen. Da § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung geringere Anforderungen stellt als § 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung, bedarf es keiner wirtschaftlichen Notlage. § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung verweist zwar nicht ausdrücklich auf § 16 BetrAVG, übernimmt aber mit der Formulierung „auf Grund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zugemutet werden kann” erkennbar den gesetzlichen Prüfungsmaßstab. Dies führt dazu, daß der Arbeitgeber nicht insolvent sein muß und die Anpassungspflicht auch ohne Eintritt eines Sicherungsfalles erlöschen kann. Damit fehlt die für den Insolvenzschutz nötige Kausalität. Durch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des einzelnen Unternehmens und den Verlust des Insolvenzschutzes würden die Betriebsrentner mit schwerwiegenden Risiken belastet, die sie bisher nicht tragen mußten. Dies ist ein erheblicher Eingriff in ihre Versorgungsrechte, für den sachliche Gründe nicht ausreichen. Erforderlich sind zumindest triftige Gründe.
cc) Bei der Prüfung eines triftigen Grundes für die mit der Lockerung des Konditionenkartells verbundenen Eingriffe in die Versorgungsrechte kommt es nicht auf die Sichtweise und die Verhältnisse des einzelnen Unternehmens an. Entsprechend der Struktur der Versorgungsordnung und dem Zweck des Konditionenkartells ist ein branchenweiter Prüfungsmaßstab anzulegen. Soll eine Ausnahmeregelung die bisherige Vereinheitlichung teilweise beseitigen, so muß dafür ein unternehmensübergreifender tragfähiger Änderungsgrund bestehen. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, daß wirtschaftliche Schwierigkeiten einzelner Unternehmen stets möglich waren, jedoch unberücksichtigt blieben. Dies lag sowohl im Interesse des Konditionenkartells als auch im Interesse der Versorgungsberechtigten und stellte einen besonderen Wert der zugesagten Versorgung dar. Bei den Betriebsrentnern wurde ein Vertrauenstatbestand geschaffen, in den nur aus gewichtigen Gründen eingegriffen werden kann. Es genügte nicht, daß ohne schwerwiegende unternehmensübergreifende Veränderungen lediglich eine von Anfang an belastende Regelung relativiert werden sollte. Branchenbezogene triftige Änderungsgründe sind jedoch nicht ersichtlich.
3. Über die Höhe des mit der Leistungsklage geltend gemachten Nachzahlungsanspruchs besteht zwischen den Parteien kein Streit.
II. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, kann der Kläger nicht verlangen, daß die Beklagte sein Altersruhegeld auch nach dem 1. Januar 1997 entsprechend der vom Vorstand des Essener Verbandes beschlossenen Erhöhungen des Gruppenendbetrages „J 1” anpaßt.
1. Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, daß die Beklagte dem Kläger keine statische Altersversorgung zusagt hat, sondern die jeweils gültige Fassung der LO A anzuwenden ist.
a) Dynamische Verweisungen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Sie gelten auch nach Eintritt in den Ruhestand(vgl. BAG 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14, zu I 3 der Gründe). Im Zweifel will der Arbeitgeber möglichst einheitliche Versorgungsbedingungen für alle Betriebsrentner seines Unternehmens. Eine statische Verweisung muß deutlich zum Ausdruck gebracht werden(vgl. ua. BAG 16. August 1988 – 3 AZR 61/87 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8, zu 2 b der Gründe; 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – aaO, zu I 2 der Gründe). Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
b) Nach Nr. 7 des Anstellungsvertrages richtet sich die dem Kläger zugesagte Alters- und Hinterbliebenenversorgung „nach den Satzungen des Essener Verbandes”. Von einer Festschreibung auf eine bestimmte Fassung ist nicht die Rede. Daraus läßt sich entnehmen, daß auch spätere Änderungen der Regelungen des Essener Verbandes zu berücksichtigen sind.
Die Parteien haben die in der arbeitsvertraglichen Versorgungszusage enthaltene dynamische Verweisung nicht durch den Aufhebungsvertrag beseitigt. In Nr. 4 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages ist von den „Versorgungsbezügen aus dem Essener Verband gemäß Leistungsordnung Gruppe J 1” die Rede. Die Versorgungsregelungen wurden nicht näher beschrieben, insbesondere nicht datumsmäßig fixiert. Der Kläger sollte durch den Aufhebungsvertrag einige punktuelle Verbesserungen erhalten und im übrigen nicht schlechter gestellt werden als bei einer betriebsbedingten Kündigung. Auch nach einer Arbeitgeberkündigung hätte sich die Altersversorgung nach der jeweils gültigen Leistungsordnung gerichtet.
2. Jeweiligkeitsklauseln führen nicht dazu, daß die Versorgungsregelungen beliebig geändert werden können(ständige Rechtsprechung des Senats vgl. ua. 8. Oktober 1991 – 3 AZR 47/91 – BAGE 68, 314, 317; 26. August 1997 – 3 AZR 213/96 – AP BetrAVG § 1 Besitzstand Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 16, zu II der Gründe mwN). Eingriffe in die Versorgungsrechte durch den Essener Verband unterliegen einer gerichtlichen Kontrolle. Sie müssen ebenso wie beim Bochumer Verband billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB entsprechen. Die Bestandsschutzinteressen der Arbeitnehmer sind angemessen zu berücksichtigen und gegen die Änderungsgründe der Arbeitgeber abzuwägen. Die Arbeitnehmer dürfen darauf vertrauen, daß der Essener Verband bei Eingriffen in schutzwürdige Rechtspositionen der Versorgungsberechtigten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Änderung der Anpassungsregelungen genügt diesen Anforderungen.
Der Essener Verband hat ebenso wie der Bochumer Verband die Anpassung der laufenden Betriebsrente von der Anpassung der Gruppenbeträge abgekoppelt. Wie der Senat in den Urteilen vom 27. August 1996 – 3 AZR 466/95 – BAGE 84, 38, 53 ff. und 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 364 ff. entschieden hat, ist die Änderung der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes wirksam. Die Änderung der Leistungsordnung des Essener Verbandes ist nicht anders zu beurteilen.
a) Die Auswirkungen der Neuregelung hängen davon ab, in welchem Umfang die Ruhegelder jeweils angepaßt werden, sich die Gruppenbeträge ändern und die Sozialversicherungensrenten steigen. Die getrennte Anpassung der Gruppenbeträge und der Rentenzahlbeträge kann zwar für die Versorgungsempfänger tendenziell etwas ungünstiger sein. Ebenso wie beim Bochumer Verband sind aber auch beim Essener Verband die Nachteile nicht so schwerwiegend, daß sachliche Gründe für diese Änderung nicht ausreichten(vgl. dazu BAG 27. August 1996 – 3 AZR 466/95 – BAGE 84, 38, 56 ff.; 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 367 f.). Die Abkoppelung der Rentenanpassung führt zu keinen so einschneidenden Nachteilen wie die Einschränkung der Bindungswirkung von Anpassungsentscheidungen des Essener Verbandes durch die Neufassung des § 5 der Satzung.
b) Die erforderlichen sachlichen Gründe lagen vor.
Nach § 3 der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Leistungsordnung A des Essener Verbandes und § 3 der bis zum 31. Dezember 1984 geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes richteten sich die Ruhegelder nach den jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Dies galt auch nach Eintritt des Versorgungsfalls. Bei jeder Änderung der Gruppenbeträge war das Ruhegeld neu zu berechnen. Erhöhte Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung waren nach der früheren Fassung der Leistungsordnungen anzurechnen. Der Essener Verband nahm zwar im Gegensatz zum Bochumer Verband keine umfassende Umstrukturierung der Altersversorgung vor. Die laufenden Betriebsrenten werden aber nunmehr ebenso wie beim Bochumer Verband unabhängig von der Entwicklung der anzurechnenden Versorgungsleistungen einheitlich angepaßt. Damit beruht auch die Neuregelung des Essener Verbandes auf folgenden Erwägungen, die bereits für den Bochumer Verband von entscheidender Bedeutung waren und einen ausreichenden Änderungsgrund darstellen:
(1) Der Verwaltungsaufwand für die ständige Neuberechnung der Betriebsrenten anhand der individuellen Versorgungsverhältnisse sollte künftig entfallen.
(2) Die Abhängigkeit von künftigen Eingriffen in die Regelwerke der anrechenbaren Versorgungsbezüge sollte vermieden werden.
(3) Die Transparenz und die Kalkulierbarkeit sollten erhöht werden.
Die angestrebte Verwaltungsvereinfachung ist ebensowenig zu mißbilligen wie das wirtschaftliche Ziel, das Betriebsrentensystem durch die Abkoppelung von den individuellen Renten kalkulierbarer und weniger risikobehaftet zu gestalten(BAG 27. August 1996 – 3 AZR 466/95 – BAGE 84, 38, 59; 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 371).
Unterschriften
Reinecke, RiBAG Bepler ist wegen Urlaub an der Unterschrift gehindert Reinecke, Kremhelmer, Schmidt, Platow
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.07.2000 durch Kaufhold, Urkundsbeamtin, der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 632861 |
DB 2002, 2444 |
FA 2001, 313 |
SAE 2001, 282 |
AP, 0 |
EzA |
AUR 2001, 357 |