Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung. regelmäßige Arbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
Fortführung von Senat 21. November 2001 – 5 AZR 296/00 – AP EntgeltFG § 4 Nr. 56, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen
Orientierungssatz
Mit der Verweisung in § 18 Abs. 1 Satz 2 des Manteltarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz vom 7. September 1994 idF des 2. Änderungstarifvertrages vom 8. Juli 1997 auf § 11 BUrlG haben die Tarifvertragsparteien von der ihnen in § 4 Abs. 4 EFZG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine von den Absätzen 1, 1a und 3 des § 4 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage festzulegen. Der Geldfaktor zur Errechnung der Höhe des nach §§ 3 und 4 EFZG bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden Entgelts bestimmt sich nach § 11 BUrlG. Eine weitergehende Wirkung kommt dieser Verweisung auf § 11 BUrlG nicht zu, weil diese urlaubsrechtliche Bestimmung gerade nicht den Zeitfaktor, sondern lediglich den Geldfaktor bei der Bemessung des Urlaubsentgelts regelt (vgl. BAG 9. November 1999 – 9 AZR 771/98 – BAGE 92, 343, 347 f. mwN; BAG 22. Februar 2000 – 9 AZR 107/99 – BAGE 93, 376, 385).
Normenkette
EFZG § 4; BUrlG § 11; Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz vom 7. September 1994 i.d.F. des 2. Änderungstarifvertrages vom 8. Juli 1997, §§ 6, 16, 18
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Kläger ist bei der Beklagten, die einen Verkehrsbetrieb unterhält, seit dem 1. September 1994 als Busfahrer beschäftigt. In der Zeit vom 5. Januar 1999 bis zum 14. Februar 1999 war der Kläger arbeitsunfähig krank.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz vom 7. September 1994 idF des 2. Änderungstarifvertrages vom 8. Juli 1997 (im folgenden MTV) Anwendung. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 MTV iVm. Anlage 3 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Kraftfahrer im Personenbeförderungsgewerbe mit Kraftomnibussen im Linienverkehr 39 Stunden. Zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist im MTV folgendes bestimmt:
Ҥ 18
Krankenbezüge
(1) Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gelten die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Für die Bemessung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes gilt § 11 Bundesurlaubsgesetz.
…”
Der Kläger arbeitete im Oktober 1998 132,5 Stunden. Für weitere 54 Stunden erhielt der Kläger Urlaubsentgelt sowie zusätzliches Urlaubsgeld. Im November 1998 erbrachte der Kläger 197,25 Arbeitsstunden und im Dezember 203,50 Stunden. Er bezog in dieser Zeit zusätzlich zu seinem Bruttostundenlohn von 17,00 DM ratenweise ausbezahltes Weihnachtsgeld, teils steuerfreies und teils steuerpflichtiges “Sonntagsgeld”, Überstundenzuschläge sowie Spesen. Unter Berücksichtigung dieser Einzelpositionen erhielt der Kläger im Oktober 4.869,19 DM, im November 4.373,94 DM und im Dezember 4.223,02 DM brutto. Für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Januar 1999 leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung für 156 Stunden zu je 17,00 DM, dh. insgesamt 2.652,00 DM brutto.
Der Kläger hat geltend gemacht, er arbeite regelmäßig mindestens 200 Stunden im Monat. Mit regelmäßigen Überstundenzuschlägen und Zuschlägen für sonstige ungünstige Arbeitszeiten habe er einen Mindestentgeltanspruch von monatlich 4.200,- DM brutto. Hieraus folge ein durchschnittliches kalendertägliches Einkommen von 140,00 DM, das die Beklagte während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlen habe. Die Beklagte habe jedoch nur 96,05 DM geleistet. Für die 42 Tage der Arbeitsunfähigkeit stehe ihm daher ein kalendertäglicher Differenzbetrag von 43,95 DM zu.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.845,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 10. August 1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung sei die tarifliche Arbeitszeit von 39 Wochenstunden zugrunde zu legen. Überstunden seien nicht zu berücksichtigen.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann die für die Entgeltfortzahlung maßgebliche individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Klägers mangels ausreichender Feststellungen nicht selbst abschließend beurteilen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Bull, Kremser
Fundstellen
Haufe-Index 797374 |
FA 2003, 155 |
NZA 2002, 1176 |
EzA-SD 2002, 7 |
EzA |
NJOZ 2003, 1516 |