Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzanfechtung. Inkongruenz von Druckzahlungen. Rückforderung von Ausbildungsvergütung. Insolvenzgeldanspruch. Auszubildender. Existenzminimum
Leitsatz (amtlich)
Anlass, eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre in Höhe des auf den Vergütungszeitraum entfallenden Existenzminimums zu erwägen, besteht nicht, wenn die Rückforderung im Wege der Insolvenzanfechtung gemäß § 131 Abs. 1 InsO deshalb erfolgt, weil die Vergütung unter dem Druck einer drohenden Zwangsvollstreckung gezahlt wurde. Das gilt auch dann, wenn die Rückforderung gezahlte Ausbildungsvergütung betrifft und wenn das Insolvenzverfahren auf einen schon längere Zeit vor der Zahlung gestellten Antrag hin eröffnet wurde.
Orientierungssatz
1. Die Arbeitsgerichte sind als Prozessgerichte im Rechtsstreit über eine Insolvenzanfechtung daran gebunden, welche Eröffnungsanträge das Insolvenzgericht in seiner rechtskräftigen Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als maßgeblich bestimmt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beschluss ausnahmsweise an einem Mangel leidet, der zu seiner Nichtigkeit führt.
2. Der Anwendungsbereich des § 139 Abs. 2 InsO, der die Anfechtbarkeit zeitlich vorverlagert, ist nur eröffnet, wenn das Verfahren nicht auf den ersten gestellten Eröffnungsantrag, sondern erst auf einen späteren Antrag hin eröffnet wird. Dann ist zu prüfen, ob das Verfahren auf den früheren Antrag hin hätte eröffnet werden können und ob die maßgebliche Anfechtungsfrist bezogen auf den früheren Antrag gewahrt ist. Diese Prüfung müssen die Arbeitsgerichte als Prozessgerichte eigenständig vornehmen. Die Beweislast für die dafür erforderlichen Tatsachen trifft den anfechtenden Insolvenzverwalter.
3. Zahlungen, die unter dem Druck der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erlangt sind, sind als Druckzahlungen inkongruent.
4. Auszubildende sind Arbeitnehmer im Sinne des § 165 SGB III. Darum können auch Ansprüche auf Ausbildungsvergütung durch Insolvenzgeld gesichert werden.
5. Wird vergleichsweise die Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts vereinbart, das für den Insolvenzgeldzeitraum geschuldet wurde, ist ein solcher Zahlungsanspruch insolvenzgeldfähig.
6. Bei Vergütungsansprüchen, die erst durch Druckzahlungen erfüllt werden, ist eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre in Höhe des Existenzminimums auch dann nicht zu erwägen, wenn es um die Rückforderung verspätet gezahlter Ausbildungsvergütung geht.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 139 Abs. 2, §§ 143, 144 Abs. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1, § 165 ff., § 324 Abs. 3 S. 2; SGB IV § 7 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. April 2016 – 16 Sa 944/15 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen erst seit dem 16. September 2014 zu zahlen sind.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nur noch darüber, ob der Kläger auf die Widerklage im Wege der Insolvenzanfechtung Ausbildungsvergütung, die er unter dem Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat, an die Masse zurückgewähren muss.
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter in dem am 15. September 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH (Schuldnerin). Diese beschäftigte zuletzt drei Arbeitnehmer. Der Eröffnungsbeschluss nennt als Grundlage der Eröffnung neben zwei Anträgen aus dem Jahr 2014 ausdrücklich auch einen bereits am 7. Oktober 2010 gestellten Insolvenzantrag. Dieser war von einer Sozialversicherungsträgerin wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge und Pauschalsteuern gestellt worden. Nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts wurden auf diesen Rückstand in der Folgezeit Zahlungen der Schuldnerin erbracht, die jedoch zur Tilgung nicht ausreichten. Zwischen 2012 und 2014 erfolgten in dem Eröffnungsverfahren (lediglich) Sachstandsanfragen von Schuldnerin und Antragstellerin beim Insolvenzgericht.
Der Kläger wurde von der Schuldnerin vom 1. August 2008 bis zum 31. Januar 2012 zum Metallbauer ausgebildet. Die monatliche Ausbildungsvergütung stieg von 362,00 Euro brutto bis auf 495,20 Euro brutto im letzten Ausbildungsjahr. Die Schuldnerin erbrachte die Ausbildungsvergütung nur schleppend. Bitten des Klägers bei der Handwerkskammer und beim Arbeitsamt, die Ausbildung in anderen Betrieben fortsetzen zu können, hatten keinen Erfolg. Der Kläger entschloss sich daraufhin, die Ausbildung trotz ausbleibender Zahlungen zu Ende zu bringen.
In einem nach bestandener Abschlussprüfung eingeleiteten Rechtsstreit über rückständige Vergütungsansprüche aus dem Ausbildungsverhältnis schlossen der Kläger und die Schuldnerin am 19. Oktober 2012 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich die Schuldnerin, dem Kläger 2.800,00 Euro netto zu zahlen. Im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses erzielte der Kläger seinen Angaben zufolge einen „normalen” Gesellenlohn. Die Schuldnerin erfüllte den Vergleich bis zur vereinbarten Fälligkeit am 15. November 2012 nicht. Daraufhin erwirkte der Kläger am 21. November 2012 ein vorläufiges Zahlungsverbot und am 27. Dezember 2012 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts zahlte die Schuldnerin unter dem Druck des vorläufigen Zahlungsverbots und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Kläger am 21. Dezember 2012 einen Betrag von 2.814,39 Euro und am 28. Januar 2013 weitere 108,20 Euro sowie 7,85 Euro.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2015 forderte der Beklagte den Kläger auf, die erhaltenen 2.930,44 Euro an die Masse zurückzugewähren. Die daraufhin von ihm erhobene negative Feststellungsklage hat der Kläger zurückgenommen, nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. März 2015 Widerklage auf Zahlung des streitbefangenen Betrags zur Insolvenzmasse erhoben hatte.
Der Beklagte hat zur Begründung der Widerklage angeführt, nach § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO sei für die Beurteilung der Anfechtungsfristen der Antrag vom 7. Oktober 2010 maßgeblich. Einschränkungen für die Dauer des Eröffnungsverfahrens ergäben sich daraus nicht. Die Schuldnerin sei von Oktober 2010 bis zur Insolvenzeröffnung durchgehend zahlungsunfähig gewesen, so dass eine einheitliche Insolvenz vorliege. Zudem sei das Prozessgericht an den Eröffnungsbeschluss gebunden. Die angefochtenen Zahlungen seien unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erfolgt. Der Kläger könne sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht darauf berufen, dass das Existenzminimum gewahrt sein müsse, da die erhaltenen Zahlungen inkongruent gewesen seien. Der Kläger hätte Sozialhilfe in Anspruch nehmen können.
Der Beklagte hat zuletzt beantragt,
auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten einen Betrag von 2.930,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. September 2014 zu zahlen.
Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens, die Widerklage abzuweisen, vorgetragen, der Insolvenzantrag vom 7. Oktober 2010 sei im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen von der Antragstellerin nicht mehr weiterverfolgt worden. Eine Begründung im Eröffnungsbeschluss, warum das Verfahren gleichwohl auch auf den ersten Antrag auf Insolvenzeröffnung hin eröffnet worden sei, fehle. Zudem sei eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Bargeschäfts geboten, weil die Zahlungen in zeitlicher Nähe zum Fälligkeitszeitpunkt der nach dem Vergleich geschuldeten Zahlungen erfolgt seien. Er habe keine Kenntnis von dem im Jahr 2010 gestellten Insolvenzantrag gehabt und darum weder Insolvenzgeld noch Sozialleistungen in Anspruch nehmen können. Auszubildende seien in der Regel nur eingeschränkt geschäftserfahren. Darum dürfe wegen seiner besonderen Schutzwürdigkeit als Auszubildender und seines Anspruchs auf Existenzsicherung § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht angewendet werden. Das gelte jedenfalls dann, wenn sich wie vorliegend die Rückforderungsansprüche allein aufgrund eines unerklärlich lang dauernden Eröffnungsverfahrens ergäben.
Das Arbeitsgericht hat die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten der Widerklage stattgegeben. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Abweisung der Widerklage unter Vertiefung seines Vorbringens, insbesondere zum verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Existenzminimums, weiter. Er habe während seiner Ausbildung bei seiner Mutter, die Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, gewohnt. Bei der Berechnung der Grundsicherung seiner Mutter sei eine kontinuierliche Zahlung seiner Ausbildungsvergütung zugrunde gelegt worden.
Der Kläger hat dem Land Nordrhein-Westfalen mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 den Streit verkündet. Dieses ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist bis auf einen geringen Teil des Zinsausspruchs unbegründet. Der Kläger muss die von der Schuldnerin am 21. Dezember 2012 und 28. Januar 2013 gezahlten Beträge von insgesamt 2.930,44 Euro gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 143 InsO an die Masse zurückgewähren. Die Zahlungen erfolgten nach dem Antrag vom 7. Oktober 2010, der (auch) zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin führte, und waren als Druckzahlungen inkongruent. Eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre in Höhe des auf das Existenzminimum entfallenden Teils der zurückgeforderten Vergütung ist bei derartigen Zahlungen nicht geboten.
I. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind erfüllt. Der Kläger hat nach dem für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblichen Antrag eine inkongruente Befriedigung erhalten.
1. Ausweislich des Beschlusses des Insolvenzgerichts vom 15. September 2014 erfolgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch auf den Antrag vom 7. Oktober 2010. An diesen rechtskräftigen (§ 34 Abs. 2 InsO) Beschluss des Insolvenzgerichts sind die Arbeitsgerichte als Prozessgerichte gebunden. Der Anwendungsbereich des § 139 InsO, über dessen Reichweite die Parteien gestritten haben, ist deshalb nicht eröffnet.
a) Das Prozessgericht hat in einem Insolvenzverfahren ergangene rechtskräftige Beschlüsse, insbesondere solche über die Verfahrenseröffnung, grundsätzlich als gültig hinzunehmen. Der Eröffnungsbeschluss bindet das Prozessgericht auch dann, wenn er verfahrensfehlerhaft ergangen ist (BGH 10. Oktober 2013 – IX ZR 30/12 – Rn. 12). Seine Rechtskraft heilt alle Mängel dieses Beschlusses (MüKoInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 139 Rn. 10). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beschluss ausnahmsweise an einem Mangel leidet, der zur Nichtigkeit führt (BGH 23. Juni 2016 – IX ZR 158/15 – Rn. 24). Im Anfechtungsverfahren kann daher nach rechtskräftiger Eröffnung grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei unzulässig gewesen oder hätte auf einen anderen Antrag als tatsächlich geschehen erfolgen müssen. Darauf, wieviel Zeit zwischen Antragstellung und Eröffnung vergangen ist, kommt es nicht an.
aa) Die Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses ist wegen der vielfältigen Rechtswirkungen, die von einer Eröffnungsentscheidung und der Bestellung eines Insolvenzverwalters ausgehen, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Ausnahmefall. Ein solcher Ausnahmefall kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Mangel vorliegt, der dem Beschluss schon äußerlich den Charakter einer richterlichen Entscheidung nimmt (BGH 23. Juni 2016 – IX ZR 158/15 – Rn. 24). Das ist zB anzunehmen, wenn dem Beschluss die Unterschrift des Richters fehlt (BGH 23. Oktober 1997 – IX ZR 249/96 – BGHZ 137, 49) oder er sich auf eine zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr existente Partei bezieht (BGH 7. Juli 2008 – II ZR 37/07 – Rn. 13).
bb) Der insoweit als Anfechtungsgegner darlegungs- und beweispflichtige Kläger (MüKoInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 139 Rn. 13) hat keinen Mangel, der dem Eröffnungsbeschluss vom 15. September 2014 schon äußerlich den Charakter einer richterlichen Entscheidung nähme, aufgezeigt. Er hat auch keinen anderen besonders schwerwiegenden Mangel von vergleichbarem Gewicht, der zur Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses führen würde, dargelegt. Er macht insoweit nur geltend, das Insolvenzgericht habe über mehrere Jahre hinweg dem Verfahren keinen Fortgang gegeben und keine Verfügungen oder Mitteilungen an die Beteiligten veranlasst. Es habe den ersten Antrag nur „der Einfachheit halber” in den Eröffnungsbeschluss mit einbezogen. Dies begründet keine Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses. Der Kläger berücksichtigt bei seinen Rügen nicht, dass über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners nur einheitlich entschieden werden kann. Mehrere gleichzeitig anhängige Insolvenzanträge sind spätestens mit Verfahrenseröffnung miteinander zu verbinden. Geschieht dies nicht, sind die übrigen Anträge, auf die keine Eröffnung erfolgt ist, für erledigt zu erklären. Anträge, über die mangels Verbindung nicht entschieden worden ist, werden unzulässig (BGH 11. März 2010 – IX ZB 110/09 – Rn. 8). Das Insolvenzgericht hat ausgehend von dieser Rechtslage offenkundig die Zulässigkeit und Begründetheit auch des ersten Antrags vom 7. Oktober 2010 geprüft und bejaht und deshalb die bei ihm anhängigen, gegen die Schuldnerin gerichteten Eröffnungsverfahren verbunden. Unabhängig davon, ob dies zu Recht geschehen ist, sind die Arbeitsgerichte als Prozessgerichte daran gebunden. Das hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen.
b) Hat das Insolvenzgericht wie hier das Insolvenzverfahren (auch) auf den frühesten gestellten Antrag hin eröffnet und ist das Prozessgericht an diesen Eröffnungsbeschluss gebunden, kommt § 139 Abs. 2 InsO entgegen der Annahme der Parteien und der Vorinstanzen nicht zur Anwendung.
aa) Diese Bestimmung, durch die die Anfechtbarkeit zeitlich vorverlagert wird (BT-Drs. 12/2443 S. 163), greift nur ein, wenn mehrere Eröffnungsanträge zu verschiedenen Zeitpunkten gestellt wurden und das Verfahren nicht auf den ältesten, sondern auf einen oder mehrere später gestellte Anträge eröffnet wird (BeckOK InsO/Schoon Stand 31. Juli 2017 § 139 Rn. 9). Stellt das Prozessgericht in einem Anfechtungsprozess fest, dass die für die §§ 88, 130 bis 136 InsO maßgeblichen Anfechtungsfristen auf der Grundlage des oder der Anträge, die tatsächlich zur Eröffnung geführt haben, nicht gewahrt sind, darf es damit die Prüfung nicht beenden. Die im Entwurf einer Insolvenzordnung in § 158 noch vorgesehene einheitliche Festlegung des für die Fristen nach § 156 Abs. 1 des Entwurfs (jetzt: § 139 Abs. 1 InsO) maßgeblichen Antrags durch das Insolvenzgericht ist gestrichen worden. Darum muss das Prozessgericht aufgrund der Regelung in § 139 Abs. 2 InsO eigenständig prüfen, ob der früher gestellte Antrag zur Verfahrenseröffnung geführt hätte, wenn er nicht mangels Masse rechtskräftig abgewiesen oder wenn nicht das Verfahren aufgrund eines späteren Antrags eröffnet worden wäre (BT-Drs. 12/2443 S. 163), ob also der frühere Antrag jedenfalls bis zur tatsächlichen Eröffnung zulässig und begründet geworden ist und darum die für § 139 Abs. 2 InsO erforderliche „einheitliche Insolvenz” vorliegt (vgl. BGH 2. April 2009 – IX ZR 145/08 – Rn. 7; 15. November 2007 – IX ZR 212/06 – Rn. 11, 13). Ist das der Fall, muss es prüfen, ob die maßgebliche Anfechtungsfrist bezogen auf diesen früheren Antrag gewahrt ist (vgl. MüKoInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 139 Rn. 8; BT-Drs. 12/7302 S. 174).
bb) § 139 Abs. 2 InsO erfasst dabei nur solche Deckungshandlungen, die der Schuldner in den letzten drei Monaten vor dem nicht zur Eröffnung führenden Antrag vorgenommen hat (BT-Drs. 12/2443 S. 163). Geregelt wird nur, welcher von mehreren Eröffnungsanträgen den Ausgangspunkt für die rückwärts gerichtete Fristberechnung des § 139 Abs. 1 InsO bildet (MüKoInsO/ Kirchhof 3. Aufl. § 139 Rn. 8). Die Fristen sollen danach auf den Zeitpunkt zurückverlagert werden, in dem sie bei Eröffnung aufgrund des ersten zulässigen und begründeten Antrags zu laufen begonnen hätten, wenn das Verfahren nicht erst aufgrund des späteren Antrags eröffnet worden wäre. Dies ergibt sich schon aus der amtlichen Überschrift des § 139 InsO. Der zweite Absatz dieser Bestimmung findet deshalb bei Rechtshandlungen, die erst nach dem Antrag erfolgen, der nicht zur Eröffnung geführt hat, keine Anwendung. Darum kann bei Anfechtungstatbeständen, die wie § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nach ihrem Wortlaut unmissverständlich darauf abstellen, dass die angefochtene Rechtshandlung nach „dem” bzw. „diesem” Eröffnungsantrag vorgenommen wird, der Zeitraum der angefochtenen Handlungen insoweit nicht nach § 139 Abs. 2 InsO vorverlagert werden. Maßgeblich ist diesbezüglich allein der Antrag, der – sei es auch zusammen mit anderen Anträgen – tatsächlich zur Eröffnung geführt hat (vgl. für § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO BGH 20. November 2001 – IX ZR 48/01 – zu I 2 a der Gründe, BGHZ 149, 178; Huber in Graf-Schlicker InsO 4. Aufl. § 139 Rn. 5).
cc) Die Beweislast dafür, dass ein früherer als der vom Insolvenzgericht der Eröffnung zugrunde gelegter Antrag nach § 139 Abs. 2 InsO maßgeblich ist, trifft den anfechtenden Insolvenzverwalter (MüKoInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 139 Rn. 13 mwN in Fn. 50).
2. Der Kläger hat die angefochtenen Zahlungen unter dem Druck der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erlangt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (seit 9. September 1997 – IX ZR 14/97 – BGHZ 136, 309) sind solche Zahlungen als Druckzahlungen inkongruent. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber legitimiert, indem er sich bewusst dagegen entschieden hat, Deckungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt worden sind, und Druckzahlungen als kongruent anzusehen (BAG 20. September 2017 – 6 AZR 58/16 – Rn. 23; 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 22 f.; BT-Drs. 16/3844 S. 11; BT-Drs. 18/11199 S. 11). Nur deshalb sieht auch das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung Druckzahlungen als inkongruent an (BAG 20. September 2017 – 6 AZR 58/16 –; 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 –; 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 –; 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 –).
b) Nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat der Schuldner die angefochtenen Überweisungen vom 21. Dezember 2012 und 28. Januar 2013 erst auf die am 21. November 2012 erfolgte Vorpfändung nach § 845 ZPO und den am 27. Dezember 2012 erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorgenommen. Die zutreffende Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die darin liegende Rechtshandlung eine Druckzahlung darstellt (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 16), greift die Revision nicht an. Darauf, ob die Schuldnerin in Kenntnis des gestellten Insolvenzantrags den Vergleich freiwillig geschlossen hat, kommt es entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung nicht an.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO aF nicht eingreift. Zwar kann dieses Privileg bei der Ausbildungsvergütung zur Anwendung gelangen, weil diese auch die Funktion hat, die Leistungen des Auszubildenden in einem gewissen Umfang zu „entlohnen” (BAG 29. April 2015 – 9 AZR 108/14 – Rn. 15 ff.; BT-Drs. V/4260 S. 9). Dem Bargeschäftsprivileg steht jedoch bereits die Inkongruenz der erlangten Befriedigung entgegen (BAG 13. November 2014 – 6 AZR 868/13 – Rn. 17 ff.). Darüber hinaus fehlt es auch am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Leistung des Klägers, die bis längstens Januar 2012 erbracht worden ist, und der Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung der dafür geschuldeten Vergütung im Dezember 2012 bzw. im Januar 2013. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für das Bargeschäftsprivileg allein auf den zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung an. Dagegen ist die zeitliche Nähe zwischen dem Fälligkeitszeitpunkt einer vergleichsweise vereinbarten Zahlung, die Entgeltrückstände abgelten soll, und der darauf tatsächlich erfolgten Zahlung unerheblich.
III. Die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten wird gemäß § 22 Abs. 3 MiLoG von diesem Gesetz nicht geregelt. Folglich bedarf es keines Eingehens auf die Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf den Mindestlohn nur erfüllt ist, wenn die Zahlung dem Arbeitnehmer endgültig verbleibt (BAG 21. Dezember 2016 – 5 AZR 374/16 – Rn. 23, BAGE 157, 356; 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 31, BAGE 155, 202).
IV. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Anfechtungssperre in Höhe des auf den Vergütungszeitraum entfallenden Existenzminimums im hier vorliegenden Fall einer durch eine Druckzahlung bewirkten Inkongruenz verfassungsrechtlich nicht geboten ist, obwohl dadurch dem Kläger die erstrittene rückständige Ausbildungsvergütung vollständig entzogen wird. Dieser hätte eine Absicherung seines Existenzminimums durch Sozialleistungen erreichen können und kann möglicherweise nach wie vor eine Absicherung durch Insolvenzgeld erreichen.
1. Der Senat hat eine aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das aus Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 1 GG folgt, abgeleitete Anfechtungssperre lediglich bei pünktlichen Entgeltzahlungen, durch die eine kongruente Deckung erfolgte, in Betracht gezogen. Er hat dabei darauf abgestellt, dass der Arbeitnehmer für die Abrechnungszeiträume, die vom insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch erfasst sind, bei pünktlicher Entgeltzahlung in der Regel keine staatliche oder über eine Umlage der Arbeitgeber finanzierte Leistung erhalten könne, die den Teil des zurückzuzahlenden Betrags ausgleichen würde, der das Existenzminimum abdecke. Zugleich stünden dem Arbeitnehmer keine adäquaten arbeits- oder sozialrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, durch die er dem Risiko einer Insolvenzanfechtung vorbeugen könne (ausführlich BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 15 ff., BAGE 147, 172).
2. Dagegen hat der Senat eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre bei einer inkongruenten Deckung von Entgeltrückständen unter dem Druck der Zwangsvollstreckung, wie sie hier vorliegt, in ständiger Rechtsprechung abgelehnt.
a) Liegt ein solcher Sachverhalt vor, kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen und/oder die zur Absicherung des Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen (BAG 3. Juli 2014 – 6 AZR 451/12 – Rn. 26; 27. März 2014 – 6 AZR 989/12 – Rn. 43; 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 34). § 131 InsO liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, der Arbeitnehmer werde im eigenen wirtschaftlichen Interesse von seinen Handlungsmöglichkeiten rechtzeitig Gebrauch machen, wenn der Arbeitgeber seiner Hauptleistungspflicht durch unpünktliche Entgeltzahlungen verletze. Mit dieser Annahme hat der Gesetzgeber seine Einschätzungsprärogative nicht überschritten, so dass in solchen Fällen kein Regelungsdefizit besteht (vgl. BAG 8. Mai 2014 – 6 AZR 722/12 – Rn. 22; 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 31).
b) Daran hält der Senat fest. Eine verfassungsrechtlich abgeleitete Anfechtungssperre ist auch dann nicht geboten, wenn rückständige Ausbildungsvergütungen, die im Wege der Druckbefriedigung erlangt worden sind, mittels Insolvenzanfechtung zurückgefordert werden. Das gilt selbst dann, wenn wie vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf einen lang zurückliegenden Antrag hin erfolgt ist, so dass wegen der Inkongruenz eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ohne weiteres Erfolg hat. Der Kläger hätte ungeachtet dessen die Möglichkeit gehabt, durch die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen sein Existenzminimum schon während des Ausbildungsverhältnisses unter dessen Aufrechterhaltung, jedenfalls aber nach der Geltendmachung der Anfechtung durch den Beklagten, anfechtungsfest zu sichern. Damit hat der Gesetzgeber seinem Schutzauftrag noch genügt.
aa) Der Kläger verweist allerdings zu Recht darauf, dass er als Auszubildender besonders schutzwürdig sei und Auszubildende idR nicht geschäftserfahren seien. Auch das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass es einem Auszubildenden insbesondere dann unzumutbar sein kann, sein Ausbildungsverhältnis wegen ausbleibender Vergütungszahlungen außerordentlich zu kündigen, wenn er kurz vor Abschluss der Ausbildung steht. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass er sich entschlossen habe, die Ausbildung trotz ausbleibender Zahlungen zu Ende zu bringen, weil seine Bitte bei Handwerkskammer und Arbeitsamt, ihm bei der Suche nach einem anderen Ausbildungsplatz zu helfen, erfolglos geblieben sei.
bb) Der Kläger hätte gleichwohl seine Ausbildung planmäßig beenden und dennoch sein Existenzminimum anfechtungsfest sichern können. Seine unbestrittene Unkenntnis davon, dass seit 2010 ein Insolvenzantrag anhängig war, stand dem nicht entgegen.
(1) Der Kläger hat nicht aufgezeigt, dass er sein Existenzminimum nicht dadurch hätte sichern können, dass er Insolvenzgeld für die aus den letzten drei Monaten des Ausbildungsverhältnisses resultierenden Vergütungsrückstände beantragt hätte.
(a) Durch den Anspruch auf Insolvenzgeld wird der Nettoentgeltanspruch für die letzten drei Monate der Beschäftigung auch dann gesichert, wenn das Arbeits- bzw. das Ausbildungsverhältnis erhebliche Zeit vor der Insolvenzeröffnung beendet worden ist (vgl. BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 43, BAGE 147, 172). Geschützt sind in diesem Umfang auch Ansprüche auf Ausbildungsvergütung. Auszubildende sind Arbeitnehmer iSd. § 165 SGB III und können darum Anspruch auf Insolvenzgeld haben. Der durch §§ 165 ff. SGB III nicht geregelte Begriff des Arbeitnehmers ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anhand der Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung zu konkretisieren. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (BSG 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R – Rn. 14 f.). Diese Voraussetzungen des arbeitsförderungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs erfüllen auch Auszubildende (KR/Weigand 11. Aufl. Anhang I nach § 128 InsO Rn. 28; für das Konkursausfallgeld vgl. BT-Drs. 7/1750 S. 12).
(b) Dem Anspruch auf Insolvenzgeld hätte nicht entgegengestanden, dass der Kläger einen Vergleich über die eingeklagten Vergütungsrückstände geschlossen hat. Die darin vereinbarten Zahlungsansprüche waren für das Insolvenzgeld berücksichtigungsfähig, soweit die Vergleichssumme rückständiges Entgelt umfasste. Es genügte, dass die geregelten Zahlungsansprüche im Insolvenzgeldzeitraum entstanden waren (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Februar 2016 K § 165 Rn. 105, 149, 154). Nur die Entgeltansprüche, auf die der Kläger im Vergleich verzichtete, konnten nicht mehr zu einem Anspruch auf Insolvenzgeld führen (Bayerisches LSG 30. Juni 2011 – L 10 AL 55/09 – juris – Rn. 26; Voelzke in Hauck/Noftz aaO Rn. 154).
(c) Gewährt der Arbeitnehmer den erfolgreich angefochtenen Betrag an die Masse zurück, entfällt die Erfüllungswirkung, die dem Entstehen des Insolvenzgeldanspruchs entgegenstand. Gemäß § 144 Abs. 1 InsO lebt mit der Erfüllung des Rückgewähranspruchs der Anspruch auf Arbeitsentgelt wieder auf. Ist der Insolvenzgeldanspruch nicht bereits verbraucht, zB durch eine Insolvenzgeldvorfinanzierung, entsteht durch Rückgewähr des Erlangten zur Masse deshalb der Insolvenzgeldanspruch. Allerdings ist die zweimonatige Regelfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III für den Antrag auf Insolvenzgeld in diesem Zeitpunkt regelmäßig verstrichen. In diesen Fällen ist das Versäumen der Frist jedoch vom Arbeitnehmer nicht zu vertreten, so dass er innerhalb der ebenfalls zweimonatigen Nachfrist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III noch Insolvenzgeld beantragen kann (BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 33 f., BAGE 147, 172; LSG NRW 25. Februar 2016 – L 9 AL 70/14 – zu 2 der Gründe; Blank/Blank EWiR 2016, 543, 544).
(d) Wann die Nachfrist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III anläuft, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Insoweit wird angenommen, es komme darauf an, wann die unverschuldete Unkenntnis des Arbeitnehmers vom Insolvenzfall ende. Das sei mit dem Schreiben des Insolvenzverwalters der Fall, in dem dieser erstmals die vom Schuldner gezahlten Beträge zur Masse zurückfordere (LSG NRW 25. Februar 2016 – L 9 AL 70/14 – zu 2 der Gründe). Im Schrifttum wird angenommen, die Nachfrist laufe erst dann an, wenn das Urteil, in dem über die Berechtigung der Anfechtung gestritten werde, rechtskräftig sei (Stiller EWiR 2015, 23, 24), bzw. erst dann, wenn die angefochtene Leistung zur Masse zurückgewährt worden sei (Blank NZA 2016, 1123, 1125; Blank/Blank EWiR 2016, 543, 544).
(e) Unabhängig von diesem Meinungsstreit hätte der Kläger jedenfalls bis zum 19. März 2015, dh. zwei Monate nach dem Schreiben des beklagten Insolvenzverwalters vom 19. Januar 2015, Insolvenzgeld beantragen können und sich damit die aus den letzten drei Monaten des Ausbildungsverhältnisses resultierenden Vergütungsrückstände anfechtungsfest sichern können. Dass er dies überhaupt (vergeblich) versucht hat oder die Arbeitsverwaltung solche letztlich vorsorglichen Anträge nicht akzeptiert, macht er nicht geltend. Ebenso wenig behauptet er, dass er Insolvenzgeld bereits erhalten habe oder dass die Vergütungsrückstände, die Gegenstand des Vergleichs vom 19. Oktober 2012 waren, nicht wenigstens teilweise aus den letzten drei Monaten des Ausbildungsverhältnisses erwuchsen. Ist ein von ihm gestellter Insolvenzgeldantrag noch nicht bestandskräftig abgewiesen, bleibt es dem Kläger im Übrigen unbenommen, nunmehr Insolvenzgeld für den insolvenzgeldfähigen Teil des Vergleichsbetrags zu beantragen und für den Beginn der Nachfrist auf die im Schrifttum vertretenen Auffassungen hinzuweisen.
(2) Der Kläger hätte darüber hinaus auch Sozialleistungen erhalten können, wenn die tatsächlich erhaltene Ausbildungsvergütung in Verbindung mit seinem gegen seine Mutter gerichteten gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht ausgereicht hätte, um sein Existenzminimum zu sichern. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zu Recht abgestellt. Das gilt umso mehr, wenn der erstmals in der Revision erfolgte und vom Beklagten bestrittene Vortrag des Klägers zutrifft, er habe während des Ausbildungsverhältnisses bei seiner Mutter, die Leistungen nach dem SGB II erhalten habe, gewohnt. Dann hätte er bei ausbleibenden Ausbildungsvergütungszahlungen entweder eigenständig Sozialleistungen beantragen können oder darauf drängen müssen, dass die tatsächlich nicht geleistete Ausbildungsvergütung nicht weiterhin kontinuierlich als eigenes Einkommen der Haushaltsgemeinschaft berücksichtigt werde.
V. Der Kläger hat den Rückgewähranspruch seit dem Folgetag der Insolvenzeröffnung und damit erst seit dem 16. September 2014 zu verzinsen (st. Rspr. seit BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 39 f.). Das hat das Landesarbeitsgericht erkannt, versehentlich bei der Tenorierung aber nicht berücksichtigt.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Spelge, Gallner, KlapprothDöpfert
Fundstellen
Haufe-Index 11379715 |
BAGE 2018, 21 |
BB 2017, 2675 |
BB 2017, 3059 |
DB 2017, 22 |
DB 2017, 7 |
DStR 2017, 13 |