Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchschnittslohn bei Grundwehrdienst
Leitsatz (amtlich)
- Stellt ein Tarifvertrag für die Berechnung eines den Zeitlohn übersteigenden Durchschnittslohns auf Lohnzahlungen des vorangegangenen Kalenderjahres ab und besteht beim Fehlen solcher Lohnzahlungen nur Anspruch auf den Zeitlohn, so muß ein Arbeitnehmer, der im vorangegangenen Kalenderjahr wegen Ableistung seines Grundwehrdienstes keinen Lohn erhalten hat, sich auf den Zeitlohn verweisen lassen.
- Das Ruhen des Lohnanspruchs nach § 1 Abs. 1 ArbPlSchG erfaßt auch die Eigenschaft des Lohns, Berechnungsgrundlage für den Durchschnittslohn eines späteren Lohnzahlungszeitraums zu sein.
Normenkette
Manteltarifvertrag für Waldarbeiter der Länder und der Mitglieder der Kommunalen Arbeitgeberverbände Rheinland-Pfalz und Saar (MTW) vom 26. Januar 1982 § 17 Abs. 1-2, § 13 Abs. 3 Buchst. a; ArbPlSchG § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 19.01.1993; Aktenzeichen 2 (15) Sa 1079/92) |
ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 03.06.1992; Aktenzeichen 1 Ca 1178/91) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Januar 1993 – 2 (15) Sa 1079/92 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Durchschnittslohns, den der Kläger für vergütungspflichtige arbeitsfreie Tage im Jahre 1991 zu beanspruchen hat.
Der Kläger ist seit Juli 1988 als Forstwirt bei dem beklagten Land beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag für Waldarbeiter der Länder und der Mitglieder der Kommunalen Arbeitgeberverbände Rheinland-Pfalz und Saar (MTW) vom 26. Januar 1982 anzuwenden. Der Kläger erzielte im Jahr 1989 einen Durchschnittslohn je Stunde i.H.v. 16,48 DM brutto, der tarifgemäß aus dem für die Lohnzahlungszeiträume des verangegangenen Kalenderjahres gezahlten Lohn errechnet worden war. In der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1990 leistete der Kläger seinen Grundwehrdienst. Am 1. Januar 1991 nahm er die Arbeit bei dem beklagten Land wieder auf. Dieses zahlte für Januar 1991 an den Kläger für die Tage, an denen für ihn die Arbeit ausfiel (1. Januar 1991 als Feiertag, 2. und 3. Januar als Tage, an denen der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war), eine Stundenvergütung i.H. des Zeitlohns von 14,71 DM brutto und ging bei späteren Berechnungen des Durchschnittslohns für die Folgemonate von dieser Zahlung aus. Anfang Februar 1991 forderte der Kläger das beklagte Land auf, ihm für die drei Tage im Januar den Unterschiedsbetrag zu einem Durchschnittslohn von 17,33 DM zu zahlen, der sich aus seinem Durchschnittslohn aus dem Jahre 1989 i.H.v. 16,48 DM zuzüglich einer ab April 1990 geltenden tariflichen Lohnerhöhung ergibt. Das beklagte Land lehnte dies ab. Mit Schreiben vom 5. März 1991 machte der Kläger weitere Differenzbeträge (hinsichtlich Urlaubslohns für 22. Februar und 27. Februar bis 1. März 1991 und Vergütung bei Arbeitsbefreiung am 25. und 26. Februar sowie für sechs Stunden am 5. März 1991) geltend, so daß die Gesamtforderung sich – unstreitig – auf 136,04 DM brutto beläuft.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein Durchschnittslohn sei auf der Basis des Lohnzahlungszeitraums Kalenderjahr 1989 zu berechnen, da er im Kalenderjahr 1990 wegen des Grundwehrdienstes nicht gearbeitet habe.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 136,04 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1992 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Ansicht vertreten, die Bemessung des Durchschnittslohns sei im Tarifvertrag abschließend geregelt. Die Zeit des Grundwehrdienstes komme als fiktiver Lohnbezugszeitraum nicht in Betracht.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines über den Zeitlohn hinausgehenden Durchschnittslohns sei für die vergütungspflichtigen arbeitsfreien Tage des Jahres 1991 nicht begründet.
1.a) Auf die Bestimmungen des MTW kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen. Nach § 17 Abs. 1 MTW wird der Durchschnittslohn je Stunde aus dem für die Lohnzahlungszeiträume des vorangegangenen Kalenderjahres dem Waldarbeiter gezahlten Lohn errechnet. Vorangegangenes Kalenderjahr gegenüber dem Jahr 1991, für das der Kläger die Lohnzahlung begehrt, war das Kalenderjahr 1990. Während dieses Jahres leistete der Kläger seinen Grundwehrdienst und erhielt daher keine Lohnzahlung. Dieser Zeitraum scheidet also als Berechnungsgrundlage aus.
b) Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf § 17 Abs. 2 MTW stützen. Nach dieser Vorschrift wird der Durchschnittslohn je Stunde aus dem für die Lohnzahlungszeiträume des vorangegangenen und des laufenden Kalenderjahres gezahlten Lohn errechnet, wenn der Waldarbeiter im vorangegangenen Kalenderjahr nicht im Arbeitsverhältnis gestanden hat oder ihm für die Lohnzahlungszeiträume des vorangegangenen Kalenderjahres Lohn für weniger als 350 Stunden gezahlt worden ist; ist noch kein Kalendermonat abgerechnet, gilt als Durchschnittslohn der Zeitlohn. Der Kläger hat im Jahre 1990 in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land gestanden, dieses hat nur infolge des Grundwehrdienstes geruht (§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG). Da er aber in diesem Arbeitsverhältnis im Jahre 1990 keine Stunde gearbeitet hat, kann nach dieser Tarifnorm auch kein Lohnzahlungszeitraum des vorangegangenen Jahres als Berechnungsgrundlage angenommen werden. Daher gilt für Januar 1991 als Durchschnittslohn der von der Beklagten unstreitig gezahlte Zeitlohn.
c) Entgegen der Auffassung der Revision kann für die Berechnung des Durchschnittslohns 1991 auch nicht auf den Durchschnittslohn des Kalenderjahres 1989 zurückgegriffen werden. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Durchschnittslohnberechnung gem. § 17 MTW eine umfassende und abschließende Regelung über die Lohnabrechnung getroffen. Sie haben in § 17 Abs. 1 MTW den Fall geregelt, daß der Waldarbeiter während des gesamten vorangegangenen Kalenderjahres gearbeitet hat. Dann errechnet sich der Durchschnittslohn aus dem Lohn dieses Lohnzahlungszeitraums. In Abs. 2 ist geregelt, daß dann, wenn der Waldarbeiter im vorangegangenen Kalenderjahr nur zwischen 1 und 350 Stunden gearbeitet hat, dieser Lohnzahlungszeitraum und darüber hinaus der des laufenden Kalenderjahres als Bemesssungszeit zu berücksichtigen ist. Hat der Waldarbeiter mehr als 350 Stunden im vorangegangenen Kalenderjahr gearbeitet, verbleibt es bei der Berechnung des Durchschnittslohnes gem. § 17 Abs. 1 MTW. Sind dagegen im vorangegangenen Kalenderjahr 0 Stunden gearbeitet und ist damit noch kein Kalendermonat abgerechnet worden, gilt der Zeitlohn als Durchschnittslohn. Sinn und Zweck dieser Gesamtregelung ist es, einen angemessenen Durchschnittslohn in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den vorangegangenen Lohnzahlungszeiträumen zu ermitteln und so eine Lohnkontinuität und damit Lohngerechtigkeit herbeizuführen. Dieses Ergebnis wird auch durch § 13 Abs. 3 Buchst. a MTW bestätigt. Die Tarifvertragsparteien haben in dieser Tarifnorm für die Eingruppierung die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Grundwehrdienstes ausdrücklich als unschädlich bezeichnet. Daraus ist zu schließen, daß sie die Besonderheiten des Grundwehrdienstes bei der tariflichen Regelung des MTW gesehen haben. Wenn sie gleichwohl in § 17 MTW diesen Tatbestand nicht erwähnt haben, so spricht dies dafür, daß er dort nicht ausgenommen werden sollte.
2. Die Regelung des § 17 MTW, die die Vergütung im laufenden Kalenderjahr ganz oder teilweise an die aufgrund geleisteter Arbeit erreichte Lohnhöhe im vorangegangenen Kalenderjahr bindet, verstößt nicht gegen § 6 Abs. 1 ArbPlSchG. Diese Norm schreibt nicht vor, daß ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Grundwehrdienstes vergütungsrechtlich so zu stellen ist, als wenn er während des Grundwehrdienstes gearbeitet hätte (vgl. ständige Rechtsprechung BAGE 13, 305 und BAG Urteil vom 13. Mai 1970 – 5 AZR 374/69 – AP Nr. 1 und 2 zu § 6 ArbPlatzSchutzG; BAG Urteil vom 2. März 1971 – 1 AZR 284/70 – AP Nr. 1 zu § 1 ArbPlatzSchutzG; BAG Urteil vom 27. Januar 1981 – 6 AZR 331/78 – und Urteil vom 7. April 1987 – 8 AZR 19/85 – AP Nr. 2 und 7 zu § 47 BAT). Während des Wehrdienstes ruht das Arbeitsverhältnis (§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG), so daß kein Entgeltanspruch entsteht. Der Kläger besaß somit im Jahr 1990 keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Zu diesem gehörte aber über den Barbetrag des Lohns hinaus auch dessen Eigenschaft, Grundlage für die Berechnung des tariflichen Durchschnittslohns im Jahr 1991 zu sein. Auch diese Eigenschaft des Lohns für 1990 wurde somit vom Ruhen des Arbeitsverhältnisses nach § 1 Abs. 1 ArbPlSchG erfaßt.
3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verneint. Danach ist es verboten, einzelne Arbeitnehmer willkürlich schlechter zu behandeln als solche in vergleichbarer Stellung. Es dürfen jedoch sachgemäße Unterscheidungen getroffen werden. Im vorliegenden Fall haben die Tarifvertragsparteien die Voraussetzungen für die Berechnung des Durchschnittslohnes an die Lohnzahlungszeiträume des vorangegangenen und teilweise des laufenden Kalenderjahres angeknüpft, wie oben dargestellt. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß diese Gesamtregelung für die Bezahlung des Durchschnittslohns und dessen Berechnung willkürlich oder nachteilig zu Lasten einzelner Arbeitnehmer, insbesondere solcher, die den Grundwehrdienst leisten, vereinbart worden sei.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Buschmann, Ziegenhagen
Fundstellen
Haufe-Index 856667 |
BAGE, 323 |
BB 1994, 288 |
BB 1994, 868 |
NZA 1994, 1007 |