Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtlicher Status eines Lektors
Leitsatz (redaktionell)
Verrichtet ein mit den Vorarbeiten für die Herausgabe einer Buchreihe beauftragter Mitarbeiter eines Verlages den wesentlichen Teil seiner Aufgaben in selbst bestimmter Arbeitszeit und an selbst gewähltem Arbeitsort, so fehlt die für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Abhängigkeit. Daran ändert nichts, wenn der Mitarbeiter aufgrund gelegentlich notwendiger Zusammenarbeit auf die Arbeitszeit der Verlagsangestellten Rücksicht nehmen muß.
Orientierungssatz
Die Tatsache, daß Parteien über lange Zeit in einem Dauerrechtsverhältnis zusammenarbeiten, hat für sich genommen noch keinen arbeitsrechtlichen Indizwert. Auch bei Bestehen eines Dauerrechtsverhältnisses muß stets geprüft werden, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein freies Mitarbeiterverhältnis handelt.
Normenkette
BGB § 611; KSchG § 1; HGB § 84 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht und ob dies durch Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist.
Die Beklagte verlegt als eine ihrer ältesten Taschenbuchreihen die vor über 30 Jahren von K K begründeten und später von seiner Witwe fortgeführten " " Bildmonographien. Der am 3. Juli 1931 geborene Kläger war seit Anfang 1982 bei der Beklagten als Herausgeber dieser Buchreihe beschäftigt. Über ihre Rechtsbeziehungen schlossen die Parteien am 15. Februar/4. April 1984 eine als "freier Mitarbeiter-Vertrag " bezeichnete Vereinbarung, die einen früheren Vertrag ablöste. Vertragliche Aufgabe des Klägers sollte es sein, in Abstimmung mit (der 1985 verstorbenen) Frau B K die Herausgabe der Buchreihe (Autorenakquisition und -betreuung ) sowie die redaktionelle Bearbeitung zu übernehmen. Vorgesehen waren jährlich etwa zwölf Erscheinungen, deren Titel der Kläger im Einvernehmen mit Frau K dem Verlag vorschlagen sollte. Die Entscheidung über die Veröffentlichung sowie über den genauen Titel, über die Umschlaggestaltung und die Klappentexte lag bei der Beklagten. Ihr sollten auch alle Verlags- und Urheberrechte zustehen.
Im einzelnen sollte der Kläger (in Zusammenarbeit mit Frau K ) dem Verlag mindestens zweimal jährlich Vorschläge für ein Halbjahresprogramm unterbreiten und die Verhandlungen mit den Autoren führen. Zum Abschluß der Autorenverträge war jedoch nur der Verlag berechtigt. Dem Kläger oblag weiter die Lektoratsbetreuung der Titel einschließlich der sog. Schmonzen und Werbetexte. Er sollte auch verantwortlich sein für die Einhaltung der Termine zur Manuskriptabgabe. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger eine als Honorar bezeichnete monatliche Vergütung von zuletzt 6.500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Beabsichtigte Reisen mußte der Verlag genehmigen. Hierbei entstandene Kosten wurden dem Kläger nach "der gesetzlich zulässigen Pauschale" abgerechnet. Weiter sah der mit einer Frist von sechs Monaten kündbare Vertrag die Verpflichtung des Klägers vor, während seiner Beschäftigung keine ähnliche Tätigkeit für andere Verlage auszuüben. Teilweise wünschte die Beklagte Titel über bestimmte Persönlichkeiten, andererseits wurde ein vom Kläger vorgeschlagener Titel "Hindenburg" verworfen. Die Beklagte erstellte sogenannte Backlists, die Vorgaben darüber enthalten, welche Ausgaben überarbeitet oder neu aufgelegt werden sollten. Diese Aufträge konnte der Kläger nicht ablehnen.
In der Einteilung seiner Arbeitszeit war der Kläger frei. Im wesentlichen arbeitete er zu Hause und verbrachte etwa 35 Stunden wöchentlich damit, Manuskripte zu lesen, zu überprüfen und zu redigieren. In den Verlagsräumen der Beklagten hatte er keinen eigenen Arbeitsraum. Ob ihm ein eigener Schreibtisch zur Verfügung stand, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte stellte dem Kläger Arbeitsmaterial zur Verfügung. Sie ließ ihm weiter sämtliche einschlägigen Pressemeldungen und Rezensionen zukommen. Neben Manuskripten, Büchern und Bildvorlagen erhielt der Kläger offizielle Briefbögen des Verlages, Kurznachrichtenformulare, Hausmitteilungsblätter sowie Büromaterialien. Eine angestellte Sachbearbeiterin der Beklagten führte den gesamten Schriftverkehr des Klägers, teils selbständig, teils nach Diktat. Außerdem waren eine Angestellte der Beklagten für das Layout und ein Korrektor für die vom Kläger herauszugebenden Bücher tätig. Die Beklagte erstattete dem Kläger Spesen und Reisekosten sowie Porti und Telefongebühren. Drei- bis viermal jährlich führte der Kläger für ein bis zwei Tage Recherchen in Bibliotheken durch, daneben hielt er sich - nach seinem eigenen unbestrittenen Vorbringen - alle 14 Tage für etwa zehn Stunden im Verlag auf. Weiter nahm er an Lektoratsbesprechungen teil, die einmal im Quartal im Umfang von etwa einer Stunde stattfanden. Zweimal im Jahr nahm er an etwa eintägigen Vertreterkonferenzen zur Vorstellung des Halbjahresprogrammes teil.
Für Tätigkeiten der Art, wie sie der Kläger ausübte, beschäftigt die Beklagte sowohl freie als auch fest angestellte Mitarbeiter. Neben seinen Einkünften aus der Tätigkeit für die Beklagte erhielt der Kläger jährlich für acht bis zehn Rezensionen je 400,00 bis 600,00 DM zuzüglich 100,00 DM je Sendung, wenn er die Rezension - wie gewöhnlich - selbst sprach. Außerdem erhielt er 4.000,00 DM jährlich für vier selbstgeschriebene Monographien. Im Jahr 1985 kam es zu finanziellen Verhandlungen der Parteien. Dabei unterbreitete der Kläger den Vorschlag, er wolle Herrn Dr. U N zusätzlich beschäftigen und ihm einen Teil seines eigenen Honorars weiterleiten. Der Kläger bat dann jedoch darum, der Verlag möge die Vergütung gegen Vorlage einer Rechnung zuzüglich Mehrwertsteuer übernehmen; er wolle aus buchhalterischen Gründen nicht selbst zahlen. Damit flossen aus dem Gesamtbudget der Buchreihe in Höhe von 7.800,00 DM an den Kläger 6.500,00 DM und an Dr. N 1.300,00 DM.
Mit Schreiben vom 23. November 1988 kündigte die Beklagte dem Kläger zum 31. Mai 1989. Dagegen wehrt sich der Kläger mit seiner Klage. Er hat die Ansicht vertreten, er sei Arbeitnehmer der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung nicht aufgelöst worden, da diese sozialwidrig sei. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei an Weisungen der Beklagten so stark gebunden und in den Betrieb so stark eingegliedert gewesen, wie es für ein Arbeitsverhältnis typisch sei. Die Beklagte habe ihm nicht nur inhaltliche Vorgaben gemacht, sondern ihn auch trotz freier Zeiteinteilung durch die von ihr gesetzten Termine gebunden. Weiter habe er bei seiner Arbeitseinteilung auf die Bürostunden der Mitarbeiter im Verlag achten müssen. Er habe auch zeitweise in den Verlagsräumen an einem Schreibtisch im Zimmer der Sachbearbeiterin gearbeitet. Bildersendungen und Material seien zur Weiterbearbeitung durch ihn auf seinen Schreibtisch gelegt worden. Insgesamt habe er über seine Arbeitskraft nicht wie ein freier Mitarbeiter in unternehmerischer Weise selbständig verfügen können. Er habe auch keine eigenen Mitarbeiter beschäftigt.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Par-
teien durch die Kündigung der Beklagten vom
23. November 1988 zum 31. Mai 1989 nicht aufge-
löst ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, es fehle beim Kläger an einer arbeitnehmertypischen Weisungsgebundenheit und Eingliederung. Eine Arbeitskontrolle über den Kläger habe es nicht gegeben. Terminliche Vorgaben seien durch technische Belange bedingt gewesen. Es gehöre zum Wesen der Buchreihe, daß sie in regelmäßigen Abständen fortgesetzt werde. Die Kunden erwarteten monatlich ein neues Werk. Der technische Herstellungsprozeß mache es notwendig, ein angekündigtes Buch zu einem jeweils bestimmten Stichtag in Druck zu geben, um es anschließend binden und ausliefern zu können. Daher sei es erforderlich, die Manuskripte angemessene Zeit vorher fertig zu lektorieren. Daraus folgten zwangsläufig bestimmte Ablieferungstermine für den jeweiligen Autor. Es habe dem Kläger freigestanden, mehrere Manuskripte gleichzeitig einzureichen. Ihre Einflußnahme auf die äußere Gestaltung der Bände resultiere aus dem ihr zustehenden Urheberrecht für die Buchreihe. Zu der vom Kläger übernommenen Herausgebertätigkeit habe nicht nur das Suchen und Finden von Autoren und Titeln gehört, vielmehr habe er auch die Manuskripte mitbetreuen, überprüfen und gegebenenfalls bearbeiten müssen. Im Rahmen seiner Tätigkeit sei der Kläger jedoch nicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen. Das ergebe sich insbesondere aus der freien Zeiteinteilung des Klägers für seine Arbeit. Die Beklagte hat bestritten, eine Sachbearbeiterin ausschließlich für den Kläger beschäftigt zu haben. Auch habe es in ihren Räumen keinen reservierten Arbeitsplatz für den Kläger gegeben. In sämtlichen Abteilungen ihres Verlages stünden zusätzliche Tische. Wenn überhaupt, habe der Kläger bei seiner Anwesenheit einen solchen benutzt.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht anzuwenden.
I.1. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Arbeitnehmer ist, wer seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringen muß. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird besonders dadurch deutlich, daß ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Häufig tritt auch eine fachliche Weisungsgebundenheit hinzu. Diese ist jedoch für Dienste höherer Art nicht immer typisch (vgl. BAGE 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe, m. w. N.; seither ständig, zuletzt in dem nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil des Senats vom 7. November 1990 - 5 AZR 15/90 -, zu I 1 der Gründe).
2. Über die danach vorzunehmende Einordnung des Rechtsverhältnisses (Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag) entscheidet der Geschäftsinhalt, nicht dagegen eine von den Parteien gewählte Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt in Wahrheit nicht entspricht, und auch nicht eine von den Parteien gewünschte, von der Rechtsordnung aber nicht gebilligte Rechtsfolge (z. B. Arbeitsvertrag ohne Kündigungsschutz). Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Dieser wiederum folgt aus den getroffenen Vereinbarungen oder aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Widersprechen Vereinbarung und tatsächliche Durchführung einander, ist die letztere maßgebend. Aus der praktischen Handhabung lassen sich nämlich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (vgl. statt vieler nochmals BAGE 41, 247, 258 f. = AP, aaO, zu B II 3 der Gründe, m. w. N.; zuletzt Senatsurteil vom 7. November 1990 - 5 AZR 15/90 -, zu I 2 der Gründe).
II. Das Landesarbeitsgericht ist von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat für die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters entwickelt hat. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger sei Arbeitnehmer der Beklagten, weil er persönlich abhängig sei. Die Tätigkeit des Klägers stelle sich als funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozeß der Beklagten dar, da der Kläger einen Teil des Verlagsprogrammes der Beklagten bearbeite. Für den Bereich der Bildmonographien sei er ausschließlich zuständiger Herausgeber. Dies werde dadurch deutlich, daß der Kläger aufgrund eines auf Dauer angelegten Vertrages und nicht nur auftragsbezogen für die Beklagte tätig sei. Der Kläger habe eine monatlich feststehende Vergütung erhalten, die nicht an der Zahl der von ihm eingereichten Monographien ausgerichtet gewesen sei. Aufgrund des Umfanges seiner Tätigkeit für die Beklagte sei der Kläger auch nur in äußerst geringem Umfang in der Lage gewesen, einer weiteren Beschäftigung bei einem anderen Dienstberechtigten nachzugehen. Der Kläger sei auch in den Arbeitsablauf bei der Beklagten eingegliedert gewesen. Er sei in die technischen und zeitlichen Zwänge, die sich aus der Produktion ergeben, eingebunden gewesen. Schließlich beschäftige die Beklagte andere für sie tätige Herausgeber auch als Arbeitnehmer. Eine Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe daher, daß der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten stehe.
Diese Subsumtionsbegründung wird von der Revision zu Recht angegriffen.
III. Bei der Frage, ob und in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, muß vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit berücksichtigt werden; denn abstrakte, für alle Arbeitnehmer geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen (vgl. BAGE 30, 163, 169 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 2 der Gründe). Es gibt eine Anzahl von Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wie auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden können. So kann ein Fernsehansager seine Aufgaben in der rechtlichen Gestalt eines Arbeitsverhältnisses oder eines freien Mitarbeiterverhältnisses erfüllen (Senatsurteil vom 14. Juni 1989 - 5 AZR 346/88 -, zu II 2 der Gründe, nicht veröffentlicht). Gleiches gilt für Musikredakteure und Musikmoderatoren (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1985 - 5 AZR 435/84 -, zu B II 4 der Gründe, ebenfalls nicht veröffentlicht). Maßgeblich für ein Arbeitsverhältnis ist, daß der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann. Eine derartige Bindung liegt im Streitfall jedoch nicht vor.
1. Die im Vertrag der Parteien beschriebenen und vom Kläger auch tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben sind (im wesentlichen) Tätigkeiten eines Lektors. Der Lektor ist ein als Angestellter oder als freier Mitarbeiter bei einem Verlag (zum Teil auch bei einer Rundfunk- oder Fernsehanstalt) Tätiger, der über eine wissenschaftliche oder literarische Vorbildung verfügt. Der Verlagslektor prüft die angebotenen Manuskripte, veranlaßt gegebenenfalls Umarbeitungen, richtet gelegentlich Manuskripte für den Druck ein, macht Vorschläge für Buchprojekte, sucht dafür Autoren oder Übersetzer (vgl. Margarete Rehm, Lexikon: Buch, Bibliothek, Neue Medien, 1991, S. 174, Stichwort Lektor). Für die Statusbeurteilung unerheblich ist dagegen, daß der Kläger Herausgeber der von ihm betreuten Buchreihe war. Die Frage nach dem Herausgeber hat lediglich für die Urheberrechte Bedeutung, die jedoch nach dem Vertrag der Parteien bei der Beklagten verblieben.
2. Die Tätigkeit eines Lektors kann ihrer Art nach im Arbeitsverhältnis wie in einem freien Mitarbeiterverhältnis erbracht werden. Das ist ersichtlich die Auffassung der beteiligten Kreise (vgl. Margarete Rehm, aaO). Die Parteien haben über Jahre hinaus in dem rechtlichen Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses zusammengewirkt. Sie haben ihre Rechtsbeziehungen nicht als Arbeitsverhältnis, sondern als freies Mitarbeiterverhältnis angesehen und sich entsprechend verhalten. Diese rechtliche Beurteilung ihrer Vertragsbeziehungen war zulässig.
3. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts spricht die Vergütungsregelung, nach welcher der Kläger für seine Tätigkeit ein monatliches Entgelt erhielt, nicht gegen ein freies Mitarbeiterverhältnis. Zwischen den Parteien war vereinbart, daß der Kläger monatlich einen Titel abzuliefern hatte. Deshalb läßt sich das in konstanter Höhe gezahlte monatliche Entgelt bei natürlicher Betrachtungsweise durchaus als Vergütung für das jeweils erwartete Werk werten. In diesem Zusammenhang kommt als maßgebliches Kriterium, das für ein freies Mitarbeiterverhältnis spricht, hinzu, daß der Kläger allein entscheiden konnte, wann er arbeiten wollte. Er war lediglich gehalten, ein fehlerfreies Arbeitsergebnis zu einem bestimmten Termin vorzulegen. Die Vorgaben der Beklagten hierfür entsprachen auch nicht dem persönlichen Weisungsrecht eines Vorgesetzten, sondern ergaben sich allein aus fachlichen Erfordernissen. Daß der Kläger nicht völlig frei bei der Auswahl der Themen und der Autoren war, bedeutet noch keine persönliche Abhängigkeit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses. Jedenfalls war der Kläger keinen weitergehenden Anweisungen unterworfen als beispielsweise ein Bauunternehmer, der an die regelmäßig bis in die letzten Details gehenden Pläne des Architekten oder an die Vorstellungen und Wünsche des Bauherrn gebunden ist.
4. Zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, sind kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von dem Dienstberechtigten oder dem Besteller Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne daß daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist.
5. Daß der Kläger bei der technischen Abwicklung der Herstellung seiner Beiträge auf bestimmte Mitarbeiter der Beklagten (Korrespondenz, Korrektur) und auf entsprechende Einrichtungen angewiesen war, bedeutet ebenfalls noch keine Eingliederung in den Betrieb der Beklagten mit der Rechtsfolge der persönlichen Abhängigkeit. Gerade in dem erwähnten Bereich unterlag der Kläger keinerlei Weisungen der Beklagten. Zwar wäre es denkbar, daß ein Lektor und Herausgeber eigene Mitarbeiter und den erforderlichen eigenen technischen Apparat unterhielte, in der Praxis dürfte dies jedoch kaum vorkommen, weil die anfallenden Kosten zu hoch wären. Das Angewiesensein auf Mitarbeiter und Einrichtungen der Beklagten kann vorliegend daher gerade nicht als Umstand gewertet werden, der auf Eingliederung und persönliche Abhängigkeit schließen läßt. Es gibt der Tätigkeit des Klägers wegen des zu seiner Gesamtaufgabe zeitlich und von der Gewichtung her geringen Umfangs in keiner Weise prägende Bedeutung.
6. Auch wenn die Beklagte andere Lektoren und Herausgeber im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt, kann der Kläger sich hierauf nicht mit Erfolg berufen. Zwar kann im Einzelfall die Behandlung vergleichbarer Mitarbeiter ein gewichtiges Kriterium für die Statusbeurteilung eines Beschäftigten bilden (vgl. BAG Urteil vom 8. Oktober 1975 - 5 AZR 430/74 - AP Nr. 18 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 4 der Gründe). Ein sicheres Indiz ist dieser Umstand aber nicht. Für den Kläger ergibt die praktische Durchführung seines Vertrages jedenfalls nicht, daß er für die Beklagte in einer für Arbeitnehmer typischen weisungsgebundenen Abhängigkeit tätig war.
7. Die Tatsache, daß die Parteien über lange Zeit in einem Dauerrechtsverhältnis zusammenarbeiteten, hat für sich genommen noch keinen arbeitsrechtlichen Indizwert. Auch bei Bestehen eines Dauerrechtsverhältnisses muß stets geprüft werden, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein freies Mitarbeiterverhältnis handelt. Denn beide Rechtsformen sind sowohl mit als auch ohne Dauerverpflichtung denkbar. Das zeigen beispielsweise die als freie Dienstverträge zu qualifizierenden Beraterverträge von Rechtsanwälten, Unternehmensberatern und Ärzten (vgl. zu der grundsätzlichen Frage der Dauer der Zusammenarbeit BAGE 30, 163, 167 f. = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 24. Oktober 1984 - 5 AZR 346/83 -, zu B II 1 der Gründe, nicht veröffentlicht; weiter BAG Urteil vom 13. November 1985 - 5 AZR 435/84 -, zu B II 5 der Gründe, ebenfalls nicht veröffentlicht). Die aus einer dauerhaften Vertragsbeziehung hervorgehende Verpflichtung, bestimmte Dienste regelmäßig und wiederkehrend zu leisten, kann also für ein freies Mitarbeiterverhältnis ebenso typisch sein wie für ein Arbeitsverhältnis. Aus der Dauer der Rechtsbeziehungen der Parteien kann der Kläger folglich für seine Annahme, Arbeitnehmer der Beklagten zu sein, nichts herleiten.
IV. Da die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht solche arbeitsrechtlicher Art waren, konnte die Beklagte dem Kläger eine Kündigung aussprechen, ohne dabei die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes beachten zu müssen. Dieses Gesetz ist auf die Rechtsverhältnisse freier Mitarbeiter nicht anwendbar (vgl. nur BAGE 39, 329, 336 = AP Nr. 32 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, zu III der Gründe).
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog ist in-
folge Dienstunfähig-
keit an der Unter-
schrift verhindert.
Dr. Thomas
Prof. Dr. Krems ist
verhindert zu unter-
schreiben, weil seine
Amtszeit abgelaufen ist.
Dr. Thomas Kähler
Fundstellen
BB 1991, 1414 |
BB 1991, 1414-1416 (LT1) |
DStR 1991, 1025 (T) |
EBE/BAG 1991, 94-96 (LT1) |
BR/Meuer SGB IV § 7, 27-03-91, 5 AZR 194/90 (LT1) |
DOK 1992, 525 (KT) |
JR 1991, 440 |
JR 1991, 440 (S) |
NZA 1991, 933-935 (LT1) |
RdA 1991, 255 |
RzK, I 4a 43 (LT1) |
USK, 9165 (LT1) |
WzS 1992, 184 (L) |
AP § 611 BGB Abhängigkeit (LT1), Nr 53 |
AfP 1991, 764 |
AfP 1991, 764-766 (LT1) |
EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff, Nr 38 (LT1) |
PersF 1991, 860 (T) |
ZUM 1991, 604-607 (LT) |