Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Gesundheitspflegerin nach AVR Diakonie
Orientierungssatz
1. Nach der vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung der Anlage 1 zu den AVR-DW EKD ist eine „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie” in der Entgeltgruppe 8 eingruppiert. Das Merkmal „in der Psychiatrie” ist tätigkeitsbezogen zu verstehen. Das Richtbeispiel betrifft Gesundheitspflegerinnen mit fachspezifischen Aufgaben, die denen von Fachpflegekräften in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit vergleichbar sind.
2. Nach den Eingruppierungsgrundsätzen des § 12 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD ist zu prüfen, ob die Erfüllung der fachspezifischen Aufgaben die Gesamttätigkeit prägt, dh. ein unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrags ist. Hierbei erfolgt keine Aufspaltung der Gesamttätigkeit in einzelne Arbeitsvorgänge. Tätigkeiten, die nur einen geringen Anteil der Gesamttätigkeit ausmachen, sind jedoch außer Acht zu lassen.
Normenkette
Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) bzw. der Diakonie Deutschland (AVR-DD) § 12 in der ab 1. Juli 2007 geltenden Fassung; Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) bzw. der Diakonie Deutschland (AVR-DD) Anlage 1 – Eingruppierungskatalog – in den ab 1. Juli 2007 und 1. November 2013 geltenden Fassungen Entgeltgruppen 7; Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) bzw. der Diakonie Deutschland (AVR-DD) Anlage 1 – Eingruppierungskatalog – in den ab 1. Juli 2007 und 1. November 2013 geltenden Fassungen Entgeltgruppen 8
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 19. November 2015 – 8 Sa 686/15 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Beklagte ist eine kirchliche Stiftung des Privatrechts, welche dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen angeschlossen ist. Die Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 18. Januar 2012 befristet vom 1. März 2012 bis zum 28. Februar 2014 als „Fachkraft im Pflege- und Betreuungsdienst” eingestellt.
Nach § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags galten für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) in der jeweils geltenden Fassung. Am 23. Januar 2014 wurde deren Umbenennung in Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) beschlossen. § 12 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD regelt die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie folgt:
„§ 12 Eingruppierung
(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. … Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie bzw. er eingruppiert ist. …
(2) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters erfolgt in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale sie bzw. er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.
(3) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters.
(4) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.
…”
Die in Bezug genommene Anlage 1 lautet in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung auszugsweise:
”Anlage 1 |
Eingruppierungskatalog |
… |
Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15) |
A. |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen |
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter |
1. |
mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen |
|
a. |
Pflege/Betreuung/Erziehung, |
|
… |
|
… |
|
Richtbeispiele: |
Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegerin, |
… |
|
Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14) |
A. |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen |
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit |
1. |
eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen |
|
a. |
Pflege/Betreuung/Erziehung, |
|
… |
|
… |
|
|
Richtbeispiele: |
Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie, …” |
Am 21. Oktober 2013 hat der Schlichtungsausschuss der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der EKD unter anderem beschlossen:
”1. |
Anlage 1 B. Eingruppierungskatalog |
a) |
Das in Entgeltgruppe 8 A an erster Stelle aufgeführte Richtbeispiel erhält zur Klarstellung nachfolgende Fassung: |
|
‚Gesundheits- und Krankenpfleger/in im OP-Dienst und in der Intensivpflege; Fachpflegekräfte in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in mit vergleichbaren Aufgaben,' |
b) |
Gesundheitspflegern/innen in der Psychiatrie, die am 31. Oktober 2013 in die Entgeltgruppe 8 A eingruppiert sind, wird für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses ein dynamischer Besitzstand garantiert. |
c) |
Die geänderte Fassung tritt am 01. November 2013 in Kraft.” |
Die Klägerin war vom 15. Januar 2013 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem sog. „Intensiv Betreuten Wohnen” (IBW) zugeordnet. Hierbei handelt sich um einen Dienst, welcher psychisch kranke Menschen in ihren eigenen Wohnungen im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung betreut. Therapeutische oder ärztliche Leistungen gehören nicht zum Umfang der Dienstleistung. Die Hilfeleistung erfolgt regelmäßig im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII. Der Hilfeplan setzt für jeden Betreuten eine bestimmte Anzahl wöchentlicher Fachleistungsstunden – in der Regel 9 bis 12 Stundenfest. Die Beklagte bietet eine 24-stündige Erreichbarkeit des betreuenden Personals, um unvermittelt eintretenden Betreuungsbedarf zu erfüllen und eine ständige Kriseninterventionsmöglichkeit zu gewährleisten. In Kooperation mit stationären Einrichtungen wird deshalb für die betreuten Menschen ein jederzeit erreichbarer Telefondienst vorgehalten. Falls eine telefonische Hilfestellung nicht ausreicht, wird die Betreuung durch das Personal des IBW sichergestellt. Die Beschäftigten haben deshalb Rufbereitschaftsdienste zu leisten.
Bezogen auf ihre Tätigkeit beim IBW führt das der Klägerin unter dem 28. Februar 2014 ausgestellte Zeugnis ua. Folgendes aus:
„Das Aufgabengebiet von Frau Z umfasste:
- Vereinbarung, Dokumentation, Umsetzung und Weiterentwicklung der individuellen Hilfeplanung mit und von Bezugsklientinnen und Bezugsklienten
- Planung, Begleitung und Durchführung soziotherapeutischer Maßnahmen
- Gewährleistung der individuellen und bedarfsgerechten Hilfestellung bei der alltäglichen Lebensorganisation
- Verantwortliche und selbständige Organisation und Durchführung der Assistenz- und Unterstützungsleistungen
- Stärkung der Selbsthilfe- und Teilhabepotentiale, Förderung der Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit der Klientinnen und Klienten
- Unterstützung beim Aufbau sozialer Kontakte
- Zusammenarbeit mit den Fachdiensten des Stiftungsbereiches
- Angehörigenarbeit
- Erstellung von Sozialberichten
- Reflexion der persönlichen und fachlichen Haltung
- Teamarbeit, Supervision
- Regelmäßige Überprüfung und Ergänzung des Medikamentenbestandes”
Die Klägerin wurde während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nach Entgeltgruppe 7 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD vergütet. Nach der erfolglosen Forderung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD mit Schreiben vom 18. Juli 2013 hat die Klägerin mit ihrer Klage bezogen auf den Zeitraum von Januar 2013 bis einschließlich Februar 2014 die Zahlung von 2.788,23 Euro brutto verlangt. Dieser Betrag ergebe sich aus der Differenz zwischen der Vergütung nach den Entgeltgruppen 7 und 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD.
Zur Begründung hat die Klägerin auf die Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2012 (– 4 AZR 438/10 –) verwiesen. Demnach könnten Gesundheitspflegerinnen, welche in einer psychiatrischen Einrichtung beschäftigt sind, nach dem ersten Richtbeispiel unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung eine entsprechende Vergütung beanspruchen. Hiervon erfasst seien auch Beschäftigte in ambulanten Diensten, welche – wie das IBW – psychisch erkrankte Menschen in ihren eigenen Wohnungen psychiatrisch betreuen. Das beim IBW eingesetzte Personal übernehme sowohl die tägliche Unterstützung als auch die – ggf. nächtliche – Krisenintervention. Sie selbst habe Patienten fortlaufend eigenverantwortlich betreut. Folglich habe sie seit Januar 2013 einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD gehabt. Für die Zeit nach der zum 1. November 2013 erfolgten Änderung des Richtbeispiels folge der Anspruch aus der vom Schlichtungsausschuss am 21. Oktober 2013 beschlossenen dynamischen Besitzstandsregelung.
Die Klägerin hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.788,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Nichterfüllung der Voraussetzungen für eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD begründet. Die Klägerin sei nicht „in der Psychiatrie” tätig gewesen. Bei dem IBW handle es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe.
Die dort eingesetzten Beschäftigten würden die Betreuten zB in Form von Hausbesuchen, Gesprächen, Begleitungen außerhalb der Wohnung oder telefonischen Kontakten unterstützen, die individuelle Basisversorgung sichern und Hilfen zur Erlangung bzw. zum Erhalt von Arbeit geben. Leistungen einer Psychiatrie würden nicht erbracht. Dementsprechend sei keine besondere psychiatrische Qualifikation des Personals Voraussetzung für diese Tätigkeit. Bestehe in den Nachtstunden Betreuungsbedarf, so riefen die Klienten in der Nachtwache einer stationären Einrichtung an. Die meisten Anliegen könnten dann direkt am Telefon geklärt werden. Es sei lediglich in durchschnittlich drei Fällen pro Jahr notwendig, dass die sich in Rufbereitschaft befindlichen Beschäftigten die Klienten in ihrer Wohnung aufsuchen müssen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin abgeändert und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Zur Begründung führt sie an, das Angebot IBW sei keine psychiatrische Einrichtung und die Klägerin habe keine Pflegetätigkeit ausgeübt, die auf die besonderen Bedürfnisse von Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet gewesen sei und die Gesamttätigkeit geprägt habe. Die Klägerin, welche unstreitig keine Fachpflegekraft in der Psychiatrie sei, habe lediglich Grundaufgaben von Pflege und Betreuung erfüllt.
Die Klägerin verteidigt mit ihrer Revisionserwiderung das Berufungsurteil. Ihre Tätigkeit im Bereich IBW sei, wie es im Arbeitszeugnis zum Ausdruck komme, auf die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet gewesen und habe ein erhöhtes Verständnis vom Umgang mit psychisch kranken Menschen vorausgesetzt. Die ihr übertragenen Aufgaben seien mit denen einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie vergleichbar gewesen. Sie habe eine individualisierte Unterstützung psychisch Erkrankter vorgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD nicht damit begründet werden, dass die Klägerin seit dem 15. Januar 2013 im Betreuungsdienst IBW eingesetzt war und es sich bei diesem um eine psychiatrische Einrichtung handelt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Klägerin dort Aufgaben verrichtet hat, die denen von Fachpflegekräften in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit vergleichbar sind. Soweit das Landesarbeitsgericht dies als Zweitbegründung bejaht hat, lassen seine bisherigen Feststellungen zur Tätigkeit der Klägerin die zutreffende Eingruppierung nicht hinreichend erkennen. Hieraus folgt die Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Die Vergütung der Klägerin richtet sich unstreitig nach den vertraglich in Bezug genommenen Regelungen der AVR des Diakonischen Werkes der EKD bzw. der Diakonie Deutschland. Bezüglich des von ihr in Anspruch genommenen ersten Richtbeispiels unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD hat der Senat nach Verkündung der hier angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – entschieden, dass das Merkmal „in der Psychiatrie” in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung des Richtbeispiels tätigkeitsbezogen zu verstehen ist. Demnach waren Gesundheits- und Krankenpflegerinnen bereits vor der Änderung des Richtbeispiels nur dann in die Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD eingruppiert, wenn ihnen vergleichbare Aufgaben wie Fachpflegekräften in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit übertragen worden sind. Die Neufassung brachte keine inhaltliche Veränderung des Richtbeispiels. Gefordert ist nach wie vor die Übertragung fachspezifischer Tätigkeiten (BAG 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – Rn. 33). Soweit der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 20. Juni 2012 (– 4 AZR 438/10 –) bezogen auf die vergleichbaren Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. (AVR DWM) angenommen hatte, das Richtbeispiel knüpfe in seiner bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung an die Einrichtung an, in welcher die Gesundheitspflegerin tätig ist, hat der nunmehr allein zuständige erkennende Senat an diesem Begriffsverständnis ausdrücklich nicht festgehalten (BAG 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – Rn. 23; kritisch Roßbruch PflR 2016, 776, 783 ff.). Die Klägerin ist dieser Rechtsprechungsänderung im Revisionsverfahren nicht entgegengetreten.
2. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden.
a) Soweit das Landesarbeitsgericht eine Zuordnung der von der Klägerin im IBW verrichteten Tätigkeit zum ersten Richtbeispiel unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung bejaht hat, weil es sich bei dem IBW wegen dessen Leistungsspektrum und Organisation um eine Einrichtung der Psychiatrie handle, ist dies nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unzutreffend. Wie dargelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Dienst IBW als psychiatrische Einrichtung angesehen werden kann.
b) Auf die seit dem 1. November 2013 geltende Besitzstandsregelung kann sich die Klägerin nicht berufen, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD vergütet wurde (BAG 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – Rn. 36, 40).
c) Die tätigkeitsbezogene Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat bezogen auf die konkrete Tätigkeit der Klägerin keine Feststellungen getroffen, sondern nur bezüglich des Leistungsangebots und der Organisation des IBW. Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin unterfalle dem fraglichen Richtbeispiel, weil evident sei, dass der Klägerin als Gesundheits- und Krankenpflegerin die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/ oder geistig-seelischen Behinderungen in der häuslichen Pflege oblag und dies ihre Tätigkeit prägte.
bb) Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder geistig-seelischen Behinderungen kann Inhalt jeder Tätigkeit eines Gesundheits- und Krankenpflegers sein. Für die Eingruppierung ist hier jedoch entscheidend, welches fachliche Niveau die Tätigkeit aufweist. Damit hat sich das Landesarbeitsgericht nicht auseinandergesetzt.
3. Mangels hinreichender Feststellungen zur konkreten Tätigkeit der Klägerin im IBW ab dem 15. Januar 2013 kann der Senat nicht selbst gemäß § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden, ob der Klägerin seit Beginn des Monats der Übertragung dieser Tätigkeit (§ 12 Abs. 5 AVR-DW EKD) ein Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD zustand. Zudem ist den Parteien zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens vor dem Hintergrund der während des Revisionsverfahrens erfolgten Rechtsprechungsänderung Gelegenheit zu weiterem Tatsachenvortrag bezüglich dieser Tätigkeit der Klägerin zu geben. Die Parteien durften im Berufungsverfahren noch von einem einrichtungsbezogenen Verständnis des ersten Richtbeispiels unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie”) ausgehen und ihren Sachvortrag darauf abstellen. Das Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren zeigt, dass mit Blick auf die Rechtsprechungsänderung neuer Sachvortrag erbracht werden soll. Dies ist nur im Rahmen eines erneuten Berufungsverfahrens möglich (§ 559 ZPO).
4. Im weiteren Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu prüfen haben, ob der Klägerin, die unstreitig keine Fachpflegekraft ist, Tätigkeiten übertragen wurden, die den Aufgaben einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit vergleichbar sind und damit die Voraussetzungen des ersten Richtbeispiels unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD erfüllt wurden.
a) Das setzt Vortrag der Klägerin dazu voraus, welche Aufgaben ihr konkret übertragen worden waren und welche fachspezifischen Tätigkeiten sie vergleichbar einer Fachpflegekraft verrichtet hat. Der bloße Verweis auf die Unterstützung psychisch Kranker und die schlagwortartige Wiedergabe des Aufgabenspektrums im Arbeitszeugnis vom 28. Februar 2014 reichen hierfür nicht. Das Landesarbeitsgericht wird nach Erwiderung der Beklagten ggf. aufzuklären haben, welche Aufgaben die Klägerin über die Unterstützung der Betreuten in alltäglichen Angelegenheiten hinaus zu erfüllen hatte, zB im Zusammenhang mit der Erstellung der Hilfepläne und der Krisenintervention.
b) Auf dieser Grundlage ist sodann zu prüfen, ob die Erfüllung der fachspezifischen Aufgaben die Tätigkeit der Klägerin iSd. § 12 Abs. 2 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD geprägt hat, dh. ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Arbeitsauftrags war. Die Voraussetzungen für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe der Anlage 1 zu den AVR-DW EKD bzw. AVR-DD sind erfüllt, wenn die Gesamttätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters die Merkmale eines Richtbeispiels dieser Entgeltgruppe erfüllt (vgl. KGH.EKD 26. April 2010 – I-0124/R51-09 – Rn. 23; zur Bedeutung der Richtbeispiele BAG 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – Rn. 25). Nach den zum 1. Juli 2007 modifizierten Eingruppierungsgrundsätzen des § 12 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD erfolgt keine Aufspaltung der Gesamttätigkeit in einzelne Arbeitsvorgänge (vgl. Scheffer/Mayer AVR-Kommentar 5. Aufl. Teil A Stand Januar 2011 § 12 Erläuterung 5). Tätigkeiten, die nur einen geringen Anteil der Gesamttätigkeit ausmachen, sind jedoch außer Acht zu lassen (vgl. KGH.EKD 22. März 2010 – I-0124/R45-09 – Rn. 28; Scheffer/Mayer aaO; vgl. zur Bewertung inhaltlich gemischter, gleichwertiger Tätigkeiten KGH.EKD 26. März 2010 – I-0124/R56-09 – Rn. 35).
5. Sollte das Landesarbeitsgericht feststellen, dass die Tätigkeit der Klägerin vom ersten Richtbeispiel unter A der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD nicht erfasst war, wird es die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD prüfen müssen, soweit der Tatsachenvortrag der Klägerin dazu Anlass gibt (vgl. BAG 12. April 2016 – 6 AZR 284/15 – Rn. 41; KGH.EKD 1. Juni 2015 – II-0124/W42-14 – Rn. 16).
Unterschriften
Fischermeier, Gallner, Krumbiegel, Lorenz, Kammann
Fundstellen
FA 2017, 253 |
ZTR 2017, 482 |
NZA-RR 2017, 5 |
NZA-RR 2017, 541 |
PflR 2017, 701 |