Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag nach BeschFG. Befristeter Arbeitsvertrag nach § 1 Abs. 1 BeschFG. Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG. Klagefrist des § 1 Abs. 5 BeschFG. Befristungsrecht

 

Normenkette

BeschFG § 1 Abs. 1, 3, 5

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.01.2000; Aktenzeichen 14 Sa 79/99)

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 08.07.1999; Aktenzeichen 4 Ca 340/98)

 

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. Januar 2000 – 14 Sa 79/99 – aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 1999 – 4 Ca 340/98 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. September 1998.

Die Klägerin ist seit 8. Februar 1993 auf der Grundlage jeweils befristet abgeschlossener Arbeitsverträge beim V des beklagten Landes überwiegend als Schreibkraft tätig. Die Befristung des vorletzten Vertrages vom 18. Februar 1997 zum 4. März 1998 war auf die Vertretung der beurlaubten Frau F… gestützt worden; gegen die Befristung dieses Vertrages hat die Klägerin keine Klage erhoben. Der letzte Arbeitsvertrag vom 4. März 1998 für die Zeit vom 5. März bis zum 30. September 1998 ist ausdrücklich auf “§ 1 des Gesetzes über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung vom 26. April 1985 in der jeweils geltenden Fassung” gestützt.

Mit ihrer am 21. Oktober 1998 eingereichten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrages geltend gemacht. Sie hat gemeint, die Befristung verstoße gegen das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG, denn beim vorletzten Arbeitsvertrag habe es sich um einen unbefristeten Arbeitsvertrag gehandelt, weil der angegebene Sachgrund der Vertretung nicht vorgelegen habe.

Die Klägerin hat beantragt:

  • Es wird festgestellt, daß das mit Vertrag vom 4. März 1998 zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis über den 30. September 1998 hinaus fortbesteht.
  • Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen, nämlich als Schreibkraft im Schreibdienst des V… weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Befristung des letzten Arbeitsvertrages für wirksam gehalten. Das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG sei schon deshalb nicht verletzt, weil die Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 1 Abs. 5 BeschFG gegen die Befristung des vorletzten Vertrages geklagt habe. Im übrigen sei die Befristung des vorletzten Vertrages sachlich gerechtfertigt gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach den Klageanträgen erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch rechtswirksame Befristung zum 30. September 1998 geendet.

  • Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der letzte, allein der Befristungskontrolle unterliegende Arbeitsvertrag vom 4. März 1998 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG erfüllt. Danach ist die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Sachgrund bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Höchstdauer ist vorliegend eingehalten.
  • Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verstößt die Befristung des letzten Vertrages auch nicht gegen das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG. Danach ist die Befristung nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag oder zu einem vorhergehenden nach Abs. 1 befristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Im Streitfall war der dem letzten Vertrag unmittelbar vorhergehende, zum 4. März 1998 befristete Vertrag vom 18. Februar 1997 kein Vertrag nach § 1 Abs. 1 BeschFG, denn die Befristung sollte auf einen Sachgrund, die Vertretung der Frau Fleig, gestützt sein. Der Vertrag vom 18. Februar 1997 war aber auch kein unbefristeter Vertrag, denn er gilt nach § 1 Abs. 5 Satz 2 BeschFG iVm. § 7 KSchG als wirksam befristet.

    • Ein vorhergehender unbefristeter Vertrag im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative BeschFG kann auch ein unwirksam befristeter Vertrag sein. Im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative BeschFG kann nach ständiger Senatsrechtsprechung grundsätzlich überprüft werden, ob der vorangegangene Vertrag etwa wegen Fehlens eines Sachgrundes unwirksam befristet war (BAG 22. März 2000 – 7 AZR 581/98 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 1 = EzA BeschFG § 1 Klagefrist Nr. 4, zu B II 2a aa der Gründe; 28. Juni 2000 – 7 AZR 920/98 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 2 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 15, zu B V 1a der Gründe; 26. Juli 2000 – 7 AZR 51/99 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 4 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 19, zu II 2a der Gründe; 25. Oktober 2000 – 7 AZR 537/99 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 7 = EZA BeschFG 1985 § 1 Nr. 23, zu B IV 1a der Gründe). Dem steht auch der vorbehaltlose Abschluß eines Folgevertrages nicht entgegen. Allein darin liegt regelmäßig kein Verzicht, die Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages geltend zu machen (BAG 25. Oktober 2000 – 7 AZR 537/99 – aaO).
    • Bei der Prüfung des Anschlußverbots des § 1 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative BeschFG ist jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts § 1 Abs. 5 Satz 2 BeschFG zu beachten. Versäumt der Arbeitnehmer, die Unwirksamkeit der Befristung des vorhergehenden Vertrages innerhalb von drei Wochen nach dem Ende dieses vorhergehenden Vertrages gerichtlich geltend zu machen, tritt die Fiktion des § 1 Abs. 5 Satz 2 BeschFG iVm. § 7 KSchG ein. Sie bewirkt, daß der Arbeitnehmer bei der gerichtlichen Überprüfung einer nachfolgenden, auf § 1 Abs. 1 BeschFG gestützten Befristung nicht einwenden kann, das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG sei verletzt, weil der vorhergehende Vertrag unwirksam befristet gewesen sei. Vielmehr gilt der vorhergehende Vertrag als von Anfang an wirksam befristet (st. Senatsrechtsprechung seit den bereits angeführten Urteilen: 22. März 2000 – 7 AZR 581/98 – aaO; 28. Juni 2000 – 7 AZR 920/98 – aaO; 25. Oktober 2000 – 7 AZR 537/99 – aaO).
    • Im Streitfall hat die Klägerin die im vorletzten Arbeitsvertrag vom 18. Februar 1997 vereinbarte Befristung zum 4. März 1998 nicht innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende mit einer Klage angegriffen. Der Vertrag gilt daher als wirksam befristet, so daß die Befristung des letzten Arbeitsvertrages vom 4. März 1998 das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG nicht verletzt und damit rechtswirksam ist. Das Arbeitsverhältnis hat daher zum 30. September 1998 geendet, so daß das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen ist.
  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Dörner, Steckhan, Linsenmaier, Koch, Hökenschnieder

 

Fundstellen

Dokument-Index HI901907

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